Trinkwasserhygiene im Stockwerk sicher gewährleisten
Die Durchschleif-Ringinstallation verspricht eine Reduzierung des Verkeimungsrisikos auf ein Minimum, und das ohne Komfortverluste
Die Grundvoraussetzungen für hygienisch einwandfreies Trinkwasser in Gebäuden sind die Vermeidung von Stagnation in kritischen Temperaturbereichen, ein möglichst geringer Wasserinhalt in den Leitungen und ein regelmäßiger Wasseraustausch. Auf diese Anforderungen hat die Wahl der Stockwerksinstallation einen wesentlichen Einfluss. Die Durchschleif-Ringinstallation ist eine hygienisch vorteilhafte Alternative für die Verteilung von Trinkwasser im Stockwerk. Antworten auf häufig gestellte Fragen zu dieser Installationsvariante.
Im Gegensatz zu herkömmlichen T-Stückoder Reiheninstallationen werden bei der Durchschleif-Ringinstallation die einzelnen Entnahmestellen nicht nacheinander mit Wasser vorsorgt, sondern parallel von zwei Seiten (Bild 2). Dazu werden die Warm- und die Kaltwasservolumenströme am jeweils ersten Verbraucher geteilt und an den weiteren Entnahmestellen mithilfe sogenannter U-Wandscheiben ohne Einzelanbindungsleitungen ringförmig angeschlossen.
Es sei vorangestellt, dass diese Installationsart nichts mit der Einbindung der Zirkulationsleitung in die Stockwerksinstallation gemein hat, bei der zum Schutz vor der Verkeimung langer Einzelanbindungen 55 bis 60 °C warmes Wasser dauerhaft im Umlauf ist, was in Schächten, Vorwänden und an Armaturen zu Problemen im Kaltwasserbereich führt. Die Einbindung der Zirkulation in die Stockwerksinstallation muss laut dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 ab einem Leitungsvolumen › 3 l vom „zirkulierten“ Abzweig ins Stockwerk vorgenommen werden. Das Ziel bei der Durchschleif-Ringinstallation ist es also, den nicht zirkulierenden Leitungsteil ‹ 3 l zu halten.
Wo liegen die Vorteile für die Trinkwasserhygiene?
Bei der Durchschleif-Ringinstallation sorgt jede Nutzung eines Verbrauchers dafür, dass das gesamte Stockwerksleitungssystem durchströmt wird. Dementspre-chend ist – anders als bei der klassischen T-Stück- oder der Reiheninstallation – Stagnation bei einem üblichen Verbrauchsverhalten ausgeschlossen. Zudem kommen mit der Ringinstallation Einflüsse auf die Trinkwasserhygiene durch die individuelle Nutzung der Zapfstellen, z. B. in einem Mehrfamilienhaus, kaum zum Tragen. Es macht keinen Unterschied, ob die Badewanne weniger häufig als die Dusche genutzt wird oder ob an einem Waschmaschinenanschluss tatsächlich eine Waschmaschine angeschlossen ist. Bei jedem normalen Zapfvorgang wird das Wasservolumen des Leitungssystems vollständig ausgetauscht.
Ebenso wichtig für die Trinkwasserhygiene ist es, das Wasservolumen in den Rohrleitungen möglichst gering zu halten. Dementsprechend müssen in allen Leitungsteilen die Druckverluste reduziert werden, um geringere Rohrdurchmesser zu erreichen. Durch die Parallelschaltung von Widerständen und die Aufteilung des Volumenstroms auf zwei Fließwege weisen Ringleitungen generell niedrigere Druckverluste auf als beispielsweise Reiheninstallationen. Auf diese Weise können sowohl die Rohrdimensionen als auch der Wasserinhalt besonders klein gehalten werden. Damit sind einige der zentralen Forderungen der VDI-Richtlinie 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ (Stagnationsstrecken vermeiden, Wasserinhalt gering halten und für einen regelmäßigen Wasseraustausch in allen Leitungsteilen sorgen) erfüllt.
Wie sieht es mit der Temperaturhaltung im Stockwerk aus?
Ein Verkeimungsrisiko ergibt sich regelmäßig dann, wenn zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind: ungünstiger Temperaturbereich (zwischen 25 °C und 55 °C) und lange Verweilzeiten des Wassers. Daher ist die Kenntnis der Temperaturbereiche einer Installation – z. B. während normaler Zapfruhen an Werktagen – wichtig, um eine hygienisch optimale Lösung auszuwählen.
