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Frei oder mit Druck?

Die Wahl der objektspezifisch richtigen Flachdachentwässerung

Generell gilt, dass sich für Flachdächer bis 1000 m² eine Freispiegelanlage empfiehlt, größere Dachflächen mit einer Druckströmungsanlage ausgestattet werden sollten.

Freispiegelsystem: ideal für kleinere Flachdächer.

Druckströmungssystem: optimale Raumnutzung bei größeren Objekten.

Viele Fallleitungen und ein aufwendiges Grundleitungsnetz sind Nachteile des Freispiegelsystems.

Platzsparend, parallel zur Hallendecke verlaufende Rohrleitungen können mit einer DSS-Anlage realisiert werden.

Spezielle Dachgullys beispielsweise mit „SitaAirstop“ vermeiden unerwünschte Lufteinführung in das Druckströmungssys­tem.

Getrennte Entwässerung: Die Haupt­entwässerung ist an die Grundleitung angeschlossen. Die Notentwässerung entwässert frei auf schadlos überflutbare Außenflächen.

Möglich ist eine Notentwässerung auch über eine Attika.

 

Die Notwendigkeit, Flachdächer mit einem fachgerechten Entwässerungssystem auszustatten, ist in diversen Richtlinien vorgeschrieben. Nicht zuletzt, um die Gebäudestatik vor dem einwirkenden Gewicht der Wassermassen zu schützen. Die Art der Abführung obliegt dem Fachplaner. Aber wann ist die Anlage als Freispiegelsystem auszuführen und wann empfiehlt sich eine Druckstromentwässerung? Der nachfolgende Beitrag erklärt die Unterschiede und zeigt die Einsatzbereiche auf. Denn jedes Flachdach stellt ganz individuelle Anforderungen an das Entwässerungssystem.

Es gibt eine Vielzahl von Regelwerken, die bei der Bemessung und Ausführung von Regenentwässerungsanlagen zu berücksichtigen sind. Aber das wichtigste Regelwerk für Deutschland stellt die DIN 1986-100:2008-05 dar. Sie ergänzt die in der DIN EN 12056, die die Schwerkraftentwässerung innerhalb von Gebäuden behandelt, noch fehlenden Regelungen. Bei der Druckströmungsentwässerung ist zusätzlich die VDI-Richtlinie 3806 zu berücksichtigen. Ergänzend kommen z. B. noch die Flachdachrichtlinie und die Dachbegrünungsrichtlinie FLL hinzu. Alle beinhalteten Vorgaben haben das Ziel, die Entwässerung in der Praxis so sicher wie möglich zu gestalten. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Planende und Ausführende, die die Regelwerke sorgfältig beachten, ein hohes Maß an Planungs- und Ausführungssicherheit erhalten. Rückendeckung geben auch die Berechnungsabteilungen der Hersteller von Flachdachentwässerungssystemen. Sie liefern u. a. Entscheidungshilfen bei der Wahl des richtigen Systems.

1000 m² als Bemessungsgrenze
Für die Wahl des richtigen Entwässerungssystems gibt es eine grobe Faustregel. Generell gilt, dass sich für Flachdächer bis 1000 m² eine Freispiegelanlage empfiehlt, größere Dachflächen mit einer Druckströmungsanlage ausgestattet werden sollten – vor allen Dingen, wenn die Gebäude in Starkregenregionen liegen.
Unabhängig von der Systemwahl ist in Deutschland bereits seit 2002 eine standortbezogene Berechnung der Entwässerungsanlage vorgeschrieben. Einfließen müssen hier die Werte für den Berechnungsregen und den Jahrhundertregen am Gebäudestandort. Der Berechnungsregen r(5,5) beziffert ein fünfminütiges Regenereignis, das statistisch alle fünf Jahre einmal 200 bis 500 (l/s · ha) bringt. Der Jahrhundertregen r(5,100), wird als ein fünfminütiges Regenereignis definiert, das statistisch einmal in hundert Jahren Werte bis zu 1200 (l/s · ha) erreichen kann. Entsprechende Daten liefern der „KOSTRA“-Starkregenkatalog und der Deutsche Wetterdienst.

