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Wassernutzung mit Ressourceneinsparung

Regen- und Grauwassernutzung: Bestandsaufnahme 2015, Trends und Ausblick

Bild: IKZ-Haustechnik

Beispiel Regenwassernutzung für Viehtränke auf der nordfriesischen Insel Amrum. Spart Trinkwasser-, Abwasser- und Niederschlagsgebühr. Diese Anlage kommt ohne Filter und ohne Pumpentechnik aus, die Wartung ist minimal, Stromkosten fallen keine an.

Beispiel Regenwassernutzung zur Toilettenspülung für 100 Beschäftigte, Institut für Lasertechnik Hamburg-Bahrenfeld. Pro Jahr 300 bis 350 m³ genutztes Regenwasser. Seit 2002 störungsfreier Betrieb mit 18 m³ fassendem Regenspeicher in der Erde. Im Bild: Druckerhöhungsanlage im Gebäude mit Pumpentechnik, Zwischenbehälter (schwarz) und Trinkwassernachspeisung in den Zwischenbehälter.

Lageplan von Filter- und Pumpenschacht sowie Großbehälter für Regenwasser, unterirdisch eingebaut, Fließrichtung von links nach rechts. Gesammelt wird das Wasser von 2730 m² Dachfläche einer neuen Produktionshalle in Nottuln/NRW. Im Gebäude Schaltkasten der elektrischen Steuerung und 1000-l-Druckausgleichskessel. Die Anlage spart Trinkwasser- und Niederschlagsgebühren von ca. 6500 Euro jährlich. Bilder: Mall (Zeichnung)/König (Fotos)

Prinzip Grauwassernutzungsanlage: Links Sammelleitung von Badewanne, Dusche und Handwaschbecken. Rechts Verteilung zu den Verbrauchsstellen Waschmaschine, WC-Spülung und Gartenbewässerung. Sammelbehälter wahlweise innerhalb oder außerhalb des Gebäudes. Bild: ewuaqua

Schema Membranbioreaktor als zentraler Teil einer Grauwasseranlage. Fließrichtung von links nach rechts. Getauchte Kassettenmodule mit Ultrafiltrationsmembran haben eine Porengröße von 0,00005 mm, sie halten Schmutzpartikel und Bakterien zurück. Selbst kleinste Viren werden entfernt. Bild: ewuaqua

Grauwasseranlage im Technikraum der Hafencity Universität Hamburg. Fassungsvermögen 3 x 2000 l, flexible Anschlussleitungen mit Wasserzähler zu den Verbrauchsstellen und automatische Nachspeisung für Trinkwasser bei Leerstand.

 

Trinkwassereinsparung ist weiterhin die Triebfeder zum Einbau von Zisternen zur Regenwassernutzung, auch wenn es dafür kaum noch öffentliche Fördergelder gibt. Stattdessen profitiert die Bauherrschaft mancherorts von Abschlägen bei der Niederschlagsgebühr, obwohl der Überlauf der Zisterne am Kanal angeschlossen ist. Grauwasserrecycling ist insbesondere dann lukrativ, wenn viele Bewohner in mehrgeschossigen Gebäuden untergebracht sind, z. B. in Hotels und Wohnheimen. Der nachfolgende Beitrag nennt sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten beider Betriebswasserarten und zeigt aktuelle Trends auf.

In Deutschland setzen auf Regenwassernutzung laut Marktstudie [1] vorrangig Privathaushalte (88,65 %), Gewerbebetriebe (7,53 %) und dann erst die Kommunen (3,82 %). Die Privathaushalte gehen also mit gutem Beispiel voran. Sie betrieben 2012 bereits 1,95 Mio. Anlagen. Die aktuelle Marktsituation für Regenwasseranlagen wird seit einigen Jahren vor allem begünstigt durch mehr Baugenehmigungen im Eigenheimbau, die steigenden Investitionen in Immobilien und deren qualitative Anlagen sowie durch steigende Trink- und Abwassergebühren. Grauwassernutzung ist noch ein vergleichsweise kleiner Markt, kommt jedoch bei den Betreibern von Wohnheimen, Hotels, Campingplätzen und Sportanlagen zunehmend „in Mode“. Beide Betriebswasserarten gelten als ökologisch wertvoll, trinkwasser- und kostensparend.

