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Klassifizierung von Luftfiltern

Die ISO 16890 hat bislang kaum Einzug ins Tagesgeschäft gehalten – dabei hat die Neuordnung der Filterklassen große Auswirkungen auf die Praxis

Klassifizierung eines Luftfilters am praktischen Beispiel.Bild:Wolf

Spätestens bei der Wartung stellt sich die Frage, welcher Filter als Ersatz für einen nach EN 779 bezeichneten Filter zum Einsatz kommen soll. Bild:Wolf

 

Bereits seit Dezember 2016 gibt es die neue Norm ISO 16890 für die Klassifizierung von Luftfiltern. Nach Ablauf der 18-monatigen ­Übergangsfrist trat diese Ende Juni 2018 endgültig in Kraft, die bisher noch parallel gültige EN 779 wurde aufgehoben. Trotz ­ausreichend langer Vorbereitungszeit hat die Neuordnung der Filterklassen bisher kaum Einzug in das Tagesgeschäft gehalten.

Die DIN EN ISO 16890 hat in Deutschland und Europa die Norm EN 779:2012 abgelöst. Betroffen sind die Filterklassen G (für Grobfilter), M (für Mediumfilter) und F (für Feinfilter). Die wichtigsten Unterschiede zu EN 779 sind die Berücksichtigung eines breiteren Partikelspektrums, die Einteilung in Gruppen mit zusätzlicher ­Angabe des Abscheidegrads anstatt in Klassen, die Berücksichtigung des minimalen Abscheidegrads und die Verwendung von Prüf­aerosolen anstatt des synthetischen
ASHRAE-Prüfstaubs.

Filter-Klassifizierung nach Feinstaubklassen
Ein Ziel der ISO 16890 ist, die Klassifizierung von Luftfiltern realitätsnäher zu gestalten. Bei dem Prüfverfahren der nun nicht mehr gültigen EN 779 erfolgte die Bewertung ausschließlich bezogen auf die Abscheideleistung von Partikeln mit einer Größe von 0,4 µm. Die Abscheidung von Partikeln mit anderen Größen wurde dabei nicht berücksichtigt. In der ISO 16890 wird dagegen der Abscheidegrad dreier Gruppen mit verschiedenen Partikelgrößen berücksichtigt. Die Einteilung entspricht der Feinstaub-Klassifizierung der WHO, die beispielsweise auch vom Bundesumweltamt verwendet wird. So wurde eine Durchgängigkeit in den Bezeichnungen geschaffen. Für Feinstaub wird dabei die Bezeichnung PM (Particulate Matter) verwendet. Es gibt dabei die Gruppen PM1 (Partikel mit aerodynamischem Durchmesser < 1 µm), PM2,5 (Durchmesser < 2,5 µm) und PM10 (Durchmesser < 10 µm).
Für die Gefährlichkeit gegenüber Menschen gilt, je kleiner die Partikel, desto gefährlicher. Teilchen mit einer Größe von unter 1 µm werden eingeatmet und gelangen über die Lungen bis in die Lungenbläschen und somit auch in den Blutkreislauf. Teilchen bis 2,5 µm (z. B. Bakterien oder Pilze) gelangen in die unteren Atemwege und Teilchen bis 10 µm, (z. B. Pollen) in die oberen Atemwege.
Im Prüfverfahren nach ISO 16890 wird ein breites Spektrum mit Partikelgrößen von 0,3 bis 10 µm berücksichtigt, was auch dem tatsächlichen typischen Vorkommen in der Umgebungsluft entspricht.
Zusätzlich zu den drei genannten Gruppen für Feinstaub wurde für Luftfilter noch die Gruppe coarse (englisch für grob) für Grobstaub eingeführt. Dadurch ergeben sich für die Filterklassifizierung die vier Gruppen: ISO coarse, ISO ePM1, ISO ePM2,5 und ISO ePM10.
Die ISO 16890 berücksichtigt als Feinstaub die Größenfraktionen der in der Umgebungsluft vorkommenden Aerosole, also sowohl flüssige als auch feste Partikel. Der Zusatz „e“ in der Bezeichnung steht für „efficiency“. Die Voraussetzung zur Zuteilung eines Filters in eine der Gruppen ist eine Mindestabscheidung von 50 % der entsprechenden ­Partikelgröße. Ein Filter der Klasse ePM1 muss also mindestens 50 % der Partikel der Größe 1 µm abscheiden. Dieser Mindestabscheidegrad ePMx, min wird im elektrostatisch entladenen Zustand ermittelt.
Der mittlere Abscheidegrad stellt den Mittelwert zwischen elektrostatisch geladenem und entladenem Zustand dar. Das Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Abscheidegrads ist in ISO 16890-2
definiert.
Werden mehr als 50 % mittlerer Abscheidegrad erreicht, so kann die Bezeichnung um den prozentualen Wert, abgerundet auf 5- % -Werte, erweitert werden. Bei einer Abscheidung von 65-69 % von Partikeln mit 2,5 µm ergäbe sich beispielsweise die Bezeichnung ISO ePM2,5 65 %. Insgesamt ergeben sich damit wesentlich mehr mögliche Klassen als die 9 Filterklassen nach EN 779. Mit dieser sehr genauen Bezeichnung können die Anforderungen an einen Filter daher wesentlich differenzierter definiert werden.
Die bisherigen Filterklassen F, M und G nach EN 779 werden durch eine Vielzahl an möglichen ePMx-Klassen ersetzt. Das heißt, dass die gewohnten Bezeichnungen G1-4 für Grobstaubfilter, M5-6 für Mediumfilter und F7-9 für Feinstaubfilter nicht mehr zur Anwendung kommen und damit früher oder später komplett verschwinden werden.

