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Energie aus der Tiefe

Planung von Erdwärmepumpen: Was muss im Bereich der Geothermie beachtet werden?

Die fachgerechte Auslegung der Erdwärmequelle ist Voraussetzung für eine funktionierende Heizung. Bild: BWP

Ärgert sich über verschiedene Vorschriften in den Bundesländern: Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe. Bild: BWP

Bei hohen Entzugsleistungen kann das Erdreich auch mittels Solar­absorbern wieder regeneriert werden, um so der Verfrostung vorzubeugen. Bild: Urbansky

Gerade bei tiefen Bohrungen bis 100 Metern kann es zu Abdriften ­kommen. Ein gerades Einbringen einer Sonde ist dann schwierig, was zu weiteren Problemen führen kann. Bild: BWP

 

Zwar bestimmen Luft/Wasser-Wärmepumpen in Deutschland das Marktgeschehen. Erdwärmepumpen jedoch sind deutlich effizienter. Will man zuverlässige und kontinuierliche Leistungen, sind sie das Mittel der Wahl. Ebenso eignen sie sich hervorragend für die Kühlung eines Gebäudes. Bei der Planung jedoch können gravierende Fehler gemacht werden, die im Betrieb hinterher nicht mehr auszugleichen sind.
Der gravierendste Fehler, der bei Erdwärmepumpen gemacht wird, sind – bei der vertikalen Variante – zu klein ausgelegte Bohrungen und dementsprechend zu kleine Sonden. Das führt letztlich zu einem Dauerbetrieb der Pumpe, da die gewünschte Wärmeleistung irgendwie erreicht werden muss. Das wiederum setzt eine Kettenreaktion in Gang, aus der es kein Entkommen gibt: Der stromintensive Dauerbetrieb führt im Erdreich zu einem permanenten Wärmeentzug, der wiederum Dauerfrost im Erdreich erzeugt. Die normalen Erdreich-Temperaturen von 10 bis 12 °C, bei denen eine Wärmepumpe arbeitet, werden nicht mehr erreicht. Die Wärmepumpe wird ineffizient. Die Laufleistung muss zeitlich ausgedehnt werden. Das wiederum führt zu einer weiteren Verfrostung des Bodens.
Viele Bundesländer begrenzen deswegen die Temperatur, mit der die Sole ins Erdreich eingebracht werden darf. Der „Dauerfrost im Erdreich“ ist also ein Zustand, der nur bei extremen Planungsfehlern und Missachtung sämtlicher Auslegungsregeln auftreten kann. Leider gibt es tatsächlich vereinzelt solche Fälle. „Deswegen ist die fachgerechte Auslegung der Erdwärmequelle auf Grundlage der VDI 4640 Blatt 2 so entscheidend“, erklärt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP). Diese enthalte vereinfachte Auslegungsregeln. Man könne aber auch mit entsprechender Planungssoftware wie dem Earth Energy Designer (EED) arbeiten.

