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Berlin – Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden

Passungen herstellen durch Engagement und Motivation

Aus den Ergebnissen entstehen mehrere Ausbildungsbroschüren. Sie bringen in einfacher und anschaulicher Weise Themen der Ausbildung näher. Bild: ZVSHK

Wie gut ist die Ausbildung im Betrieb aufgestellt? Ein Selbsttest für Betriebsangehörige schafft Klarheit. Bild: ZVSHK

 

Was sind die besonderen Herausforderungen in der Ausbildung Anlagenmechaniker SHK1) in Berlin? Wie kann die Qualität der Ausbildung verbessert werden? Ist es möglich, Passungen zwischen Auszubildenden und Betrieben herzustellen? Und was haben Engagement und Motivation damit zu tun? Antworten auf diese Fragen werden im Modellprojekt „Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden“ der Innung SHK Berlin erarbeitet.

Das Projekt 2) hat im November 2019 ein Zwischenfazit gezogen und neue Ergebnisse vorgestellt. Die Projektarbeit zielt darauf ab, die Qualität der Ausbildung im Beruf Anlagenmechaniker SHK zu erhöhen. Konkret bedeutet das, die Zahl vorzeitiger Vertragslösungen zu senken. „Im Mittelpunkt steht dabei die wissenschaftliche Erarbeitung von geeigneten Maßnahmen für die Ausbildungspraxis“, sagt der Projektleiter Andreas Otremba.
Es zeigen sich vor allem die folgenden Herausforderungen (vgl. auch IKZ-HAUSTECHNIK 14/2019):
1. Es sind Auszubildende in ihrer Entscheidung, Anlagenmechaniker SHK zu werden, zu unterstützen. Es gibt eine Unstimmigkeit zwischen der Meinung der Betriebsangehörigen, dass eine Eingewöhnungsphase nötig ist, und der Realität, dass Auszubildende sofort im Tagesgeschäft mitmachen. Ein solcher „Kaltstart“ müsste vermieden werden. Stattdessen ist – vor allem für die sehr jungen Auszubildenden – eine Art Willkommenskultur mit „Klebeeffekt“ nötig.
2. Die Organisation der Ausbildung sollte sich nach betrieblichen Ausbildungsplänen richten und regelmäßige Feedbacks der Auszubildenden beinhalten. Gesellen, die ausbilden, sind entsprechend zu qualifizieren. Außerdem brauchen Ausbilder mehr Zeit für Ausbildung. Besprechungen des Ausbildungsfortschritts helfen den Azubis in der Selbsteinschätzung. Auszubildende können die Ausbildung meistern, wenn sie fachlich, beispielsweise in Mathematik, unterstützt werden.
3. Gute Leistungen der Auszubildenden sind entsprechend anzuerkennen und es darf auch mal gelobt werden. Auszubildende sollten als Teil der Belegschaft angesehen werden. Die Betriebe müssten bedenken, dass ältere Auszubildende oft eine eigene Wohnung haben und mit der Ausbildungsvergütung selten über die Runden kommen. Sie haben trotzdem genug Biss und Motivation, eine Ausbildung zu beenden. Dafür möchten sie Wertschätzung.

In der ersten Projektphase wurden die Ursachen für vorzeitige Vertragslösungen empirisch ermittelt 3). Die Untersuchung bestand aus einer Interview- und einer Fragebogenstudie. Insgesamt nahmen ca. 100 Betriebe und über 200 Auszubildende teil; ihr voraus wurden 24 Interviews geführt. Anhand der Befragungen von Betriebsangehörigen, Ausbildern und Azubis wurden Annahmen über die Ausbildungssituation und die besonderen Herausforderungen gebildet. Diese Vermutungen wurden durch die Fragebögen für Auszubildende und Betriebsangehörige „in der Breite“ getestet.
„Neben zahlreichen Gründen für Vertragslösungen hat sich gezeigt, dass das Engagement der Betriebe und die Motivation der Azubis die beiden Stellschrauben sind, mit denen die Ausbildungsqualität erhöht werden kann“, so der wissenschaftliche Projektmitarbeiter Dr. Peter Biniok. Um nun Passungen herzustellen zwischen Betrieben und Auszubildenden wird die Innung durch Maßnahmen das Engagement der Betriebe (weiter) unterstützen und die Motivation der Azubis (stärker) fördern. Das geschieht in drei Bereichen:

