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Rollensprünge durch defekte Messeinsätze

Verbrauchsanzeigen von Wasserzählern in der Kritik

Bild 1: Schnitt durch einen Hauswasserzähler (Mehrstrahl-Nassläufer).

Bild 2: Ziffernblatt eines Hauswasserzählers.

Bild 3: Draufsicht auf das Zählwerk eines Wasserzählers.

Bild 4: Foto des Rollenzählwerkes eines Wasserzählers.

Bild 5: Schemaskizze einer eingeschlossenen Luftblase.

Bild 6: Ausschnitt aus einer Druckmessung in der Hausanschlussleitung am Wasserzähler.

Bild 7: Foto eines Zahnes des Ritzels mit Riefe in 500-facher Vergrößerung. Bild: Ing. Lothar Gutjahr

Bild 8: Differenzierung zwischen Mess- und Zählwerk sowie zwischen Zeiger- und Rollenzählwerk.

 

Die Anzeigen von Wasserzählern sind die Basis für Versorgungsunternehmen zur Abrechnung des Wasserverbrauchs. Es häufen sich jedoch Fälle, bei denen die Verbrauchswerte mehrere Hundert oder Tausend Kubikmeter über den Erwartungen liegen. Ergebnisse von anschließend durchgeführten Befundprüfungen zeigen oft keinerlei Beanstandungen und führen zur Behauptung: Der Wasserzähler misst einwandfrei. Tatsächlich aber liegt die Ursache oftmals in defekten Messeinsätzen, was nicht immer einfach nachzuweisen ist.

Um sich dem Thema zu nähern, ist es zunächst erforderlich, sich mit der Mess- und Zählfunktion und mit möglichen Ursachen von Anzeigefehlern von Wasserzählern zu beschäftigen. Bild 1 zeigt den inneren Aufbau eines Flügelradzählers, der am häufigsten verwendet wird. Dabei handelt es sich um einen Mehrstrahl-Nassläufer (M-N). Bei diesem liegen auch Zählwerk und Ziffernblatt (unmittelbar unter der Glasscheibe) komplett im Wasser. Das Wasser durchströmt den Flügelbecher und treibt das Flügelrad an. Dieses überträgt die Drehbewegung über ein Untersetzungsgetriebe auf das Zählwerk, das auf dem Ziffernblatt angeordnet ist. Das Zählwerk besteht üblicherweise aus einem Zeiger- und einem Rollenzählwerk. Das zuverlässige Zeigerzählwerk registriert das durchströmte Volumen in l und zeigt den Durchfluss mittels Zeigern analog an. Sind 1000 l erreicht, dann wird das Rollenzählwerk um ein Inkrement, d. h. eine Ziffer, weiterbewegt. Die Zeiger beginnen danach bei Null einen neuen Zyklus. Dieser Vorgang beschreibt den bestimmungsgemäßen Gebrauch.
Eine konstruktiv bedingte Schwachstelle des Zählers ist das Rollenzählwerk. Es besteht aus einzelnen körperlich voneinander getrennten Zahlenrollen mit 10 aufgedruckten Ziffern von 0 bis 9. In Bild 2 sind die Anzeigen von 5 Zahlenrollen mit den Ziffern 00152 zu erkennen. In seltenen Fällen kann es durch unterschiedliche Einflüsse (Feststoffpartikel oder Luftblasen) dazu kommen, dass Zahlenrollen unkontrolliert und damit fehlerhaft weiterbewegt werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als „Rollensprung“. Mit Ausnahme der ers­ten Rolle, der 1er-Rolle, kann sich dabei jede andere Rolle unkontrolliert, d. h. fehlerhaft, weiterbewegen. Bei der Eichung und bei der Befundprüfung wird das Rollenzählwerk übrigens messtechnisch nicht überprüft.
Bild 3 zeigt die Draufsicht eines Original-Ziffernblattes eines Zählwerkes. Auf Bild 4 ist die Ansicht des Zählwerks von der Rückseite zu sehen. Es sind 5 Zahlenrollen sowie Mitnehmer- und Haltenocken und 4 Transport-Ritzel zu erkennen. Diese dienen sowohl dem Weitertransport als auch dem Blockieren der Zahlenrollen. Die Zahlenrolle links außen (mit der Ziffer 5) ist die 1er-Zahlenrolle. Bei jeder der 4 sichtbaren Rollenpaarungen ist jeweils die Rolle links (der Ansicht entsprechend) die antreibende und rechts die einmal pro Umdrehung mitzunehmende Zahlenrolle. Auf der 1er-Zahlenrolle (mit der Ziffer 5) sind zwischen den Ziffern 5 und 6 die „Mitnehmernocken“ und die „Einsparung“ für das Transportritzel erkennbar. Diese sind einmal am Umfang auf jeder Zahlenrolle angeordnet und sollen einmal pro vollständiger Umdrehung die Nachbarrolle mittels des Transport-Ritzels um ein Inkrement weiterbewegen. Die letzte Zahlenrolle (rechts mit der Ziffer 7) hat keine Nachbar-Rolle und daher auch keine Mitnehmernocken. Das notwendige Blockieren jeder Nachbarrolle bei der „normalen Weiterbewegung“, hier erklärt an der 10er-Rolle (2. Rolle von links mit der Ziffer 7), erfolgt mithilfe des Transport-Ritzels und der Haltenocken. Falls die erste Rolle in der gezeigten Position sich um ein Inkrement weiterbewegt (im „Anzeigefenster“ auf der Vorderseite von 8 auf 9) muss die Nachbarrolle blockiert bleiben. Erst beim nochmaligen Transport, auf der Vorderseite von 9 auf 0, muss die Nachbarrolle um ein Inkrement weiterbewegt werden, auf der Vorderseite von 0 auf 1. Der Zählerstand des Rollenzählwerks wäre dann 510. Entscheidend für das unbedingt notwendige Blockieren ist der Überdeckungsgrad zwischen den Zähnen des Transport-Ritzel und den Haltenocken. Dieser beträgt bei dem hier gezeigten Exemplar ca. 1 mm. Bei zu großem axialen Spiel der Rollen, d. h. bei zu großen Abständen der Zahlenrollen untereinander, kann in seltenen Fällen zwischen 2 Rollen die notwendige Überdeckung mit den Zähnen des Ritzels nicht mehr vorhanden sein. Wenn Ritzel zusätzlich Minustoleranzen aufweisen, wird der Überdeckungsgrad nochmals verringert. Ohne ausreichende Überdeckung kann sich eine Zahlenrolle unbeabsichtigt um ein oder mehrere Inkremente weiterdrehen oder von der antreibenden Zahlenrolle mitgenommen werden und damit einen Rollensprung herbeiführen.

