Neubau der Johann Osmers GmbH & Co. KG in Bremen Vorsprung mit Klima-, Kälte- und MSR-Technik
Wer als Handwerksbetrieb moderne Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik erfolgreich verkaufen will, muss sie auch selbst leben. Unter dieser Prämisse ist im Bremer Stadtteil Horn-Lehe-West das neue Firmengebäude der Johann Osmers GmbH & Co. KG als gewerkeübergreifendes Vorzeigeobjekt errichtet worden, das das breit gefächerte Portfolio des 100-jährigen SHK-Handwerksunternehmens widerspiegelt. Eine Besonderheit: Die geothermische Wärmepumpe stellt ein Unikat dar und wurde von den Osmers-Kältefachleuten selbst gebaut. Auch die Regelung und Steuerung der HLKK-Anlagen auf der Basis des Regelungssystems Synco wurde selbst konfiguriert und programmiert.
Wer für sich selbst baut, setzt höhere Maßstäbe an Gebäude und gebäudetechnische Anlagen als ein Investor, dem es in erster Linie um eine kurzfristige Rendite geht. Beim Neubau des Verwaltungs- und Werkstattgebäudes von Osmers ging es deshalb um weit mehr als nur einen neuen Firmensitz: "Wir wollen die innovative Gebäudetechnik, die wir unseren Kunden empfehlen, auch selbst leben. Dabei geht es uns nicht nur um eine anschauliche Referenz, sondern auch darum, die eigenen Erfahrungen einzubringen und dem Kunden innovative Technik am Objekt zu präsentieren", erklärt Torsten Kunz, geschäftsführender Gesellschafter der Osmers GmbH & Co. KG in Bremen. Osmers bietet die gesamte gebäudetechnische Palette von der Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik über die dazugehörende Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik bis zur Elektrotechnik an sowie - als separate Abteilung - Metallbedachung in Doppelstehfalztechnik. Letzteres ist sozusagen die Keimzelle des mittlerweile 65 Mitarbeiter starken Fachunternehmens: Osmers gilt in Bremen und Umgebung als der Bedachungsspezialist in traditioneller Handwerksqualität mit Referenzen wie dem UNESCO-Weltkulturerbe "Rathaus" oder dem modernen Zinkpyramidendach von Mercedes-Benz. Die ungewöhnliche Bandbreite des Portfolios erklärt Kunz so: "Der Trend geht zu gewerkeübergreifenden Lösungen aus einer Hand. Unsere Kunden wollen möglichst nur noch einen Ansprechpartner für alle Gewerke. Natürlich ergeben sich daraus auch Synergien zur Effizienzverbesserung und zur Kostenoptimierung."
"K" WIE KLIMA- UND KÄLTETECHNIK
Osmers dürfte einer der wenigen Handwerksbetriebe in der SHK-Branche sein, der das "K" ebenso professionell umsetzt wie die großen Anlagenbauer. "Wir bauen Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen für fast alle Einsatzbereiche, ob Krankenhäuser, Büros, Schulen, Großmolkereien, lebensmittelverarbeitende Betriebe oder für industrielle Großkunden", so Torsten Kunz. "Unser Vorteil ist, dass wir auch die Gewerke in der Peripherie der Klima- und Kältetechnik bestens beherrschen, zum Beispiel das Zusammenspiel der Thermodynamik, der Hydraulik und der dazu gehörigen MSR-Technik." Der Vorteil für den Kunden sei klar: Weniger Schnittstellen bedeuten weniger Ansprechpartner, bessere Chancen für gewerkeübergreifende Lösungen und damit eine höhere Gebäude- und Anlageneffizienz.
Aufbruch in eine neue Ära: Diana und Torsten Kunz im architektonisch anspruchsvoll gestalteten Eingangsbereich des neuen Firmengebäudes.