Selten noch Förderung durch Zuschuss
In Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Schleswig-Holstein und im Saarland gab es vor 20 Jahren landesweite Zuschussprogramme für die Nutzung des Regenwassers. Sie waren auf die Dauer von einigen Jahren befristet – außer in Bremen. In diesem Bundesland, zu dem Bremen und Bremerhaven gehören, erhält noch heute, wer einen Regenspeicher gemäß Förderrichtlinie baut, bis zu 2000 Euro als Zuschuss. Grundsätzlich kann jede Stadt oder Gemeinde in Deutschland, unabhängig vom Bundesland, eine ähnliche Regelung beschließen und in ihrer kommunalen Satzung verankern. Aktuelle Beispiele dafür sind Heidelberg und Bad Mergentheim. Allerdings hat bei den Kommunen, wie auch bei den Bundesländern, die Zahl derer, die Regenwassernutzung fördern, kontinuierlich abgenommen.
Motiv für ein Förderprogramm kann ein Engpass in der Trinkwasserversorgung sein, z. B. ein Mangel an verfügbaren Ressourcen, oder ein zu klein dimensioniertes Verteilnetz. Meist jedoch ist die Begründung wie in Bremen [2]: „Wasser gibt es bei uns genug, Regen auch. Trinkwasser zu sparen und Regenwasser zu nutzen macht trotzdem Sinn. Langfristig spart das Geld und schont die Grundwasservorräte. Aber es werden auch die Mischwasserkanäle entlastet, Gewässer vor Schadstoffeinträgen geschützt und Keller vor Überschwemmung bewahrt.“ Aus diesen Gründen dürfen Kommunen in Baden Württemberg gemäß Landesbauordnung § 74, Absatz 3, seit 1996 Regenwassernutzung sogar vorschreiben. Solche Ermächtigungen gibt es auch in Hessen, Hamburg, Bremen und im Saarland [3].
Zum Thema Grauwasserrecycling: Die Hansestadt Hamburg war Pionier bei der Förderung des Grauwasserrecyclings. Ab Juni 2004 gab es ein Programm mit 1500 Euro Zuschuss für private Anlagen. Dies ist mittlerweile ausgelaufen, stattdessen werden mit dem Programm „Unternehmen für Ressourcenschutz“ [4] durch die Hamburgische Investitions- und Förderbank gewerbliche Anlagen bezuschusst. Ähnliche Maßnahmen in anderen Bundesländern und Kommunen sind nicht bekannt. Allerdings gab es auf Antrag Forschungsmittel für einzelne Projekte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Unterschiede Regen-/Grauwasser
Regenwasser stammt aus natürlichem Niederschlag und wird in der Regel als Abfluss von den Dachflächen eines Gebäudes gesammelt. Das bedeutet, dass Menge, Intensität und zeitliche Verteilung des Speicherzulaufs variieren. Berechnungen des Regenwasserertrags stützen sich wie bei der Entwässerungsplanung auf regionale Wetterdaten der Vergangenheit. Die Reinigung erfolgt im Zulauf oder im Regenspeicher rein mechanisch mit speziellen Filtern und/oder Sedimentation. Als allgemein anerkannte Regel der Technik gilt DIN 1989-1:2002-04, Teil 1: „Regenwassernutzungsanlagen, Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“ [5].
Grauwasser stammt aus der Gebäudeinstallation und wird von Duschen, Badewannen und Waschbecken separat vom sonstigen Abwasser gesammelt. Es fällt je nach Anzahl der Bewohner und deren Wasserbedarf bei der Körperreinigung an. Berechnungen des Grauwasseranfalls gehen von entsprechenden Erfahrungswerten und der voraussichtlichen Anwesenheit der Personen aus. Die Reinigung bzw. Aufbereitung geschieht in einem vollautomatischen, mehrstufigen und geschlossenen Recycling-Prozess, ohne chemische Zusätze. Eine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt es bisher nicht. Verschiedene Verbände haben entsprechendes Fachwissen zusammengetragen und unabhängig voneinander publiziert. Als Hilfestellung kann das Hinweisblatt H 201 der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V. (fbr) dienen [6]. Es war das erste dieser Art und existiert bereits seit April 2005, veröffentlicht in der fbr-Schriftenreihe. Es liefert Hinweise zu Anforderungen an Planung, Betrieb und Wartung, die sich in der Praxis bewährt haben und dient als Empfehlung für Hersteller, Planer und Interessierte.