Ursachen für Rollensprünge
Rollensprünge in Verbindung mit Fehlanzeigen von Wasserverbräuchen sind spätestens seit den Jahren 2010 und 2011 nach einem bekannt gewordenen Produktionsfehler bei einem Hersteller von Messeinsätzen nicht mehr wegzudiskutieren. Das veranlasste z. B. die Stadtwerke Arnsberg, 350 Wasserzähler vorsorglich auszutauschen. Von Fachleuten werden für Rollensprünge verschiedene Ursachen in Betracht gezogen.

Erschütterungen
Die Theorie mit den Erschütterungen gilt zwar noch als umstritten, wurde aber eindeutig nachgewiesen. Dabei wurden an Messeinsätzen mit zu schmalen Rollen bereits auf dem Versandweg durch die dabei erfahrenen Erschütterungen festgestellt, dass sich Zahlenrollen im Zählwerk bewegt hatten. Zwei solche Messeinsätze sind als Nachweis verfügbar. Wenn man zusätzlich die allgemein bekannten Druckschwankungen im Leitungsnetz berücksichtigt, überträgt das Medium Wasser als nicht kompressibles Medium diese als Vibration auf den Wasserzähler und die Zahlenrollen. Zusammen mit mechanischen Schwingungen von tektonischen Quellen aus der erweiterten Nachbarschaft ergibt das für Zähler mit erhöhtem Spiel einen Drang zum Weiterdrehen. Äußere Erschütterungen können sich auch auf die Größen und die Positionen von eingeschlossenen Luftblasen auswirken und Feststoffpartikel bewegen.

Mechanische Partikel im Zählwerk
Sind harte Fremdpartikel im Rollenzählwerk vorhanden, können diese zwischen Ritzel und Zahlenrolle (Bild 4) geraten. Infolge der großen Untersetzung können die antreibenden Zahlenrollen große Kräfte ausüben. Diese können die Käfige / Gehäuse des Rollenstapels vorübergehend verbiegen. So lange das im elastischen Bereich erfolgt, ist das später nicht feststellbar. Am häufigsten findet man Verschmutzungen im Zählwerk durch Arbeiten am Leitungssystem, wobei vorwiegend Rückstände von Abplatzungen aus der Installation festgestellt werden und gegenüber Sand oder Spänen dominieren. Feststoff­partikel verursachen meist Riefen, Einkerbungen und/oder bleibende Verformungen an Bauteilen des Messeinsatzes.