Ein besonderes Augenmerk legt Torsten Kunz auf das Thema hygienegerechte Planung, Ausführung und den Betrieb von RLT-Anlagen nach VDI 6022. "Wir müssen beim Kunden oftmals Aufklärungsarbeit leisten und verdeutlichen, welche Vorteile ihm die VDI 6022 bringt. Die Hygienerichtlinie muss noch viel bekannter werden, auch beim SHK-Handwerk." Einfacher sei es dagegen, die Themen Energieeffizienz und Lebenszykluskosten den Kunden näher zu bringen. "Die Energiefrage ist heute die dominante Entscheidungsgröße. Damit kommt bei Investitionen in gebäudetechnische Anlagen der Lebenszyklus-Betrachtung eine entscheidende Bedeutung zu", sagt Torsten Kunz. Besonders relevant sei das Thema bei der Auslegung bzw. Ausstattung von Klimazentralgeräten, wenn Erbauer und Nutzer eines Gebäudes identisch seien. "Da kommt der Vorteil effizienter Geräte voll zur Geltung."
50 KW HEIZLEISTUNG FÜR 2300 QM WERKSTATT- UND BÜROFLÄCHE
Die langfristige Wirtschaftlichkeit sowie der Wunsch nach einem produktiven Arbeitsumfeld durch moderne Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik führten auch bei Planung und Bau des neuen Firmensitzes von Osmers im Gewerbegebiet Haferwende, Bremen Horn-Lehe-West, Regie. "Das war eine Stück-für-Stück-Entscheidung, an der vier unserer Mitarbeiter sowie ein externer Berater mitgewirkt haben", erinnert sich Kunz. Einige zunächst interessante Lösungen hätten sich bei näherer Betrachtung entweder als zu teuer oder als nicht nachhaltig erwiesen. Auch habe man sich von den bislang immer noch praktizierten Sicherheitszuschlägen verabschiedet und auf Redundanzen, zum Beispiel auf eine Gasheiztherme als Backup für die Wärmepumpe, verzichtet. "Wir haben hin und her gerechnet, aber letztendlich lohnt sich das nicht mehr bei einem Gebäude, das die gültige Energiesparverordnung schon deutlich übererfüllt.", erklärt Kunz und weiter: "Die Mehrkosten für einen höheren Wärmeschutz als EnEV sind heute minimal. Unsere Werkstatthalle ist beispielsweise aus Porenbeton anstatt mit Stahlelementen gebaut. Damit sparen wir auf Dauer Energie und reduzieren außerdem die elektrische Anschlussleistung der Wärmepumpe."
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Osmers-Neubau kommt mit gerade einmal 50 kW Heizleistung aus - für 2300 m2 beheizte Nutz- und Bürofläche. "Vor 30 Jahren hat man ein Zweifamilienhaus mit einem 50-kW-Heizkessel ausgerüstet", schmunzelt Kunz.
Wahlweise heizen und/oder kühlen kann die von Osmers Kältefachleuten gebaute geothermische Wärmepumpe.
HOHER KOMFORT MIT SCHLANKER TECHNIK
Nach Abwägung von Investitions- und Betriebskosten sowie dem "Vorzeigecharakter" der infrage kommenden HLK-Technik wurde folgende Lösung realisiert:
- Einbau einer reversiblen Sole-Wasser-Wärmepumpe (60 kW Nenn-Heizleistung bezogen auf 4°C Soletemperatur / 35°C Pumpen-Warmwasser-Vorlauf; 50 kW Nenn-Kühlleistung, bezogen auf 6°C Klima-Kaltwasser-Vorlauf / 30°C Solewassertemperatur),
- Erschließung der Energiequelle Erdreich/Grundwasser mit 60 Erdkörben, ca. 3,0 m lang, ca. 50 cm Durchmesser, Platzierung in etwa 4,5 m Tiefe mit 1,5 m Überdeckung. Entzugsleistung 0,6 kW je Korb = 36 kW (leichte Grundwasserfließgeschwindigkeit!),
- 1 Pufferspeicher "warm" mit 1500 l Inhalt, Temperatur gleitend bis maximal 35°C,
- 1 Pufferspeicher "kalt" mit 1500 l Inhalt, Temperatur gleitend bis minimal 6°C. Vorteil: gleichzeitiges Heizen und Kühlen möglich (Übergangszeit),
