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Optimaler Komfort durch adaptive Algorithmen

Raumtemperaturregelung in der Flächenheizung/-kühlung

 

Schalthysterese.

Regelverhalten des Zweipunktreglers.

Kennlinie eines P-Reglers.

Regelverhalten des P-Reglers.

Regelverhalten des PI-Reglers.

Reglerfamilie Nea.

Optimierung des Regelverhaltens.

Typischer Temperaturverlauf eines Tages in einem Badezimmer.

 

Raumtemperaturregler für die Anwendung Flächenheizung/-kühlung, die auf den bekannten Regelverfahren basieren, erzielen gute Ergebnisse. Eine Verbesserung des Regelergebnisses und damit eine Steigerung des Komforts bei verringertem Energieverbrauch lassen sich durch die Verwendung adaptiver Algorithmen erzielen. Dieser Artikel beschreibt die gängigen Regelverfahren und zeigt an einem Produktbeispiel, welche Verbesserungen durch den Einsatz adaptiver Algorithmen in der Praxis erzielt werden können.

Raumtemperaturregler für Flächenhei­zungs/-kühlungssysteme müssen an die gute Speicherfähigkeit, die große aktive Fläche und den hohen Strahlungsanteil der Systeme angepasst sein. Das verwendete Regelverfahren sowie die verwendete Parametrierung haben entscheidenden Einfluss auf die erzielte Regelgüte und damit auf die Einhaltung des gewünschten Raumtemperatursollwerts. Zusätzlich haben Abweichungen in der Auslegung oder dem hydraulischen Abgleich teils erhebliche Auswirkungen auf Leistung und Komfort.

Klassische Reglerarten
Im Wesentlichen stehen für die Raumtemperaturregelung Zwei-Punkt-Regler, Proportional-Regler, Proportional-Integral-Regler und Proportional-Integral-Differential-Regler zur Verfügung, die im Folgenden am Beispiel des Heizfalls kurz beschrieben werden.

Zweipunktregler
Der Zweipunktregler ist der einfachste Regler. Sein Ausgangssignal – die Stellgröße – kennt nur den Zustand „An“ oder „Aus“. Im Heizfall bedeutet das, dass er den Antrieb, der das Ventil am Heizkreisverteiler öffnet, solange ansteuert, bis der Sollwert der Raumtemperatur erreicht ist. Sobald die Raumtemperatur den eingestellten Sollwert überschreitet, wird der Antrieb abgeschaltet und das Ventil geschlossen.
Um ein ständiges Ein- und Ausschalten des Antriebs in der Nähe des Sollwerts zu vermeiden, arbeitet jeder Regler dieser Art mit einer sogenannten Hysterese: Der Raumtemperaturwert muss den eingestellten Sollwert um einen bestimmten Betrag überschreiten, um den Aufheizvorgang zu beenden. Wenn die Raumtemperatur in der Folge nach einiger Zeit absinkt, wird die Beheizung erst wieder aktiviert, wenn die Raumtemperatur den Sollwert um einen bestimmten Betrag unterschritten hat.
In Verbindung mit einem Flächenheizungssystem würde in diesem Fall ein Pendeln der Raumtemperatur entstehen, da die Temperatur im Raum nach dem Ein- oder Abschalten der Wärmezufuhr für einige Zeit dem vorherigen Trend folgt. Dieses Pendeln ist umso stärker, je „kräftiger“ die Energiezufuhr ist.
Zweipunktregler sind deshalb für Flächenheizungs/-kühlungssysteme nur dann geeignet, wenn ihr Regelverhalten – zum Beispiel durch die Verwendung einer „thermischen Rückführung“ – verbessert wird. Die thermische Rückführung sorgt dafür, dass der Regler, sobald er sich dem Sollwert annähert, in ein taktendes Verhalten übergeht und damit das Pendeln der Temperatur verringert.

