Werbung

Günstiger und besser

Die Solarthermiebranche arbeitet an ihren Wärmepreisen

Enthüllungs-Parade für einen neuen Röhrenkollektor. Die Branche arbeitet daran, die Solarthermie wieder attraktiver zu machen. Bild: BDH

Leistungskurven eines üblichen, direkt durchströmten Kollektors und eines neuartigen, ­stagnationssicheren Kollektors mit Wärmerohren. Bild: ISFH

Neuronale Netze helfen, Solaranlagen effizient zu betreiben. Bild: Fraunhofer ISE

Durch Standardisierungen soll die ­Montage von Kollektoren vereinheitlicht und ­vereinfacht werden. Bild: Sonnenkraft

 

Mit Optimierungsmaßnahmen zur Leistungssteigerung will die Solarthermiebranche die Wärmekosten ihrer Systeme senken. Auch der Einsatz künstlicher Intelligenz soll dabei helfen. IKZ-Energy stellt drei Projekt-Entwicklungen vor.

„Hohe Kosten und hohe Komplexität stellen bei solarthermischen Anlagen wesentliche Barrieren zur Marktverbreitung dar“, sagt Federico Giovannetti. Neue technische Lösungen zur Verbesserung ihrer Wirtschaftlichkeit seien deshalb dringend gefragt. Mit seinen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) arbeitet der Arbeitsgruppenleiter daran, Dampfbildung im Solarkreis zu unterbinden und dadurch zuverlässige, wartungsarme und günstige Systeme zu realisieren.

Überhitzungsschutz vereinfacht Systemtechnik

Besonders der Stagnationsfall, wenn der Wärmetank bereits voll ist, die Sonne aber weiter scheint, kann Solarsysteme belasten. Sonnenkollektoren heizen sich dann auf 140?°C und mehr auf. Die in der Folge verdampfende Solarflüssigkeit kann durch die hohen Temperaturen geschädigt werden. Bei konventionellen Solaranlagen kann der Dampf sogar bis in die Solarstation und das Ausdehnungsgefäß gedrückt werden. Dichtungen und Membranen werden dadurch thermisch gestresst, was den Alterungsprozess beschleunigt und die Lebensdauer der Solaranlage verkürzt.
Sonnenkollektoren mit Wärmerohren sollen das verhindern. Das ISFH hat im Projekt HP-Koll solche Sonnenfänger gemeinsam mit KBB Kollektorbau, Narva Lichtquellen und der Akotec Produktionsgesellschaft entwickelt. Bei ihnen durchströmt der Wärmeträger nicht direkt das Absorberrohr. Stattdessen verdampft ein Medium im Rohr. Dabei sammelt es sich am oberen Ende des Rohrs. Dort wird die Energie auf den eigentlichen Wärmeträger übergeben und über den Solarkreislauf abtransportiert. Der Dampf kühlt ab und sammelt sich wieder unten im Rohr.
„Durch die gezielte Auslegung der Wärmerohre bezüglich Art und Füllmenge des Wärmeträgers kann die Wärmeübertragung vom Absorber zum Solarkreis ab einer festzulegenden Temperatur unterbunden werden, was eine weitere Steigerung der Temperatur im System vermeidet“, erklärt Giovannetti den Überhitzungsschutz. Auf diese Weise lasse sich die Maximaltemperatur im Solarkreis auf 125°C begrenzen, ohne die Systemeffizienz zu beeinträchtigen. Vorteil: Die Solarflüsigkeit verdampft im Stagnationsfall nicht. Das System wird weniger beansprucht, sodass die Komponenten länger halten und sich einfachere Systeme bauen lassen. Die Verrohrungen können beispielsweise aus Kunststoff sein, die Kompensationsgefäße kleiner dimensioniert und die Solarstationen preiswerter konstruiert werden. Durch die günstigeren Komponenten und den geringeren Aufwand für Installation und Betrieb erwartet Giovannetti, die Wärmegestehungskosten gegenüber herkömmlichen Systemen um 20 bis 30% senken zu können.

