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"Schallschutz nach DIN 4109" ist als Vereinbarung mit dem Auftraggeber schlicht zu wenig

Im Experteninterview geht die IKZ-Redaktion der Frage nach, wie sich die Anforderungen an den Schallschutz aus rechtlicher und technischer Sicht sicher erfüllen

 

Lärm ist eine der Seuchen moderner Zivilisation. Das Umweltbundesamt in Berlin bewertet Lärm inzwischen als Umweltgift Nummer eins, noch vor den Luftschadstoffen. Leisere Düsentriebwerke, Spezialreifen für Pkws, Flüsterasphalt auf den Straßen – das sind nur einige Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Belastungen für die Bürger zu minimieren. Wenn zu diesen unvermeidlichen, weil öffentlichen Geräuschquellen im persönlichen Wohnumfeld noch Geräuschbelästigungen hinzukommen, beispielsweise Fließgeräusche aus der Sanitärinstallation oder brummende Wandheizgeräte, ist der Konflikt vorprogrammiert. In kaum einem anderen Fall sind Betroffene so schnell bereit zu klagen. Dem Schallschutz in Gebäuden kommt eine besondere Bedeutung zu – das ist Fakt. Was es für TGA-Planer und ausführende Fachhandwerksbetriebe dabei zu beachten gilt, wie sich Schallschutzanforderungen rechtssicher erfüllen lassen und welchen Stellenwert Normen und Richtlinien haben, das erfuhr die IKZ-Redaktion von den renommierten Schallschutzexperten Susanne Locher-Weiss, Rechtsanwältin in einer Reutlinger Kanzlei, und Dipl.-Ing. Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik des Fachverbands SHK Bayern und Mitglied in verschiedenen Schallschutzgremien.

Wie lassen sich die Anforderungen an den Schallschutz aus rechtlicher und technischer Sicht sicher erfüllen? Diese Frage beantworteten die renommierten Schallschutzexperten Susanne Locher-Weiss (l.), Rechtsanwältin in einer Reutlinger Kanzlei, und Dipl.-Ing. Jörg Schütz (2. v.l.), Geschäftsführer Technik des Fachverbands SHK Bayern und Mitglied in verschiedenen Schallschutzgremien, der IKZ-Redaktion, Markus Sironi (2. v.r.), Chefredakteur, und Markus Münzfeld (r.), Redakteur.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das Thema Schallschutz ist regelmäßig in den Medien präsent. Im Sommer dieses Jahres wurde wieder ein Urteil vom Bundesgerichtshof gefällt. Dabei ging es zwar vorrangig um den Trittschallschutz im Bestandswohnungsbau und was Mieter in diesem Zusammenhang fordern dürfen. Doch die Problematik lässt sich im Grunde auch auf die Gebäudetechnik übertragen und ist zudem hochaktuell: Welches Geräuschniveau darf der Nutzer eines Gebäudes erwarten bzw. fordern, wenn er Bad oder Heizkessel saniert oder nachträglich eine Wohnungslüftungsanlage einbauen lässt?

SUSANNE LOCHER-WEISS: Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Zunächst muss man allgemein die drei verschiedenen Rechtsarten unterscheiden: Das Baurecht, das Mietrecht und das Wohnungseigentumsrecht. Diese unterliegen ganz verschiedenen rechtlichen Anforderungen und dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Das Urteil, das Sie gerade angesprochen haben, stammt aus dem Mietrecht. Und hier gilt, dass der Mieter in der Regel eine Wohnung auf dem Schallschutzniveau anmietet, das zum Zeitpunkt der Gebäudeerstellung normiert ist.
Im Baurecht sieht die Situation gänzlich anders aus. Hier wird zwischen dem Neubau und der Komplett- bzw. Detailsanierung unterschieden. Wenn ein Gebäude erstellt bzw. saniert wird, wird regelmäßig von den Bauvertragsparteien eine konkrete Vereinbarung darüber getroffen, was und wie gebaut werden soll. Dies nennt das Gesetz die Beschaffenheitsvereinbarung. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung wird regelmäßig stillschweigend mitvereinbart, dass die gültigen anerkannten Regeln der Technik einzuhalten sind. Dies gilt bei Neubauten und bei Bauverträgen über umfassende Gebäudesanierungen, die quasi mit einem Neubau vergleichbar sind; so sieht dies der Bundesgerichtshof. Bei einer solch umfassenden Sanierung sind dann die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) bezüglich der gesamten – also auch alten – Bausubstanz einzuhalten. Einschränkungen sind hier nur sehr schwer möglich, aber hier ins Detail zu gehen, würde an dieser Stelle sicher zu weit führen.