Proportional-Regler (P-Regler)
Wenn das Ausgangssignal des Reglers (Stellgröße), welches den Energiefluss steuert, stetig und proportional zu der Differenz zwischen Soll- und Istwert (Regelabweichung) ausgegeben wird, liegt ein Proportionalregler vor. Bild 3 macht den Zusammenhang deutlich: Außerhalb der um den Sollwert definierten Bandbreite (Proportionalband) ist das Ausgangssignal 100 % (deutlich zu kalt im Raum) oder 0 % (deutlich zu warm im Raum). Zwischen diesen beiden Extremwerten findet ein gleichmäßiger (stetiger) und linearer Übergang statt.
Weicht die Raumtemperatur um +1 K vom Sollwert ab, so ergibt sich bei der in Bild 3 gezeigten Breite und Lage des Proportionalbandes (symmetrisch zum Sollwert) ein Ausgangssignal von 25 %.
Die Breite des Proportionalbandes bestimmt dabei, wie „scharf“ der Übergang stattfindet. Wird das Proportionalband zu schmal gewählt, zeigt der Proportionalregler dasselbe schlechte Regelverhalten wie der reine Zweipunktregler: die Raumtemperatur schwingt um den Sollwert herum.
Der Nachteil des Proportionalreglers ist, dass für jede Differenz zwischen Soll- und Istwert immer das gleiche Regelsignal ausgegeben wird. Genügt dieses Signal nicht für eine ausreichende Beheizung oder ist es zu hoch dimensioniert, bewegt sich die Raumtemperatur im eingeschwungenen Zustand immer abseits vom Sollwert. Eine bleibende Regelabweichung ist die Konsequenz (siehe Bild 4).

Proportional-Integral-Regler (PI-Regler)
Der PI-Regler gleicht die bleibende Regelabweichung des P-Reglers aus, indem dem Proportionalsignal ein Anteil überlagert wird, der sich aus einer zeitlichen Aufsummierung (Integration) der Abweichung ergibt.
Bild 5 zeigt, wie sich durch die Zunahme des Integralanteils eine Annäherung der Raumtemperatur an den Sollwert ergibt. In Verbindung mit Systemen mit vergleichsweise hohen Speichermassen ist dieser Anteil jedoch genau zu dosieren. Erfolgt die Integration zu rasch, wird das System in die eine oder andere Richtung übersteuert und es kommt wiederum zu dem unerwünschten Schwingen der Raumtemperatur. Grundsätzlich stellt dieser Reglertyp jedoch eine Verbesserung gegenüber dem reinen Proportionalregler dar.

Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler)
Proportional-Integral-Differential (PID) Regler reagieren durch ihren zusätzlichen Differentialanteil sehr stark auf schnelle Änderungen der zu regelnden Größe oder des Sollwerts. Diese starke Reaktion klingt jedoch – je nach Parametrierung – auch wieder schnell ab. Der D-Anteil bringt somit vor allem bei Systemen mit geringer thermischer Speicherfähigkeit Vorteile.

Umsetzung des Regelsignals auf einen Zweipunktausgang – Pulsweitenmodulation (PWM)
P- oder PI-Regler müssen den Energie­fluss in das System stetig verändern. Die Ventile an den Heizkreisverteilern können jedoch nicht so angesteuert werden, dass der Durchfluss definiert zwischen 0 % und 100 % eingestellt werden kann. Hier macht man sich die Speicherfähigkeit  des Systems zu Nutze: die Ventile werden periodisch für bestimmte Zeiten geöffnet (Pulsen). Das Verhältnis zwischen der Dauer der Öffnung und der Zeit, die das Ventil geschlossen ist, wird verändert (moduliert). Dieses Ansteuern eines Ventils mit veränderlichen Öffnungszeiten wird Puls-Weiten-Modulation (PWM) genannt. Durch den dämpfenden Effekt der Speichermassen ergibt sich dabei eine gleichmäßige Änderung der Heiz-(Kühl-)Leistung.

