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Dachterrassen und Regenwasser haben Abstimmungsbedarf

Balkone und Dachterrassen müssen fachgerecht entwässert werden – im Idealfall gelangen die Nutzer ohne Schwelle auf den Freisitz

Barrierefreie Übergänge auf einer modernen Dachterrasse.

Beispiel für einen prinzipiellen Bodenaufbau zur Entwässerung einer Dachterrasse.

Balkonablauf mit Wandaufkantung für den Einbau in einer Balkonplatte mit Flüssigkunststoffabdichtung und zusätzlicher Belagsoberfläche im Wärmedämmverbundsystem.

Balkonablauf mit Pressdichtungsflansch in Kombination mit einem Unterteil für mehrteiligen wärmegedämmten Bodenaufbau.

Speier zum bauseitigen Abkanten zur Notentwässerung, abgedichtet mit bituminöser Abdichtungsbahn und Flüssigkunststoff im Bereich des Speiers.

Passende Abläufe für jede Einbausituation: Balkonabläufe, z. B. aus korrosionsbeständigem Edelstahl, sind in verschiedenen Nennweiten ab DN 50 erhältlich – wahlweise mit senkrechtem oder seitlichem Abgang, mit Klebeflansch, Pressdichtungsflansch, mit Wandaufkantung für den direkten Anschluss an aufgehenden Bauteilen oder in anderen Ausführungen.

 

Die regelgerechte Entwässerung von Dachterrassen und Balkonen erfordert die Beachtung einer Vielzahl von Aspekten – sowohl in der Planung als auch bei der Ausführung. Insbesondere bei der Reduzierung der Schwellenhöhe von Balkonzugängen – eine Frage des Komforts und der Barrierefreiheit – muss sichergestellt werden, dass Regenwasser nicht in das Gebäude eindringt.

Frei bewittert oder nicht

Grundsätzlich gibt es die Unterscheidung zwischen frei bewitterten, also nicht überdachten, und nicht frei bewitterten, sprich überdachten Balkonen. Bei überdachten Flächen wie Balkone Loggien und Laubengängen ist die Berechnung der zu entwässernden Regenwassermenge normativ nicht geregelt. Punkt 4.3.4 der DIN EN 12056-3 [1] kann hier jedoch weiterhelfen. Diese Norm beschäftigt sich mit Schwerkraft entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden; der genannte Normenteil gilt der Planung und Bemessung von Dachentwässerungen.

Auf überdachten Flächen muss Schlagregen, also windgetriebener bzw. seitlich einfallender Regen abgeleitet werden. Das Regelwerk gibt hierzu an, dass „50 % der Wandfläche“ anzusetzen sind. Bei der Berechnung nach Formel (1) werden also 50 % der Balkonhöhe, abzüglich der Höhe einer geschlossenen Brüstung, über die Breite des Balkons als wirksame Fläche angesetzt:

(1) AB = (HB–HgB)/2 · BB

AB: wirksame Fläche bei überdachten Flächen, in m2

HB: Höhe der Wandfläche, in m

HgB: Höhe der Brüstung, in m

BB: Breite der überdachten Fläche, in m

(2) QD = r(5,5) · Cs · A · 1/10000

QD: Regenwasserabfluss, in l/s

r(5,5): r5,5 ist die höchste Niederschlagsmenge, die in einem 5-minütigen Zeitraum einmal innerhalb fünf Jahre zu erwarten ist, in l/(s · ha)

Cs: Abflussbeiwert, ohne Einheit

A: wirksame Fläche, in m2

(3) QD, Not = (r(5,100) − r(5,5) · Cs) · A/10000

QD, Not: Regenwasserabfluss über Notentwässerung

r(5,100): r5,100 ist die höchste Niederschlags- menge, die in einem 5-minütigen Zeitraum ein Mal innerhalb 100 Jahre zu erwarten ist (Jahrhundertregenspende), in l/(s · ha)

Für die Berechnung der Regenwassermenge wird die Fläche laut Formel (2) und für die Notentwässerung in die Formel (3) eingesetzt. Als Systemanbieter für Entwässerungslösungen unterstützt das Projektierungsteam von ACO Haustechnik mit Auslegungssoftware und Praxiswissen bei der Berechnung, Planung und Dimensionierung der Balkonentwässerung.

Für Balkone und Loggien gibt die DIN 1986-100 [2] vor, dass sie einen Ablauf oder eine vorgehängte Rinne verfügen sollten. Wenn Dritte nicht beeinträchtigt werden, darf das anfallende Regenwasser auch über Speier oder Tropfleisten abgeführt werden. Die Sicherung des Gebäudes gegenüber eintretendem Regenwasser hat bei Balkonen, Loggien und Laubengängen eine besondere Bedeutung, auch wenn die zu erwartende Regenwassermenge als gering zu erwarten ist. Daher muss besonderer Wert auf die Regel- und Notentwässerung gelegt werden.

Ist die Brüstung geschlossen, muss neben dem Ablauf auch ein Notablauf oder Notüberlauf vorhanden sein. Die DIN 18531-1 [5] gibt vor, dass das Gefälle nicht in Richtung Tür laufen sollte. Da verstopfte Abläufe zum Überstauen der Schwelle führen können, sind sie so tief anzuordnen, dass dies ausgeschlossen werden kann. Die zu erwartenden Anstauhöhen, bei dem ein Ablauf nach DIN EN 1253-2 [6] seine maximale Ablaufleistung erreichen muss, wird bei Freispiegelabläufen DN 100 und kleiner mit 35 mm und bei Abläufen DN 125 und größer mit 45 mm angegeben. Unterdruckabläufe erreichen bei 55 mm ihr Maximum.

Die Abläufe müssen für Wartungszwecke frei zugänglich sein. Dafür sind gerade bei Balkon und Terrassenflächen Abläufe mit herausnehmbaren Gitterrosten oder vergleichbaren gelochten bzw. geschlitzten Abdeckung vorzusehen. Mit der im Dezember 2016 in ihrer derzeit gültigen Fassung erschienenen DIN 1986-100 ist ein Zusammenschluss der Dach- und Balkonentwässerung und damit dem Ableiten des Regenwassers über eine gemeinsame Fallleitung unter bestimmten Voraussetzungen wieder möglich.

Das Regelwerk gibt vor, dass an Regenwasserfallleitungen von Dachentwässerungen keine Abläufe von Balkonen und Loggien mit geschlossener Brüstung angeschlossen werden dürfen. Wenn Balkone und Loggien über eine offene Brüstung verfügen, dürfen Balkon und Dachabläufe an eine gemeinsame Fallleitung entwässern. Es müssen mindestens 50 % der Brüstungsbreite als freier Ablauf zur Verfügung stehen, um einen ungehinderten Abfluss des Regenwassers im Überflutungsfall gewährleisten zu können.

Gefälle und Abstände

Angaben des Gefälles von Balkonen und Dachterrassen ist in der Flachdachrichtlinie und der DIN 18531 zu finden. Balkone sollten ein Gefälle von 1,5 % aufweisen. Dieses kann durch die Tragwerkskonstruktion oder durch eine zusätzliche Gefälleschicht erreicht werden. Bei einer Abdichtung im Verbund mit Fliesen (AiV-F) ist immer ein Gefälle von 1,5 % vorzusehen.

Der Abstand der Dach- oder Balkonabläufe zu aufgehenden Bauteilen ist ebenfalls in dem o. g. Regelwerk festgelegt. Er sollte bei bahnenförmigen Abdichtungsstoffen 30 cm betragen. Maßgebend ist die Außenkannte des Flansches und die Außenkannte anderer Durchdringungen, Fugen, Dachaufbauten oder Attiken. Bei flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen sollte der Abstand 10 cm betragen. In DIN 18531-5 [7] sind Abläufe für Attiken hiervon explizit ausgenommen. Dieser Normenteil beschäftigt sich mit der Abdichtung von Balkonen, Loggien und Laubengängen. Balkonabläufe mit einer Wandaufkantung oder Wand-Eck-Aufkantung lassen sich entsprechend der Norm fachgerecht eindichten. Die aus architektonischer Sicht wichtige Frage „Wie weit können Fallleitungen von Direktabläufen an die Fassade herangeführt werden?“ ist somit gelöst.

Schwellen und Übergänge

Für regelgerechte Schwellen und barrierefreie Übergänge gelten verschiedene Regelwerke. Die wichtigsten sind die Flachdachrichtlinie und die DIN 18531 (Abdichtungsnorm für Dächer, Balkone und Loggien). Demzufolge ist die Abdichtung an aufgehenden Bauteilen 15 cm über die Belagsoberfläche hochzuführen. Es gilt zu beachten, dass nicht die Abdichtungsebene, sondern die Belagsoberfläche gemeint ist. Auf Terrassen oder Balkonen mit z. B. einem aufgeständerten Plattenbelag befindet sich die Abdichtungsebene unter der Belagsoberfläche. Dieser recht große Höhenunterschied an einem Zugang zum Balkon lässt sich reduzieren, wenn im Tür- oder Fensterbereich jederzeit ein einwandfreier Wasserablauf möglich ist und die Spritzwasserbelastung minimiert wird. Die Abdichtung ist hier noch 5 cm über die Belagsoberfläche hochzuführen.

