Konsequenzen aus der neuen F-Gas-Verordnung
Teil 2: Fragen und Antworten
Nach dem ersten Teil unserer Serie zur Veränderung in der Wärmepumpen- sowie Kälte- und Klimawelt durch die Novelle der F-Gas- Verordnung stehen heute Fragen aus der Praxis im Fokus. Michael Lechte von Mitsubishi Electric stand uns Rede und Antwort auf Fragen von Fachplanern und Fachhandwerkern.
IKZ: Die Inverkehrbringungsverbote für Neuanlagen wurden im Rahmen der Überarbeitung der F-Gas-Verordnung neu definiert und verschärft. Unter anderem werden Leistungsgrenzen der Geräte zur Einstufung herangezogen. Gelten diese nur für Einzelanlagen oder auch für Kaskaden?
Lechte: Wir als Hersteller bringen Einzelgeräte mit einer bestimmten Leistung auf den Markt. Diese können auf der Baustelle zu Kaskaden mit deutlich größeren Leistungen verbunden werden. Insofern gelten hier immer die Leistungen der Ausgangsgeräte. Das heißt: Bei einer Kaskade gilt nicht die Gesamtleistung der Anlage, sondern die Leistung der Einzelgeräte.
IKZ: Lassen sich beim Ersatz einer kälte bzw. klimatechnischen Anlage von z. B. R410A oder R32 zu R290 die vorhandenen Rohrleitungen nutzen oder müssen diese ersetzt bzw. gespült werden?
Lechte: Hier wird es voraussichtlich keine Einschränkungen bei der Verwendung des vorhandenen Rohrleitungssystems geben. Unsere Forschungsabteilungen und Werke wissen um diese Problematik bei der Umstellung auf neue Kältemittel und werden die Wiederverwendung von existierenden Rohrleitungen im Rahmen des Möglichen berücksichtigen. Bei z. B. sehr kleinen Räumen könnte ein Wechsel auf z. B. R290 ein Problem hinsichtlich der Kältemittelkonzentration darstellen. Hier wird es Einsatzgrenzen geben. Positiv ist, dass die Kältemittelmenge in z. B. R290 Anlagen geringer ist als in R32 Anlagen.
R290 bislang nicht Gegenstand der Ausbildung des Fachhandwerks
IKZ: Die natürlichen Kältemittel wie vor allen Dingen der Kohlenwasserstoff R290 / Propan bedeuten für das Fachhandwerk Umstellungen und den Erwerb neuer Kenntnisse. Wie lässt sich das am besten umsetzen?
Lechte: Ein Kältemittel der Kategorie A3 wie z. B. R290 / Propan, das hoch explosiv ist, wurde bislang in der Regel in keiner Ausbildung des Fachhandwerks behandelt. Insofern ist es für uns als Hersteller enorm wichtig, dass wir zur Aufk lärung und Sicherheit beitragen. Als ersten Schritt bieten wir dazu einstündige Online-Seminare an, in denen Teilnehmer alles über R290 / Propan erfahren - wie es sich verhält, wie das Sicherheits- und Risikomanagement zu betrachten ist, was bei Aufstellung und Service zu beachten ist und was beim Abbau einer Anlage bis hin zum Recycling wichtig ist. Ein zweites Standbein sind dazu unsere Präsenzveranstaltungen, in denen wir direkt an Propan-Anlagen arbeiten. Insgesamt besteht noch eine gewisse Zeit, bis R290 im Markt stark präsent sein wird, aber wir als Mitsubishi Electric wollen diese Zeit nutzen, um möglichst viele Fachhandwerker und Fachplaner über den Umgang mit natürlichen Kältemitteln zu informieren.
IKZ: Ändern sich die Aufstellflächen und ihre Bedingungen beim Einsatz von Anlagen mit R32 und R290?
Lechte: Generell arbeiten wir bei R32 und R290 mit Kältemitteln, die schwerer als Luft sind. Deswegen ist immer darauf zu achten, dass Sicherheitsabstände zu Senken wie Lichtschächten oder Öffnungen im Gebäude, wie z. B. Steckdosen, einzuhalten sind. Dabei sind die notwendigen Sicherheitsabstände bei R290 noch einmal größer als bei R32. Diese Sicherheitsabstände werden von den Herstellern sehr genau vorgegeben. Wichtig ist es, beim Wechsel einer R32 geführten zu einer R290 geführten Anlage auf die jeweilige Kältemittelkonzentration im Raum zu achten. Einfach aufgrund der geringeren notwendigen Kältemittelmenge von R290 Anlagen ist das in der Regel umsetzbar, es muss aber in jedem Fall eine Berechnung stattfinden. Hierfür werden wir entsprechende Software zur Verfügung stellen, die auf unserer Website heruntergeladen oder online genutzt werden kann. Diese Software wird ständig parallel zu unserem Produktangebot aktualisiert.
