Sprung ins Digitale
Wie der Unternehmer Mike Kolbe SHK-Handwerk neu denkt
In Schenefeld (Kreis Pinneberg) bei Hamburg wagt Mike Kolbe im Frühjahr 2021 den Sprung. Nicht ins kalte Wasser der Elbe, sondern in die Selbstständigkeit. „Mit 3000 Euro Ersparnis in der Tasche, einer alten Arbeitshose, einem Zollstock und einem gemieteten Auto“, erzählt der heute 34-Jährige. Doch was wie eine klassische Handwerksgründung klingt, ist mehr als das. Wer mit dem Anlagenmechaniker spricht, merkt schnell, dass er von Beginn an eine große Vision hatte. Er möchte eine Arbeitskultur schaffen, Handwerk neu denken – dabei stehen das Team und die Digitalisierung im Vordergrund. Um diese Haltung sichtbar zu machen, präsentiert er sich selbst und seine Ideen. Konsequent nutzt er dabei die sozialen Medien.
Bereits in seiner Kindheit steht für Mike Kolbe fest: Er will ins Handwerk. „Mein Papa hatte seine Schlosserei hier auf dem Gelände. Ich bin quasi unter Handwerkern groß geworden“, so Mike Kolbe. Ein Praktikum in den USA als Flugzeugmechatroniker bestärkt sein technisches Interesse, doch er will lieber mit Kunden arbeiten als in der Industrie. Deshalb beginnt er seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker mit der Fachrichtung Heizung. „Dann war ich überwiegend auf Flachdächern unterwegs, habe geschweißt, wollte aber immer eigentlich Heizungen verbauen.“
Nach dem Gesellenbrief steht fest, dass die Meisterschule der nächste Schritt ist. Sieben Jahre lang arbeitet er anschließend für ein anderes Unternehmen im Heizungsbau, erst als Kundendienstmonteur, dann als Monteur bis hin zum Bauleiter. Zum Schluss als Projektleiter mit Prokura im Büro. Dann entscheidet sich Mike Kolbe für die Selbstständigkeit. „Ich hatte die Vision, das Teamgefühl wieder ins Handwerk zu bekommen und wollte mein eigenes Unternehmen groß machen“, so Mike Kolbe. Motiviert durch einen Unternehmenscoach, der ihn auf seinem Weg begleitet, nimmt er sein Handy in die Hand und legt los. Auftakt einer besonderen Erfolgsgeschichte.
Rasante Entwicklung
16 Mitarbeiter beschäftigt die Mike Kolbe Heizungstechnik mittlerweile in Schenefeld. Mehr als 2300 Menschen folgen dem Instagram-Account der Firma. Mike Kolbe und sein Team betreuen Kunden in einem Umkreis von bis zu 25 km, komplett spezialisiert auf Heizungstechnik. Die natürliche Barriere ist der Elbtunnel. Fährt man auf den Hof der Firma, dominiert das Blau-Grün aus dem Logo, an der Außenfassade, an den Fahrzeugen und natürlich in den Innenräumen. Es gibt einen Spielplatz, eine Grillecke, sogar einen Pool für die Mitarbeiter. „Ich wollte was Einzigartiges erschaffen, wo jeder mit einem Lächeln zur Arbeit kommt.“
Mike Kolbes Gesicht ist stets präsent auf den Werbebannern und Aufstellern im Büro. Stichwort „Personenmarke“, wie der Geschäftsführer sagt und gelassen an seinem aufgeräumten Schreibtisch Platz nimmt. In Sichtweite direkt über den Monitoren hängt eine selbst gebastelte Collage „Meine Ziele bis 2030“. Darauf ist eine Yacht abgebildet, ein großes Haus, sowie eine Uhr, ein Familienportrait und der Hinweis „100 Mitarbeiter“. „Wir wollen beweisen, dass wir das schaffen können. Nicht immer sagen, dass es nicht geht, sondern einen Weg finden, der funktioniert“, sagt er. Damit diese Ziele kein Wunschdenken bleiben, bedarf es Struktur, Team und digitaler Werkzeuge.