Freispiegelsystem — Entwässerung im Gefälle
Die Freispiegelentwässerung gilt als das herkömmliche System zur innenliegenden Entwässerung von Flachdächern. Geregelt wird sie durch die DIN EN 12056, Teil 3 und die DIN 1986 Teil 100. Ein Freispiegelsystem entwässert über viele Gullys und ein im Gefälle verlegtes Rohrleitungssys­tem. Es arbeitet nach dem Schwerkraftprinzip mit einer Teilfüllung der Rohre. Ein maximaler Füllungsgrad der Sammel- und Grundleitungen von h/d = 0,7 – bei Fallleitungen f = 0,33 – darf nicht überschritten werden. Zum Wassertransport dient ein Rohrsohlengefälle.
Neben der Ablaufleistung der einzelnen in der Regel trichterförmigen Dachgullys wird die Ablaufleistung dieser Anlage maßgeblich durch das Rohrsohlengefälle bestimmt. Sie erfordert daher große Rohrnennweiten, Raumhöhe für das Gefälle und je nach Dachgröße viele Gullys und Fallleitungen, da jeder Gully eine gesonderte Fallleitung benötigt. Das bedeutet: Jede Fallleitung wird an die Grundleitung angeschlossen, wodurch ein ausgedehntes Grundleitungsnetz, die entsprechenden Erdarbeiten und nach Installation der Anlage Inspektionsschächte für die Grundleitungen erforderlich werden. Wird das alles bei der Planung berücksichtigt, stellt die Freispiegelentwässerung auch bei höheren Gebäuden ein sicheres und zuverlässiges System dar. Die Sicherheit kann durch entsprechende Rohrverbinder noch deutlich erhöht werden. Denn sollte es beispielsweise aufgrund eines Versagens der Grundleitung zu einem Rückstau bis auf das Dach kommen, kann durch die Fixierung der Rohrverbinder ein Auseinandergleiten der einzelnen Elemente verhindert werden. Es entsteht mit einem minimalen finanziellen und zeitlichen Aufwand eine
große Sicherheits-Reserve im Gesamtsystem.

Druckströmungssystem – Entwässerung mit Unterdruck
Aufgrund der baulichen Erfordernisse bei einer Freispiegelentwässerungsanlage, kann ab einer gewissen Dachflächengröße ein Druckströmungssystem (DSS) trotz der aufwendigeren Befestigungstechnik die bessere bzw. wirtschaftlichere Lösung darstellen. Es arbeitet, wie sein Name schon assoziieren lässt, mit Unterdruck. Das Regenwasser wird hierbei in gefällelose Sammelleitungen direkt unter der Dachkonstruktion geleitet. Dabei führen  sie es über wenige Fallleitungen in die Grundleitung ab. Bei ihrer Planung sind allein elf Regelwerke und Normen zu beachten.
Generell kann gesagt werden, dass weitläufige Flachdächer von Industriegebäuden und Lagerhallen, auf denen sich in Sekundenschnelle große Wassermassen sammeln können, mit einem Druckströmungssystem ausgestattet werden sollen, um nicht zu sagen, müssen. Ein planmäßig vollgefülltes DSS-Regenentwässerungssys­tem leitet größere Wassermassen in weniger Zeit ab als die Freispiegelvariante. Dabei wird bereits bei geringen Regenmengen ein Unterdruck im Rohrleitungssystem erzeugt, der per Saug-Hebe-Effekt schnell, sicher und effektiv entwässert. Durch spezielle DSS-Dachgullys, z. B. ausgestattet mit dem „Sita­Airstop“, wird eine durch die „­Coriolis-Kraft“ verursachte Lufteinführung in das Rohr verhindert. Der schon bei abschnittsweiser Vollfüllung der Rohre entstehende Druck führt zu einer hohen Fließgeschwindigkeit.
Effizienz bei der Entwässerungsleistung und eine Reihe bautechnischer und wirtschaftlicher Vorteile sind die großen Pluspunkte einer DSS-Anlage. Aus der Reduzierung der Fallleitungsanzahl resultiert eine optimale Raum- und Hallennutzung, z. B. für Hochregallager. Weniger Fallleitungen bedeutet auch weniger Rammschutz, weniger Aufwand und Erdarbeiten bei den Grundleitungen. Zudem wird durch die wenn überhaupt nur wenigen Inspektionsschächte und die hohe Fließgeschwindigkeit der Wartungsaufwand verringert. Die hohe Ablaufgeschwindigkeit in Verbindung mit der Vollfüllung der Rohre bewirkt darüber hinaus einen gewissen Selbstreinigungseffekt, der als weiterer wartungstechnischer Pluspunkt gewertet werden muss.

Die Kosten im Blick
Aufgrund der erhöhten Leistungsfähigkeit kann mit kleineren Rohrnennweiten gearbeitet werden, was sich unter dem Strich auch auf die Kosten auswirkt. Unter Kostengesichtspunkten ist es auch interessant, sich schon in der Planungsphase des Gebäudes mit der Dachentwässerung zu beschäftigen. Je nach Grundstückgegebenheiten macht es Sinn, die Platzierung des Gebäudes auf die Regenwässerungsanlage abzustimmen. Oft ist dann nur ein kleiner „Stich“, bzw. Abzweig von der öffentlichen Kanalisation auf das Grundstück erforderlich. Diese vorausschauende Vorgehensweise rechnet sich gleich mehrfach. Bei einer dem Gebäude mittig zugeordneten Grundleitung kann mit kleineren Rohrdurchmessern für die Dachentwässerung gearbeitet werden. Im Idealfall lassen sich die Installationskosten so bis zu 25 % reduzieren.

