Messen während Corona
Der Düsseldorfer Caravan Salon fand real statt – Messe ISH 2021 wird digital
Trotz Corona kamen in zehn Messetagen 107 000 Besucher per Online-Ticket zum Caravan Salon nach Düsseldorf. Bild: Messe Düsseldorf/C. Tillmann
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert: „Die wichtigste Leistungsschau unserer Branche, die ISH, wird 2021 erstmals in der digitalen Welt stattfinden. Sie wird zu einer Plattform, auf der unsere Marktpartner ihre wichtigsten Neuheiten präsentieren können.“ Bild: ZVSHK / C. Papsch
Die ISH (22. – 26. März 2021) ist als Vor-Ort-Messe mit Ausstellern und Besuchern in Frankfurt/M. abgesagt worden. Das teilte Mitte September dieses Jahres die Messe Frankfurt mit. Wegen Corona werden sogar bis einschließlich März 2021 gar keine Messen dort ausgetragen. Dafür wird die ISH jetzt online stattfinden. Und doch sind „reale Messen“ möglich. Beispielhaft hat der Düsseldorfer Caravan Salon während zehn Tagen in der ersten Septemberhälfte 2020 bewiesen, dass ein Branchentreff im Großformat durchaus realisierbar ist. 107 000 Camping-Fans und Mobilisten haben sich die Neuheiten vor Ort angesehen.
Weit über die Campingmesse hinaus interessierte sich die Veranstaltungsbranche für diesen Branchenevent im September. Effektheischend und argwöhnisch war im Vorfeld zu lesen, dass es einem „Tanz auf dem Vulkan“ gleich käme, wenn diese Messe stattfinde. Doch dessen ungeachtet wurde die Fach- und Publikumsmesse auch zum 59. Mal veranstaltet.
Sie sah zunächst allerdings kaum nach Erfolg aus. Nicht weil es am Organisations- und Hygienekonzept gemangelt hätte – das war vorbildlich und hatte Referenzklasse. 1600 Desinfektionsspender und 600 Hygienewächter sollen vor Ort gewesen sein...
Vielmehr waren es die spärlich eintreffenden 8000 Besucher, die zu Messebeginn für ihre ausnahmslos online gebuchten Tickets Einlass erhielten – es hätten auch täglich 20 000 Besucher kommen können. Und so verloren sich die Interessenten für Reisemobile, Caravans und Campingausrüstungen am Eröffnungstag mehr oder minder in den zehn Hallen und auf dem Freigelände.
Das war aber nur der Anfang. Während des ersten Wochenendes steigerte sich der Zustrom auf in Summe 34 000, zum Messeschluss waren es 107 000, wie die Veranstalter zufrieden bekannt gaben. Gemessen am Ergebnis des coronafreien Vorjahres mit 268 000 Besuchern zeigte sich allerdings deutlich der Schatten der Pandemie.
Hallenkonzept neu geregelt
Durch strenge Vorgaben für die Lenkung der Besucherströme, für die Abstandsregelungen auf den Messeständen und der jeweiligen Platzierungen für Aussteller und Produkte musste erheblich mehr Grundfläche in den Hallen eingeplant werden. Das hat die Düsseldorfer Messe vorbildlich und souverän umgesetzt.
In den Eingangsbereichen und in jeder Halle wurde auf das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes geachtet und für jeden Messestand gab es die Vorgabe, dass höchstens zwei Besucher aus einem Haushalt die ausgestellten Reisemobile und Wohnwagen von innen in Augenschein nehmen durften. Sowohl die Fenster in den Exponaten als auch die großen Hallentore waren ständig geöffnet, um den Luftaustausch der Belüftungsanlagen zu unterstützen.