Einfluss von Luft im Wasser des Zählwerks
Im von Wasser umgebenen Zählwerk können Luftblasen enthalten sein. Nach einer Neuinstallation ist in der Regel Luft im Zähler eingeschlossen. Die Luft im Messwerk wird vom strömenden Wasser abtransportiert. Die im Zählwerk eingeschlossene Luft kann nicht entweichen wie in Bild 5 zu erkennen ist. Sie kann nur durch Absorption vom Wasser ganz oder teilweise aufgenommen werden, was von vielen Parametern abhängt (Sättigungsgrad des Wassers für Luft, Druck und Temperatur). Befindet sich eine Luftblase zwischen den Zahlenrollen und im Rohrleitungssystem, tritt an irgendeiner Stelle ein plötzlicher Druckabfall auf, dann läuft folgender instationärer Vorgang ab: Der Druck breitet sich zunächst im Wasser mit Schallgeschwindigkeit (1490 m/s bei 20 °C) aus. Im näherungsweise als inkompressibel aufzufassenden Wasser wird der Druck sofort reduziert, wobei das Volumen praktisch unverändert bleibt. Luftblasen können sich demgegenüber aus Platzmangel nicht ausdehnen, wodurch deren Druck zunächst erhalten bleibt. Es tritt momentan ein dynamischer Ungleichgewichtszustand auf. Die Luftblase kann wie jeder elastische Körper in Schwingungen (Vibrieren) geraten, Kräfte ausüben und dadurch Zahlenrollenpaare auseinander drücken. Die Folge kann eine Überwindung des Blockierens von Zahlenrollen bei gleichzeitig auftretendem Schaltvorgang sein. Das könnte einen Rollensprung auslösen. Was genau passiert, ist sicher nicht in allen Einzelheiten immer identisch und schlüssig erklärbar. Die dynamischen Zustandänderungen hängen ab von Größen und Positionen der Luftblasen, von auftretenden Druckschwankungen und deren Frequenz und möglichen äußeren Erschütterungen. Für eine Ursache von Rollensprüngen durch eingeschlossene Luft spricht die Tatsache, dass Rollensprünge gehäuft nach Neuinstallationen beobachtet wurden. Wie groß und unstetig die Drücke im Wassernetz sein können, zeigt eine professionell durchgeführte Druckmessung, deren Ergebnis in Bild 6 dargestellt ist. Die zur Überbrückung des Blockierens in der Anwendung auftretenden Vorgänge können im Prüflabor nicht annähernd simuliert werden. Dem Vernehmen nach sind bei Trockenläufern mit Magnetkupplung bisher keine Rollensprünge beobachtet worden.

Befundprüfung bei Zweifel an der Verbrauchsanzeige
Bei Streitigkeiten zwischen Wasserversorger und Kunden wegen großer Abweichungen des Wasserverbrauchs von Erwartungen, ist gesetzlich eine Überprüfung der Messeinrichtung vorgesehen. Für diese sogenannte Befundprüfung gilt § 19 der AVBWasserV. Für die Durchführung ist die Prüfvorschrift TR-W 19 der PTB maßgeblich. Demnach ist die Befundprüfung in folgende Abschnitte gegliedert und muss in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden:

1. Äußere Beschaffenheitsprüfung,
2. Messtechnische Prüfung,
3. Innere Beschaffenheitsprüfung.

