Wärmepumpe und Solarstrom im Stromnetz der Zukunft Positionspapier des BWP zeigt Möglichkeiten und Potenziale zur Nutzung Erneuerbarer Energiequellen in „Smart Grids“
Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung dürfte zukünftig auch von den Möglichkeiten einer direkten Nutzung abhängig sein. Aufgrund der witterungsabhängig schwankenden Einspeisung kommt es derzeit immer wieder zu regionalen Netzüberlastungen, weil die zentralen Kraftwerke zu träge auf den Lastwechsel reagieren. Immer wieder werden Windkraftanlagen aus diesem Grund vom Netz genommen. Neben einem Umdenken in Richtung dezentraler, schnell regelbarer Klein-Kraftwerke zum Ausgleich schwankender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien kommt dem intelligenten Stromnetz zur Steuerung des Verbrauchs – dem sogenannten „Smart Grid“ – eine wichtige Rolle zu.
Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Anteil Erneuerbarer Energien am Strommix von heute 16% in den nächsten 10 Jahren mehr als verdoppelt werden, bis 2050 soll er auf 80% steigen. „Durch den hohen Erneuerbaren Stromanteil wird auch die Ökobilanz der Wärmepumpe immer besser. Allerdings stellt der steigende Anteil von Strom aus fluktuierenden Energiequellen die Stromnetze vor neue Herausforderungen“, erklärt Paul Waning, Vorstandsmitglied der Lechwerke AG und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) e.V. Die zunehmende schwankende Einspeisung etwa aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen führe zu regionalen Netzüberlastungen, bei denen teilweise sogar die erneuerbaren Stromerzeuger abgeschaltet werden müssen: „Wir stehen heute vor einem Paradigmenwechsel: Bislang steuern wir die Kraftwerke so, dass wir die Stromerzeugung dem Verbrauch anpassen. In Zukunft müssen wir den umgekehrten Weg gehen und den Verbrauch an die Stromerzeugung anpassen“, so Waning. Voraussetzung dafür sind Geräte und Anlagen, die man zeitverzögert nutzen und damit der flexibel der aktuellen Einspeisung anpassen kann.
Potenziale der Wärmepumpe in „Smart Grids“
In seinem Positionspapier zeigt der BWP das Potenzial der Wärmepumpe für die Integration von Strom aus Erneuerbaren Energiequellen in intelligenten Stromnetzen – den sogenannten „Smart Grids“ auf. Sie gelten als die Stromnetze der Zukunft: Indem sie Stromerzeugung und –verbrauch intelligent vernetzen, steigern sie die Energieeffizienz. Damit können „steuerbare“ Anlagen und Geräte wie Wärmepumpen, die je nach Bedarf ein- oder ausgeschaltet werden können, die schwankenden Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne besonders effizient nutzen.
Rund 350.000 Wärmepumpen mit einer Anschlussleistung von 1400 MW bieten nach Meinung des BWP enormes Potenzial für die Zwischenspeicherung von Strom aus Erneuerbaren Energien.
Im Haushalt bietet sich dafür insbesondere die Wärmepumpe an, da sie weitgehend ohne Komfortverlust zeitlich gesteuert werden kann. Üblich sind heute Sperrzeiten von dreimal täglich 2 Stunden Dauer. Werden die Wärmepumpenanlage und das Gebäude speziell auf die Speicherfunktion optimiert, seien auch deutlich längere Schaltzeiten möglich. Das Prinzip ist einfach: Bei hohem Stromaufkommen oder regionaler Netzüberlastung werden gezielt Anlagen vorzeitig eingeschaltet, die zu dem Zeitpunkt vielleicht noch gar nicht laufen müssten. Diese beladen dann Wärmespeicher für Heizung und Warmwasser. Mit gefülltem Speicher können die Anlagen dann bei geringerem Stromaufkommen oder hohem Verbrauch ausgeschaltet werden, um so Engpässe zu überbrücken.
Wärmepumpen und E-Autos als schaltbare Verbraucher
Ausgleichspotenzial für die Integration von sauberer Energie aus Sonne und Wind in das Stromnetz bieten derzeit über 350.000 Wärmepumpen in Deutschland mit einer elektrischen Anschlussleistung von rund 1400 MW. Bis 2020 rechnet der Bundesverband Wärmepumpe bereits mit 1,2 Mio. Wärmepumpen mit einer Anschlussleistung von rund 4400 MW.
