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Wie riskant ist der Erdgas-Schatz?

Fluch oder Segen: Unkonventionelle Erdgasbohrungen vergrößern Erdgasvorräte/Studie warnt vor der Fördermethode und giftigen Chemikalien. Bereits seit einigen Jahren gibt es die sogenannte "Fracking"-Bohrmethode. Diese wurde zunächst in den USA angewandt, um unkonventionelle Erdgasvorräte zu erschließen, die in tief liegenden Gesteinsschichten eingeschlossen sind. Bei dem Verfahren wird eine Mischung aus Wasser, Quarzsand und teilweise giftigen Chemikalien mit hohem Druck ins Bohrloch gepresst. Die Flüssigkeit erzeugt Risse im Gestein, durch die das Gas später abgesaugt wird. Trotz Abschirmung des Bohrloches im Bereich der Grundwasserschicht gibt es aus den USA Berichte, nach denen die Bohrtechnik zu erheblichen Umweltbelastungen geführt hat. Ungeachtet dessen setzen Energiekonzerne das "Fracking"-Verfahren auch in Deutschland ein.

 

Zahlreiche Bundesländer stehen zur Untersuchung auf unkonventionelle Erdgasvorräte insbesondere auf der Agenda internationaler Energiekonzerne. Dazu wurden viele Regionen Deutschlands in sogenannte Claims (Anspruchsgebiete) unter den Konzernen vergeben. Und der Startschuss ist bereits gefallen: Ende 2008 bohrte beispielsweise Exxon Mobile, in Deutschland vor allem durch seine Tankstellenmarke Esso bekannt, in der Nähe der niedersächsischen Ortschaft Damme. Hier presste der Konzern „Fracking“-Flüssigkeit in das Bohrloch, rund 1100 bis 1500 m tief in die Erde. Insgesamt leitete das Unternehmen ungefähr 12 Mio. m³ Flüssigkeit in den Untergrund. Diese bestand zu 95,2% aus Wasser, 4,6% Quarzsand und sechs umwelt- und gesundheitsgefährdende sowie nicht zuletzt giftige Chemikalien, die einen Anteil von 0,2% an der Flüssigkeit hatten. Insgesamt presste Exxon damit rund 24000  l Chemikalien in den Boden.

Im Dokumentarfilm „Gasland“ zeigt US-Regiseur Josh Fox, wie aus einer Trinkwasserleitung ein Gemisch aus Gas und Wasser strömt und entzündet werden kann.   Bild: International WOW Company

Gasrückstände im Trinkwasser
Die Folgen, die durch das „Fracking“-Verfahren entstehen können, sind verheerend, wie Medienberichte in den USA aufzeigen. So ist z. B. in einigen Orten das Trinkwasser für den Verzehr nicht mehr geeignet, da das Wasser trübe, übelriechend und zudem mit Gas angereichert ist, ebenso wie das Wasser in vielen privaten Brunnen. Erschreckend und gefährlich zugleich zeigt sich, dass mit dem Wasser meist brennbares Gas aus der Armatur strömt. Auch die Körperhygiene und das Geschirrspülen ist so kaum noch möglich. Betroffene Bewohner müssen mittels Container Frischwasser geliefert bekommen – was jedoch meist kostenlos für die Bürger ist, da die Energiekonzerne sich in der Verantwortung sehen und die Lieferung übernehmen.
Die Frage nach möglichen Risiken bei der unkonventionellen Erdgasförderung wird zumeist gleich im Keim erstickt. Das Unternehmen Exxon beispielsweise hält das „Fracking“-Verfahren für ungefährlich. Der Konzern weist darauf hin, dass einzelne Stoffe, die bei dem Verfahren verwendet werden, zwar als gefährlich eingestuft sind, bei einer starken Verdünnung aber nicht mehr.
Einige Wissenschaftler sehen das anders. „Niemand sollte solche Chemikalien versehentlich trinken“, sagt Theo Colborn von der amerikanischen Umweltschutzorganisation „The Endocrine Disruption Exchange“ in einem Bericht von Spiegel Online. Manche seien auch bei milliardenfacher Verdünnung noch schädlich, heißt es weiter. Colborn trage seit 2003 Stoffe zusammen, die Energiekonzerne bei der unkonventionellen Gasförderung in den USA einsetzen.