Die äußere Beschaffenheit ist eine visuelle Prüfung auf äußerlich erkennbare Merkmale und relativ schnell erledigt. Die umfangreiche messtechnische Prüfung erfolgt für 3 Referenzpunkte bei 3 festgelegten konstanten Durchflüssen mit ebenfalls genau festgelegten Wasservolumina und Durchführungsfolgen. Dabei werden Messabweichungen des Zählers von den beispielsweise durch eine Präzisionswaage ermittelten Referenzmengen festgestellt. Die Messwerte des Zählers werden ausschließlich am Zeigerzählwerk abgelesen, d. h. deren Analoganzeige registriert. Das Rollenzählwerk wird in diese messtechnische Prüfung definitiv nicht einbezogen, weil das technisch gar nicht zu realisieren ist. Die abschließende innere Beschaffenheit wird durch eine visuelle Prüfung des Messeinsatzes durchgeführt. Dabei wird der Messeinsatz des geöffneten Zählers auf Veränderungen, Beschädigungen, besonderen Verschleiß, Fremdkörper, Ablagerungen überprüft. Dabei soll insbesondere die Funktionsfähigkeit des Zählwerks festgestellt werden. Eine Dokumentation der Abmessungen einzelner Bauteile ist nicht vorgesehen.
Nach übereinstimmenden Aussagen von kompetenten Fachleuten ist die Prüfung der inneren Beschaffenheit nur bei zerlegtem Rollenzählwerk möglich. Genau an dieser Stelle werden höchst unterschiedliche Auffassungen der Beteiligten über die Vorgehensweisen erkennbar. Mit Verwunderung ist z. B. einem Brief einer Eichbehörde zu entnehmen, dass in einem Einzelfall eine Zerlegung des Zählwerks nicht erforderlich gewesen sei. Eine visuelle Prüfung ist immer individuell, liefert keine reproduzierbaren Messergebnisse und ist daher nur sehr schwierig oder gar nicht nachprüfbar. Es gibt staatlich anerkannte Prüfstellen, die alle Rollenzählwerke in Einzelteile zerlegen und jede Rolle einzeln überprüfen. Demgegenüber gibt es die Aussage eines Leiters einer anderen Prüfstelle, dass er das Rollenzählwerk nicht zu öffnen brauchte, weil er dazu auch gar keine Zeit hätte. Außerdem wären Rollensprünge weder feststellbar noch auszuschließen. In dieser Prüfstelle waren weder Mikroskop noch Lupe verfügbar. Wenn ein Rollensprung bei zu gro­ßem Axialspiel der Rollen keine Spuren hinterlässt, dann kann man tatsächlich weder einen Rollensprung bestätigen noch ausschließen. Hinzu kommen unterschiedliche Ausführungsformen von Messeinsätzen. Es gibt Zählwerke, in denen das Rollenzählwerk völlig abgekapselt, d. h. komplett von einem Gehäuse umschlossen ist. Ohne eine gewaltsame Öffnung des Gehäuses ist die notwendige Überprüfung des Axialspiels der Zahlenrollen ausgeschlossen. Durch gewaltsames Öffnen können Abmessungen verändert werden. Anscheinend werden manche Prüfungen auch unter Zeit- und Kostendruck durchgeführt. Durch die beschriebenen Sachverhalte muss man davon ausgehen, dass die aufgewendete Sorgfalt von inneren Beschaffenheitsprüfungen nicht einheitlich ist.

Beispiele aus der Praxis bei bestandenen Befundprüfungen
Es liegt eine Vielzahl von Beispielen durch Informationen aus den Medien und persönlichen Kontaktaufnahmen vor. Zur Veranschaulichung der Probleme der von Rollensprüngen betroffenen Kunden werden 3 markante Beispiele näher beschrieben.

OVG Saarlouis, Urteil vom 20. 01. 1994 - 1 R 4/92
Bereits im Jahr 1986 wurde ein Wasserzähler durch eine hohe Verbrauchsanzeige auffällig. In einem Wohn- und Geschäftsgebäude war nämlich ein 10- bis 15-facher Mehrverbrauch gegenüber dem vorherigen Jahresdurchschnitt angezeigt worden. Der Zähler hatte die Befundprüfung am 22. 01. 1986 bestanden und der Versorger wollte die Kosten für den angezeigten Mehrverbrauch erzwingen. Zur damaligen Zeit war die Prüfung der inneren Beschaffenheit des Wasserzählers noch nicht zwingend vorgeschrieben. Der Rechtsstreit dauerte mehrere Jahre. Erst als ein Sachverständiger aufgrund des hohen Mehrverbrauchs einen Defekt (wahrscheinlich Rollensprung) des Zählers vermutete, endete der Rechtsstreit 1994 zugunsten des Verbrauchers.

Mehrfamilienhaus in Ventschow
Der in einem Mehrfamilienhaus installierte Wasserzähler hatte einen Mehrverbrauch von 10000 m³ angezeigt und war bei der amtlichen Befundprüfung als in Ordnung befunden worden. Bei der folgenden Detailprüfung in einem privaten Ingenieurbüro erfolgte eine akribische Suche nach Verschleißspuren unter einem Mikroskop. Diese lieferte die notwendigen Fakten für den Nachweis eines Fehlverhaltens des Zählrollensatzes. Neben anderen Spuren war insbesondere die vorgefundene gewaltsam entstandene Riefe an einem Ritzel ein eindeutiges Indiz für das Auftreten eines Rollensprungs der 10000er-Rolle. Bild 7 zeigt das entsprechende Foto, aufgenommen mit einem Universalfotomikroskop mit ca. 500-facher Vergrößerung. Die Riefe wäre mit einer Lupe nicht erkennbar gewesen. Weitere Fotos zeigen typische Ablagerungen von Rohrwandabplatzungen (vermutlich ros­tiges Hydrogencarbonat und ähnliches) und den vorgefundenen gewaltsamen Verschleiß an den Zahlenrollennocken sowie an der Sicherheitsschaltmulde. Nach diesen Ergebnissen wendete der Versorger Kulanz an. Nach einem Jahr war von der ausgeprägten Riefe (Bild 7) im Mikroskop nur noch ein schmaler Strich erkennbar, was auf Rückbildung (Relaxation) der verformten Kunststoffoberfläche hindeutet. Es wird somit ein begründeter Anfangsverdacht vermutet, dass unbeabsichtigte Beweismittelvernichtung auftreten könnte.