Notentwässerung streng geregelt
Ohne Notentwässerung geht es heute nicht mehr. Seit Mai 2008 gilt die neue DIN 1986 Teil 100 mit zusätzlichen nationalen Bestimmungen zur DIN EN 12056 und DIN EN 752. Die Regenentwässerungsanlage wird nun als Ganzes gesehen – vom Dachgully über die Rohrleitung bis hin zur Übergabe an den öffentlichen Kanal. Neben der standortbezogenen Berechnung des Bemessungs- und Jahrhundertregens ist heute ein frei auf das Grundstück entwässerndes Notablaufsystem vorgeschrieben. Dieses Notablaufsystem muss so geplant werden, dass es mindestens die Differenz zwischen der Bemessungs- und der Jahrhundertregenspende sicher entwässert. Ob das überschüssige Regenwasser über die Attika oder über zusätzliche Leitungssys­teme auf eine frei und schadlos überflutbare Fläche abgeführt wird, das entscheidet sich anhand der konstruktiven Merkmale des einzelnen Gebäudes. Keinesfalls darf die Notentwässerung, die das Dach auch statisch entlastet, an die Leitungen der Hauptentwässerung angeschlossen werden, die im Falle eines Stark­regens unter Umständen schon überlastet sind.

Wartung – Pflicht und Vorsorge
Nach DIN 1986-3 ist die halbjährliche Wartung der Dach- und Notaufläufe vorgeschrieben. Aber so lange auf dem Dach alles gut läuft, wird sie gern vernachläs­sigt. Dabei ist sie nicht nur Pflicht, sondern auch eine aktive Vorsorge, die teure Folgeschäden zu vermeiden hilft. Alle sechs Monate ist der ungehinderte Ein- und Ablauf, auch der Notabläufe, zu überprüfen. Insbesondere im Herbst macht die Reinigung der Schmutzfänge und Einlaufroste Sinn. Vor dem Winter empfiehlt sich die Funktionskontrolle der evtl. vorhandenen Beheizung. Bei Dachabläufen von Druckentwässerungssystemen ist auf korrekten Sitz aller Funktionsteile des Systems zu achten, das bei jedem Regen unter Druck steht, also extremer Beanspruchung ausgesetzt ist. Fehlende oder defekte Teile müssen bei dieser Gelegenheit ausgetauscht werden. Planer und Ausführende sollten hier Aufklärungsarbeit betreiben und Gebäudebesitzer, die gern bei der Wartung sparen, auf den Kosten-Nutzen-Effekt regelmäßiger Dachbegehungen hinweisen. Viele Unternehmen bieten zu diesem Zweck von Anfang an entsprechende Wartungsverträge.

Kein Risiko eingehen
Die Berechnung einer Flachdachentwässerung ist – zumindest bei großen Flachdächern – keine Kleinigkeit. Neben den standortbezogenen müssen hier auch die dachspezifischen Parameter, z. B. die im Abflussbeiwert C definierte Ausführung der Dachfläche oder die vom Tragwerksplaner definierte maximale Überflutungshöhe, mit einbezogen werden. Hersteller von Flachdachentwässerungssystemen bieten daher einen in der Regel kostenlosen Berechnungsservice an. Damit sind Planer, Ausführende und Gebäudebesitzer auf der sicheren Seite.

Autorin: Dr.-Ing. Susanne Kasparek, Produktmanagerin bei der Sita Bauelemente GmbH, Rheda-Wiedenbrück

Bilder: Sita Bauelemente
www.sita-bauelemente.de

 

Regen als tonnenschwere Last

Kaum einem ist bewusst, welches Gewicht sich bei einem Starkregen auf einem Flachdach ansammelt. Ein Rechenbeispiel soll dies verdeutlichen. Ein zur Sanierung anstehendes Flachdach mit 4000 m² war nach der damals gültigen DIN 1986 für den Standort Rheda-Wiedenbrück regelkonform ausgelegt. Notentwässerungseinrichtungen waren nicht vorhanden. Im Falle eines Jahrhundertregens r(5,100), also einem fünfminütigem Starkregenereignis, der hier mit 604 l/s · ha angegeben ist, würden sich innerhalb von fünf Minuten 72 480 l Wasser ansammeln, also 72,5 t Gewicht. Was dies für die Statik des Daches bedeutet, das kann man sich leicht ausrechnen. Ein technisch einwandfreies Flachdach mit dem erforderlichen zusätzlichen Notentwässerungssystem kann auch einen Jahrhundertregen sicher auf schadlos überflutbare Flächen ableiten.

 


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