Entwicklung einer neuen Reglerfamilie
Basierend auf dieser Technik wurde der Raumregler Nea für die Raumtemperaturreglung von Flächenheizungs- und -kühlungssystemen entwickelt. Der kompakte und flache Regler ist in unterschiedlichen Varianten erhältlich. Unter anderem mit oder ohne integrierter Schaltuhr, externer oder manueller Umschaltmöglichkeit für Heizen/Kühlen, Fernfühleranschluss zur Bodentemperaturüberwachung oder als zusätzlicher Raumfühler sowie in 230-V- und 24-V-Ausführung.
Die Bedienung des Raumreglers erfolgt über drei Tasten. Durch die am Display eingeblendeten Symbole ist die Benutzerführung einfach und selbsterklärend. Um unerwünschte oder versehentliche Veränderungen an den Reglerparametern zu verhindern, existiert neben der Bedien­ebene des Benutzers eine geschützte Service- und eine Expertenebene. Die Bedienung kann bei Verwendung in öffentlichen Räumen auch komplett verriegelt werden.
Die Zeitprogramme in den Varianten mit Uhr sind vorbelegt, können aber auch tageweise, wochenweise oder unterschiedlich für werktags und Wochenende eingegeben werden. Dabei können jeweils bis zu drei Zeitzonen pro Tag festgelegt werden. Im zeitgesteuerten Betrieb kann der Nutzer den Raumtemperatursollwert verändern. Ab dem nächsten Schaltpunkt kehrt das System wieder zu den hinterlegten Sollwerten zurück. Die Partyfunktion erlaubt einen Komfortbetrieb für eine einstellbare Zeit, die Urlaubsfunktion gestattet einen programmierbaren Sparbetrieb mit rechtzeitiger Aufheizung zum Rückkehrzeitpunkt der Bewohner.
Folgende Optimierungsfunktionen sind integriert:

  • Startoptimierung: Der Regler lernt, zu welchem Zeitpunkt der Aufheiz- bzw. Kühlvorgang gestartet werden muss, um den Sollwert zum gewünschten Zeitpunkt zu erreichen.
  • Optimierung des Regelverhaltens: Schrittweise Anpassung der Reglerparametrierung an die für den Raum zur Verfügung stehende Heiz/Kühlleistung.

Messungen in der Klimakammer

Die Funktionen der Reglerfamilie wurden während der Hard- und Softwareentwicklung in Labortests geprüft. Um die Heiz- und Kühlfunktionen unter praxisnahen, aber auch reproduzierbaren Bedingungen zu testen, wurde eine Klimakammer der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg am Institut für Energie und Gebäude verwendet. Die Klimakammer besteht aus einer „Innenzone“ sowie einer „Außenzone“, die mit Temperaturen von -20 °C bis +40 °C konditioniert werden kann. Die Innenzone ist durch eine Wand mit Glasscheibe von der Außenzone getrennt. In der Innenzone wurde eine Fußbodenheizung/-kühlung in Trockenbauweise verlegt, die mit Heiz- oder Kühlwasser in definierter Vorlauftemperatur versorgt wird. Die Regelung des Durchflusses wurde von den an der Wand der Innenzone montierten Reglern der Nea-Familie übernommen. In der Außen- und Innenzone, im Fußbodenaufbau sowie an mehreren Stellen am Regler selbst wurden Temperaturfühler angebracht, deren Signale über ein Erfassungssystem aufgezeichnet wurden. Das Schaltverhalten des Reglers sowie die Verläufe der Vor- und Rücklauftemperaturen wurden durch weitere Sensoren erfasst. Die Regler wurden über mehrere Monate im Heiz- und Kühlfall mit Zeitprogrammen und Temperatursollwerten, wie sie im normalen Betrieb verwendet werden, eingesetzt.

Ergebnisse der Klimakammerversuche
Die Versuche dienten einerseits dazu, die in der Grundeinstellung der Regler vorhandene Parametrierung zu prüfen und zu verbessern. Andererseits sollten die am Reißbrett entworfenen Regel- und Optimierungsalgorithmen unter reproduzierbaren Bedingungen über jeweils mehrere Tage hinweg geprüft werden. Bild 7 zeigt einen der Versuche, der die im Regler hinterlegte Optimierungsfunktion verdeut­licht: Es ist der Verlauf der Raumtemperatur sowie der über das Zeitprogramm gesteuerte Sollwert (Komfortbetrieb 21 °C, reduzierter Betrieb 19 °C) über einen Zeitraum von 5 Tagen dargestellt.
Die Vorlauftemperatur beträgt bei diesem Versuch 34 °C, die Temperatur in der Außenzone beträgt 0 °C. Die Vorlauftemperatur wurde in diesem Versuch so gewählt, dass sich bei den während des Versuches herrschenden Bedingungen eine Überversorgung des geheizten Raums einstellt. Diese Überversorgung entspricht dem häufig in der Praxis vorkommenden Fall, dass die Heizkurve des Kessels so eingestellt wird, dass jeder Raum auf jeden Fall ausreichend versorgt wird. Neben einer Fehlanpassung der Heizkurve – oder zusätzlich dazu – kommt eine Überversorgung auch durch mangelhaften hydraulischen Abgleich zustande.
Die Überversorgung führt nun dazu, dass sich gegenüber dem eingestellten Sollwert von 21 °C im Komfortbetrieb in diesem Fall eine leicht erhöhte mittlere Temperatur von 21,5 °C einstellt. Bei einem konventionell arbeitenden Regler bleibt diese Abweichung bestehen und führt zu einem höheren Energieverbrauch. Durch die im Regler integrierte Optimierungsfunktion nähert sich dieser Wert im Lauf der folgenden Tage in kleinen Schritten dem gewünschten Sollwert. Dabei stellt sich durch das feinfühlige Regelverhalten des Reglers Nea eine – nicht spürbare – Schwingung der Raumtemperatur um den Sollwert von nur ± 0,25 °C ein. In anderen Versuchen wurde die gegenteilige Situation, nämlich eine knappe Dosierung der Heizleistung, mit ebenfalls gutem Ergebnis geprüft.