Optimierungen steigern Leistung
In einem weiteren Projekt, KoST, haben Forschungsinstitute und Industriefirmen gemeinsam Standards für Solarkomponenten und Schnittstellen erarbeitet. „Jeder Kollektor wird mit einem eigenen Montagesystem angeboten, obwohl sich die Klemmenbefestigungen eigentlich sehr ähneln“, sagte Stephan Fischer, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung (IGTE) im Mai diesen Jahres beim Symposium Solarthermie und innovative Wärmesysteme in Kloster Banz, dem technisch-wissenschaftlichen Treff der Branche. Die Standardisierung von Anschlüssen, Kollektoren, Montagesystemen, Regelungen und Speichern reduziere deren Komplexität. Zudem ermögliche sie es, die Komponenten herstellerübergreifend einzusetzen, was den Installationsfirmen die Montage erleichtere und neue Vertriebswege eröffne, zum Beispiel über Dachdecker- oder Fensterbaubetriebe.
Die Standards sehen beispielsweise vor, dass Kollektorvor- und -rücklauf bei Trinkwasserspeichern auf einer Höhe angebracht sein sollen, um die Montage der Solarstation am Wärmetank zu vereinfachen. Für die Solarstationen geben sie unter anderem die Anordnung der Komponenten sowie den Achsabstand zwischen Vor- und Rücklauf vor. Ebenso haben die Projektbeteiligten Leitfäden für Montagesysteme und zur Kollektorinstallation erarbeitet, die in Kürze auf www.easy-st.org

veröffentlicht werden.
Durch eine Kombination verschiedener Optimierungsmaßnahmen hofft man, die Wärmekosten solarthermischer Warmwassersysteme von 11,3 auf 5,8 ct/kWh halbieren zu können. Dazu gehören der Einsatz standardisierter Komponenten, des ISFH-Überhitzungsschutzes, effizienter Kollektoren, von Mikrozirkulationsbremsen an den Speicheranschlüssen, die die Wärmeverluste senken, sowie von Wärmespeichern mindestens der Effizienzklasse B und von Hocheffizienzpumpen.
Für Fischer sind die Arbeiten damit nicht abgeschlossen. Die Entwicklung von Plug-and-flow-Lösungen über Schnellmontagezubehör, kabelloser Temperaturfühler und einer Solar-App zur Ertrags- und Preisberechnung sowie die einheitliche Verwendung von Wärmeträgerflüssigkeit im System und die Erarbeitung eines Standards für eine einheitliche Reglerkommunikation nennt er als ausstehende Aufgaben.  

Solarregler lernt selbst

Künstliche Intelligenz (KI) könnte künftig ebenfalls dazu beitragen, Solarwärmesysteme günstiger zu machen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesys­teme (Fraunhofer ISE) hat selbst lernende künstliche neuronale Netze für die Regelung solarthermischer Heizungssysteme entwickelt. An dem Projekt ANNsolar haben sich mit Prozeda, Sorel und Steca drei Hersteller von Solarreglern beteiligt.
Künstliche neuronale Netze können ähnlich dem menschlichen Gehirn selbstständig Handlungsstrategien anhand von Trainingsdaten entwickeln. „Sie bieten eine hervorragende Möglichkeit, Heizungsanlagen effizienter und kos­tengünstiger zu regeln“, sagt Fraunhofer ISE-Abteilungsleiter Wolfgang Kramer. Das Einsparpotenzial gegenüber einer konventionellen Regelung bei Bestandsgebäuden liege bei mindes­tens 7?%. Gegenüber nicht optimierten Regelungen, wie sie sehr häufig in der Praxis vorkommen, liege das Einsparpotenzial in der Größenordnung von 12% und mehr.
Die Regelung kann die individuelle thermische Dynamik des Gebäudes, die Wärmebedarfsänderung durch Solarstrahlung auf die Gebäudehülle und den Ladezustand des Speichers in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen erfassen. Auf diese Weise kann sie die thermischen Zustände für die Zukunft prognostizieren, ohne dass eine Simulation erforderlich ist. Sie erlernt die entsprechenden Abhängigkeiten selbstständig. So kann sie im Regelungsbetrieb die Entwicklung von Raumtemperatur, Solarertrag und Speicherladezustand voraussagen, um die Heizungsanlage optimal zu betreiben. Sie überprüft, ob die notwendigen Speichertemperaturen innerhalb eines Prognosezeitraums ohne Nachheizung erreicht werden. Unnötige Brennerstarts unterbleiben, die Nachheizung wird minimiert und der solare Ertrag maximiert.
Die Projekte zeigen, welche Anstrengungen die Solarwärmebranche unternimmt, um ihre Systeme besser und günstiger zu machen. Davon wird auch das Handwerk profitieren. So soll der neue KI-Regler zudem den Aufwand bei Installation und Inbetriebnahme minimieren. „Wir erwarten Einsparungen von mehreren Stunden an Handwerkerdienstleistung“, sagt Kramer.

Autor: Joachim Berner, Journalist für Erneuerbare Energien

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: