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Design ohne Einschränkung

Praktiker der Sanitärbranche berichteten aus ihrer Sicht

„Das gibt’s auch in schön!“ Traumbad in barrierefreiem Design – nicht von der Stange, luxuriös und einladend schick. (Kaldewei)

Thomas Welter. (Till Budde)

Edina Müller. (Matthias Buchholz)

Dagmar Lautsch-Wunderlich. (Lautsch-Wunderlich)

Simone Kriener. (Kriener)

Martin Zinzius. (Kaldewei)

Quadratisches Bad, wohnlich-rustikal mit bodenebener Dusche, jedoch ohne Sitz darin. (Kaldewei)

Quadratisches Bad von oben, mit Bewegungsflächen. (Kaldewei)

Pflegebad 2030 im quadratischen Raum, 3D-Darstellung. (Palette CAD)

Pflegebad 2030, quadratisch, Planungsdaten. (Palette CAD)

 

Durchdachte Funktionen, schickes Design – Produkte für Barrierefreiheit sollen das Bad um begehrenswerten Komfort bereichern, lautete eine Forderung beim Kaldewei-Expertentalk „Gibt’s das auch in schön?“ Die Nutzerperspektive stand im Vorderpunkt.

„Ich möchte eine Wohlfühlatmosphäre und einen schicken Komfort haben“, sagte Edina Müller über ihr Wünsche an ein Bad. Die 38-Jährige ist Spitzensportlerin, reist häufig, ist Paralympics-Gewinnerin und Mutter eines Kleinkindes – und gestaltet ihren Alltag seit Jahren aus dem Rollstuhl. Beim Kaldewei-Expertentalk Mitte Juni dieses Jahres zur Frage „Gibt’s das auch in schön?“ gehörte sie zu den vier Experten, die Dr. Thomas Welter, Geschäftsführer des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) eingeladen hatte. Außer Müller berichteten Installations- und Heizungsbaumeisterin Dipl.-Ing. Simone Kriener, die Architektin und Sachverständige für barrierefreies Planen und Bauen, Dipl.-Ing. Dagmar Lautsch-Wunderlich, sowie Kaldewei-Produktmanager Martin Zinzius aus ihrer Sicht.

Befragt zu den größten Herausforderungen beim Badumbau im Bestand, nannten die Planerinnen die Raumgeometrie. Die Entwässerung mit Pumpen sei optisch nicht so schön wie die freie Entwässerung, meinte Simone Kriener. Werden ans Bad angrenzende Kammern dazugenommen, um die Bewegungsflächen gemäß DIN 18040-2 zu erreichen, seien oft gerade die Angehörigen froh über den zusätzlichen Platz, so Dagmar Lautsch-Wunderlich. Martin Zinzius berichtete mit Blick auf die Duschfläche Cayonoplan Multispace von Herausforderungen für einen Hersteller. Bodengleichheit sei stark über die Fliese definiert, erzählte er. „Die Kunden haben das Problem, zu sehen, dass Duschflächen genauso bodeneben sind, aber dabei noch Vorteile in der Reinigung, in der Hygiene bieten.“

Schickes Design für Produkte

Barrierefrei soll in den Köpfen der Nutzer nicht länger ein Sonderfall sein, waren sich die Gesprächspartner beim Talk einig. „Warum stellen sich viele Menschen ein Bad altbacken vor, wenn sie barrierefrei hören, wie in einem Krankenhaus das Patientenbad?“, fragte Welters eingangs. Produkte, die generationsübergreifend attraktiv sind, würden keine Sonderlösung mehr darstellen, so Dagmar Lautsch-Wunderlich. Ihr Lieblingsbeispiel ist die bodengleiche Dusche. „Sie kommt aus dem Bereich der Akzeptanz, ist heute aber ein Attribut für Luxus. Jeder will sie haben.“ Lautsch-Wunderlich wünscht sich vergleichbar ansprechende Lösungen für die Stütz- und Haltegriffe. Sie verwies auf die bereits erhältlichen Waschbecken mit Griffmulden anstelle einer vorn angebrachten Stange. Ihr Appell an Industrie und Designer: „Kümmert euch um viele tolle, nützliche, hilfreiche, vielleicht auch multifunktionale Produkte, die so schön sind, dass sie jeder haben möchte.“ Ein Beispiel aus Simone Krieners Praxis zeigt, in welche Richtung es gehen kann. Auf ihrer Homepage gibt es das Foto eines geräumigen wohnlichen Bades. Oft würden Kunden sagen, so ein Bad wollen wir haben. Dann frage sie: „Haben Sie gar nicht gesehen, dass über der Wanne der Lifter hängt und in der Dusche ein Sitz angebracht ist?“ Die Antwort sei, nein, haben wir nicht. „Man muss sich nicht als Patient fühlen, das ist mir ganz wichtig“, betonte Kriener. „Barrierefrei und rollstuhlgerecht bedeutet nicht, wir befinden uns im Krankenhaus.“

Nutzer(innen)perspektive

Edina Müller macht allerdings mit Bädern, die sie benutzen kann, genau diese Erfahrungen. Sie hat „wahnsinnig viel kalte Funktionalität erlebt, wo der Designaspekt fehlt, wo für eine bestimmte Gruppe Mensch Design gar nicht vorgesehen ist.“ Nach den Bädern in Hotels gefragt, erzählte sie, sie fühle sich darin oft doch wie ein Patient und nicht wie ein zahlender Gast. „Man merkt, dass niemand hinzugezogen worden ist, der diese Hilfsmittel selber nutzt, sondern dass unter Umständen einfach nur eine Norm erfüllt worden ist.“ Manche Bäder glichen platzmäßig einem Tanzsaal, aber es fehlten Ablagen für Seife und Shampoo, oder für Kleidung. „Ich hatte auch schon Bäder, die bodengleich waren, aber nachdem ich geduscht hatte, war das ganze Bad nass.“

Beim Umbau der zwei Bäder in ihrem Haus erlebte sie auch ihre Situation als Kundin als schwierig. „Wenn man nicht im Sanitätshaus bestellen will, sondern haben möchte, was einem gefällt, was modern, was schick ist, muss man wirklich auf die Suche gehen.“ Im Bad müsse es für sie im Alltag schnell gehen können, an anderen Tagen habe sie Zeit für Wellness. Bei den Produkten sei Luft nach oben, sagte sie. „Es muss natürlich alles praktikabel und alltagstauglich sein, aber man kann auch den Klappsitz in der Dusche zum Designelement machen.“

Befragt nach den Dingen, die sie am meisten benötigt, damit ein Bad für sie praktisch ist, nannte Müller Platz, um sich zu drehen, sowie Zugänglichkeit. „Gerade im eigenen Bad darf es nicht eine einzige Stelle geben, die ich nicht selbstständig erreichen kann.“ Zu ihren Wünschen an die Hersteller meinte sie, die selbstreinigende Toilette gehöre weniger dazu, aber eine Badewanne mit breitem Rand. „Das ist vielleicht für jeden ein Komfortaspekt. Für mich macht es einen Unterschied: Kann ich überhaupt in die Badewanne einsteigen oder nicht?“, so Müller.

Pflegebad 2030: Planungsbeispiele und CAD-Daten

Auch beim Projekt „Pflegebad 2030“ (Kurzlink: bit.ly/Pflege_bad) des ZVSHK mit Industriepartnern nahm die Sicht von Nutzern breiten Raum ein. Die Studie „Erfolgsfaktor Badezimmer für die ambulante Pflege“ untersucht die Gestaltung häuslicher Badezimmer vor dem Hintergrund, dass die Unterstützung durch einen Pflegenden erforderlich ist. Das Bad ist für diese Person ein Arbeitsplatz. Daher wurde mit Pflegekräften, Betroffenen, Architekten und Handwerkern in Workshops ein bauliches Anforderungsprofil erarbeitet.

Unter dem Motto „Badkomfort für Generationen“ wurden in Palette CAD je ein Bad in Schlauch- und in Quadratform anhand dieser Anforderungen ge plant. Handwerksbetriebe und Großhandel können alle CAD-Dateien, Stammdaten sowie Maßskizzen herunterladen und für sich nutzen. In einer virtuellen Ausstellung (bit.ly/2Tbq0hE) sind die Entwürfe jeweils in mehreren Farb- und Ausstattungsvarianten verfügbar.

Im Herbst sollen die Pflegebäder auch räumlich begehbar sein. Dann richten einige Großhandelsausstellungen der Großhändler R+F sowie GC-Gruppe sie in Badkojen in ihren Ausstellungen ein.

www.badkomfort-fuer-generationen.de

Tipp der Redaktion

Der Expertentalk fand pandemiebedingt online statt. Das Video kann auf dem Youtube-Kanal von Kaldewei angesehen werden (bit.ly/bB_Talk). Edina Müllers Beiträge sind unter bit.ly/Mueller_Bad zusammengefasst.

 


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