Die Digitalisierung ist daher fester Bestandteil des Unternehmens. „Ich wollte von Anfang an keine Zettelwirtschaft“, sagt Mike Kolbe. Arbeitszeiten erfasst das Unternehmen digital, Checklisten liegen nicht im Ordner, sondern auf Smartphones. Anfangs testete die Firma mehrere Tools für Fachhandwerkersoftware. „Mittlerweile sind wir komplett auf Hero umgestiegen.“ Hier bündelt sich alles: Angebote, Projekte und interne Abläufe. Die Software ist als App auf den Smartphones der Monteure installiert, pro Fahrzeug gibt es zusätzlich ein Tablet. Die Materialbeschaffung läuft direkt über eine IDS-Schnittstelle mit dem Großhandel, beispielsweise mit „GC ONLINE PLUS“, dem Onlineshop der GC-GRUPPE. „Wenn ein Mitarbeiter auf der Baustelle ist und über sein Handy Artikel bestellt, werden diese direkt mit einem Klick dem Baustellenbericht sowie der Rechnung mit den richtigen Endpreisen hinzugefügt“, so Mike Kolbe.
Marketing als Schlüssel zum Erfolg Kommunikationswerkzeuge nutzt Mike Kolbe mit seinem Team intern und extern. „Ich glaube, das war unsere Stärke: Dass ich von Anfang an gesagt habe – wir brauchen das“, sagt der 34-Jährige über die Gründungsphase und die sozialen Medien. Von Beginn an setzt er auf Sichtbarkeit und Transparenz auf Facebook, Instagram und inzwischen auch TikTok. Hier geben er und sein Team teils sehr humorvolle Einblicke in Baustellen und Teamdynamik. „Wir haben drei Jahre mit einer Agentur zusammengearbeitet, die Fotos und Videos produziert hat“, erzählt Mike Kolbe. Mittlerweile erstellen zwei Festangestellte monatlich die Content-Pläne und betreuen die Kanäle.
Während Facebook vor allem ältere Zielgruppen und potenzielle Kunden anspricht, dient Instagram der Mitarbeitergewinnung. Dabei steht Mike Kolbe nicht nur selbst vor der Kamera, auch seine Mitarbeiter ziehen mit. „Man muss die Mitarbeiter mitnehmen. Ich darf nichts von ihnen verlangen, was ich selbst nicht bereit bin zu tun“, sagt er. Stichwort Authentizität. Es ist klar: Mike Kolbe lebt nicht nur Handwerk, sondern auch Marketing. Er jongliert beiläufig mit Begriffen, wie Kampagnenplanung, Kundengewinnung und Qualitätsstandards. Er holt sein Handy aus der Tasche, öffnet Instagram und zeigt verschiedene kurze Videos aus dem Kanal. Klarer Fokus auf die sozialen Medien. Für zusätzliche Reichweite schaltet er Werbung. Bis zu 600 000 Personen erreichen die Inhalte im Monat. Das Imagevideo der Firma hat fast 200 000 Aufrufe bei TikTok, über 500 000 über alle Plattformen hinweg. Eindrucksvoll.
Künstliche Intelligenz im Handwerk
Auch Künstliche Intelligenz hat inzwischen bei Mike Kolbe Heizungstechnik Einzug gehalten. „Ich habe zum Beispiel für meine Social-Media-Accounts Chat-GPT darauf trainiert, mir eine Wachstumsstrategie aufzuschlüsseln“, erklärt er. Das Tool helfe bei der Analyse der Instagram-Seite, bei Textideen oder bei der Frage, was die Zielgruppe interessiert.
Noch sei er nicht komplett eingestiegen, aber das Thema ist gesetzt.
Wir wechseln den Standort und gehen in die Nebenhalle. Ebenfalls auf der Agenda steht ein vollautomatisiertes Lagersystem. Den ersten Schritt dahin setzt das Unternehmen mit einem neuen Lager. Hier stehen aktuell noch viele unausgepackte Kartons auf dem Boden und leere Regale an den Wänden, Möbel sind abgedeckt. Von 60 m2 auf 130: Ein Sprung, der neue Möglichkeiten bietet. Hier lagert der Betrieb bald das Material für bis zu sechs Baustellen, die Dokumentation läuft künftig ebenfalls über eine Handwerkersoftware. Im Obergeschoss entstehen ein Podcast - sowie ein Meetingraum für interne Schulungen. „Ich starte lieber unperfekt, als perfekt zu scheitern“, sagt er, während er durch die noch leeren Räume geht. Hier entsteht Platz für Ideen und Weiterentwicklung. Im Mittelpunkt steht immer das Team und dass, das Unternehmen weiter vorankommt, so Mike Kolbe.
Was damals mit einem Sprung, einem Handy und einer Vision begann, ist heute ein sichtbares Beispiel für modernes Handwerk. Noch immer zieht ihn das kalte Wasser frischer Herausforderungen an. Mike Kolbe schätzt die Selbstständigkeit. An seiner Seite steht ein Team, das nicht nur mitzieht, sondern sichtbar mitgestaltet.