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Nicht jede Nachtabsenkung erzielt Energieeinsparungen - Einsparpotenzial/Auswirkung einer Nachtabsenkung und Ermittlung des richtigen Anlagen-Einschaltzeitpunktes

Vor dem Hintergrund Energie einzusparen, wurde die Nachtabsenkung in den Siebzigerjahren erschaffen und mit dem Einzug der elektronischen Heizungsregelungen allgemein bekannt. Eingesetzt in verschiedene Gebäudetypen erzielt eine Nachabsenkung aber nicht die gleichen Einspareffekte. Im Gegenteil: Die Einsparung kann trotz tiefer Absenktemperatur je nach Gebäudeschwere auch nur sehr gering ausfallen.

Bild 1: Temperaturverlauf eines Büroraumes mit konstanter Außentemperatur bei unterschiedlichen Einschaltzeiten.

Bild 2: Abkühl-, und Aufheizfall bei einem Büroraum über ein Wochenende.

Bild 3: Temperaturverlauf bei einer Nachabsenkung unter 15°C.

Bild 4: Temperaturverläufe ausgewählte Bauteile (Fenster und Wände) im Vergleich zu einer angenommenen Taupunkttemperatur von 11 °C (entspricht einer relativen Luftfeuchte von 50 % bei 22 °C).

Bild 5: Vergleich der Nachtabsenkvarianten (Stütztemperaturen unter 15 °C /bis 15 °C/ganz ohne Nachtabsenkung) in Abhängigkeit verschiedener Bauarten.

 

Spätestens seit Einzug der digitalen Regelungstechnik gibt es verschiedene Möglichkeiten, um ressourcenschonend zu heizen und zu klimatisieren: Durch das Einbeziehen von CO2- oder Präsenzsensoren lässt sich ein bedarfsorientierter Betrieb umsetzen, und auch die automatisierte Berücksichtigung von Wetterdaten und -prognosen in die Regelstrategie setzt Sparpotenzial frei. Doch bereits durch den Einsatz einer herkömmlichen Nachtabsenkung bietet sich die Möglichkeit Energie einzusparen, wenn die Anlagenparameter auf die Anforderung der Gebäudenutzung und den Gebäudetyp abgestimmt sind.

Definition und Wirkungsweise

Unter Nachtabsenkung versteht man die Reduzierung der Raumtemperatur über Nacht. Der Raum kühlt (im Winter) bis zu einer festgelegten Absenktemperatur ab. Die Heizanlage und die Regelung bleiben in Betrieb. Dadurch unterscheidet sich die Nachtabsenkung deutlich von der Nachtabschaltung. Bei letzterer wird die gesamte Heizungsanlage bzw. ein Großteil der Regelung vom Stromnetz getrennt, und es stellt sich in der Regel eine vom Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) der Raumumschließungsflächen abhängige und damit unbekannte Temperatur ein. Das birgt zwei Gefahren: Einerseits kann bei der Nachtabschaltung die Frostschutztemperatur (6 °C) unterschritten werden, andererseits kann es durch die gegebene Heizungsleistung auch zu zeitlichen Problemen beim Aufheizen und Erreichen der Raumsolltemperatur (als Mittelwert wird hier 22 °C angenommen) kommen.

Auskühl- und Aufheizverhalten

Eine effiziente Nachtabsenkung kann erreicht werden, wenn der optimale Einschaltzeitpunkt zur Erreichung der Raumsolltemperatur nach der Absenkphase bekannt ist. Gleichzeitig sollte man auch die Minimaltemperatur kennen, denn bei Feuchtigkeitskondensation an den Wänden besteht dort das Risiko von Schimmelbildung.
Der optimale Einschaltzeitpunkt der Anlage ist dann gegeben, wenn die gewünschte Raumtemperatur exakt zu Nutzungsbeginn herrscht. Bild 1 verdeut­licht hingegen mögliche Fehleinstellungen der Nachtabsenkung: Zu frühes Einschalten der Anlage führt zu Mehrverbrauch. Zu spätes Einschalten der Anlage hat wiederum eine zu niedrige Raumtemperatur zur Folge. Bei einer schlecht abgestimmten Regelung besteht zusätzlich noch die Möglichkeit, dass ein Überschwingen der Raumtemperatur über die Solltemperatur eintritt.
Um eine Aussage über das Auskühl- und Aufheizverhalten bzw. den optimalen Einschaltzeitpunkt der Heizungsanlage zu treffen, müssen Daten zum dynamischen Temperaturverhalten (Außentemperaturen in Abhängigkeit von der Zeit) bekannt sein. Damit lassen sich die entsprechenden Raumtemperaturen ermitteln. Eine mögliche Quelle bietet das Climate Data Center (CDC) des Deutschen Wetterdienstes auf seiner Homepage (www.dwd.de).