Auch heute gibt es noch keine höchstrichterlich abgesicherte Antwort auf die Frage, wie sich die a.a.R.d.T. im Bereich des Schallschutzes definieren.
SUSANNE LOCHER-WEISS

Saniert wiederum ein einzelner Wohnungseigentümer seine Wohnung, so ist er den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, das Schallschutzniveau einzuhalten, das das Gebäude bisher geprägt hatte. Entsprach beispielsweise bislang ein älteres Gebäude der DIN 4109 (1962), muss dieses Niveau beibehalten werden. Hatte das ältere Gebäude aus dem Beispielsfall damals aber bereits einen besseren Schallschutz, dann muss auch nach der Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahme dieses bessere Niveau beibehalten sein. Gleiches gilt auch, wenn nicht der einzelne Wohnungseigentümer seine Wohnung modernisiert, sondern z.B. die Wohnungseigentümergemeinschaft sich entscheidet, eine neue Heizungsanlage einzubauen. Diese darf nicht lauter sein als die alte Anlage. Saniert ein Wohnungseigentümer seine Wohnung, dann muss er die heute geltenden a.a.R.d.T. in der Regel nicht herbeiführen, es sei denn, dass sich dieses heutige Niveau mit der fachgerechten Ausführung der von ihm in Auftrag gegebenen Arbeiten ohne Weiteres erreichen lässt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bleiben wir bei den Gerichtsurteilen. Im Juni 2007 wurde vom Bundesgerichtshof erstmals ein Urteil zur Bedeutung der DIN 4109 gefällt, das bei vielen am Bau Beteiligten und darüber hinaus in der gesamten Branche für Irritation und Verunsicherung gesorgt hat…

SUSANNE LOCHER-WEISS: Und sicher noch sorgt, in der Tat. Außer dem von Ihnen angesprochenen Urteil im Juni 2007 gab es noch ein zweites Urteil im Jahr 2009. Beide Urteile gehen in die gleiche Richtung und haben die DIN 4109 als Maßstab für den Schallschutz infrage gestellt. Dabei wurde festgestellt, dass die Norm lediglich als Maßstab für den Schallschutz vor unzumutbaren Belästigungen in Aufenthaltsräumen dienen kann. Was aber im Werkvertrag gesucht wurde bzw. noch wird, ist der Maßstab, der den a.a.R.d.T. für einen üblichen Komfort- und Qualitätsstandard entspricht. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen hierzu eine Festlegung nicht getroffen, sondern die Verfahren an die Vorinstanzen zurückverwiesen. Leider haben diese Gerichte aber die Verfahren nicht entscheiden müssen, weil sich die Parteien verglichen – d.h., geeinigt – haben. Dies bedeutet im Klartext, dass es auch heute noch keine höchstrichterlich abgesicherte Antwort auf die Frage gibt, wie sich die a.a.R.d.T. im Bereich des Schallschutzes definieren.

JÖRG SCHÜTZ: In diesem Zusammenhang sollte der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen werden, dass die DIN 4109, die u.a. den Luftschall, den Trittschall und den Schall aus haustechnischen Anlagen regelt, in verschiedenen Aspekten durchaus noch den Stand der a.a.R.d.T. widerspiegeln kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Viele Handwerker erachten gerade die DIN 4109 als die relevante Schallschutznorm. Gibt es aufgrund der zuvor genannten Gerichtsurteile ein gewisses Aufklärungsdefizit im Handwerk?