Im Gegensatz zur Zirkulation wird die Warmwasserleitung bei der Durchschleif-Ringinstallation nicht dauerhaft auf ho-hen Temperaturen gehalten. Stattdessen sinkt die Warmwassertemperatur während der Zapfruhe in relativ kurzer Zeit unter den kritischen Temperaturbereich von 25 °C ab. Zugleich entfällt das für die Zirkulation typische Aufheizen der Kaltwasserleitung, sodass auch bei längeren Zapfunterbrechungen das Verkeimungsrisiko insgesamt – also für Warm- und Kaltwasserleitungen – minimiert wird.
Bild 3 verdeutlicht anschaulich die Temperaturverläufe in einer typischen Durchschleif-Ringinstallation während der Zapfruhe an einem Werktag nach Verlassen der Wohnung. Innerhalb von etwa 2,5 Stunden fällt die Warmwassertemperatur auf das Umgebungstemperaturniveau. Parallel dazu nähert sich auch die Kaltwassertemperatur der Umgebungstemperatur an. Auf diese Weise befindet sich der Wasserinhalt in keiner der beiden Leitungen über einen längeren Zeitraum im hygienisch ungünstigen Bereich von 25 bis 50 °C.
Müssen Zugeständnisse beim Warmwasserkomfort gemacht werden?
Nein, die Ringinstallation sorgt aufgrund des geringen Druckbedarfs für hohen Warmwasserkomfort und optimale Versorgungssicherheit. Dies zeigen etwa Vergleichsberechnungen für eine typische Mehrfamilienhaus-Stockwerksinstallation mit einem Bad und benachbarter Küche. Bei einer T-Installation wurden hier im Vergleich zur Ringinstallation bei gleichem Druckbedarf sehr geringe Unterschiede hinsichtlich der Ausstoßzeiten für Warmwasser gemäß VDI-Richtlinie 6003 „Trinkwassererwärmungsanlagen – Komfortkriterien und Anforderungsstufen für Planung, Bewertung und Einsatz“ festgestellt. Die T-Stück-Installation liefert nach 11 Sekunden 42 °C an der Duscharmatur, während die Durchschleif-Ringinstallation hierfür eine Ausstoßzeit von 15 Sekunden aufweist.
Je nach Anforderungsstufe gibt die VDI-Richtlinie 6003 für eine Dusche Warmwasserausstoßzeiten von 26 bis 7 Sekunden vor. Bei der oben genannten Stockwerksinstallation liegt die Ringleitung demnach ebenso wie die T-Installation in der Komfortanforderungsstufe 2 und bildet damit einen optimalen Kompromiss aus Trinkwasserhygiene und Warmwasserkomfort.
Was gilt es bei der Planung und Auslegung zu beachten?
Die Durchschleif-Ringinstallation bringt einige Vorteile mit sich, welche die Planung und Auslegung vereinfachen. So kann hier das gesamte Leitungssystem mit nur einem Rohrdurchmesser ausgeführt werden. Entnahmestellen und Anschlüsse im Ring können in beliebiger Reihenfolge angeordnet werden. Im Gegensatz zu den anderen Installationsarten muss also nicht darauf geachtet werden, dass sich die am häufigsten genutzten Verbraucher generell am Leitungsende befinden. Gleichzeitig lassen sich auch Spülstationen flexibel in das Leitungssystem einbinden (Bild 4).
Wie wird die Durchschleif-Ringinstallation berechnet?
Da die Versorgung der Entnahmestellen bei Trinkwasser-Ringleitungen von zwei Seiten erfolgt, ist deren Berechnung aufwendiger als die von T-Stück- oder Reiheninstallationen. Bewährt hat sich hier das „Hardy Cross-Verfahren“, dessen Anwendung auch in der DIN 1988-300 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“ empfohlen wird. Mit Planungsprogrammen wie die „HSE-Planungssoft-ware“ von Uponor können Durchschleif-Ringinstallationen dimensioniert und analysiert werden (Bild 5). Bei der softwaregestützten Auslegung der Durchschleif-Ringinstallation zeigt sich üblicherweise auch die gegenüber anderen Installationsarten höhere Versorgungssicherheit. So stehen hier gegenüber der T-Stück- oder der Durchschleif-Reiheninstallation mehr Druckreserven für die nachträgliche Einbindung von Verbrauchern mit größeren Zapfmengen – wie etwa einer „Rainshower-Brausearmatur“ anstelle einer herkömmlichen Duscharmatur – zur Verfügung.