  • „Onboarding und Probezeit“ bezieht sich auf den Anfang einer Ausbildung und die zugehörigen Aktivitäten und Prozesse, mit denen Jugendliche an den Ausbildungsberuf gebunden werden,
  • „Ausbildungsorganisation und Lernpraxis“ fokussiert den Ablauf und das Management einer Ausbildung sowie die entsprechenden Lehr-Lern-Situationen,
  • „Wertschätzung und Begegnung auf Augenhöhe“ beinhaltet Fragen danach, inwiefern Auszubildende und Ausbilder in ihren Tätigkeitsbereichen Anerkennung finden und am Betriebsgeschehen teilnehmen.


In Bezug auf die genannten Herausforderungen werden aktuell in der zweiten Projektphase bedarfsgerechte Maßnahmen und Instrumente konzipiert und umgesetzt. (In der nächsten Phase erfolgen die Prüfung der Maßnahmen im Praxistest und etwaige Korrekturen.) Das Projekt entwickelt und testet in jedem der drei Bereiche Maßnahmen für Betriebsangehörige und Auszubildende.
Ein zentraler Bestandteil des Maßnahmenbündels ist die Reihe „Ausbildungsbroschüren“. Sie bringt in einfacher und anschaulicher Weise Themen der Ausbildung näher. Die Broschüren zeichnen sich durch hohe Praxisnähe und prägnanten Stil aus. In erster Linie möchte die Innung damit Ausbilder und Ausbildungsverantwortliche über Richtlinien der Ausbildung informieren und ihnen Standards an die Hand geben. Teil zwei der Reihe „Onboarding“ ist bereits fertiggestellt. Das „Einmaleins der Ausbildung“ erscheint voraussichtlich Anfang des Jahres 2020 und die Ausbildungsbroschüren „Ausbildungspraxis“ und „Konflikte“ daran anschließend. Die Broschüre „Konflikte“ wird ergänzt durch Workshops zu Konfliktmanagement.
Ein weiterer zentraler Bestandteil ist eine Schulung für Ausbilder, also vor allem für Gesellen, die ausbilden. Damit möchte die Innung die Ausbildungsroutinen in den Betrieben stärken. Der Kurs besteht aus vier Modulen und beinhaltet die Themen Grundlagen, Ausbildung planen, Ausbildung durchführen und Ausbildung auswerten. Für Auszubildende wiederum werden E-Learning-Angebote entwickelt, die schwierige Sachverhalte und Fachthemen betreffen. Im Test befindet sich derzeit ein Lernmodul zu Hydraulik. Darüber hinaus ist ein digitales Lernangebot für Mathematik geplant.
Ein weiterer Bestandteil der Maßnahmen ist ein Selbsttest Ausbildungsqualität für Betriebsangehörige. Anhand von zehn Fragen können Ausbildungsverantwortliche und Ausbilder herausfinden, wie gut sie in der Ausbildung aufgestellt sind. Zu jeder der zehn Antworten erhalten die Teilnehmenden ein ausführliches Feedback und eine Gesamtbeurteilung. Ein Faktencheck für Auszubildende soll zudem das Bild und die Vorstellungen vom Beruf Anlagenmechaniker SHK realitätsnah in Kurzfilmen darstellen. Zukünftigen und neuen Auszubildenden soll so mehr Klarheit verschafft werden, damit sie sich besser zurechtfinden.
Da es sich um ein Modellprojekt handelt, werden alle Ergebnisse grundsätzlich frei verfügbar sein. Der Geschäftsführer der Innung SHK Berlin, Andreas Koch-Martin, betont: „Wir sind daran interessiert, die Maßnahmen – wenn möglich – zu verallgemeinern und auf andere Regionen und Ausbildungsberufe zu übertragen.“

Autor: Dr. Peter Biniok, Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter „Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden“ (AS-NB), SHK-Kompetenzzentrum Berlin

1) Wann immer im Text von Anlagenmechaniker, Geselle oder Ausbilder die Rede ist: gemeint ist auch das weibliche Geschlecht.
2) Das Projekt wird finanziert von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales.
3) Die Ergebnisse können auf der Webseite der Innung SHK Berlin abgerufen werden.

 


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