Neue Richtlinie für Hallenbäder
Die Überarbeitung der VDI-Richtlinie 2089 Blatt 1 steht vor dem erneutem Entwurf. Zahlreiche Neuerungen sind zu erwarten
Nach einer fast zweijährigen Überarbeitungszeit ist für den Sommer dieses Jahres statt des endgültigen Regelwerks (Weißdruck) ein erneuter Entwurf (Gründruck) der VDI-Richtlinie 2089 Blatt 1 „Technische Gebäudeausrüstung von Schwimmbädern – Hallenbäder“ zu erwarten. Über die Hintergründe für einen erneuten Entwurf und einige wichtige Neuerungen sprach die IKZ-Redaktion in einem exklusiven Interview mit dem stellvertretenden Obmann des zuständigen Richtlinienausschusses, Prof. Dr. Ing. Gunther Gansloser.
IKZ-KLIMA: Herr Prof. Gansloser, der erste Entwurf zur aktuellen Überarbeitung des Blatts 1 der VDI 2089 wurde im September 2019 veröff entlicht. Warum ist für den Sommer ein erneuter Gründruck zu erwarten?
Prof. Gunther Gansloser: Es wurden rund 100 Einsprüche gegen den Entwurf eingereicht. Da diese zum Teil sehr gravierend sind, wird es aller Voraussicht nach zu einem neuen Gründruck kommen müssen. Dann hätte die Fachwelt erneut die Möglichkeit, gegen diese geplanten Änderungen Einspruch einzulegen.
IKZ-KLIMA: Die Bearbeitungszeit der Einsprüche vom ersten Entwurf war länger als sonst üblich. Was war der Grund?
Prof. Gunther Gansloser: Der Grund für die längere Bearbeitungszeit resultiert leider aus der Corona-Pandemie. Wir hatten die Präsenztreff en des Richtlinienausschusses während den ersten Monaten der Pandemie lediglich vertagt. Nachdem im Herbst des letzten Jahres keine Besserung abzusehen war, haben wir mit Online-Konferenzen den Prozess fortgeführt, jedoch die vergangene Zeit nicht aufh olen können.
IKZ-KLIMA: Schauen wir auf den Inhalt des zu erwartenden Werkes. Mit welchen wichtigen Änderungen ist für die Lüftungs- und Klimatechnik in Hallenbädern zu rechnen?
Prof. Gunther Gansloser: Ein Punkt betrifft die Behaglichkeitsgrenze im Hallenbad. Statt einer bisher starren ganzjährig geltenden absoluten Feuchte von 14,3 g/kg Luft bei 30 °C ist für verschiedene Bereiche und Jahreszeiten eine Lockerung geplant. So ist dann in Abhängigkeit von der Raumnutzung z. B. im Sommer eine höhere Feuchtigkeit zulässig. Die einzelnen Werte dazu müssen aber noch festgelegt werden. Durch diese Änderungen sind Energieeinsparungen möglich. Und für das Wohlempfinden hat dies kaum eine Auswirkung. Denn im Sommer ist der Mensch, wenn eine Überhitzung eintritt, nicht so empfindlich wie im Winter.
IKZ-KLIMA: Thema Raumlufthygiene. Gibt es hierzu Änderungen für die Planung und Ausführung von RLT-Anlagen?
Prof. Gunther Gansloser: Ja, es betrifft den Außenluftanteil in Abhängigkeit vom Klimazustand im Hallenbad. Dieser soll zukünftig variieren. Dazu wird ein Außenmindestluftanteil vorgeschrieben, um der Raumlufthygiene Rechnung zu tragen.
Eine weitere Maßnahme betrifft die zeitliche Erweiterung für die Behaglichkeitsanforderungen und somit für die Raumlufthygiene. Bisher waren die Vorgaben nur für die Nutzungszeiten eines Hallenbads einzuhalten. Mit der neuen Richtlinie sind die Anforderungen auch für die Zeiten der Reinigungsarbeiten anzusetzen. Denn auch für das Reinigungspersonal muss die Raumlufthygiene gewährleistet sein.
IKZ-KLIMA: Ein Streitpunkt zwischen Betreibern von Hallenbädern und den am Bau Beteiligten entsteht häufig wenn Fens terscheiben beschlagen und Kondensat entsteht. Gibt es hierzu eine Klarstellung durch das neue Regelwerk?
Prof. Gunther Gansloser: Dieser Sachverhalt steht bereits in der bisherigen VDI 2089 Blatt 1. Wir haben uns aber bei der Ausarbeitung der Richtlinie jetzt auch noch einmal dieser Situation angenommen, da es häufig übersehen wurde. Fakt ist, dass Fensterscheiben beschlagen dürfen, wenn die Außentemperatur die mittlere Außentemperatur des kältesten Monats unterschreitet. Dies haben wir nun in der Richtlinie noch mehr hervorgehoben, um solchen Streitsituationen besser vorbeugen zu können.
IKZ-KLIMA: Die Zuluft wird i. d. R. über Kanäle, die an den Fensterscheiben platziert sind, in die Halle eingebracht. Die an den Scheiben vorbeiströmende Luft verhindert zugleich das Beschlagen. Widerspricht dies aber nicht dem Gedanken zur Energieeinsparung, da durch die starke Anströmung mehr Energie nach außen übertragen wird und damit verloren geht?
Prof. Gunther Gansloser: Das ist richtig. Darum sieht das neue Regelwerk auch hier eine Änderung vor, die den Einlassort der Zuluft dem Planer freistellt.
IKZ-KLIMA: Angenommen die Einströmung der Zuluft wird nicht im Bereich der Fensterscheibe vorgesehen. Was sollte dann zur weitgehenden Vermeidung von beschlagenen Fensterscheiben für die Planung berücksichtigt werden?
Prof. Gunther Gansloser: Die Luftführung für das Einbringen der Zuluft in die Schwimmhalle wird dem Planer nicht freigestellt unter Inkaufnahme eines Beschlagens der Fenster. Nur wenn der U-Wert des Fensters ausreichend gering ist, dann kann der Planer eine Luftführung unter der Bedingung frei wählen, dass die Hygiene- und Behaglichkeitsaspekte beachtet werden. Dies erfordert einen möglichst gleichförmigen Lufteintrag in die Halle. Für die Abluftführung ergibt sich in der Richtlinie auch noch eine Neuerung: Eine lediglich punktuelle Abluftabsaugung in der Schwimmhalle ist zukünftig unzureichend.
IKZ-KLIMA: Das Thema Energieeinsparung zieht wie vernommen noch stärker in das Blatt 1 der VDI 2089 ein.
Prof. Gunther Gansloser: Ja – und es gibt dazu noch weitere Punkte. Beispiel Ruhebetrieb. Hier muss auch die max. Luftfeuchtigkeit eingehalten werden. Als Änderung sieht die Richtlinie künftig aber hierfür auch einen intermittierenden Betrieb der RLT-Anlagen vor. Mit diesem Gedanken können dann Abschnitte der RLT-Anlage eventuell nochmals unterteilt werden und müssen im Ruhebetrieb dann nur zeitweise laufen.