JÖRG SCHÜTZ: Ich hoffe nicht. In Bayern weist z.B. der Fachverband seit Jahren darauf hin, dass Schallschutz von jedem subjektiv gesehen wird und der geschuldete Schallschutz zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer schriftlich zu vereinbaren ist. Der Bundesgerichtshof weist schon lange darauf hin, dass, wenn nichts vereinbart ist, die a.a.R.d.T. gelten. Und da diese beim Schallschutz offenbar nicht für jeden Fall pauschal definiert werden können, sind bei Klagen die Handwerksbetriebe vom Gutachten des Sachverständigen und der Entscheidung des Richters abhängig. Und der entscheidet bekanntlich nicht unbedingt zugunsten des Planers bzw. Unternehmers, sondern schützt eher den Laien. Um erst gar nicht in dieses Dilemma zu kommen, kann jedem TGA-Planer und jedem SHK-Betrieb nur angeraten werden, das Schallschutzniveau bereits im Vorfeld genau zu definieren und im Angebot bzw. Vertrag schriftlich zu fixieren.

SUSANNE LOCHER-WEISS: Das grundsätzliche Problem liegt darin, das es nach der Rechtsprechung nicht zulässig ist, den Schallschutz nach den a.a.R.d.T. zu unterschreiten, zumindest nicht ohne Aufklärung und Einverständniserklärung des Kunden. Um es einmal deutlich zu sagen: „Schallschutz nach DIN 4109“ ist zumindest in vielen Bereichen schlicht zu wenig.

JÖRG SCHÜTZ: Aus vielen Gesprächen weiß ich aber, dass sich die Firmen auf die bauaufsichtliche Einführung der DIN 4109 verlassen.
SUSANNE LOCHER-WEISS: Dies hat vertragsrechtlich aber nichts zu sagen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Warum hat das vertragsrechtlich keine Bedeutung?

SUSANNE LOCHER-WEISS: Die Nennung der Norm in der Bauregelliste bedeutet lediglich, dass die am Bau Beteiligten die Norm öffentlich rechtlich einzuhalten haben, um ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben umsetzen zu können. Vorliegend haben wir es aber mit dem Vertragsrecht zu tun. Und in dieser Situation ist die DIN 4109 nicht als hinreichend anzusehen, wenn sie nicht die a.a.R.d.T. widerspiegelt. Dabei geht die Schere auf zwischen öffentlichem Baurecht und Bauvertragsrecht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Also fassen wir kurz zusammen. Die a.a.R.d.T. sind in puncto Schallschutz derzeit nicht eindeutig definiert. Wenn der Planer bzw. SHK-Betrieb nichts vereinbart, dann greifen dennoch die a.a.R.d.T., die wir aber nicht kennen. Und somit sind die am Bau Beteiligten bei einer Auseinandersetzung mit dem Kunden dem Urteilsvermögen eines Richters ausgeliefert, der sich in der Regel auf das Gutachten eines Sachverständigen stützt und nicht unbedingt zugunsten der Auftragnehmer entscheidet.

JÖRG SCHÜTZ: In der Tat. Leider haben wir es aufgrund der Komplexität des Themas nicht immer mit umfassend informierten Sachverständigen und Richtern zu tun. Deshalb hat der SHK-Fachverband Bayern für seine Mitgliedsbetriebe eine sogenannte Anlage zum Bauvertrag entworfen. Mit dieser Praxishilfe können die Betriebe gemeinsam mit dem Auftraggeber den Schallschutz definieren und haben bei richtiger Anwendung nach unserer Auffassung eine bessere Vertragsgrundlage als ohne. Wir haben hier versucht, dass Thema Schallschutz sowohl quantitativ, d. h. mit Werten, als auch qualitativ, d. h. mit verständlichen Umschreibungen wie z. B. Mindestschallschutz und mithilfe der sogenannten Vertraulichkeitskriterien, wie z.B. „laute Sprache ist verstehbar“, für den Laien nachvollziehbar dazustellen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das ist sicher ein gutes Instrument. Wo kann diese Praxishilfe angefordert werden und zu welchem Preis?

JÖRG SCHÜTZ: Die Anlage zum Bauvertrag steht für die Mitgliedsbetriebe der bayerischen SHK-Innungen auf der Homepage des Fachverbandes zum Download bereit, natürlich kostenlos.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bleiben wir noch ein wenig bei den Normen. Eine DIN-Norm – wie die 4109 – kann den a.a.R.d.T. entsprechen, sie kann aber auch hinterher hinken. Sie sagten es ja bereits. Wäre die VDI-Richtlinie 4100 eine Alternative?

SUSANNE LOCHER-WEISS: Klares Nein. Denn hier besteht das gleiche Dilemma. Auch eine der Schallschutzstufen der VDI-Richtlinie kann, muss aber nicht zwingend den a.a.R.d.T. entsprechen. Es kommt zudem auch hier vorrangig auf die vereinbarten Anforderungen an.

JÖRG SCHÜTZ: Die DIN 4109 könnte im nächsten Jahr aus jetziger Sicht eine Verschärfung erfahren. Dies betrifft die Lüftungs- und Heizgeräte im eigengenutzten Bereich, die dann erstmals mit einer Anforderung versehen werden. Bisher war es so, dass es nur im fremd genutzten Bereich normative Anforderungen gab.

Es kann jedem TGA-Planer und jedem SHK-Betrieb nur angeraten werden, das Schallschutzniveau bereits im Vorfeld genau zu definieren und im Angebot bzw. Vertrag schriftlich zu fixieren
JÖRG SCHÜTZ

Die VDI-Richtlinie 4100 wurde überarbeitet und ist im Mai dieses Jahres als Entwurf unter dem neuen Titel „Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz“ erschienen und baut auf DIN 4109 auf. Hier sind drei Schallschutzstufen enthalten, wobei die erste Stufe der DIN 4109 entspricht. Die beiden weiteren Stufen geben höhere Anforderungen für Doppel- und Reihenhäuser sowie für Mehrfamilienhäuser vor.

IKZ-HAUSTECHNIK: Von der Theorie zur Praxis. Welche Maßnahmen sollten Planer und Handwerksbetriebe durchführen, um aus schallschutztechnischer Sicht auf der sicheren Seite zu sein?

SUSANNE LOCHER-WEISS: Allgemein sollte zunächst der Auftraggeber über die verschiedenen Schallschutzstufen aufgeklärt werden. Wenn dann die Anforderungen definiert wurden, sollten diese anschließend vertraglich vereinbart werden. Bei Vereinbarungen der Tabellenwerte der DIN 4109 bzw. der Schallschutzstufe I der VDI-Richtlinie muss der Bauherr darüber aufgeklärt werden – und sein Einverständnis ist einzuholen -, dass mit diesen Werten definitiv unterhalb einem Niveau der a.a.R.d.T. gebaut wird. Alleine die Erwähnung eines Regelwerkes, z.B. in einem Leistungsverzeichnis, ist für eine solche Aufklärung nicht ausreichend.

JÖRG SCHÜTZ: Dass die DIN 4109 oder die Schallschutzstufe I der VDI 4100 unterhalb den a.a.R.d.T. liegt, kann man für die haustechnischen Anlagen so grundsätzlich nicht sagen. Immerhin wurden die Anforderungen in der DIN 4109 für die Haustechnik im Jahr 2001 von 35 dB(A) auf 30 dB(A) verschärft, während sich Luft- und Trittschallschutz noch immer auf dem Niveau von 1989 befinden. Was die grundsätzlichen Anforderungs- oder Kennwerte für die Haustechnik angeht, wurde in den Regelwerksausschüssen keine weitere Verschärfung vereinbart. Ich erwähnte schon, dass DIN 4109 verschiedene Bereiche regelt und daher differenziert betrachten werden muss. Natürlich sind im Einzelfall die Baubeschreibung und die zum Einsatz kommenden Materialien zu beachten. Mittlerweile werden Bauobjekte unter Begriffen wie Luxus, Komfort, Domizil oder Ressort erstellt. Diese Attribute können ein erstes Indiz für erhöhte Schallschutzanforderungen sein. Wenn dann gleichzeitig die Planung, d. h. im Wesentlichen Grundrisse, Bauteile und ausgeschriebene Produkte Anlass zu Bedenken geben, sind diese vom Auftragnehmer schriftlich beim Auftraggeber anzumelden. Andererseits können auch besonders hochwertige Produkte im Leistungsverzeichnis den Schluss zulassen, dass höhere Anforderungen für den Schallschutz zum Tragen kommen.