Chemikalien im Trinkwasser?
Wie groß aber ist die Gefahr, dass mit Chemikalien versetzte „Fracking“-Flüssigkeit ins Grundwasser gelangt? Exxon hält dies für ausgeschlossen. Zwischen der Schicht des Grundwassers und jener, in die „Fracking“-Flüssigkeit gepresst werde, lägen mehrere Hundert Meter, die durch Felsen voneinander getrennt seien. Zudem würden im Bereich der Grundwasserschicht, die vom Bohrer durchdrungen wird, einzementierte Stahlrohre eingesetzt, erklärt der Konzern auf seinen Internetseiten.
Dr. Werner Zittel, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH, der die Risiken unkonventioneller Gasförderung in einer Studie beleuchtet hat, sieht jedoch Risiken in dem Verfahren: „Bei dem hohen Druck, dem die Bohrung während des frac-Prozesses ausgesetzt ist, kann es vorkommen, dass dieser Zementring dem Druck nicht standhält und aufgebrochen wird.“ Dann werde das mit Chemikalien vermischte Wasser durch den Druck in diese Schicht eingepresst und im Grundwasser gelöst. Darüber hinaus könne es Vorkommen, dass die in den Felsen erzeugten Risse unkontrolliert Wege für das Gemisch nach oben eröffnen, sodass auf diese Weise Kontakt mit wasserführenden Schichten erfolgen kann.

Das „unkonventionelle“ Erdgas (rechts im Bild) ruht nicht – wie das „konventionelle“ Erdgas – umhüllt in einer Blase. Es ist in Gesteinsschichten eingelagert und kann nur mit hohem Aufwand gefördert werden. Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien mit Druck in das Bohrloch gepumpt, um den Fels zu spalten und das Gas ausströmen zu lassen.   Bild: IKZ-HAUSTECHNIK

Erdgassuche in Deutschland
Auch hierzulande wäre ein solches Szenario denkbar, wenn auch Energiekonzerne dieses ausschließen. Auf der politischen Seite herrscht indessen Uneinigkeit. Befürworter sehen die monetären Vorteile, die mit dem Erdgas-Schatz erzielt werden können. Alleine in Nordrhein-Westfalen könnten durch die zusätzliche Förderung von Erdgas über 3000 Arbeitsplätze geschaffen werden, hieß es in einem Bericht der Tageszeitung Westfälische Rundschau Ende Januar. Hinzu komme, dass für jeden Kubikmeter Erdgas von den Energiekonzernen eine Förderabgabe in Höhe von 16 % des Durchschnittspreises für Importgas an das Land zu zahlen sei. Je nach Ergiebigkeit der Quelle können so schnell Millionenbeträge zusammenkommen. Bei den Milliarden-Defiziten in den öffentlichen Kassen ist dies sicherlich eine willkommene Geldquelle.
Kritiker sehen hingegen die Gefahren, die mit der Erschließung des unkonventionellen Erdgases passieren können. Zahlreiche Bürgerproteste sollen hier ein Zeichen setzen und scheinen zum Teil auch schon Wirkung zu zeigen, wie das NRW-Nachrichtenportal „Der Westen“ berichtete. Demnach zeige der massive Bürgerprotest im Münsterland bei den Behörden Wirkung. Die zuständige Bezirksregierung habe eine Verschärfung des Bergrechts angeregt, Umweltverträglichkeitsprüfungen sollen zur Pflicht werden.
Ob das positive Vorhaben entsprechend umgesetzt wird oder die Sache im Sand verläuft, muss an dieser Stelle abgewartet werden.

www.erdgassuche-in-deutschland.de

www.spiegel.de/video/video-1094294.html

 


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