Stand der Technik
Die Anlagentechnik besteht im Wesentlichen aus einem Leitungssystem zum Sammeln, bei Regenwasser mit Filter, bei Grauwasser mit Aufbereitungstechnik. Dazu gehört jeweils ein, vom Trinkwassernetz völlig entkoppeltes System zum Verteilen. Dazwischen befinden sich Wasserspeicher mit Überlauf sowie Pumpentechnik und automatische Nachspeiseeinrichtung. Der Speicherbehälter kann in der Erde eingegraben oder im Gebäude aufgestellt sein.
Sowohl Regenwasser- als auch Grauwassernutzung ist Stand der Technik. Die fbr-Marktübersicht [7], alle 2 Jahre aktualisiert, bietet einen Überblick über mehr als 300 Produkte, u. a. zu Regenwassernutzung und Grauwasserrecycling. Die technischen Komponenten sind bei gängigen Typen in den Größen S (Einfamilienhaus), M (Mehrfamilienhaus) und L (Gewerbe, Industrie und öffentliche Gebäude) modular zusammengesetzt und vorfabriziert, elektrische Bauteile fertig verdrahtet. Hersteller kompletter Anlagen bieten auch Zubehör. Sonderanfertigungen sind grundsätzlich möglich.
Regenwasser und aufbereitetes Grauwasser eignen sich für dieselbe Verwendung. Beide Arten gelten als Betriebswasser, das keine Trinkwasserqualität hat. Damit darf in Deutschland u. a. der Garten gegossen, die Toilette gespült und die Wäsche gewaschen werden. Mindestanforderung ist eine Wasserqualität gemäß der europäischen Badegewässerrichtlinie. Bei Stichproben werden regelmäßig deutlich bessere Werte, als dort gefordert, gefunden. Eine Nachweispflicht besteht nicht.
Derzeit werden in Abstimmung mit den europäischen Gremien einheitliche DIN-EN-Regelwerke erstellt, sowohl für die Regenwasser- als auch für die Grauwassernutzung. Dies geschieht im DIN-Ausschuss NA 119-05-08 AA „Wasserrecycling“, seit dieser im Jahr 2013 als nationaler Spiegelausschuss des europäischen Arbeitskreises CEN/TC 165/WG 50 benannt wurde. Ein europäischer Normenentwurf für Teil 1 Regenwassernutzung wird für 2015 erwartet. Teil 2 Grauwassernutzung soll direkt im Anschluss bearbeitet werden.

Aktuelle Trends
Wasser und Wärme haben einen engeren Zusammenhang, als bisher in der Haustechnik praktiziert. Die Wärmerückgewinnung aus Abwasser und aus Grauwasser ist bereits erprobt und rentiert sich zunehmend. Aber auch die Energieeinsparung bei der adiabaten Abluftkühlung, bei der Verdunstungskühlung von Regenwasser an der Fassade oder der Ener­giegewinn bei Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung durch den kühlenden Effekt des selbsttätig verdunstenden Regenwassers sind Beispiele [8].
Solche Maßnahmen überschreiten die Grenzen der klassischen Haustechnik und müssen deshalb bereits Konzept der Architektur sein, wenn sie mit Erfolg umgesetzt werden sollen. Investoren fordern derlei Ideen seit geraumer Zeit von ihren Planern, um die Nachhaltigkeit durch Zertifizierung ihres Gebäudes beschei­nigt zu bekommen – von Organisationen wie DGNB, LEED oder BREEAM. Sogar für gesamte Quartiere wird die Zertifizierung mittlerweile beantragt. Das Europaviertel in Frankfurt am Main ist der erste Stadtteil in Deutschland, der eine solche Auszeichnung erhält.
Die private Bauherrschaft hingegen profitiert neuerdings bei der Regenwassernutzung neben der Einsparung der Trinkwassergebühr von Abschlägen bei der Niederschlagsgebühr, selbst wenn der Speicherüberlauf an den Kanal angeschlossen ist. In Baden-Württemberg haben viele Städte und Gemeinden den Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, das Rückhaltepotenzial in unterirdischen Regenspeichern bei der Berechnung der Niederschlagsgebühr anzusetzen. Die Vorlage dazu lieferte der Gemeindetag Baden-Württemberg mit seinem Vorschlag vom 20. Oktober 2010. Die Städte Stutt­gart, Mannheim, Ulm, Baden-Baden und Friedrichshafen sind Beispiele für Kommunen, die dies modifiziert in ihre Satzungen übernommen haben.

