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Maßnahmen gegen Fachkräftemangel

In der heutigen Zeit fällt es schwer, geeignete Bewerber zu finden. Eine strukturierte Vorgehensweise kann dem entgegenwirken.

Je mehr Bewerber und Unternehmer voneinander wissen, umso sicherer trifft jeder eine Entscheidung. Deshalb ist ein offenes Gespräch so wichtig. Bild: Bundesagentur für Arbeit

Gerade jüngere Leute informieren sich über die verschiedensten Kanäle über offene Stellen. Bild: Bundesagentur für Arbeit

Eine gute Personalpolitik ist wie ein Haus. Unter einem gemeinsamen Dach aus strategischen Leitlinien und analytischer Planung gestalten personalpolitische Maßnahmen den Lebensraum der Beschäftigten. Bild: KOFA

Tabelle: Eine Checkliste hilft, die Fähigkeiten und Kompetenzen des Stellenbewerbers einzuschätzen. Quelle: KOFA

 

Für viele Betriebe ist der Mangel an Fachkräften ein zunehmendes Problem. Die Aufträge sind da, aber es fehlt an geeignetem Personal, um sie ausführen zu können. Das haben Fachverbände und Politiker schon lange erkannt. Sie versuchen mit unterschiedlichen Maßnahmen gegenzusteuern und somit Abhilfe zu schaffen. Der Autor gibt einen Überblick und zeigt Möglichkeiten auf, wie ein Betrieb die richtigen Mitarbeiter gewinnen kann.

Das Problem, Fachkräfte für sich zu gewinnen, gründet auf verschiedenen Faktoren. Die Wirtschaft hat angezogen, die Umsätze steigen und die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie zuletzt vor mehr als 20 Jahren nicht mehr. Damit ist die Auswahl an Arbeitnehmern, die als Mitarbeiter infrage kommen, automatisch geringer. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Handwerksbetriebe versuchen, ihre Attraktivität zu steigern.

Konventionelle und unkonventionelle Wege der Personalbeschaffung
In Schleswig-Holstein gibt es z. B. ein Projekt, das die Besten der Azubis mit einem Dienstwagen belohnt. Weiterhin können Betriebe versuchen, Abiturienten für einen Handwerksberuf zu gewinnen. Dabei kann es hilfreich sein, in Stellenbeschreibungen oder Stellengesuchen hervorzuheben, welche Gestaltungsspielräume der Handwerksberuf bietet. Denn oftmals gibt es nicht nur die eine Lösung, sondern verschiedene gute Möglichkeiten, ein Problem oder eine Anforderung zu lösen.
Selbst wenn ein Studium verlockend erscheint, stellt es sich für manchen als der falsche Weg heraus. Das Handwerk hat hier eine Chance, diesen jungen Menschen neue Orientierung zu geben und junge Erwachsene für sich zu gewinnen. 
Ebenso stellen junge arbeitslose Akademiker ein Potenzial für das Handwerk dar. So könnte ein arbeitsloser Biologe hilfreich bei der Planung von Projekten sein, die eine hohe Kompetenz im Bereich des Umweltwissens erfordert. Ein Geologe könnte Projekte unterstützen, die sich mit Erdarbeiten befassen. Ein Informatiker ist der gesuchte Fachmann für die Betreuung von Steueranlagen.
Um das herauszufinden, schlägt die KOFA (Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, www.kofa.de) eine geplante Rekrutierung neuer Mitarbeiter vor. Das senkt die Kosten und den Aufwand bei der Suche nach neuen Mitarbeitern. Für eine geplante Rekrutierung ist es wichtig, dass die zu besetzende Stelle präzise beschrieben ist. Dadurch ist den Bewerbern klar, was der Betrieb von ihnen erwartet und es ist ihnen genauso deutlich, welche Voraussetzungen sie mitbringen sollen.
Die Anforderungen, die ein Betrieb an seine Mitarbeiter stellt, sind den Bewerbern oftmals nicht bewusst. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2014 hat ergeben, dass 54 % der Auszubildenden keine klare Vorstellung von ihrem künftigen Beruf haben. Wenn es gelingt, Bewerber besser zu informieren, steigt die Motivation der Bewerber genauso wie die der Mitarbeiter, weil die Stellenausschreibungen professioneller wirken. Zusätzlich sinkt das Risiko, dass der Interessent eine falsche Vorstellung von seinem neuen Arbeitgeber bekommt. Um größeren Erfolg bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zu haben, empfiehlt die KOFA ein Konzept in sechs Schritten.

