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Mediensuchtexperte: „Es braucht klare Regeln“

Mediensuchtexperte Lars Kiefer. Bild: Handwerkskammer Konstanz

 

Konstanz. Der unaufmerksame, so oft wie möglich am Handy daddelnde Azubi, der womöglich übermüdet zur Arbeit kommt, kann für Betriebe ein Problem sein, auch im SHK-Handwerk. Schafft er die Ausbildung? Abgelenkt, wie er ist, gerät er womöglich in Gefahr. Auch beim Kunden macht es keinen guten Eindruck, wenn der Azubi ständig am Smartphone klebt. Was kann der Betriebsinhaber in so einem Fall tun?

Dazu lädt die Handwerkskammer (HwK) Konstanz am 22. Juni von 16.30 bis 19 Uhr Betriebe im Kammerbezirk zu einem Workshop mit Lars Krieger ein. Mit dem Leiter des Kompetenzzentrums Mediensucht in Singen gibt es zudem ein Interview auf den Seiten der Handwerkskammer, aus dem wir Auszüge bringen:

Warum braucht ein Betrieb Regeln für die Mediennutzung?
Lars Kiefer: Wenn es in meinem Ausbildungsbetrieb keine Regeln zur Handynutzung gibt, versuche ich erst einmal alles was geht und warte ab, wann es Konsequenzen gibt. Wenn niemand einschreitet, dann machen sich die Auswirkungen in schlechten Noten an der Berufsschule oder sogar Unfällen bemerkbar, weil ich bei der Arbeit abgelenkt war. Deswegen braucht es gleich zu Beginn klare Regeln, die schriftlich fixiert werden. In welchen Situationen ist das Handy absolut verboten, wo ist Gefahrenpotential und was ist ok?

Was kann ein Betrieb noch tun?
Lars Kiefer: Im betrieblichen Kontext haben Vorgesetzte eine Vorbildfunktion. Die Regeln müssen folglich für alle Gültigkeit haben. Pflegen Sie das soziale Miteinander und bieten Sie etwa gemeinsame Pausen an. Die Kontakte geben den Auszubildenden Bestätigung und Halt. Und Ausbildungsleiter erfahren im Austausch, was ihre Lehrlinge beschäftigt.

Wie erkennen Verantwortliche eine Mediensucht?
Lars Kiefer: Wir sprechen von einem problematischen Substanzgebrauch. Der Begriff Sucht hemmt Menschen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. […] Als problematisch bezeichnen wir Medienkonsum, wenn der Betroffene durch sein Verhalten geschädigt wird, er zum Beispiel das Berufsschulziel nicht erreicht. Das zweite ist ein Kontrollverlust. Der Betroffene schafft es nicht, sein Verhalten zu ändern. Als drittes gibt er zugunsten der Medien andere Aktivitäten auf. Wenn diese drei Kriterien innerhalb von sechs Monaten dauerhaft auftreten, dann spricht man von einer Abhängigkeit von Onlinespielen. Das lässt sich auch auf das Verhalten in den Sozialen Medien übertragen.

Wie kann ich unterstützen, wenn mir etwas auffällt? Wie hole ich den Betroffenen mit ins Boot?
Lars Kiefer: […]. Fragen Sie den Mitarbeitenden nach seinen Zielen. Was ist Dir wichtig? Möchtest du wissen, was in den Sozialen Medien passiert oder erfolgreich deine Ausbildung abschließen? Der Arbeitgeber muss es ansprechen, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten nicht mehr erfüllt, die Arbeitsqualität leidet, sich die Fehlzeiten häufen oder die Arbeitsmoral nachlässt. Damit es nicht soweit kommt, ist es gut, vorzeitig Regelungen zu finden. Wenn Sie Probleme bemerken, führen Sie ein Vier-Augen-Gespräch. ‚Ich habe das Gefühl Dir geht es nicht gut. Du bist unkonzentriert. Was ist denn los?‘ Stellen Sie offene Fragen. ‚Ich habe beobachtet, dass Du oft am Handy bist. Wie kann ich Dir helfen?‘ Sie können die Beratungsstelle empfehlen und klare Regelungen einfordern 

Darf ich im Betrieb das Handy einfach wegnehmen?
Lars Kiefer: Das ist auch eine rechtliche Frage, die ich nicht beantworten kann. Allerdings ist das Handy für viele Menschen sehr wichtig. Sie haben dazu eine sehr emotionale Bindung. Es ist immer da – auch bei schlechten Gefühlen. Es lenkt mich ab und ich fühle mich besser, wenn ich bestimmte Dinge konsumiere. […] Mit Einfach-Wegnehmen erreicht man kein Ergebnis, das die Beziehung verbessert oder das Verhalten ändert. Das muss man erklären. ‚Mein Bedürfnis ist, dass Du hier sicher arbeitest und ich wünsche mir, dass Du dafür das Handy auf die Seite legst. Versuch mir zu zeigen, dass Du es kannst.‘

Zum ausführlichen Interview geht es hier.

 


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