Gewährleistet wird der oben erwähnte Wasserabfluss durch einen sogenannten rinnenförmigen Entwässerungsrost mit unmittelbarem Anschluss an die Entwässerung. Das heißt nicht zwingend, dass diese Rinne einen Stutzen haben muss. Die Rinnen sind seitlich perforiert, damit das über den Rost in die Rinne gelangte Regenwasser auf die Abdichtungsebene austreten kann. Es fließt dann von der Tür weg und wird am tiefsten Punkt vom Ablauf aufgenommen. Damit ist der einwandfreie Wasserablauf auf der Abdichtungsebene gewährleistet, z. B. bei Terrassendielen auf einer Holzbalkenkonstruktion, bei aufgeständerten Plattenbelägen oder Festkörperdrainagematten. Im Splittbett verlegte Platten gehören nicht zu den genannten Beispielen. Dieser meist kleinkörnige Kies hat ein schlechteres Wasserableitvermögen als die vorgenannten Bodenaufbauten. Da Staub und Schmutz durch die Fugen des Belags in die Kiesschicht eindringen, verschlechtert sich dieses Ableitvermögen im Laufe der Zeit. Hier müssen Stichkanäle von der Rinne in Richtung des Ablaufes verlegt werden.

Durch die Rinne kann die Anschlusshöhe der Abdichtung von 15 cm auf 5 cm reduziert werden. Muss die Rinne dann auch 10 cm hoch sein? Es gibt kein Regelwerk, welches die Rinnenhöhe vorschreibt, jedoch sollte die Rinne, gerade mit Blick auf die Barrierefreiheit, ein möglichst großes Volumen aufweisen. Im Gegensatz zur Rinnenhöhe ist bei nicht überdachten Zugängen eine Rinnenbreite vorgeschrieben. Hintergrund ist die Minimierung der Spritzwasserbelastung, wenn diese nicht durch eine Überdachung minimiert wird. Dann sollten Gitterroste mit einer Breite von mindestens 15 cm verwendet werden.

Barrierefreiheit

Neben den o. g. Regelwerken ist bei barrierefreien Schwellen auch die Norm für das barrierefreie Bauen, die DIN 18040-2 [8] interessant. Diese gibt an, dass in ihrem Geltungsbereich untere Türanschläge und Schwellen nicht zulässig sind. Im Falle technischer Unabdingbarkeit dürfen sie nicht höher als 2 cm sein. Türen zu Freisitzen, z. B. Terrassen, Balkone, Loggien oder Laubengängen, werden im Kapitel 5.6 den Wohnungstüren zugeordnet. Ihre Planung hat so zu erfolgen, dass ihre Nutzbarkeit auch für eingeschränkt bewegungsfähige Personen gewährleistet ist. Der Freisitz muss von der Wohnung aus schwellenlos erreichbar sein.

Die Abdichtungsnorm beschreibt es passend: Die niveaugleichen Übergänge mit einer Schwellenhöhe von max. 0,02 m werden als abdichtungstechnische Sonderkonstruktion beschrieben, die eine auf den Einzelfall abgestimmte Ausführungsart erfordert. Das Eindringen von Wasser oder das Hinterlaufen der Abdichtung ist durch planerische Vorgaben zu verhindern.

Wartung

Die Wartung von Abläufen für Dachterrassen und Balkonen stellt deren Funktionsfähigkeit sicher. Das in DIN 1986-3 [9] genannte Wartungsintervall lautet halbjährlich, mit einer Wartung insbesondere im Herbst. Dabei sind Abläufe und Rinnen auf ungehinderten Ein- und Ablauf zu prüfen und bei Bedarf zu reinigen. Eine eventuell vorhandene Heizung muss einer Funktionskontrolle unterzogen werden und fehlende oder defekte Teile müssen ersetzt werden.

Fazit

Die in puncto Entwässerung sehr komplexe Planung von Dachterrassen und Balkonen ist gesamtheitlich zu betrachten. Insbesondere Sonderkonstruktionen für barrierefreie Übergänge erfordern zwingend eine Abstimmung der Gewerke.

Literatur:

[1] DIN EN 12056-3: Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden; Teil 3: Dachentwässerung, Planung und Bemessung

[2] DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 [3] und DIN EN 12056 [4]

[3] DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement

[4] DIN EN 12056: Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden

[5] DIN 18531-1: Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen; Teil 1: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze

[6] DIN EN 1253-2: Abläufe für Gebäude; Teil 2: Dachabläufe und Bodenabläufe ohne Geruchverschluss

[7] DIN 18531-5: Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen; Teil 5: Balkone, Loggien und Laubengänge

[8] DIN 18040-2: Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen; Teil 2: Wohnungen

[9] DIN 1986-3: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke; Teil 3: Regeln für Betrieb und Wartung

Autor: Mathias Johr, Technischer Referent bei ACO Haustechnik

Bilder: ACO Haustechnik

www.aco-haustechnik.de

 


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