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Niedersachsen – Blick in die Zukunft der SHK-Branche

Der diesjährige Landesverbandstag fand Mitte Juni erstmals in Bremen statt

Prof. Volker Quaschning: „In naher Zukunft wird es wirtschaftlich interessant, einen Teil des PV-Stroms zu verheizen und so überschüssige Energie thermisch zu speichern.“

Über den steinigen Weg zur neuen Ausbildungsverordnung und die Neuerungen und Konsequenzen für Ausbilder und Azubi informierte der Ausschuss für Aus- und Weiterbildung im Rahmen einer moderierten Gesprächsrunde. Von links: Norbert Raida, Vorsitzender des Ausschusses für Aus- und Weiterbildung im Fachverband SHK Niedersachsen, Christoph Theelen, Referent Berufsbildung beim ZVSHK, Uwe Kammer, Lehrlingswart, Maximilian Jennert und Heike Hartwig, Referentin für Aus- und Weiterbildung beim Fachverband SHK Niedersachsen.

Über den steinigen Weg zur neuen Ausbildungsverordnung und die Neuerungen und Konsequenzen für Ausbilder und Azubi informierte der Ausschuss für Aus- und Weiterbildung im Rahmen einer moderierten Gesprächsrunde. Von links: Norbert Raida, Vorsitzender des Ausschusses für Aus- und Weiterbildung im Fachverband SHK Niedersachsen, Christoph Theelen, Referent Berufsbildung beim ZVSHK, Uwe Kammer, Lehrlingswart, Maximilian Jennert und Heike Hartwig, Referentin für Aus- und Weiterbildung beim Fachverband SHK Niedersachsen.

Hans-Arno Kloep: „Die Deckungsbeiträge an der Ware gehen runter.“

Volles Haus: Mehr als 120 Obermeister folgten der Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung.

Auszeichnung: Ingo Meyer (Mitte), Mitglied der Innung der ­Sanitär- und Heizungstechnik Braunschweig, bekam von Landesinnungsmeister Friedrich Budde (rechts) und Geschäftsführer Jürgen ­Engelhardt die Große Ehrennadel in Gold verliehen.

 

Wie entwickelt sich das Handwerk in den kommenden Jahren? Welche Heiztechniken stehen im Fokus und über welche Vertriebswege ­gelangen die Produkte künftig zum Kunden? Diese und weitere Themen wurden auf dem diesjährigen Landesverbandstag Mitte Juni in ­Bremen beleuchtet. Daneben standen die Regularien der ordentlichen Mitgliederversammlung auf der Tagungsordnung. Bei der SHK-Fete am Freitagabend kam auch der gesellige Teil nicht zu kurz.

Traditionell startete die Tagung mit der Mitglieder-Aussprache am Donnerstagnachmittag. Reiner Möhle, Vorstandsmitglied im Fachverband Niedersachsen, stellte zum Auftakt kurz die Möglichkeiten der KfW-Förderung dar. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf die Zulassung als Energieberater (HWK). Thematisiert wurde auch das neue Vertriebskonzept „HeizungOnline“ von Vaillant. Die Obermeister distanzierten sich in deutlicher Form von diesem Konzept. Beim anschließenden Begrüßungsabend hatten die Teilnehmer Gelegenheit, sich in entspannter Runde auf die kommenden zwei Tage einzustimmen. Außerdem konnten sie sich Bremen aus einer veränderten Perspektive anschauen – die Veranstaltung fand auf einem Schiff statt.