Dauerbetrieb durch Verfrostung
„Die Erdwärmequelle wird in der Regel auf 50 Jahre ausgelegt“, so Sabel. „Und zwar so, dass die Quellentemperatur 0 °C nicht unterschreitet.“ Bei dieser Temperatur werde der COP, also die Effizienz der Sole- oder Erdwärmepumpe bestimmt. Dass die Quellentemperatur im Laufe der Heizperiode leicht absinkt, ist laut dem Experten absolut normal. Über die Sommermonate müsse sich die Quelle wieder regenerieren. Nach 50 Jahren würde ein Gleichgewichtszustand erreicht und die Quellentemperatur sinke nicht weiter ab.
Hier ist ein Problem angerissen, das zum nächsten Planungsfehler führt – die Bodenregeneration. Erdwärmequellen sollten grundsätzlich so ausgelegt sein, dass sie sich durch die Energie der Umgebung wieder regeneriert, sodass über einen längeren Zeitraum betrachtet genauso viel Wärme wieder in den Untergrund fließt, wie von der Wärmepumpe entnommen wird. Bei einer Erdwärmepumpe, die gleichzeitig zur Kühlung dient, passiert dies automatisch. Eine weitere Möglichkeit ist Solarthermie, entweder in Form von Kollektoren, die überschüssige Wärme im Sommer in den Boden transportiert, oder durch im Vornherein mitgeplante Solarabsorber, die keinen anderen Zweck haben, als die Effizienz der Wärmepumpe im Winter zu steigern und im Sommer den Boden zu regenerieren.
Der nicht wünschenswerte Dauerbetrieb einer Wärmepumpe kann auch auf einen weiteren Fehler zurückgeführt werden. Wenn die Wärmepumpe zur Bereitung des Warmwassers installiert wird, leidet ihre Effizienz. Optimale Vorlauftemperaturen liegen bei 28 bis 35 °C. Muss diese Vorlauftemperatur jedoch auf 60 °C aufaddiert werden, leidet die Effizienz. Deswegen kann es besser sein, die Warmwasserbereitung anders zu lösen. Entscheidend bei der Planung ist hierfür die maximal mögliche Heizungsvorlauftemperatur. Sie sagt auch aus, in welchem Umfang die Warmwasserbereitung über die Wärmepumpe erfolgen kann und – das ist der Knackpunkt – wie viel Energie noch zur elektrischen Nachheizung benötigt wird.
Eine effiziente Lösung – auch bei Problemen, die im Nachgang einer fehlerhaften Installation zu beheben wären – sind Plattenwärmeübertrager. Ein System dazu gibt es von Solvis. Statt die Temperaturen auf 60 °C hochzuheizen, um so Legionellen abzutöten, wird ein Filter eingesetzt, der alle zwei Stunden fast alles aus dem Wasser entfernt, was nicht wünschenswert ist.
Bei einer fundierten und richtig geplanten Erdwärmepumpe sollte die Warmwasserbereitung jedoch kein Problem darstellen, da bei ihr, ebenso wie bei Grundwasserwärmepumpen, keine witterungsbedingten Korrekturen bei Änderungen der Außenlufttemperatur notwendig sind wie generell bei Luft-Wärmepumpen. Doch jede Berechnung muss sich auf die geologischen Gegebenheiten stützen. Mögliche Wärmeentzugsleistung, Art des Mediums in der Sonde, Regeneration – all das entscheidet über die Bohrtiefe. Bei dieser muss jedoch einiges beachtet werden: Man sollte immer auf zertifizierte Bohrunternehmen setzen (siehe auch Normen und Richtlinien).

Schadensfälle beim Bohren gering
Jedes Jahr kommt es dennoch in Deutschland zu Schadensfällen, wenn auch nur zu verschwindend wenigen. 2014 untersuchten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) 30 000 Bohrungen in Baden-Württemberg und kamen auf eine Schadensquote von 0,002  %/a. Die Ursachen, so die Forscher, ließen sich eingrenzen und durch sorgfältige Qualitätssicherung vermeiden. Die Schäden entstanden fast ausnahmslos in geologischen Anhydrit-Formationen. In solchen Gebieten, so Sabel, würden von den Behörden keine Erdwärmebohrungen mehr genehmigt, was auch richtig sei.
Eine weitere Gefahrenquelle sind artesische Brunnen. Bekannt ist der Fall eines Anbaus des Hessischen Finanzministeriums in Wiesbaden. Dort sollte auch Erdwärme Mittel der Wahl sein. Doch bei den Bohrarbeiten wurde ein artesischer Brunen von großer Stärke getroffen. Im Wiesbadener Untergrund wahrlich keine Seltenheit. Am Ende wurde die Erdwärme zugunsten einer Abwärmelösung durch das vorhandene Altgebäude abgewählt. Das ist allerdings die Ausnahme. Brunnenbauer, so Sabel, könnten mit so einer Situation umgehen.
Inzwischen ist die Versicherungslage für solche unvorhersehbaren Schäden sehr gut. In Baden-Württemberg wird generell jede Bohrung mit 1 Mio. Euro versichert, in Deutschland gilt das bei jeder geförderten Bohrung. Für die Förderung ist wiederum die Zertifizierung des Bohr­unternehmens durch den DVGW Voraussetzung. Zudem hat sich auch die Prüftechnik, insbesondere bei dem Verlauf der Ringraumfüllung, verbessert. Ein Check ist selbst nach Jahren möglich. Allerdings drohen auch hier Fehler. „In der Praxis kommt es gerade bei tiefen Bohrungen zu Abdriften. Das bedeutet eine Neigung von 2 bis 5 Grad. Wenn ich dort eine Sonde reinpresse, schabt die an der Bohrwand und kann diese beschädigen“, erklärt Jürgen Strebe, Geschäftsführer des Geothermie-Spezialisten Pumpen Strebe. Die Suspension, ein Zement-Ton-Gemisch für die Abdichtung, könne die Rohre dann nicht umschließen. Dadurch könnten die Grundwasserleiter durch aufsteigendes und kontaminiertes Wasser verunreinigt werden. Gleiches gilt für unsaubere Abdichtungen, da Regenwasser vorher mit Kläranlagen oder Nitraten in den Böden Kontakt haben könne und so in das Grundwasser eindringe. „Die Schäden“, so Strebe, „bemerkt man nicht heute oder morgen, sondern erst in einigen Jahrzehnten.“ Er hat mit der Venturi-Sonde ein Verfahren entwickelt, das auf tiefe Bohrungen verzichtet. Statt einer Bohrung von 100 m sollen auch 5 Bohrungen von 20 m reichen. Damit würde der erste Grundwasserleiter und der Stauer, etwa eine Tonschicht darunter, erreicht. Die Sonde dreht sich, was wiederum die Effizienz erhöht, und ist komplett aus Edelstahl gefertigt.