Vergleichbarkeit zwischen EN 779 und ISO 16890
Spätestens beim fälligen Filterwechsel bei der nächsten Wartung stellt sich jetzt die Frage, welcher Filter als Ersatz für einen nach EN 779 bezeichneten Filter zum Einsatz kommen soll. Aufgrund der unterschiedlichen Klassifizierungsmethoden ist eine direkte Zuordnung der beiden Filtertypen nicht möglich. Verschiedene F7-Filter können unterschiedliche Abscheidegrade aufweisen und sowohl in die Gruppe ePM1 als auch ePM2,5 fallen. Somit können durch die neue Einteilung Filter, die der gleichen EN779-Klassen angehören, nun auch qualitativ differenziert bewertet werden. Um in der Praxis keine aufwendige Neubewertung von Bestandsanlagen durchführen zu müssen, hat der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) in seinem Statusreport 44 eine Orientierungshilfe zur Zuordnung alter zu neuer Filterklassen veröffentlicht. Diese Zuordnung deckt sich auch mit der Empfehlung der Expertenarbeitsgruppe Luftfiltration von VDI und SWKI (Schweizerischer Verein von Gebäudetechnik-Ingenieuren). Wobei dabei als Ersatz für F7-Filter zusätzlich zu ePM1 ≥ 50 % auch die Klasse ePM2,5 ≥ 65 % gewählt werden kann. Zu beachten ist jedoch, dass in der letzten Filterstufe mindestens ein Filter ISO ePM1 ≥ 50 % eingesetzt werden muss.

Filterauswahl
Die neue Klassifizierung der Filter nach DIN EN ISO 16890 wirkt sich auch auf andere Richtlinien aus. In der VDI 6022-1 sind Empfehlungen zu Filterklassen entsprechend vorhandener Außenluft- und erwünschter Zuluftqualität enthalten. Darin wurde in der aktuellen Ausgabe von Januar 2018 die neue Klassifizierung eingearbeitet. Folgende Mindestanforderungen für die Filterung wurden dabei definiert:

  • vor dem Luftbehandlungsgerät (auch Ventilator): ISO ePM10 50 %,
  • letzte Filterstufe Zuluft: ISO ePM1 50 %,
  • Filterung der Sekundärluft mindestens ISO ePM10 50 %,
  • Filterung von Luft vor luftführenden Hohlräumen, die mit Außenluft beaufschlagt sind, mindestens ISO ePM1 80 %.