Erfahrungen aus dem realen Betrieb
Messungen in der Klimakammer haben den Vorteil, dass die Bedingungen bestimmt werden können und damit sys­tematische Versuche mit immer wieder veränderten Einstellungen erst möglich werden. Der Betrieb in der Praxis ist jedoch durch die wechselnden Bedingungen und die durch den Nutzer eingebrachten Störgrößen geprägt. Es wurden deshalb in verschiedenen Bauvorhaben Erfassungseinrichtungen installiert, die die Heizperiode 2013/2014 aufzeichneten. Die nachfolgenden Temperaturverläufe wurden in einem Vier-Personen Haushalt aufgenommen. Die Räume wurden alle mit Fußbodenheizungen ausgestattet. Das Bad verfügt zusätzlich über Wandheizungselemente. Alle Räume wurden mit 24-V-Raumtemperaturreglern ausgestattet.
Bild 8 zeigt einen typischen Tagestemperaturverlauf in einem Badezimmer. Die höher frequentierten Zeiten im Tagesverlauf mit allen daraus resultierenden Stör­einflüssen sind gut zu erkennen. Morgens und abends wird geduscht und anschließend gelüftet. Trotz dieser Einflüsse wird die Temperatur im Raum immer im Komfortbereich von 22 °C gehalten, die Schwankungsbreite beträgt nur unmerkliche ± 0,25 °C. Der reduzierte Betrieb während der Nacht und das morgendliche Aufheizen sind gut zu erkennen.

Raumtemperaturregler bestimmt den Komfort
Flächenheiz- und Kühlsysteme schaffen durch ihre große aktive Fläche ein angenehmes Raumklima bei hoher Energieeffizienz. Bedingt durch ihre gute thermische Speicherfähigkeit können sie außerdem kurzzeitig auftretende Lastschwankungen gut ausgleichen. Wie bei jedem Heiz/Kühlsystem ist dabei der Einsatz von geeigneter und in der Parametrierung möglichst perfekt auf das verwendete System abgestimmter Regelungstechnik von entscheidender Bedeutung. Der Raumtemperaturregler ist dabei das letzte Glied in der Kette der Komponenten, die das Verhalten des gesamten Systems und damit den vom Nutzer empfundenen Komfort bestimmen. Ein auf den klassischen Prinzipien der PI- oder PID-Regler basierender Raumtemperaturregler kann dabei Fehler, die in der Auslegung der Vorlauftemperatur oder dem hydraulischen Abgleich gemacht wurden, nur zum Teil ausgleichen. Eine deutliche Verbesserung wird durch den Einsatz von automatisch ablaufenden und immer wiederkehrenden Optimierungsschritten erzielt. Mit der Reglerfamilie Nea ist es gelungen, zum Preis eines Standardreglers einen selbstoptimierenden Regler zu entwickeln. Neben den technischen Eigenschaften ist das Design der Regler hervorzuheben, welches mit dem Red Dot Award ausgezeichnet wurde.

Autoren: Dipl.-Ing. Willi Pommer und Dipl.-Ing. Jessica Seeser, Business Unit Flächenheizung/-kühlung, REHAU AG + Co

Bilder: REHAU

www.rehau.com

 


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