Nächster Schritt: zweites Leitungsnetz im Gebäude
„Semi- oder dezentrale Lösungen zur Trinkwasserversorgung versprechen zugleich flexiblere und wirtschaftlichere Wasserinfrastrukturen. Dennoch haben sie sich in der Fläche bislang nicht durchgesetzt, denn für die Kommunen und Akteure der Siedlungswasserwirtschaft sind noch viele Fragen offen“, stellt das Deutsche Institut für Urbanistik fest. „Neue technische Lösungen verändern Stadttechnik und Haustechnik gleichermaßen.“ Wie können Baumaßnahmen, die neuartige Elemente beinhalten, im Gebäudebereich und in der technischen Infrastruktur zwischen Planern, Betreibern und anderen relevanten Akteuren abgestimmt werden? Was bedeutet das für Betreiber und Kommunen? Wer trägt die Kosten und wer hat den Nutzen der Maßnahmen? Wie hoch ist die Akzeptanz in der Bevölkerung? Welche Spielräume sieht der bestehende Rechtsrahmen vor? Und wie ist zwischen unterschiedlichen Lösungsstrategien zu entscheiden [9]?
„Angepasste kleinräumige Systeme mit modularen Komponenten, die moderne Technologien nutzen, versprechen Abhilfe im Hinblick auf eine nachhaltige Wasserver- und Abwasserentsorgung“, sagt Dr.-Ing. Harald Hiessl, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. Das Neubaugebiet „Am Römerweg“ in Knittlingen mit 100 Wohngrundstücken dient dem ISI schon seit 2006 als Pilotprojekt. Es wurde mit 2 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert [10]. Hiessl empfiehlt, um Betriebswasser in den Gebäuden nutzen zu können, bereits bei der Planung parallel zu den Trinkwasserleitungen ein zweites Leitungsnetz zu den Verbrauchsstellen vorzusehen. Das Verlegen der zusätzlichen Leitungen kann bei Neubauten mit geringem Mehraufwand bewerkstelligt werden. Diesem Mehraufwand steht nach Angaben Hiessls als Nutzen gegenüber, dass der Trinkwasserverbrauch reduziert wird, Wasch- und Entkalkungsmittel eingespart werden und durch den Wegfall der Versickerungsanlage Nutzungsbeschränkungen in den Hausgärten entfallen.

Literatur/Quellen:
[1]    www.mall.info/presse/pressemitteilungen.html
[2]   www.bremer-umwelt-beratung.de/foerderprogramme-regenwassernutzung.html
[3]    www.platzregen.info/kommunen.html
[4]    www.hamburg.de/ressourcenschutz/
[5]    www.beuth.de
[6]    www.fbr.de/bestellungen.html
[7]    www.fbr.de/marktuebersicht.html
[8]    www.ikz.de/nc/ikz-haustechnik/artikel/article/kuehlen-mit-regenwasser-vorteile-durch-enev-2014-0053622.html
[9]    www.difu.de/projekte/projekt-websites#networks
[10]    www.deus21.de
[11]    König, K. W.: Grauwassernutzung - ökologisch notwendig, ökonomisch sinnvoll, 1. Auflage, Verlag: iWater Wassertechnik, Troisdorf, 2013
[12]    Energetische Nutzung von Regenwasser, Band 16 der fbr-Schriftenreihe, Hrsg.: fbr, Darmstadt, 2013

Autor: Dipl.-Ing. Klaus W. König, Überlingen

Bilder, soweit nicht anders angegeben: König

Mögliche Grauwasser-Verfahren

 

Pilotprojekte der letzten 25 Jahre lassen sich unterscheiden in:

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  • Pflanzenkläranlagen. Besonderheit: Die Überwachung der Anlage erfordert biologische Kenntnisse und ausreichend Platz im Gelände.
  • Tauch-Tropfkörper-Anlagen. Besonderheit: Modulartig vorgefertigte Anlagen, nur für große Projekte geeignet, seit 20 Jahren am Markt.
  • Wirbelbett- bzw. belüftete Festbettanlagen. Besonderheit: Als vorgefertigte Haustechnik-Module seit 15 Jahren am Markt, auch für kleine Projekte geeignet.
  • Membrananlagen/Ultrafiltration. Besonderheit: Als vorgefertigte Haustechnik seit zehn Jahren am Markt, auch für kleine Projekte geeignet.

Der Platzbedarf nimmt bei dieser Auflistung von oben nach unten ab. Die Herstellungskosten sind abhängig vom Objekt. Mehrere Hersteller in Deutschland liefern für Einfamilienhäuser, für öffentliche Gebäude und Industrie eine vorkonfektionierte Anlagentechnik mit Wirbelbett- oder Membransystem. Die Montage ist damit einfacher geworden.

Quelle: König, K. W.: Grauwassernutzung, Fachbuch, 2013.

 


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