Konzept in sechs Schritten

1. Personalbedarf und Anforderungen klären
Führen Sie eine Altersstrukturanalyse durch. Wichtig ist festzustellen, ob Ihr Betrieb es sich leisten kann, kurzfristig auf einen Mitarbeiter mit hohem Fachwissen zu verzichten. Denn Unfälle und Krankheiten sind nicht planbar. Sofern Sie eine neue Produktstrategie planen, sollte die richtige Mischung aus unterschiedlich alten Mitarbeitern und unterschiedlicher Qualifikationen bestehen. Hier zeigt sich schnell, welchen Bedarf Sie haben. Wie schätzen Sie den Zustand Ihrer Belegschaft ein? Können Sie sich auf Dauer darauf verlassen, dass alle Mitarbeiter konstant arbeitsfähig sind und jederzeit ausreichend Fachwissen und handwerkliches Können zur Verfügung stehen? Welchen Planungshorizont haben Sie? Dieser sollte langfris­tig ausgelegt sein und nicht nur akute Spitzenbedarfe bedienen.
Um den Planungshorizont zu erkennen, müssen Sie sich im Klaren über die Geschäftsstrategie und die daraus abgeleiteten Pläne für die künftige Geschäftsentwicklung sein. Stellen Sie dar, welche Aufgaben Sie künftig zu erfüllen haben und richten Sie in der Belegschaft Gruppen mit unterschiedlichen Qualifikationen ein. Spezialisierungen sind zunehmend gefragt.
Ermitteln Sie ihren zukünftigen Personalbedarf. Erarbeiten Sie eine Aufstellung darüber, mit welchen Personalzu- und -abgängen mittelfristig zu rechnen ist. Dabei ist der Eintritt in das Rentenalter genauso wichtig wie die Berücksichtigung von Erkrankungen und die Pläne von Mitarbeitern, sich beruflich zu verändern. Aus diesen Aspekten sollten Sie geeignete Maßnahmen ableiten, um rechtzeitig ausreichend Personal zur Verfügung zu haben.

2. Stellenangebot formulieren
Bieten Sie den Bewerbern eine detaillierte Beschreibung der Stelle. Dabei ist es hilfreich, das Unternehmen vorzustellen, damit der Bewerber weiß, mit wem er es zu tun hat.
Der Bewerber sollte durch die Stellenausschreibung erfahren, in welcher Position er im Gefüge des Unternehmens angesiedelt sein wird. So vermeiden Sie, dass fachlich gute Kräfte, die keine Führungsaufgaben wahrnehmen wollen, ihr Unternehmen wieder verlassen, weil sie mit falschen Vorstellungen gekommen sind. Der umgekehrte Fall ist genauso denkbar. Daher lassen Sie keinen Zweifel daran, welche Anforderungen Sie an den Arbeitnehmer stellen und welche Kompetenzen ihr neuer Mitarbeiter mitbringen soll. Es ist wichtig zu wissen, ob Sie Arbeit außerhalb der regulären Arbeitszeit, Bereitschaftsdienste oder längere Dienstreisen erwarten.
Um für Bewerber attraktiv zu sein, sollten Sie in der Stellenausschreibung Ihre Leistungen für den neuen Mitarbeiter ansprechen. Dies könnte der Dienstwagen für besonders gute Azubis sein oder die Möglichkeit, eine firmeneigene Ferienwohnung günstig zu mieten.
Legen Sie den Ablauf des Auswahlverfahrens schon in der Stellenausschreibung fest. So entstehen keine Missverständnisse und der Bewerber ist nicht unnötig nervös.