Unterschiede in Bundesländern
Ein weiteres Problem ist die unterschiedliche Handhabung der Bohrgenehmigungen in den einzelnen Bundesländern. „Es gibt eine Vielzahl länderspezifischer Vorschriften und Auslegungen von Gesetzen, die den Unternehmen das Leben schwer machen“, ärgert sich Sabel. Als Beispiel nennt er das Bergrecht. Während es in Niedersachsen – einem Land mit reicher Bohrtradition – günstige und praxisgerechte Auslegungen gäbe, würde in Hessen die Erdwärmenutzung extrem behindert. Mit der DVGW W120-2 Zertifizierung (siehe auch Normen und Richtlinien) und der verschuldensunabhängigen Versicherung sei viel erreicht worden, um die Qualität zu verbessern und das äußerst geringe aber unvermeidliche Restrisiko eines jeden Tiefbauvorhabens abzusichern. Insgesamt sieht Sabel die Genehmigungspraxis allerdings als oftmals zu kompliziert und mit zu hohen Auflagen und Unsicherheiten verbunden, was auf Kunden, Planer und ausführende Unternehmen abschreckend wirke.

Fehler bei Kollektoren
Auch bei den horizontal verlegten Erdwärmevarianten, also Kollektoren oder Gräben, sind Fehlplanungen möglich. Diese lassen sich jedoch mit einigem Aufwand wieder beheben. Auch hier ist eine zu hohe Entzugsleistung verantwortlich für Vereisungen. Das wird noch unterstützt durch Kollektoren, die zu eng beieinander verlegt werden. Generell gilt, dass für die Kollektorfläche der doppelte Platz der zu beheizenden Wohnfläche benötigt wird. Zu beachten ist jedoch, dass bei Kollektoren die Vereisung bis zu einem gewissen Grad erwünscht und notwendig ist. Denn dabei wird Energie genutzt, die beim Übergang von flüssigem Wasser in den festen Zustand frei wird.
Und auch die Beschaffenheit des Bodens spielt eine Rolle. Bei der vertikalen Geothermie kann man dies mit tieferen Bohrungen lösen. Bei Kollektoren ist das nicht möglich. Sie müssen in einer bestimmten Tiefe, normalerweise 1,50 m, verlegt werden. Handelt es sich um Sandböden, bedarf es mehr als der doppelten Verlegefläche, da diese Böden Wärme schlecht speichern. Bei schweren Lehmböden hingegen ist dies deutlich besser. Zudem darf das Gelände, auf dem die Kollektoren verlegt wurden, nicht überbaut werden, da die Nässe des Regens ein wesentlicher Erwärmungsfaktor für das Bodenreich ist.

Autor: Frank Urbansky


 

Normen und Richtlinien im Überblick

  • VDI Richtlinie 4640, Blatt 1 und 2.
  • DIN 8901.
  • Zertifizierung Bohrfirmen nach W 120 (etwa durch DVGW).

 


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