Wie sieht es mit dem Installationsaufwand aus?
Die Durchschleif-Ringinstallation ist häufig dem Vorurteil ausgesetzt, teurer und aufwendiger zu sein als andere Installationsarten. Dies scheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, allein angesichts der größeren Rohrlängen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass die Ringleitung etwa im Vergleich zur T-Stück-Installation insgesamt sogar günstiger ist. So schlägt sich die größere Rohrlänge im Ring gerade nicht in höheren Materialkosten nieder. Zwar wird hier mehr Rohr benötigt, dies wird aber durch die kleinere Dimension sowie die geringere Anzahl an Fittings kompensiert.
Darüber hinaus ist die Umsetzung der Durchschleif-Ringinstallation mit erheblich weniger Montageaufwand verbunden, wodurch sich letztendlich deutliche Wirtschaftlichkeitsvorteile ergeben. So werden nicht nur weniger Pressverbindungen benötigt, es entfallen auch Dimensionswechsel beim Material, beim Werkzeug und bei den Fittings. Auf diese Weise lässt sich die komplette Installation schnell und einfach mit einem 4 mm vorgedämmten Rohr, wie etwa „Uni Pipe PLUS“ von Uponor, normenkonform und wirtschaftlich umsetzen.
Autor: Dipl.-Ing. Matthias Hemmersbach, Segment Manager Commercial D-A-CH, Uponor GmbH
Bilder: Uponor
Nachgefragt
IKZ-FACHPLANER: Um die gesetzlich vorgeschriebene Verbrauchsabrechnung zu ermöglichen und die Hydraulik im Warmwassersystem möglichst einfach zu halten, sollte im Wohnungsbau auf eine Zirkulation im Stockwerk verzichtet werden. Lässt sich das mit einer Ringinstallation gewährleisten?
Matthias Hemmersbach: Ja, denn aufgrund der Parallelschaltung aller Rohrnetzwiderstände mit kleinstmöglichen Rohrdimensionen liegt die Ringleitung bei einer typischen Wohnungsinstallation in der Regel unter dem im DVGW-Arbeitsblatt W 551 aufgeführten Grenzwert von 3 l. Bei größeren Wohneinheiten oder ungünstigen Grundrissen kann die Ringinstallation auch auf zwei kleine Ringe, mit denen die komplette Wohnung erschlossen wird, aufgeteilt werden. Übrigens wird die Durchschleif-Ringinstallation häufig mit einer Zirkulation im Stockwerk verwechselt – also der Rückführung der Warmwasserleitung auf eine Zirkulation. Dies ist bei Durchschleif-Ringinstallationen nicht der Fall. Dort zirkuliert kein Trinkwasser, es fließt lediglich über zwei parallele Fließwege zu den Zapfstellen.
IKZ-FACHPLANER: Für die Berechnung von Trinkwasser-Ringleitungen hat sich das „Hardy Cross-Verfahren“ bewährt. Wo liegt der Unterschied zur klassischen Druckverlustberechnung?
Matthias Hemmersbach: Anders als die in der Heizungs- und Sanitärtechnik bislang bekannten Druckverlust-Berechnungsmethoden handelt es sich um ein iteratives Verfahren zur Ermittlung der Volumenströme, die sich aufgrund der vorhandenen Widerstände im Ring einstellen. Der grundsätzliche Unterschied ist also, dass die Aufteilung des Volumenstroms – anders als in herkömmlichen Rohrnetzberechnungen – zu Beginn der Berechnung noch nicht bekannt ist. Dies wird dann iterativ nach dem Druckausgleichs-Prinzip berechnet. Das heißt, über beide Fließwege von der Stromtrennung bis zur Stromvereinigung wird sich über beide Fließwege der gleiche Druckabfall ergeben. Lediglich die Volumenströme in beiden Fließwegen unterscheiden sich. Meist liegen die Stromaufteilungen in Durchschleif-Ringinstallationen in einem Bereich von 50/50 % bis 70/30 %.
IKZ-FACHPLANER: Wer war eigentlich Hardy-Cross und was hat es mit dem Verfahren auf sich?