Von der Theorie zur Praxis

Die Auskühlung eines Gebäudes hängt von der Speicherkapazität der Wände und Einrichtungen sowie den ggf. weiterhin vorhandenen internen Lasten ab. Die sinkende Raumtemperatur hat in der Abkühlphase (ebenso wie in der Aufheizphase) einen exponentiellen Verlauf (Bild 2). Vereinfacht wurde hier eine konstante Außentemperatur von -12 °C angenommen. Die zugrunde gelegten Daten für die Berechnung der Temperaturkurve sind in Tabelle 1 festgehalten.
In Bild 2 zeigt die waagerechte, grüne Linie das Halten der Absenktemperatur von 15 °C bei einer Nachtabsenkung. Bei einer Nachtabschaltung hingegen würde die Raumtemperatur sogar unter die zulässige Frostschutztemperatur von 6 °C sinken (Freitagabend bis Samstagnacht, rote Linie). Um dies zu vermeiden, muss der Auskühlung durch Heizen bis zur Frostschutztemperatur (schwarze Linie) entgegengewirkt werden.

Auswirkungen bei verschiedenen Bauarten

In Bild 3 ist exemplarisch der Raumlufttemperaturverlauf während einer Woche mit unterschiedlichen Absenk- und Aufheizphasen (Werktag/Wochenende) in Abhängigkeit der Bauart (Beschaffenheit/Masse der Wände) dargestellt. Am Temperaturverlauf soll der Einfluss einer längeren Abkühlphase gezeigt werden. Während der Nachtabsenkphase über das Wochenende fällt die Raumtemperatur bei sehr leichter Bauweise (schlecht gedämmte Gebäudehülle) unter 15 °C. Beim Aufheizen wird allerdings hier die gewünschte Raumtemperatur schneller erreicht als bei der mittleren Bauart. Erklären lässt sich dies durch die geringere Wärmespeicherfähigkeit mangels Masse. Bei kurzen Absenkphasen (Montag/Dienstag) tritt bei der sehr leichten Bauweise der gleiche Effekt auf – die Raumtemperatur sinkt schneller ab.
Da der Wandaufbau des Gebäudes nicht immer bekannt ist, sollten Tests möglichst bei sehr niedrigen winterlichen Temperaturen durchgeführt werden. Dazu ist ein stündliches Erfassen der Anlagenparameter und Temperaturen sinnvoll. Eine eventuell vorhandene Gebäudeleittechnik kann für die Erfassung hilfreich sein.
Zur Klärung der Minimaltemperatur ohne Risiko einer Kondensation/Schimmelbildung auf Bauteilen wird nachfolgend die sehr leichte Bauweise näher betrachtet. In Bild 4 sind die wöchentlichen Temperaturverläufe ausgewählter Bauteile (Fenster und Wände), sowie die entsprechende Taupunkttemperatur dargestellt. Das Ergebnis zeigt, dass die Taupunkttemperatur zu keinem Zeitpunkt unterschritten wird, da weder die Fenster noch die Wände unter diese Temperatur abkühlen. Allerdings ist bei tieferen Temperaturen und/oder bei einer höheren Luftfeuchtigkeit im Raum eine Unterschreitung der Taupunkttemperatur nicht ausgeschlossen. Aus diesem Grund sollte die Luftfeuchte nicht außer Acht gelassen und bei einer Vor-Ort-Messung mit erfasst werden.