Das entspräche der Leistung von 73 Offshore-Windparks wie Alpha Ventus mit je 60 MW. Die einzelnen Wärmepumpen könnten mit weiteren Wärmepumpen oder anderen steuerbaren Geräten wie Elektroautos zu größeren virtuellen Einheiten zusammengeschlossen werden, die mehr Speicherkapazität und -dauer bieten.
„Das Potenzial der Wärmepumpe zur Netzintegration von Erneuerbarem Strom ist enorm“, konstatiert Waning: „Jetzt müssen alle an einem Strang ziehen, damit wir dieses theoretische Potenzial für eine Erneuerbare integrierte Energieversorgung sobald wie möglich in der Praxis nutzen können!“
Energiekonzept als Ausbaubremse für Erneuerbare
Alle an einem Strang ziehen? Prima, aber in welche Richtung? So hat das Energiekonzept der Bundesregierung für großen Unmut gesorgt, weil es die Position zentraler Groß-Kraftwerke und deren Betreiber weiter stärkt. Die trägen Riesen speisen auf hohem Level Energie in das Stromnetz, ohne den Regenerativen Energiequellen Vorfahrt geben zu können. In einem wirklich intelligenten Stromnetz sind es aber gerade dezentrale, schnell hinzu schaltbare Kraftwerkskapazitäten, die auf schwankende Einspeisung von Wind- und Solarstromanlagen effizient reagieren können. Nebenbei bieten solche Anlagen die Möglichkeit der Kraft-Wärme-Kopplung, sodass eine wesentlich höhere Brennstoff-Ausnutzung gegeben ist.
Das als „revolutionär“ angepriesene Energiekonzept der Bundesregierung erweist sich also als echte Ausbaubremse für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien, weil es den Ausbau einer dezentralen Stromversorgung zur Kompensation schwankender Einspeisung aus regenerativen Quellen mit der jüngst beschlossenen Laufzeitverlängerung behindert.
Solarstrom speichern
Ein von vielen Herstellern vorgestelltes Energieversorgungs-Konzept für private Haushalte sieht neben einer Wärmepumpe auch gleich eine Photovoltaikanlage vor. So können mit marktverfügbarer Technik inzwischen Niedrigst-, Null- oder sogar Plus-Energiegebäude realisiert werden, wobei sich das „Plus“ derzeit allerdings immer nur auf bilanziell überschüssigen Solarstrom bezieht und auch die „Null“ keineswegs bedeutet, dass keine Energie aus dem Stromnetz mehr benötigt würde. Beim Einsatz der Photovoltaik auf Eigenheimen können nämlich in der Regel lediglich 25 bis 30% des Solarstroms selbst genutzt werden. Ein Manko, denn der bloße Zubau von Solarstromkapazitäten dürfte aufgrund der vorhandenen Phasenverschiebung zwischen Solarstromangebot und -nachfrage den Einsatz von fossilen oder nuklearen Großkraftwerken nicht wesentlich reduzieren.
Das Stromnetz der Zukunft muss verbraucherseitig intelligent gesteuert werden, damit Strom aus Erneuerbaren direkt genutzt werden kann.
So richtet sich der Blick immer mehr auf Lösungen, mit denen der Eigenverbrauchsanteil des solar erzeugten Stroms gesteigert werden kann. Auch belohnt das EEG den höheren Eigenverbrauch. Marktverfügbar sind beispielsweise Controller, mit denen Privathaushalte ihre Solarerträge den Verbrauchsgewohnheiten gegenüberstellen können, um schaltbare Verbraucher, wie Wasch- und Spülmaschinen oder E-Herde dann zu nutzen, wenn Solarstrom zur Verfügung steht. Ein „Smart Grid“ im Kleinen also. Aber auch die dezentrale Speicherung von Solarstrom wird immer mehr zum Thema. Speicherkonzepte hierzu befinden sich noch in der Entwicklung bzw. in diversen Feldtests, und es bleibt abzuwarten, wann diese marktverfügbar sind. Eines ist indes sicher: Die konsequente Eigennutzung des Solarstroms sei es durch intelligente Steuerung des Verbrauchers wie bei der thermischen Energiespeicherung mithilfe von Wärmepumpen als auch durch die Speicherung des Solarstroms selbst, liefern zukünftig das wohl beste Argument für den Ausbau Erneuerbarer Energien: echte Unabhängigkeit.
Das Positionspapier des Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V. in Kooperation mit der HEA, dem ZVEH und dem ZVEI steht auf der Internetseite des Bundesverbandes zum Download bereit.
Bilder: Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., Berlin
www.waermepumpe.de