- Option: Pufferspeicher "warm" wird im Sommer als Kaltwasserspeicher (20-22°C Speichertemperatur) zur Versorgung der Fußbodenheizung mit Klima-Kaltwasser genutzt (Spitzenlastkühlung, wenn an zwei nachfolgenden Tagen die 26°C-Behaglichkeitsgrenze in den Büros überschritten wird),
- Fußboden-Heizungsverteilung (26-35°C) mit Regelungsoption "Spitzenlastkühlung",
- Klima-Kaltwassersystem (6/12°C), zur Versorgung der deckenintegrierten Umluftkühler (Deckenkassetten für Kühlen, Entfeuchten) sowie zur Versorgung des Zentralgerätes (Kühlen, Entfeuchten),
- Regelungsoption "freie Solewasserkühlung" über das Erdsondenfeld unter Umgehung der Wärmepumpe über Plattenwärmetauscher auf das Klima-Kaltwassersystem. Energietransport mittels Deckenkühlkassetten mit Primärluftzuführung (Mindestaußenluftrate) aus Zentralklimagerät,
- 1 RLT-Zentralgerät mit den Funktionen Filtern, Wärmerückgewinnen, Kühlen, Entfeuchten, Nachheizen (max. Zuluftvolumenstrom 3130 m3/h, Abluftvolumen 2920 m3/h). Der Luftvolumenstrom erfolgt variabel über Drucktransmitter in Abhängigkeit der Anzahl der zu konditionierenden Raumzonen.
Optimierung vom Schreibtisch aus: Die WEB-Bedienung der Synco-Regler macht es möglich (links: Ingo Neumann, rechts: Rainer Jabben, FKR).
REGELUNGS- UND STEUERUNGSFUNKTIONEN SELBST KONFIGURIERT UND PROGRAMMIERT
Eine der wichtigsten Eigenleistungen im Rahmen des Osmers-Neubaus ist die Realisierung der komplexen Regelungs- und Steuerungsfunktionen durch eigenes Fachpersonal. "Wir setzen bei unseren Aufträgen schon seit längerer Zeit die Synco-Regler-Bausteine von Siemens als frei programmierbare Regler ein, da sich die Standardregelmodule relativ einfach umprogrammieren lassen", begründet Ingo Neumann, Elektromeister Regelungstechnik, die Entscheidung für den auf dem Übertragungsprotokoll Konnex basierenden Regler. "Nach unserer Einschätzung ist das lizenzfreie Regelungssystem Synco eines der flexibelsten am Markt, das zudem auch komplexe Regelungsstrategien beherrscht, wie wir sie bei unserem Neubau realisieren wollten." Neumann sieht den Vorteil des Synco-Reglers von Building Technologies, einer Division der Siemens AG, darin, dass sich die große Anzahl vorprogrammierter Regelungs- und Steuerungsmodule mittels eines frei verfügbaren Tools flexibel an die tatsächlichen Bedürfnisse anpassen beziehungsweise umprogrammieren lassen und dadurch auch Regelstrategien möglich sind, die normalerweise nur mit lizenzierten Systemen umgesetzt werden können. Ein Beispiel ist die Programmierung der von der Osmers-Kälteabteilung unter der Leitung von Dieter Legenhauen (Meister) gebauten Geothermie-Wärmepumpe, deren Regelung und Steuerung ganz auf einen technisch wie auch energetisch optimierten Betrieb zugeschnitten ist. "Im Zuge dieser betriebsbegleitenden Optimierungsmaßnahmen wurde beispielsweise die Leistungsanpassung der einzelnen Verdichterstufen vorgenommen", erklärt Thomas Singer, Projektleiter Anlagenbau bei Johann Osmers, die Vorgehensweise. Ebenfalls wurde eine stetige außentemperaturabhängige Saugdruckregelung realisiert. "Mit dem Synco-Tool war das eine Sache von ein paar Minuten. Bei einer DDC-Regelung hätten wir dagegen für die Nachprogrammierung ein Systemhaus beauftragen müssen", folgert Neumann. Gerade bei eher komplexen Anlagen wie Geothermie-Wärmepumpen oder Fußbodenheizungen mit Kühlfunktion seien Feinjustierungen notwendig, da sich jedes Gebäude und jede Anlage anders verhalte. "Mit den Synco-Tools öffnet sich immer noch ein Hintertürchen, um den Regelkreis zu verbessern oder vorhandene Steuermodule zu optimieren", so Neumann.