SUSANNE LOCHER-WEISS: Absolut richtig. In diesen Fällen könnte durchaus die Schallschutzstufe III der VDI-Richtlinie 4100 vom Gericht als geschuldet angesehen werden.

JÖRG SCHÜTZ: Hier ist dann aber Vorsicht für die Bauausführung geboten. In der Praxis kann die Schallschutzstufe II bei günstigen Voraussetzungen, Grundriss etc., unter Umständen noch umgesetzt werden. Aber die Werte der Stufe III, die z.B. im Mehrfamilienhaus 24 dB(A) und im Doppel- und Reihenhaus 22 dB(A) betragen, können nur noch mithilfe eines Spezialisten, das heißt eines Bauakustikers, der aber dann nicht nur für die Planung, sondern auch für die bauleitende Qualitätssicherung bis zur Abnahme verantwortlich ist, erreicht werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: 22 dB(A) – das klingt nicht nur theoretisch. Woher sollen Planer oder Installateure wissen, welche Maßnahmen vor Ort notwendig sind, um die vereinbarten maximalen Schallpegel einzuhalten?

JÖRG SCHÜTZ: Das ist in der Praxis tatsächlich nicht einfach. Die größte Unsicherheit ist dabei das Bauwerk selbst und die Arbeiten fremder Gewerke. Die unsachgemäß verschlossene Fuge des Ständerwerkes, der berühmte Mörtelklecks auf einer Schelle, das einbetonierte Abwasserrohr – alles kleine Fehler mit großer Wirkung. Hinzu kommt, dass man nicht pauschal sagen kann, welche konkreten Installationshinweise beachtet werden müssen und welche vernachlässigt werden können, um eine bestimmte Schallschutzstufe sicher zu erreichen. Installationsbetriebe und Planer sind daher gut beraten, darauf zu bestehen, dass bei einem sensiblen Bauobjekt vom Auftraggeber ein Bauakustiker hinzugezogen wird. Überdies empfiehlt es sich, die jeweiligen Hersteller der verbauten Produkte bei der Planung bzw. vor Ort auf der Baustelle mit ins Boot zu holen.


IKZ-HAUSTECHNIK: Anders als im Neubaubereich, bei dem in der Regel Schallschutzanforderungen vertraglich vereinbart werden, ist im Falle von Heizungs- oder Bad-Modernisierungen oftmals kein Planer oder Architekt beteiligt, sodass oft keinerlei Vereinbarungen getroffen werden. Welches Anforderungsniveau kann der Bauherr in solchen Fällen dem Auftragnehmer abverlangen? Beispiele: Die neue Gebläse-Feuerung eines Brennwert-Heizkessels ist lauter als die ersetzte ineffiziente atmosphärische Feuerung. Ähnliches gilt für die Geräuschkulisse des neuen Whirlpools, wenn vorher eine Standardwanne installiert war.

Die Erwähnung eines Regelwerks, z.B. der DIN 4109, in einem Leistungsverzeichnis entbindet nicht davon, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten.
SUSANNE LOCHER-WEISS

 

SUSANNE LOCHER-WEISS: Bei Modernisierung von Wohnungseigentum durch einen Eigentümer oder die Gemeinschaft muss grundsätzlich der Schallschutzmaßstab erhalten bleiben, der vor den Arbeiten gegeben war. Sollte dies wie von Ihnen geschildert aus technischen Gründen nicht möglich sein, dann sollte der Handwerker seine Bedenken bereits vor der Installation äußern und schriftlich anmelden, wenn keine ergänzenden schallschutztechnischen Maßnahmen zur Ausführung kommen sollen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Problematisch wird es, wenn mehrerer Gewerke an einem Bauobjekt arbeiten. Häufig kann hier nicht sofort festgestellt werden, wer für die störenden Geräusche verantwortlich ist. Daher ist meist die Quelle der Geräusche wie der Heizkessel der Verursacher. Obwohl der eigentliche Verstärker der Geräusche beispielsweise eine falsch konstruierte Trockenbauwand sein kann, die Ursache also beim anderen Gewerk liegt.