Weiter gibt die VDI 6022 vor, dass bei der Planung von RLT-Anlagen die jeweilige Außenluftsituation zu bewerten und die Filterleistung entsprechend den Anforderungen auszuwählen ist. Angelehnt an DIN EN 16798-3 werden die unterschiedliche Filterklassen, abhängig von vorhandener Außenluft- und gewünschter Zuluftqualität, empfohlen (siehe Tabelle 4).
Die Einstufung der Außenluftqualität AUL1 bis AUL3 entspricht den Kategorien ODA 1 bis ODA 3 aus DIN EN 16798-3.
ODA 1 (AUL1) entspricht Außenluft, die nur zeitweise staubbelastet sein darf. Außenluft mit hoher Konzentration an Staub oder Feinstaub und/oder gasförmigen Verunreinigungen wird Kategorie ODA 2 (AUL2) zugeordnet, während ODA 3 (AUL3) eine sehr hohe Konzentration entsprechender Stoffe vorweist.
Die seit November 2017 gültige DIN EN 16798-3 ersetzt die bisher gültige DIN EN 13779. Neu ist dabei, dass anstatt der Raumluftqualität nun die Zuluftqualität betrachtet wird. Die Zuluftqualität wird dabei in fünf Kategorien SUP 1-SUP 5, je nach Konzentration der Verunreinigung mit Staub oder Feinstaub und/oder gasförmigen Verunreinigungen, eingeteilt: SUP 1: sehr geringe Konzentration, SUP 2: geringe Konzentration, SUP 3: mäßige Konzentration, SUP 4: hohe Konzentration und SUP 5: sehr hohe Konzentration.
In DIN EN 16798-3 gibt es ebenfalls wie in VDI 6022 Empfehlungen zur Filterung je nach Außenluftqualität und gewünschter Zuluftqualität. Allerdings werden dabei noch die alten Filterklassen nach EN 779 verwendet. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass die Kategorisierung ZUL 1 bis 3 der Zuluftqualität aus VDI 6022 der Kategorisierung SUP 1 bis 3 aus EN 16798-3
entspricht, dann deckt sich die Empfehlung mit der aus VDI 6022-1.

Literatur:
[1] Normenreihe DIN EN ISO 16890, Teil 1-4, ­Deutsches Institut für Normung e. V.
[2] www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub
[3] BTGA-Almanach 2017, Neue Filternorm für die allgemeine Raumlufttechnik
[4] Freudenberg Filtration Technologies, ­Broschüre „Näher an der Realität – Mit der neuen ISO16890 zur bestmöglichen ­Filterlösung“
[5] www.iso16890.de
[6] Fachverband Gebäude-Klima e. V., ­Statusreport 44
[7] VDI-SWKI-Expertenarbeitsgruppe ­Luftfiltration, Pressemitteilung VDI 3803
Blatt 4 und SWKI VA101-01
[8] DIN EN 16798-3, Deutsches Institut für ­Normung e. V.
[9] VDI 6022 Blatt 1, Verein Deutscher Ingenieure (VDI)

Autor: Alexander Mörwald, Teamleiter ­Kundenservice/Technische Dienstleistungen Klima, Wolf GmbH


Feinstaub
Die Gefahren von Feinstaub wurden in den letzten Jahren intensiv untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung besteht und Atem- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Feinstaub verschlimmert oder ausgelöst werden können. Je nach Partikelgrößen kommt es zu Schleimhautreizungen, Entzündungen in Luftröhre oder Bronchien, verstärkter Plaquebildung in den Blutgefäßen, erhöhter Thromboseneigung oder Veränderungen des vegetativen Nervensystems. Geschätzt gibt es laut Bundesumweltamt pro Jahr ca. 45 000 feinstaubbedingte vorzeitige Todesfälle in Deutschland.
Sowohl von der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO), der U.S. Environmental Protection Agency (EPA) und auch vom Bundesumweltamt wird Feinstaub anhand Partikelgrößenfraktionen in Gruppen eingeteilt. Diese Einteilung kommt auch in der ISO 16890 zur Anwendung.

 


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