3. Stellenausschreibung vorbereiten
Nachdem die Stellenausschreibung formuliert ist, muss sie platziert werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten. Es ist zu überlegen, ob es eine externe Stellenausschreibung sein muss oder ob eine interne Ausschreibung ausreicht, um z. B. vorhandene Mitarbeiter zu qualifizieren.
Manchmal helfen persönliche Kontakte zu Fachkräften, die als neue Mitarbeiter infrage kommen. Motivierend für eigene Mitarbeiter kann ein Programm sein, bei dem Mitarbeiter neue Mitarbeiter werben. Dadurch fällt die Integration oft leichter.
Eine Veröffentlichung auf der firmeneigenen Website bietet den Vorteil, dass diese Anzeige nur Menschen lesen, die Interesse am Unternehmen haben. Jobbörsen im Internet und soziale Medien können die geeigneten Plattformen sein, um vor allem junge Leute zu gewinnen. Neben Job- und Karrieremessen bleiben Zeitungsannoncen und Jobvermittler.

4. Bewerbungsunterlagen sichten
Sobald eine Bewerbung eingeht, sollten Sie deren Eingang per E-Mail bestätigen. Gleichzeitig sollten Sie mitteilen, wie der ungefähre Zeitablauf geplant ist. Das zeigt dem Bewerber eine Wertschätzung und Sie sparen sich zeitraubende Nachfragen über den weiteren Verlauf.
Um die Bewerbung zu beurteilen sind der Gesamteindruck, das Anschreiben und der Lebenslauf wichtig. Eine Hilfe bei dieser Beurteilung bietet eine Checkliste aus den Handlungsempfehlungen der KOFA „Rekrutierungs- und Auswahlverfahren für Fachkräfte“. Arbeitszeugnisse unterliegen dem Grundsatz des Wohlwollens. Somit sind deren Aussagen erst interessant, wenn sie in mehreren Zeugnissen vorkommen.

5. Vorstellungsgespräch führen
Die Einladung zum Vorstellungsgespräch sollte per E-Mail oder telefonisch erfolgen. Lassen Sie sich nicht zu viel Zeit, damit der Kandidat sich nicht für ein anderes Angebot entscheidet. Laden Sie nicht nur diejenigen ein, die nach der Bewerbung zu urteilen den besten Eindruck machen, sondern auch Bewerber, die ebenfalls geeignet sein könnten. Immer wieder kommt es vor, dass der persönliche Eindruck ein anderes Bild zeichnet als es sich mit den schriftlichen Unterlagen dargestellt hat.
Achten Sie dabei darauf, welche Fragen Sie stellen, denn nicht alle Fragen sind zulässig. Erlaubt sind solche, die sich auf die Ausbildung und Bildung des Bewerbers beziehen. Genauso zulässig sind Fragen, die auf seinen Lebenslauf und Phasen der Arbeitslosigkeit abzielen. Fragen aber, die sich auf Vorstrafen, Religion, Schwangerschaft oder Familienplanung beziehen, sind nicht erlaubt. Nach der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft dürfen Sie ebenfalls nicht fragen.
Strukturierte Vorstellungsgespräche helfen Ihnen zu einem guten Ergebnis. Beginnen sie das Gespräch mit der Selbstpräsentation des Bewerbers.
Hieran sollten sich Ihre Fragen anschließen.