Mehrfamilienhaus in Leipzig im Jahr 2011
In einem Wohnhaus mit 10 Wohnungen zeigte der 2011 installierte Zähler Qn 2,5 nach nur 9 Monaten einen Mehrverbrauch von 1000 m³ an. Mehrere Personen hatten danach am noch installierten Zähler mehrfach Stillstände beobachtet, was Leckagen oder undichte Spülkästen ausschließt. Alle Indizien wie fehlender Kellerabfluss, fehlender Außenanschluss, keine Feuchtigkeitsspuren im Gebäude und der Vergleich mit den Summen-Anzeigen der installierten Wohnungswasserzähler belegen lückenlos die Fehlanzeige von 1000 m³. Der Messeinsatz des Zählers stammte aus dem Jahr 2011 und war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich defekt. Das wurde allerdings bei der Befundprüfung, die der Zähler bestanden hatte, nicht überprüft. Das Gehäuse des Rollenzählwerkes war nämlich nicht geöffnet worden. Die Befundprüfung war demnach unvollständig und ist als mangelhaft zu bewerten. Eine Kontrolle der Gegebenheiten vor Ort durch den Versorger fand nicht statt. Eine nachträglich gewünschte Werksprüfung des Zählers bei einem Hersteller wurde durch Weigerung der Herausgabe vom Versorger verhindert. Die Eigentümergemeinschaft scheute wegen des Prozessrisikos den Rechtsweg. Die geforderte Nachzahlung in Verbindung mit einer angebotenen Ratenzahlung und Schuldanerkenntnis belief sich auf 3900,- Euro und stützte sich ausschließlich auf die bestandene Befundprüfung.

Zusammenfassung
Durch Rollensprünge verursachter Trinkwasser-Mehrverbrauch von > 1000 m³ ist äußerst selten, wird aber von Verbrauchern fast immer bemerkt. Mehrverbrauch durch Rollensprünge der 10er- und 100er-Rolle sind statistisch häufiger und je nach Größe des Verbrauchs kaum feststellbar. In Verbindung mit extrem schwierigen Nachweismöglichkeiten von Rollensprüngen im Prüflabor ist dieses Phänomen bisher sträflich unterschätzt worden.
Im Gegensatz zu der zuverlässigen Funktionsweise des Messwerkes eines Wasserzählers ist dessen Rollenzählwerk infolge undefinierter Umgebungszustände störanfällig. Aufgrund von materialsparenden Kunststoffbauweisen sind die Zahlenrollen meist dünnwandig und haben dann nicht die ihnen zugedachte Steifigkeit. Daraus resultieren Messvorrichtungen, die nicht zuverlässig in der Lage sind, bei Störungen bestimmungsgemäß zu blockieren. Wasserzähler selbst mit extrem störanfälligen Rollenzählwerken können bei der Eichung nicht erkannt und aussortiert werden.
Unter Hinweis auf die beschriebenen Sachverhalte sei die Frage erlaubt: Kann ein Messgerät noch als geeicht aufgefasst werden, wenn bei der Eichung, wie Bild 8 veranschaulicht, nur ein Bestandteil, nämlich das Zeigerzählwerk, messtechnisch überprüft wird? Für das Rollenzählwerk wird der bestimmungsgemäße Gebrauch ohne jegliche Einschränkung vorausgesetzt. Die Tatsache, dass geeichte Wasserzähler mit störanfälligen Messeinsätzen in den Verkehr gebracht wurden und in Einzelfällen im praktischen Einsatz versagt haben, widerlegt diese Voraussetzung in überzeugender Weise. Betroffene Verbraucher sollten unter allen Umständen nicht nur den Versorger, sondern auch die unabhängigen Eichbehörden informieren.

Autoren:
Ing. Lothar Gutjahr, Dipl.-Ing. Georg Hofmann

Bilder, sofern nicht anders angegeben:
Georg Hofmann

 


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