Reduzierte Präsenz
Auf den ersten Blick sahen die für den Caravan Salon eingerichteten Hallen gut besetzt aus. Doch hatte man geschickterweise aus der Not eine Tugend gemacht und den Ausstellern größere Areale angeboten. Erst auf den zweiten Blick bzw. bei der Suche nach dem einen oder anderen Aussteller wurde sichtbar, dass die Liste der teilnehmenden Firmen etliche Lücken aufwies. Beispielsweise fehlte die Hymer-Gruppe komplett mit seinen 13 Marken. Auch andere Fahrzeughersteller wie Daimler, Ford, PSA (Citroën/Peugeot) oder Volkswagen Nutzfahrzeuge waren nicht dort.
Branche boomt
Insgesamt haben 350 Aussteller die Chance für diesen traditionellen Messetreff am Rhein genutzt, um ihr Angebot für die 2021er-Saison zu präsentieren. Dem Abschlussbericht der Messe lässt sich entnehmen, dass trotz der kleineren Besucherzahl ein höherer Absatz registriert werden konnte. Das verwundert nicht, denn die Branche boomt. Trotz Corona samt zurückliegendem Shutdown haben die Hersteller mehr Freizeitfahrzeuge als je zuvor verkauft. 70 000 Reisemobile und Caravans wurden von Anfang Januar bis Ende Juli 2020 neu zugelassen – das bedeutet eine Steigerung gegenüber 2019 von mehr als 15 %. Einer der wesentlichen Gründe dafür wird darin gesehen, dass viele Freizeitler ihre Urlaubspläne wegen der Pandemie geändert haben.
ISH 2021 wird digital
Blicken wir auf die SHK-Branche. Die Weltleitmesse für Wasser, Wärme und Klima wird vom 22. bis 26. März 2021 nicht zum Treffpunkt in Frankfurt am Main. Aufgrund der Risiken durch die Corona-Pandemie sind die Trägerverbände zusammen mit der Messe Frankfurt und den potenziell ausstellenden Unternehmen übereingekommen, die ISH als rein digitale Veranstaltung stattfinden zu lassen.
Eine Vielzahl von Angeboten soll dafür bereitstehen, beispielsweise Ausstellerpräsentationen in Form von Produkten, Informationen, Videos, Ansprechpartner, Chatfunktionen und 1-zu-1-Videoanrufen. Auch intelligentes Matchmaking (Kontaktvermittlung) mit passenden Geschäftspartnern zur Leadgenerierung (Gewinnung von Interessenten) ist in Planung und soll dabei durch künstliche Intelligenz unterstützt werden.
Zur Abrundung der digitalen Messepräsenz sind Live-Streamings und On-Demand-Übertragungen des Rahmenprogramms sowie die Terminvergabe für Online-Meetings mit den Ausstellern vorgesehen. Und das alles soll zwischen dem 22. Und 26. März 2021 rund um die Uhr über die verschiedenen Zeitzonen hinweg weltweit verfügbar sein.
Sicher ist der Informations- und Investitionsbedarf für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik inzwischen riesig – und angesichts der Coronakrise noch dringlicher geworden. Last but not least können Hersteller im zweijährigen Rhythmus mit Innovationen aufwarten, die sich vor Ort auf der Weltleitmesse bislang stets begutachten ließen und zum Fachsimpeln angeregt haben. Alles das jetzt digital? Für Handwerker, die es gewohnt sind, sehr viel über ihre Hände zu begreifen?
Stimmen sind bereits aus dem SHK-Handwerk zu vernehmen, die sich kritisch zu einer Online-Messe äußern und einer mit allen fünf Sinnen erlebbaren Messe nachtrauern. Michael Hilpert, Präsident des ZVSHK (Zentralverband Sanitär Heizung Klima), hat diese Antwort für die Traditionellen: „Auch wenn dies nicht den Ersatz bietet für die persönliche Begegnung, den persönlichen Austausch, den das Fachhandwerk an Präsenzmessen so sehr schätzt, eine digitale ISH 2021 ist weitaus besser als gar keine ISH 2021!“ Und er ruft alle Beteiligten dazu auf, zum Gelingen der ISH beizutragen, „die bis auf den persönlichen Kontakt und Austausch den Anspruch einer Leitmesse erfüllt“.