Photovoltaische Heizungssysteme für den Klimaschutz
Der erste Gastvortrag am Freitagmorgen von Prof. Volker Quaschning widmete sich dem Thema „Das Ende der Öl- und Gasheizung. Das SHK-Handwerk als Motor der Energiewende?“ Die deutsche Klimaschutzpolitik, so Quaschning, ziele seit vielen Jahren auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 80 % bis zum Jahr 2050. Das aktuelle Tempo der Energiewende stehe dazu allerdings im krassen Widerspruch. Im Pariser Klimaabkommen wurde eine Begrenzung der globalen Erwärmung, möglichst auf 1,5 °C, vereinbart. Hierfür müssten hierzulande die CO2-Emissionen in den nächsten 25 Jahren um 100 % sinken. „Kohleausstieg in 15 Jahren, Verbot von Öl- und Gasheizungen in spätestens fünf und 100 % Elektro-Neufahrzeuge in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren – das wäre dafür nötig“, sagt Quaschning. „Im Jahr 2015 lag der Anteil Erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch gerade einmal bei 12,6 %. Das bedeutet, es fehlen noch über 87 %, um in Deutschland vollkommen klimaneutral zu werden“, warnte der Wissenschaftler. Beim derzeitigen Ausbautempo würde Deutschland das Ziel erst um das Jahr 2150 erreichen. Dabei wäre es notwendig, bis spätestens 2040 eine Energieversorgung aufzubauen, die ganz ohne Erdöl, Erdgas oder Kohle auskommt.
Ein Blick auf die Telekommunikationsbranche zeige, dass dies möglich sei. „Noch vor 10 Jahren tüftelte Steve Jobs an der Idee des Smartphones. Heute zeigt uns das Smartphone, dass wir eine Technologie durchaus in 10 Jahren flächendeckend einführen können. Und wenn uns das mit nützlicher Spielzeugtechnologie gelingt, sollte das auch mit Technologien klappen, die wir dringend für die viel beschworene Rettung des Planeten brauchen“, so Quaschning. Die Technologien seien längst vorhanden. Es fehle vielmehr am Willen, „den richtigen Weg unbeirrt im nötigen Tempo zu gehen.“
„Wenn wir die Rettung des Planeten wirklich ernst meinen, bedarf es einer ganz anderen Schlagzahl bei den Rettungsmaßnahmen“, sagt Quaschning. Technische Anlagen auf Basis von Erdöl, Erdgas oder Kohle dürften nicht mehr in Betrieb genommen werden, wenn deren zu erwartende Betriebsdauer das Jahr 2040 überschreitet. Das letzte Auto mit Verbrennungsmotor dürfte demnach in 15 Jahren vom Band gehen. Neue Öl- und Gasheizungen müssten bereits in 5 bis 10 Jahren Geschichte sein. Selbst neue Gaskraft- oder Blockheizkraftwerke dürften nicht mehr in Betrieb gehen, wenn das fossile Erdgas in 25 Jahren nicht sicher durch aus regenerativem Strom erzeugtem Methan ersetzt werden kann, mahnte Quaschning. Das alles lasse sich nur durch stark regulatorische politische Maßnahmen erreichen.
Um ansatzweise eine Klimaneutralität bis 2040 erreichen zu können, müssten die derzeit gültigen politischen Ausbauziele der Windkraft verdoppelt bis verdreifacht, der Photovoltaik verfünffacht bis versechsfacht werden. Außerdem müssten Maßnahmen getroffen werden, um die dann sehr schnell steigenden regenerativen Strommengen auch ins Netz integrieren zu können. Das funktioniere umso leichter, je dezentraler die regenerativen Anlagen aufgebaut werden. Photovoltaisch unterstützte Heizungssysteme könnten vor diesem Hintergrund ökonomisch attraktiv werden und damit für eine deutliche Zunahme der Solarwärmenutzung sorgen. Der Wissenschaftler verwies auf Untersuchungen der HTW Berlin zu den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für photovoltaische Heizungssysteme für Einfamilienhäuser. Quaschning: „Mit der bereits erreichten Netzparität für Strom aus Photovoltaikanlagen, weiter fallenden Gestehungskosten und gleichzeitig steigenden Bezugskosten für Öl und Gas, wird es bereits in naher Zukunft wirtschaftlich interessant, auch einen Teil des PV-Stroms zu verheizen und so überschüssige Energie thermisch zu speichern.“

Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker SHK modernisiert
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat unter Mitwirkung der SHK-Verbandsorganisation die dreieinhalbjährige Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik modernisiert. Über den steinigen Weg dorthin und die Neuerungen und Konsequenzen für Ausbilder und Azubi informierte der Ausschuss für Aus- und Weiterbildung im Rahmen einer moderierten Gesprächsrunde.
Die neue Ausbildungsverordnung tritt bereits am 1. August 2016 in Kraft. Bedeutendste Neuerung ist die zweiteilige Abschlussprüfung, die sogenannte „gestreckte Gesellenprüfung“. Dabei findet der erste Teil der Prüfung bereits vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres statt und ersetzt die ehemalige Zwischenprüfung. Das Ergebnis fließt zu 30 % in die Gesamtnote der Gesellenprüfung ein. Der zweite Teil der Prüfung wird am Ende der Berufsausbildung durchgeführt. Die gestreckte Gesellenprüfung soll die Orientierungsmöglichkeiten der Auszubildenden bezüglich ihrer Leistungsentwicklung während der Ausbildung verbessern, aber auch das punktuelle Prüfen von erworbenen Kompetenzen am Ende der Ausbildung ablösen und damit eine durchgehend qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleisten. Auch inhaltlich gibt es Neuerungen: Erstmalig aufgenommen worden in den Ausbildungsrahmenplan ist das Thema Gebäudemanagementsysteme. Ein weiterer Aspekt der Ausbildungsmodernisierung ist die stärkere Berücksichtigung der Trinkwasserhygiene. Das Durchführen von Hygienemaßnahmen ist erstmals eine separat aufgeführte Berufsbildposition. Für jeden Auszubildenden ist darüber hinaus ein individueller Ausbildungsplan zu erstellen. „Diese Vorgabe gab es schon vorher, sie war aber nicht so detailliert formuliert“, relativiert Norbert Raida, Vorsitzender des Ausschusses für Aus- und Weiterbildung im Fachverband SHK Niedersachsen. Der Verband werde seine Mitglieder bei der Umsetzung der Anforderungen mit Materialien unterstützen.