JÖRG SCHÜTZ: Dieses Problem besteht schon sehr lange. Wenn Geräusche gehört werden, dann wird oft in erster Linie die Quelle ins Visier der Ermittlung genommen. Der Übertragungsweg des Schalls bleibt dabei unberücksichtigt, obwohl hier nicht selten die Fehlerquelle verborgen liegt. Um diese Situation zu verhindern, sollten z.B. Teilabnahmen wie von Wandschlitzen gemacht werden. Zudem können viele Fehler verhindert werden, wenn ein Verantwortlicher, z.B. ein Bauleiter, für die Einhaltung des Schallschutzes ernannt wird, der sich dann bevorzugt auch um die Schnittstellen der Gewerke kümmert.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was tun, wenn das Kind in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist? Oder anders gefragt: Wie sollten sich Planer bzw. Ausführende verhalten, wenn der Auftraggeber Geräusche aus haustechnischen Anlagen bemängelt?

SUSANNE LOCHER-WEISS: Hier empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen: Erstens Versuchen, die Ursache zu ermitteln und zu beseitigen und damit den Konflikt zu vermeiden. Ein Prozess steigert die für die Mängelbeseitigung ohnehin entstehenden Kosten zusätzlich und unnötig. Wenn die Werkleistung schon abgenommen ist, dann hat der Bauherr die Beweislast und holt oft ein Gutachten ein. Wenn der Auftraggeber ein Gutachten erstellen lässt, sollte man als Beteiligter bei dem Vor-Ort-Termin anwesend sein um Fragen zu klären. Für den Fall, dass ein Privatgutachten erstellt wird, muss dieses nicht anerkannt werden. Das Gericht holt im Streitfall dann ein objektives Gerichtsgutachten ein.

IKZ-HAUSTECHNIK: Angenommen, es wurde eine Schallschutzstufe vertraglich vereinbart, jedoch höherwertige Produkte eingebaut. Ergibt sich dadurch nicht die Sicherheit, dass man die Anforderungen des Schallschutzes erfüllt hat?

JÖRG SCHÜTZ: Diese Situation ist mit Vorsicht zu genießen. Das klingt zwar jetzt sehr theoretisch, aber „gute“ Produkte können zu neuen Anforderungen führen, die dann unter Umständen auch nicht erreicht werden.

SUSANNE LOCHER-WEISS: Genau das ist das Problem. Entweder, es wurden die guten Produkte vereinbart, dann sagt die Rechtsprechung, dass der Schallschutz erzielt werden muss, der mit diesen Produkten erreicht werden kann. Oder, jetzt komme ich auf Ihre Frage zurück, es werden höherwertige Produkte ohne Vereinbarung eingesetzt, dann könnte entsprechend dem BGH-Urteil aus dem Jahr 2009 folgende Wortlaut zum Tragen kommen: „…Ist eine Bauweise nicht vereinbart, so kann sich der Bauunternehmer nicht auf die Mindestanforderungen der DIN zurückziehen, wenn die von ihm gewählte Bauweise bei einwandfreier Installation höhere Schalldämmmaße ergibt…“. Das könnte von der Rechtsprechung in dem Kontext gebracht werden, dass, wenn gute Produkte eingebaut werden, diese dann auch das bringen müssen, was sie erreichen können. Das beliebte „Bauen auf Sicherheit“ sehe ich durch das Gerichtsurteil damit leider in Gefahr.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welch fatale Situation. Erst muss ein gewisses Niveau vertraglich erreicht werden. Dann werden vielleicht höherwertige Produkte eingesetzt, um die Vereinbarung sicher erreichen zu können. Doch dies führt letztlich zu noch höheren Anforderungen.