IKZ: Kann man darauf setzen, dass künftig genügend recyceltes Kältemittel zur Verfügung stehen wird?
Lechte: Grundsätzlich gibt es schon heute Unternehmen, die sich um das Recycling und die Aufbereitung von Kältemitteln im industriellen Bereich kümmern. Ob dies künftig in ausreichendem Maß möglich sein wird, hängt auch insbesondere vom Fachhandwerk ab. Es ist enorm wichtig, dass Kältemittel beim Abbau von Anlagen möglichst sortenrein entnommen und zurückgegeben wird. So ist das Recyclingverfahren deutlich einfacher und ohne wesentliche Kontaminierungen durchführbar. Die dann verfügbaren Mengen an recyceltem Kältemittel lassen sich dadurch für die gesamte Branche steigern.
R32 wird seine Rolle deutlich ausbauen
IKZ: Welche Kältemittel werden wir künftig hauptsächlich in der Branche nutzen?
Lechte: R410A wird langfristig durch den Quotenmechanismus beschränkt werden. Das liegt an der GWP Obergrenze von 750, die in zahlreichen Produktklassen ab einem bestimmten Datum in den kommenden Jahren gelten wird. R410A liegt mit einem GWP von 2088 deutlich oberhalb des geforderten Maximal-GWP von 750. R32 wird seine Rolle dagegen deutlich ausbauen und verstärken – egal ob bei einfachen Split-Klimageräten oder Chillern – bei R32 handelt es sich um ein Kältemittel, das mit Sicherheit auch im kommenden Jahrzehnt noch eine wichtige Bedeutung haben wird. Es ist damit zukunft ssicher und wird R410A substituieren. Parallel dazu werden natürliche Kältemittel – u. a. R290 – eine immer größere Bedeutung bekommen. Auch Low- GWP HFO-Kältemittel und Blends sind nicht vom F-Gas Phase Down betroffen und haben sehr gute thermophysikalische Eigenschaft en. Die Schnelligkeit dieses Prozesses wird sich auf der Grundlage des jeweiligen Produktangebotes und der Kosten entwickeln.
IKZ: Wie wird eine Maschine eingestuft, die hauptsächlich zur Kühlung genutzt wird, aber auch bivalent heizen soll?
Lechte: Im aktuellen Gesetzestext der F-Gas- Verordnung gibt es tatsächlich noch Definitionen, die festgelegt werden müssen. Gerade im Bereich von Anlagen, die sowohl heizen als auch kühlen können, muss noch ausdefiniert werden, in welche Kategorie sie fallen. Ein Beispiel ist der Einsatz von Großwärmepumpen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass dies nichts mehr am eigentlichen Rahmen der F-Gas- Verordnung ändern wird. Der Text und die Bedingungen sind fixiert und werden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht mehr geändert.
IKZ: Wie werden sich die Preise für Kältemittel wie z. B. R410A in den kommenden Jahren entwickeln?
Lechte: Generell gilt nach wie vor die Regel, dass ein knappes Gut teurer ist. Bedingt durch den Quotenmechanismus werden Kältemittel mit einem hohen GWP sich weiter verteuern. Egal ob es sich dabei um Frischware oder recyceltes Kältemittel handelt. Wir haben in der Vergangenheit mehr als einmal beim Generationswechsel von Kältemitteln erhebliche Preissprünge am Markt gesehen – u. a. kurz vor relevanten Datumsgrenzen von Verboten. Das lässt sich kaum mit einem natürlichen Bedarf, sondern eher mit einer Vorratshaltung erklären. Damit rechnen wir insofern auch in den kommenden Jahren für Kältemittel, die nun nach und nach weiter beschränkt werden.
IKZ: Wie wird Mitsubishi Electric den Übergang von Produktgenerationen beim Wechsel von R410A zu R32 oder von R32 zu z. B. R290 in seinem Angebot handhaben?