Mitgliederversammlung 2016
Der Samstag stand traditionell im Zeichen der ordentlichen Mitgliederversammlung. Eingeladen zu den öffentlichen Veranstaltungen des Verbandstages waren auch die Kollegen aus der SHK-Innung Bremen. Der Vorstand der Bremer Innung nahm diese Einladung gern an. Nach der Eröffnung durch Landesinnungsmeister Friedrich Budde sprach Kai Schulz, Obermeister der SHK-Innung Bremen, die Grußworte an seine niedersächsischen Kollegen. Er betonte, dass er und seine Kollegen gern die Chance genutzt hätten, auf diesem Verbandstag mit Berufskollegen aus Niedersachsen in einen persönlichen Kontakt und Austausch zu treten. Dies verband er mit dem Wunsch, dass die SHK-Verbände künftig enger zusammenarbeiten müssten, um den Herausforderungen gemeinsam zu begegnen.

Zukunft SHK
Unter die Überschrift „Blick in die Zukunft – wo steht das SHK-Handwerk in 10 oder 20 Jahren“ hatte Hans-Arno Kloep seinen Vortrag gestellt. Der Geschäftsführer der Querschiesser Unternehmensberatung GmbH sieht ein enormes Potenzial in der Branche. Gleichwohl regne es in den kommenden Jahren durch das Dach. „Die Branche zieht fremdes Geld an. Es kommen immer mehr branchenfremde Manager, Ton und Umgang werden ruppiger, alte Verhaltensregeln gelten nicht mehr. In fünf Jahren weiß keiner mehr, was Fachschiene bedeutet“, prognostizierte Kloep. Als gnadenlosen „Strukturknacker“ bezeichnete er das Internet. Es sei der effizienteste Profitkiller aller Zeiten. Dass sich das Internet überhaupt in der Branche etabliert hat, dafür gibt es laut Kloep mehrere Gründe. Zum einen sei die Fachschiene der teuerste Vertriebskanal. Zum anderen sei der zeitliche Rahmen von mehreren Wochen, vom ersten Gespräch in der Fachausstellung bis zum Angebot, wenig verkaufsfördernd. Im Internet gingen Angebotserstellung und Kauf per Mausklick. „Der Durchschnittsdeutsche hat keine Ahnung von unserem Geschäft. Wenn die Endkunden wüssten, dass es mit dem Bestellen der Teile nicht getan ist, würde keiner bei Reuter kaufen. Wir sind es, die dem Kunden den Unterschied klar machen müssen“, so der Rat des Branchenanalys­ten. Ein anderer Rat war, in den Kundenrechnungen auf Arbeitswerte umzustellen, so wie es das Kfz-Handwerk seit vielen Jahren tut. „Die Deckungsbeiträge an der Ware gehen runter, die Stundenlöhne müssen daher angehoben werden“, so Kloep. Das gehe am besten über Arbeitswerte, denn es erspare lästige Diskussionen mit dem Kunden.
Innerhalb der Branche sieht Kloep viele bedeutende Veränderungen. Partner- bzw. Franchisesysteme mit Herstellern werden zunehmen. Der Großhandel wird Marketingclubs und den Point of Sale in der Ausstellung etablieren. Auch Kooperationen wie ERFA-Gruppen oder Einkaufsgenossenschaften werden an Bedeutung gewinnen. Nicht zuletzt werde sich die Art des Verkaufens ändern: „Wir werden weiblicher werden“, sagt Kloep, „Verkaufen wird emotionaler werden.“ Das werde auch Auswirkungen auf die Auswahl der Monteure haben.

Regularien und Ehrungen
Umfangreiche Neuwahlen standen in diesem Jahr nicht an. Vorstand und Geschäftsführung wurden nach dem Bericht des Rechnungsprüfers entlastet.
In seinem Geschäftsbericht ließ Landesinnungsmeister Friedrich Budde noch einmal die Themen Revue passieren, die in der jüngsten Vergangenheit die SHK-Unternehmer beschäftigt haben. Für die Zukunft stellte er eine neue bundesweite Ausbildungskampagne (Zeit zu starten) in Aussicht. Auch in der Zuwanderung junger Menschen nach Deutschland, sieht er Chancen, um die Nachwuchssorgen im Handwerk zu mildern. Eher kritisch fiel dagegen sein Urteil aus über den Stand der politischen Unterstützung für die Energiewende.
Den Abschluss des Verbandstages bildete die Ehrung von Ingo Meyer. Das Innungsmitglied aus Braunschweig erhielt in Würdigung seines langjährigen Engagements für die Organisation die Große Ehrennadel in Gold.
Im nächsten Jahr wird der Landesverbandstag in Wolfsburg stattfinden. Über das Programm informieren wir frühzeitig an dieser Stelle. Die diesjährige Herbsttagung wird am 10. November in Hannover stattfinden.

 

Infos und Tipps zur Ausbildungsverordn

Zu den Neuerungen der Ausbildungsverordnung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik hat der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) auf seinen Webseiten alle wichtigen Fakten zusammengetragen und auch einen Kurzfilm dazu vorbereitet: unter www.zvshk.de als Suchwort den Quicklink QL26116860 eingeben.

 


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