  • Es folgt eine Phase, die von besonderer Bedeutung ist. Durch gezielte Fragen klären Sie, wie kompetent der Bewerber in seinem Fachgebiet ist, wie er sich in Stresssituationen verhält und wie seine Persönlichkeit strukturiert ist. Dies sind wichtige Faktoren, die für das Betriebsklima und damit für die Produktivität von Bedeutung sind.
  • Im Anschluss an diese Phase geben Sie dem Bewerber Informationen über Ihr Unternehmen. Formulieren Sie noch einmal Ihre Erwartungen und benennen Sie auch Ihre Leistungen, die sie dem Mitarbeiter gewähren.
  • Die letzte Phase ist der Abschluss des Gesprächs, der nicht abrupt, sondern mit einem harmonischen Ausklang enden sollte.

6. Andere Auswahlverfahren
Sofern Sie sich nicht auf die genannten Kriterien verlassen möchten, gibt es weitere Auswahlverfahren, die Sie zur richtigen Entscheidung führen können:

  • Lassen Sie sich Arbeitsproben vorlegen.
  • Der Bewerber stellt eine selbst erarbeitete Präsentation vor.
  • Mehrere Bewerber führen eine Gruppendiskussion, um ihr soziales Verhalten zu präsentieren,
  • Der Bewerber arbeitet für eine gewisse Zeit in Ihrem Betrieb. Hier erkennen Sie, wie er sich in Ihrem Betrieb verhält, ob er geeignet ist, ob er in Ihre Gemeinschaft passt. Denn kaum jemand schafft es über eine längere Zeit sich zu verstellen.

Sobald die Entscheidung gefallen ist, sollten Sie die Kandidaten schnell benachrichtigen. Denn auch jetzt kann noch ein anderer Betrieb schneller sein als Sie.
Sollten Kandidaten dabei gewesen sein, deren Profil für Sie interessant ist, macht es Sinn, deren Bewerbungsunterlagen zu behalten und den betroffenen Bewerbern dies mitzuteilen. Aber auch diejenigen, die eine Absage erhalten, sollten Sie kurzfris­tig informieren. Es spricht sich herum, wie ein Betrieb mit Bewerbern umgeht. Das könnte für künftige Stellenausschreibungen von Bedeutung sein.
Sobald der ausgewählte Kandidat seine Arbeit aufnimmt, ist die Integration in den Betrieb wichtig. Überlassen sie ihn nicht sich selbst. Das könnte zu Frustration und Überdruss führen, womit sie gute Leute möglicherweise schnell wieder verlieren. Stellen Sie dem Neuen einen Mentor an die Seite, der ihm in den Arbeitsalltag hineinhilft. Das erleichtert den Anfang und verbessert sein Arbeitsergebnis.

Autor: Michael G. Schmidt, freier Journalist

Literatur:
[1] Meyer, J.-A. (Hrsg.): Strategien von kleinen und mittleren Unternehmen.
[2] Sattes, I., Brodbeck, H., Bichsel, A.: Praxis
in kleinen und mittleren Unternehmen. Check­lis­ten für die Führung und Organisation in KMU.
[3] Stocker, P.: Die SWOT-Analyse: Stärken und Chancen maximieren sowie Schwächen und Gefahren minimieren. In: KMU-Magazin Nr. 7/2006.
[4] Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM).
[5] Dietz, M., Rottger, Ch., Szameitat, J.: IAB-Kurzbericht 26/2011.
[6] RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V. (Hrsg.): Fachkräfte finden & binden – Vielfalt nutzen

Weiterführende links

Im Internet finden sich zahlreiche Sites mit weiteren Informationen zum Thema Fachkräfte. Hier eine Auswahl:
• www.kofa.de, Fachkräftesicherung für kleine und mittlere Unternehmen (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
• www.innovationsmethoden.info, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Technologie- und Innovationsmanagement an der RWTH Aachen
• www.esf-epm.de, Werkstatt Parität gGmbH
• www.dgfp.de, Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.
• www.rkw-kompetenzzentrum.de, RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V.
• www.iab.de, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit

 


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