Einsparung

In Bild 5 werden zwei verschiedene Nachtabsenkvarianten (6 °C/15 °C) bei unterschiedlichen Bauarten verglichen. Bezugsgröße ist hier die jährliche Energiemenge, die zur Raumheizung ohne Nachtabsenkung nötigt wäre. Wie zu erwarten, liegt bei der sehr leichten Bauweise das größte Einsparpotenzial der Nachtabsenkung vor, da bei Gebäuden in Leichtbauweise die Absenktemperatur von 15 °C deutlich häufiger unterschritten wird. Mit steigender Bauschwere wird die Einsparmöglichkeit geringer, da aufgrund der Speichermasse die Absenktemperatur seltener unter 15 °C fällt. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse zusammengefasst.
Der energetische Vergleich der beiden Absenkvarianten (6 °C/15 °C) zeigt bei der sehr leichten Bauart ein mögliches Einsparpotenzial von 25 kWh (3,3 %) pro Jahr auf. Bei leichter Bauart wurde noch eine Einsparung von 7 kWh (0,7 %) Energie ermittelt. Hingegen ist schon bei der mittleren Bauart kein Unterschied mehr vorhanden. Aufgrund der geringen Auskühlung des Büroraumes während der Nachtabsenkung sind im letzten Fall beide Varianten energetisch betrachtet identisch.
Gegenüber einer Variante ohne Nachtabsenkung ergibt sich insgesamt bei der Nachtabsenkung mit 6 °C (Tabelle 2), ein mögliches Einsparpotenzial zwischen 11 % bei der mittleren Bauart und 18 % bei der sehr leichten Bauart. Das bedeutet, je schlechter die Dämmung und die Wärmespeicherfähigkeit des Hauses ist, desto größer ist der „Spareffekt“ der Nachtabsenkung.
Kondensation an den Wänden und somit auftretender Schimmelbefall kommt oft bei schlecht gedämmten Gebäuden vor. Die Raumluftfeuchte ist vor diesem Hintergrund besonders zu beachten. Im Zweifelsfall sollte man die Raumtemperatur nicht unter 15 °C fallen lassen. Räume, die im Schatten anderer Gebäude oder großer Bäume liegen, können eventuell auch ausschlaggebend für höhere Absenktemperaturen (16 oder 17 °C) sein.

Ermittlung des Einschaltzeitpunktes

Während nach DIN EN 12831 – Beiblatt 1 (2008) ein Anfahren der Anlage erst nach 70 % der Nichtnutzungszeit stattfinden soll, kann – je nach Bauschwere des Objektes – das Anfahren des Kessels eventuell schon früher nötig sein. Zum betrachteten Objektbeispiel: Der optimale Einschaltzeitpunkt ergab sich gemäß Simulation nach Verstreichen von 60 % der gesamten Absenkzeit. Bei einer angenommenen Nachtabsenkphase von insgesamt 10 h (Außentemperatur: -12 °C) musste somit die Heizungsanlage nach 6 h wieder anlaufen, um die Raumsolltemperatur zum gewünschten Zeitpunkt zu erreichen.

Fazit

Die Nachtabsenkung lässt sich gerade bei umsichtiger Anwendung mit moderner Regelungstechnik als effiziente Sparmaßnahme in jeder Art von Bürogebäuden einsetzen.
Jedoch können verschiedene Faktoren einen großen Einfluss auf die Energieeinsparung haben. Wer sich heute allein auf die DIN-Vorgaben verlässt, macht zwar prinzipiell nichts falsch, kann aber energetisch daneben liegen. So kann beispielsweise vorkommen, dass die Raumsolltemperatur zum gewünschten Zeitpunkt nicht erreicht wird.
Moderne Heizungsregelungen sind flexibel programmierbar, sodass das hier beschriebene Einsparpotenzial voll aus­geschöpft werden kann. Eine Umsetzung aller Parameter muss jedoch vor Ort er­folgen.


Autoren: Dr.-Ing. Christian Fieberg, Dipl.-Ing. (FH) Jens Ludwig, beide Central Engineering Department, GEA Air Treatment GmbH
Bilder: GEA Air Treatment GmbH, Herne


www.airtreatment.de

 


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