Matthias Hemmersbach: Hardy Cross war ein amerikanischer Universitäts-Professor. Seine wissenschaftliche Leistung ist hierzulande fast unbekannt aber dennoch beeindruckend. Er hat mit seiner „Cross-Methode“ bereits 1924 in den USA die Grundlagen für die Berechnung hochkomplexer, unbestimmter Tragwerke wie Brücken und Hochhäuser entwickelt, mit dem Ingenieure plötzlich in der Lage waren, Tausende simultaner Gleichungen zur Bestimmung wirkender Kräfte und Momente lösen zu können. Und zwar damals noch ganz ohne Computer im Handrechenverfahren. Für damalige Verhältnisse ein unvorstellbarer Durchbruch und Triebfeder für den Bau der typischen amerikanischen Brücken und Skyscraper, wie dem Empire State Building, das 1931 eingeweiht wurde und dessen Statik nach dem von Cross entwickelten Verfahren bemessen wurde. Auch die Methodik zur Analyse vermaschter Versorgungs-Rohrleitungssysteme, die wir heute – sehr stark vereinfacht – zur Dimensionierung von Ringinstallationen nutzen können, beruht darauf.
IKZ-FACHPLANER: Kommen wir zur Planungspraxis. Welche Vorteile bietet die „HSEdesktop-Software“ von Uponor?
Matthias Hemmersbach: Mit der Software lassen sich Durchschleif-Ringinstallationen nicht nur dimensionieren und analysieren. Die Software verfügt auch über eine Funktion zur Strömungssimulation einzelner Entnahmestellen. Damit lässt sich die Aufteilung der Volumenströme jeder einzelnen Teilstrecke in der Ringleitung überprüfen und falls notwendig optimieren. Die Software ermöglicht ohne zusätzlich erforderliche CAD-Software das Zeichnen und Visualisieren von Rohrnetzen in 2D und 3D.
IKZ-FACHPLANER: Das Stichwort Optimierung greife ich gern auf: Wenn Verbraucher wie Waschtisch, WC oder Dusche im Ring in beliebiger Reihenfolge platziert werden können und die Rohrdimension gleichbleibt, wo ergeben sich dann Ansätze für eine Optimierung der Volumenströme?
Matthias Hemmersbach: Die Ringinstallation im Stockwerk ermöglicht durch die Parallelschaltung der Fließwege zum Verbraucher erheblich geringere Druckverluste als alle anderen Installationsarten. In Folge kann die komplette Ringinstallation mit dem kleinstmöglichen Innendurchmesser – bei 16 x 2 mm wären das 12 mm – dimensioniert werden. Damit ist das Rohrsystem hinsichtlich Dimensionierung maximal optimiert. Eine solche Installation wird insbesondere den Anforderungen der VDI-Richtlinie 6023 nach kleinstmöglichen Wasserinhalten und gleichzeitig einem kompletten Wasseraustausch in allen Leitungsteilen – unabhängig von der Nutzung einzelner Zapfstellen – gerecht.
Bezüglich gleichzeitiger Entnahmen ist die Ringinstallation ebenfalls von Vorteil, da die Zapfmengen – verglichen mit T-Installationen – bei gleichen Eingangsdrücken größer sind.
IKZ-FACHPLANER: Im Wohnungsbau setzen Investoren in jüngster Zeit vermehrt auf Frischwasserstationen für die dezentrale Versorgung der Wohneinheiten mit Wärme und Warmwasser. Bietet sich die Durchschleif-Ringinstallation in diesem Kontext nicht geradezu als „Partner“ an?
Matthias Hemmersbach: Das ist völlig richtig. Unser Planungskonzept für dezentrale Trinkwasser-Erwärmung und -Verteilung im Geschoss-Wohnungsbau berücksichtigt neben den KaMo-Wohnungsstationen auch unsere Durchschleif-Ringinstallation im Stockwerk. Das Konzept verzichtet dabei konsequent auf jede Art von gespeichertem, erwärmtem oder zirkulierendem Trinkwasser im Gebäude, um bereits konstruktiv wesentliche Verkeimungsrisiken zu minimieren. Hier haben dezentrale Wohnungsstationen im Geschosswohnungsbau schon aufgrund der deutlich einfacheren Trinkwasserverteilung (nur kaltes Trinkwasser) im Gebäude und der bedarfsgerechten Trinkwassererwärmung in den einzelnen Wohnungen Vorteile. Für die Wohnungswirtschaft ist darüber hinaus interessant, dass alle Komponenten für die Regelung und Verbrauchserfassung in einer vormontierten Station bereits platz- und kostensparend integriert sind.
Für die Absicherung längerer Nutzungsunterbrechungen empfehlen wir darüber hinaus den Einsatz von Spülstationen, die sehr einfach in die Ringinstallation mit eingebunden werden können und den erforderlichen Wasseraustausch bedarfsgerecht automatisieren.