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„Eine anspruchsvolle Kundengruppe“ [Seite 2 von 2]

Mit dem künftigen Nutzer eines barrierefreien Bades über seine Beeinträchtigungen sprechen

Blick ins Büro: 2003 erfolgte der Schritt in die Selbstständigkeit. Der Planer arbeitet mit einem CAD-Programm.

Begehbare Dusche, die von beiden Seiten zugänglich oder befahrbar ist, mit flächigem Rainshower-Deckenelement. Die Bewegungsfläche bietet auch Platz für eine weitere Person, z. B. eine Pflegekraft, die bei der Reinigung unterstützt, oder Eltern, die ihr Kind duschen.

Zu Gast im Rollstuhl: Seminarteilnehmer testen die Fortbewegung auf vier Rollen. Sie erleben, wie sich die Distanzen im Raum anfühlen und welche Greifhöhe ihnen angenehm ist.

In diesem Rollstuhl bieten die Lehnen Unterstützung für Arme und Rücken. Die Toilette wird eigenständig angefahren, der Rollstuhl kann auch unter der Dusche verwendet werden. Solch ein Stuhl ist bei der Planung Thema, denn die Bewegungsflächen im Bad müssen darauf abgestimmt werden.

 

Zum zweiten kennt sich der Badberater bei den Produkten aus. Er sollte einen Überblick über Produktlinien in Mindest-, Standard- und Premiumausstattung haben und sie nach Preis und Bedarf kombinieren. Hier muss er über den Tellerrand schauen, denn er berät in einem Bereich, für den es Lösungen gibt, die im Mainstream der Badgestaltung noch nicht angekommen sind.

IKZ: Dann schauen wir weiter auf die Beratungssituation, was gilt hier?

Hans-Peter Matt: Zunächst einmal stellt sich wie immer die Frage: Was ist der Grund für die Anfrage, warum kommt der Kunde gerade zu mir? Ist man einer von vielen, der ein Angebot abgeben soll, wurde man über das Web gefunden oder über Empfehlungen, oder sind es sogar Bestandskunden? Schon zu diesem Zeitpunkt spielen Vertrauen und Psychologie eine wichtige Rolle, hier geht es um den Auftrag. Das Erstgespräch sollte stets im Lebensumfeld des Kunden stattfinden, wo der Handwerker ein Gefühl für die Lebensumstände, das Umfeld, die Einrichtung und den persönlichen Geschmack bekommt und den Raum sieht. Wie in jedem Beratungsgespräch hängt viel davon ab, wie gut vorinformiert die Kunden sind, und wie klar ihre Vorstellungen sind. Es geht um bauliche Fragen, vielleicht soll das Bad vergrößert werden. Und es geht um die Ausstattung. Hier sind wir bei den sensiblen Themen, wie Toi lette und Intimhygiene. Es wird über das Dusch-WC gesprochen oder über die Toilettenrolle und wo sie hängen soll. Es geht auch um die Bedürfnisse der übrigen Badnutzer, falls mehrere im Haus oder in der Wohnung leben. Wichtig ist, dass der Handwerker die Möglichkeiten auslotet und die Normen zur Orientierung nutzt, im privaten Bereich sind sie nicht mehr und nicht weniger. Die Planung sollte unbedingt Lösungen für alle schaffen.

Hat sich man sich dann entschieden, ist es von Vorteil, wenn der Endkunde schnell eine Vorstellung bekommt. Gut ist es, wenn jemand beispielsweise von Hand zwei, drei Lösungen zu Papier bringen kann. Es ist eben auch ein ganz normales Beratungsgespräch mit Kunden, die begeistert sind, wenn das, was ihnen präsentiert wird, ihre Vorstellungen trifft. Dann folgt die Planungsphase, mit allen Feinabstimmungen. Wenn es sich machen lässt, empfiehlt es sich, auch mit diesen Kunden eine Sanitärausstellung zu besuchen, um letztlich die Produkte auszuwählen.

Alle diese Phasen sollten stets in geschützter Atmosphäre stattfinden, und es sollte ausreichend Zeit eingeplant werden.

IKZ: Was meinen Sie, wie kann eine barrierefreie Badgestaltung „normaler“ werden?

Hans-Peter Matt: Was die Ausstattung angeht, sprechen wir über einen Paradigmenwechsel, auf den ich persönlich hinarbeite. Barrierefreiheit wäre keine Sonderaufgabe, wenn sie in alle Planungsphasen einbezogen würde. Dann wären auch die Produkte Mainstream. Das beste Beispiel ist die bodengleiche Dusche. Genauso könnte es ja sein, dass Waschbecken üblicherweise eine Griffmulde oder seitliche Griffe haben, oder dass ein Klappsitz in der Dusche Standard wäre.

Auch wären die Vorbereitungen im Rohbau für eine Wandelbarkeit der Bäder nicht mehr die Ausnahme, wie es heute der Fall ist. Das Bad würde ganz selbstverständlich nachrüstbar, wie z. B. ein Schlaf- oder Wohnzimmer, wo man die Elemente oder Möbel einfach austauschen kann.

Was die Beziehung zum Kunden angeht, ist Vertrauen schaffen der Schlüssel. Wenn das gelingt, dann haben Betriebe gute Kunden, denen sie auf Augenhöhe, ohne Tabus, individuell abgestimmt mit großer Wahrscheinlichkeit auch gehobene Bäder verkaufen.

Bilder: Hans-Peter Matt

www.mahp-barrierefrei.de

 

Daten und Fakten

  • Hans-Peter Matt, 1987 Geselle im SHK-Handwerk, Rollstuhlfahrer
  • Seit 2003, Beratungsbüro „mahp-barrierefrei“
  • Seit 2019 Sachverständiger für Barrierefreies Bauen
  • Beratung für Industrie, Gastgewerbe, Privat u. a.

 

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