JÖRG SCHÜTZ: Dies ist aber leider auch ein Stück weit nachvollziehbar. Denn auch die höherwertigen Produkte müssen korrekt eingebaut werden.

SUSANNE LOCHER-WEISS: Es besteht aber noch die Möglichkeit, sich trotz dieses Urteils vor dessen möglichen Auswirkungen zu schützen. Dazu müsste allerdings dann eine ausführliche vertragliche Vereinbarung erfolgen, aus der hervorgeht, dass trotz der eingesetzten höherwertigen Produkte nur die vereinbarte Schallschutzstufe erreicht wird. In der Praxis wird es dem Fachbetrieb aber schwer fallen, dies dem Auftraggeber zu vermitteln. Wenn der Häuslebauer schon die guten Produkte bezahlen muss, dann erwartet er auch eine qualitativ hochwertige und damit leise Installation.

IKZ-HAUSTECHNIK: Blicken wir noch einmal in die Praxis: Welche Punkte sollten Planer und Handwerker neben der vertraglichen Vereinbarung technisch beachten?

JÖRG SCHÜTZ: Man kann es nicht oft genug sagen, sehr wichtig ist der Grundriss, hier insbesondere der „fremde schutzbedürftige“ Raum und die Wahl der Montageorte der technischen Gebäudeausrüstung.

Verdeckte Installationen, wie z.B. in Schlitzen, sollten vor dem Verschließen bei kritischen Situationen fotografiert und einer Teilabnahme unterzogen werden.
JÖRG SCHÜTZ

Dazu kommen Vorwandinstallationssysteme, bevorzugt solche aus Trockenbau, und die besondere Beachtung der Körperschalldämmung. Produkte sind auch unter dem Gesichtspunkt „Schall“ auszuwählen, Hersteller haben Angaben zu machen sowohl zu den Geräuschemissionen, als auch wie diese durch sekundäre Maßnahmen beherrschbar sind. Denken Sie nur an die Lüftungsanlagen in dichten Häusern und zukünftige Anforderungen im eigenen Bereich. Es ist zu beachten, dass sich Herstelleraussagen meistens auf bestimmte Prüfbedingungen beziehen, die in der Realität erheblich abweichen können. Das Thema betrifft z.B. Rohrschellen bei Entwässerungsrohren. Verdeckte Installationen, wie z.B. in Schlitzen, sollten vor dem Verschließen bei kritischen Situationen fotografiert und einer Teilabnahme unterzogen werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Lassen Sie uns abschließend kurz über ein anderes Projekt sprechen: Es geht um die VdZ-Gemeinschaftsstudie „Schallschutzanforderungen an haustechnische Anlagen“. Dessen Projektleitung obliegt dem ZVSHK, als ausgewiesener Fachmann waren und sind Sie, Herr Schütz, stark in das Projekt eingebunden. Zwei Fragen dazu: Welche inhaltliche Ausrichtung hatte die Untersuchung? Und gibt es neue Erkenntnisse oder konkrete Ergebnisse?

JÖRG SCHÜTZ: Auf Veranlassung des ZVSHK hat die VdZ ein Forschungsprojekt mit der Fragestellung, inwieweit bestehende und zukünftige Anforderungen an den Schallschutz von Gebäuden von infrage kommenden Heizgeräten eingehalten werden können, initiiert. Es ging hier im Wesentlichen um die Messung und Berechnung von Körperschallübertragungen der Geräte. Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie war dann, dass man tatsächlich nicht grundsätzlich davon ausgehen kann, dass die von Akustikerseite geforderten neuen Anforderungen für den eigenen Wohnbereich, insbesondere im Senderaum, z.B. die sogenannte „Wohnküche“, eingehalten werden können. Darüber wird man in den Regelwerksausschüssen reden müssen.

www.koeble-kollegen.de
www.haustechnikbayern.de

 


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