Effizienzvorgaben schneller erfüllen [Seite 1 von 2]
Kontrollierte dezentrale oder zentrale Wohnraumlüftung bietet ein enormes Energieeinsparpotenzial – und dennoch wird die Technik vielfach eher stiefmütterlich behandelt
Die Wärmepumpe mal eben um 20 % kleiner auslegen? Die Heizkosten schnell um 30 % reduzieren? Die Investitionskosten durchschnittlich in wenigen Jahren wieder hereinholen? Ja – das ist vergleichsweise einfach möglich. Und wird doch stiefmütterlich behandelt. Ein Beitrag über das Mauerblümchen der Branche.
Manchmal sprechen alle Argumente für eine Sache, aber irgendwie kann sie sich doch nicht so recht in der Breite durchsetzen. Die Ursachen dafür sind oft genauso vielfältig, wie die Vorzüge für das Produkt oder die Technologie. Die Rede ist von der kontrollierten Wohnraumlüftung. Analysiert man einmal die Zahlen zur Marktentwicklung zentraler Wohnraumlüftungen, dann ist insbesondere von 2009 bis 2013 ein starkes Wachstum zu sehen. Zehn Jahre später jedoch verharren die Marktzahlen auf einem nahezu ähnlichen Niveau. Anders sieht es dagegen bei den dezentralen Wohnungslüftungsgeräten aus. Ihr Trend zeigt in den letzten Jahren steil nach oben, erfasst aber lange nicht die Anzahl an Gebäuden, in denen eine Wohnraumlüftung eigentlich notwendig oder laut DIN 1946 sogar verpflichtend einzubauen wäre. [1]
Treiber für die kontrollierte Wohnraumlüftung ist nach wie vor der Neubau. Aber auch das Potenzial im Bestand ist extrem groß und durch die neuen dezentralen Push-Pull-Geräte (siehe Infokasten) auch ausgesprochen einfach nachrüstbar. Die Push-Pull-Technologie hat sich im Vergleich zu Einzelraumlüftern zur dominierenden Variante der dezentralen Wohnungslüftungsgeräte entwickelt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: sie sind in der Anschaffung deutlich günstiger und lassen sich einfacher installieren.
Dabei ist es prinzipiell völlig unstrittig, dass wegen der immer dichteren Gebäudehüllen, die oftmals keine oder kaum noch natürliche Luftzirkulation mehr zulassen, sowohl in Neubauten als auch im sanierten / teilsanierten Bestand ein Lüftungskonzept erforderlich ist. Nur so kann wirksam u. a. Schimmelbildung ausgeschlossen werden. Die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist beim Feuchteschutz, bei erhöhten Anforderungen an die Energieeffizienz, den Schallschutz und die Raumluftqualität nach wie vor die erste Wahl.
Gerade die Raumluftqualität kann dabei oft ein ganz entscheidender Faktor sein. Denn beim Einsatz entsprechender Filterklassen werden Schadstoffe in der Zuluft, z. B.: Pollen, sicher ausgefiltert. Das ist für Allergiker ein ganz entscheidendes Argument. Moderne Lüftungsgeräte können auch dabei unterstützen, zu trockene Raumluft im Winter, die Erkältungen erst den passenden Nährboden gibt, zu vermeiden. Neben der serienmäßigen Feuchte-Sensorik, die bedarfsabhängig den Volumenstrom der Lüftungsanlage regelt, kann auch über den Wärmeübertrager Luftfeuchtigkeit aus der Abluft aktiv zurückgewonnen und an die Zuluft übertragen werden. Dazu werden beispielsweise spezielle Enthalpie-Wärmetauscher von den Herstellern zur Feuchterückgewinnung angeboten.
DIN 1946-6 als wichtigste Planungsgrundlage
Die normative Grundlage für die kontrollierte Wohnraumlüftung ist die DIN 1946-6. Sie definiert Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme, Übergabe sowie Instandhaltung von Lüftungsanlagen [2]. Die DIN 1946 regelt über ihre Beiblätter 3 und 4 ebenfalls das Zusammenspiel von raumluftabhängigen und raumluftunabhängigen Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe in Verbindung mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung.
Bietet die DIN 1946-6 die normative Grundlage von Lüftungsanlagen, so hat die Entwicklung der Energiekosten ihr Übriges dazu getan, um Lüftungsanlagen ein weiteres relevantes Argument an die Hand zu geben. Denn die Investition in eine Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung lohnt sich, um langfristig den Energieverbrauch zu senken.
Was das ausmachen kann? Laut Untersuchungen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) lassen sich die Heizkosten beim Einsatz einer Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung in Verbindung mit einer bedarfsgerechten Steuerung geräte- und gebäudeabhängig um bis zu 30 % reduzieren [3]. Nach einem aktuellen Gutachten des Institutes für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH (ITG) beträgt die jährliche Einsparung an Emissionen (CO2-Äquivalent) im Einfamilienhaus Neubau oder Bestand durch den Einsatz einer Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ca. 10 % [4]. Und laut Berechnungen des BDH und des Fachverbands Gebäude-Klima (FGK) [5] lassen sich im Jahr 2045 rund 55,8 Terawattstunden Primärenergie und jährlich 11 Mio t CO2 einsparen, wenn sowohl im Neubau als auch im Bestand verstärkt Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz kommt.
Heizwärmebedarf verringert sich signifikant
Die Ergebnisse weiterer Studien und Untersuchungen weisen alle in die gleiche Richtung: In modernen, entsprechend luftdichten Gebäuden wird nach Untersuchungen des BDH sogar rund die Hälfte des benötigten Heizwärmebedarfs ausschließlich für die Aufheizung der Räume nach dem Fensterlüften benötigt. [3] Beispiel-Berechnungen des ITG zum Energiesparpotenzial durch Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung [4] zeigten folgende Ergebnisse:
- In einem typischen Einfamilienhaus im Bestand mit einer Gas- und Ölheizung lassen sich bis zu 4000 kWh/a sparen.
- In einem typischen Einfamilienhaus im Neubau mit einer Luft/Wasser-Wärmepumpe lässt sich der Bedarf um ca. 1300 kWh/a reduzieren.
- Bei einem erhöhten Baustandard KfW 40 liegt die Einsparung bei ca. 1100 kWh/a und entspricht damit rund 22 % der gesamten Energiekosten für die Heizwärmeversorgung.
Nicht einmal berücksichtigt wird in diesen Studien durchweg der immer stärker werdende Trend zur Kühlung von Wohngebäuden im Sommer – sei es durch aktive oder passive Kühlgeräte, wie Split-Klimaanlagen oder Wärmepumpen. Denn die mittlerweile nahezu standardmäßig eingesetzte Wärmerückgewinnung von Lüftungsgeräten wird im Sommer automatisch zur Kälterückgewinnung. Sprich: Der hohe Energiebedarf für die Kühlung von Wohnräumen wird sich analog zu den Studienergebnissen für die Heizperiode ebenfalls deutlich reduzieren.
Und auch in puncto Erfüllung der (zum Druckzeitpunkt) wahrscheinlich anstehenden neuen Regelung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit einem mindestens 65%igen Anteil Erneuerbarer Energien beim Bau einer neuen Heizung kann die kontrollierte Wohnungslüftung einen entscheidenden Beitrag leisten. Denn die Wärmerückgewinnung der Anlage zur kontrollierten Wohnraumlüftung wird in der Erneuerbare-Energie-Klasse (EE-Klasse) nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG WG) auf den erforderlichen Anteil von 65 % erneuerbarer Energie bereits voll angerechnet. [6]
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