Lechte: Wir haben bei Luft /Luft -Wärmepumpen bereits 2014 damit begonnen, einen Großteil der Geräte sowohl mit R410A als auch R32 anzubieten. Denn im Hinblick auf die Novelle der F-Gas-Verordnung war schon seinerzeit klar, dass wir ein Kältemittel mit einem geringeren GWP benötigen. Fachplaner, Fachhandwerk und letztendlich auch der Nutzer hatten also genügend Zeit, sich umzustellen und Erfahrungen zu sammeln. Wir haben dabei auch gesehen, dass dieser Prozess eine gewisse Zeit benötigt. Auch künft ig werden wir das genauso halten und lange Zeit vor Inverkehrbringungsverboten zwei Versionen unserer Produkte anbieten, wo immer das möglich ist.
IKZ: Sollte man nicht heute bereits ausschließlich auf natürliche Kältemittel wie R290 statt auf R32 setzen, um langfristige Planungssicherheit zu haben?
Lechte: Anhand der GWP-Obergrenzen in den Inverkehrbringungsverboten der F-Gas- Verordnung lässt sich klar erkennen, dass diese mit einem GWP von 750 auf den Einsatz von R32 ausgerichtet sind, das einen GWP von 675 hat. Im gesamten F-Gas- Transformationsprozess wird R32 deswegen eine entscheidende Rolle spielen. Man hat hier langfristig die Sicherheit, mit R32 Anlagen zu planen und diese einzusetzen – über ihre gesamte durchschnittliche Lebenszeit. Ein Verbot von R32 ist in keiner Weise absehbar – auch hinsichtlich der PFAS-Diskussion, weil R32 nicht unter die PFAS-Definition fällt.
Planungssicherheit mit R32 Anlagen
IKZ: Was kann ein Fachplaner seinem Kunden antworten, der eine Anlage einsetzen möchte, die er in den kommenden 15 Jahren mit Sicherheit betreiben darf?
Lechte: Bei 15 Jahren bewegen wir uns bei vielen Anlagen im typischen Lebenszeitraum, nach dem viele Produkte ohnehin getauscht werden, weil die Folgegenerationen z. B. deutliche Effizienzsprünge gemacht haben. Es ist insofern überhaupt kein Problem auf das Kältemittel R32 zu setzen. Es ist auch beileibe noch nicht zu spät, Anlagen mit R410A zu planen und einzubauen. Denn R410A wird auch heute bereits im industriellen Recycling hergestellt. Zwar wird man sicherlich in 10 Jahren mit einem deutlich höheren Preis für R410A rechnen müssen – aber: Kältemittel verbraucht sich ja nicht, sondern zirkuliert in einem geschlossenen Kreislauf. Die aktuelle Leckagerate über alle gemeldeten Kältemittel liegt laut repräsentativen Erhebungen des VDKF (LEC-System) derzeit bei jährlich 1,12 % und ist damit so gering wie nie zuvor. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Anlagen nicht undicht sind und sich Kältemittel nicht verbraucht, ist heute die Entscheidung für eine Anlage mit R410A ebenso zukunft sfähig. Auch, weil wir in 10 Jahren garantiert noch Ersatzteile für diese Maschinen anbieten werden.
IKZ: Ist es denn dann überhaupt notwendig, sich bereits heute mit den neuen Kältemitteln zu beschäft igen?
Lechte: Das kann man klar mit Ja beantworten. Grundsätzlich empfehlen wir allen Marktteilnehmern, sich so früh wie möglich über alternative Kältemittel und ihre Einsatzbedingungen zu informieren, sich schulen zu lassen und erste Erfahrungen zu sammeln. Das schafft einen Wettbewerbsvorteil im Markt. Es ist ohne Frage eine Riesen-Herausforderung für die gesamte Branche, sich wieder einmal umzustellen. Wir lassen unsere Partner dabei an keiner Stelle alleine. Wir werden zu jedem Zeitpunkt ein Produkt-Portfolio anbieten, das alle Marktbedingungen voll umfänglich erfüllen wird. Und wir werden in allen Bereichen Trainingsprogramme anbieten, die unseren Partnern das notwendige Wissen für die Planung, das Handling, den Einbau und den Service vermitteln.
Ausblick
Im dritten und letzten Teil unserer Serie zur Novelle der F-Gas-Verordnung stehen PFAS sowie die Relevanz dieser Chemikalien innerhalb der Branche und die eventuellen Wechselwirkungen mit der F-Gas- Verordnung im Mittelpunkt.
Bilder: Mitsubishi Electric