Professionelle Hilfestellung bei Schulung und Projektbetreuung bekommen die Osmers-Regelfachleute durch Rainer Jabben, Vertriebsbeauftragter der FKR, Krefeld Regelungstechnik KG, ein Fachgroßhandel für Haus- und Gebäudeautomation. "Für SHK-Unternehmen in der Größe und mit dem Portfolio von Osmers ist das Synco-System ideal. Man kann damit auch anspruchsvolle Regelungs- und Steuerungsaufgaben selbst programmieren, spart dadurch Kosten und kann auf Kundenwünsche unmittelbar und ohne Zeitverzug reagieren", betont Jabben. Über 15 Synco-Anlagen haben die Regelungsspezialisten von Osmers bereits in Kundenanlagen eingebaut. Neumann: "Wir haben nur positive Erfahrungen mit dem Synco-System gemacht. Da lag es natürlich nahe, auch unser eigenes Gebäude mit diesem Regelungssystem auszustatten. Insbesondere das Fine-Tuning unserer Anlagen ist eine spannende Sache, auch um das Anlagenverhalten bei komplexen Regelungsverknüpfungen besser kennenzulernen."
Autor: Thomas Hinz, Vertriebsbeauftragter, Siemens AG, Building Technologies Division, Bremen
Bilder: Building Technologies
Elektromeister Ingo Neumann: "Das lizenz-freie Synco-System ist aus unserer Sicht eines der flexibelsten frei programmierbaren Regelungssysteme auf dem deutschen Markt."
100 JAHRE OSMERS - TRADITION TRIFFT INNOVATION
Man kann nur staunen über die Vita der Johann Osmers GmbH & Co. KG. Vor 100 Jahren dominierte Blech in allen Varianten das Geschäft, als Töpfe, Pfannen, Schüsseln und natürlich als Dacheindeckung. Die anspruchsvolle Bedachung aus Metall ist auch heute noch ein wichtiges Standbein des SHK-Fachbetriebs, der es verstanden hat, Tradition und Innovation miteinander zu verbinden. Während in den ersten Jahrzehnten die Spenglerei dominierte, orientierte man sich in den 1960er-Jahren bereits an neuen wegweisenden Wärmeerzeugern, wie beispielsweise dem Einbau der ersten Gasthermenheizungen. In den 1970er- und 1980er-Jahren machte das Unternehmen den Sprung von der klassischen handwerklich orientierten Heizungs- und Sanitärtechnik zur Anlagen- und Gebäudetechnik, mit dem gleichzeitig die Öffnung für periphere Gewerke einherging. Mit der Übernahme des Unternehmens vor 10 Jahren durch Torsten Kunz ging die Erfolgsgeschichte weiter: Kunz erkannte damals schon die Chance für Synergieeffekte und nahm die Gewerke Raumluft-, Kälte- und MSR-Technik mit in das vorhandene Portfolio auf. Durch den übergreifenden Ansatz bei den mechanischen Gewerken in Kombination mit dem Ausbau der regelungs- und steuerungstechnischen Kompetenz eröffneten sich dem Unternehmen neue Betätigungsfelder, die dem klassischen SHK-Fachbetrieb durch dessen gewerkespezifische Ausrichtung meist verschlossen sind.
Osmers beschäftigt heute 65 Mitarbeiter (10 Azubis im Handwerk, 2 Azubis im Büro). In den 100 Jahren wurden nach eigenem Bekunden über 1000 Menschen ausgebildet.