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Jubiläum mit bitterem Beigeschmack - Eindrücke vom 30. Photovoltaik-Symposium von Otti in Bad Staffelstein

Auf dem 30. Photovoltaik-Symposium von OTTI freuten die Teilnehmer sich über das Erreichte und äußerten sich besorgt über die Zukunft des deutschen PV-Marktes. Angesichts des weltweiten Potenzials zeigte man sich aber optimistisch.

Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer ISE, warb für die von ihm geplante Gigawatt-Fabrik, mit der er die Modulproduktion in Europa halten will.Bild: OTTI e.V.

Georg Menzen, Leiter des Referats für Energieforschung im Bundeswirtschaftsministerium, bekräftigte, dass die PV-Forschung weiterhin gefördert werden soll, auch wenn viele Unternehmen im Ausland davon profitieren. Bild: OTTI e.V.

 

In den Gängen des Klosters Banz war trotz des 30-jährigen Jubiläums des OTTI-PV-Symposiums in diesem Jahr ein leichtes Durchkommen. 570 Teilnehmer aus Industrie, Forschung, Politik und Handwerk waren Anfang März nach Bad Staffelstein gekommen, um sich über politische Rahmenbedingungen, Marktperspektiven und technische Entwicklungen zu informieren und auszutauschen. Im Vergleich zu dem Rekordjahr 2012, als das Kloster knapp über 1000 PV-Fachleute beherbergte, war das wenig. Die Veranstalter waren aber froh, dass sie angesichts des drastischen Markteinbruchs überhaupt noch so viele Teilnehmer verzeichnen konnten.  

Stürmischer Auftakt

Diese äußerten auch gleich Unmut über den Eröffnungsvortrag von Dorothee Mühl. Die Ministerialdirigentin in der Unterabteilung Strom des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) eröffnete ihre Rede mit den Worten „Es liegt einiges hinter ihnen, aber es liegt auch noch einiges vor Ihnen“, womit der Tenor vorgegeben war. Nach einem Grußwort von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte sie wenig Konkretes zur weiteren Entwicklung des deutschen PV-Marktes zu sagen. Der Minister wolle Windenergie und Photovoltaik, bekräftigte sie und bezeichnete die PV-Branche als Hoffnungsträger. Wie das Ministerium allerdings dafür sorgen will, dass der Zubaukorridor wieder in den vorgesehenen Rahmen von 2,4 bis 2,6 GW im Jahr kommen soll, verriet sie nicht. Im vergangenen Jahr waren nur 1,9 GW PV-Leistung in Deutschland neu zugebaut worden. Für dieses Jahr gehen Marktforscher von einem weiteren Rückgang auf 1 bis 1,5 GW neu installierter Leistung aus.
Das sei ein Problem, bestätigte Mühl, ein überschnelles Eingreifen sei aber nicht geplant. Es gehe darum, ein Gesamtsystem zu synchronisieren und die deutsche Energiewende in einen europäischen Kontext zu integrieren. „Die Übergangszeit hätte besser gestaltet werden können, auch durch die Politik“, räumte sie gleichwohl ein. „Aber das ist nun geschehen.“ Auf die Frage nach den verloren gegangenen Arbeitsplätzen sagte sie, die Politik könne nur die Rahmenbedingungen schaffen, eine unternehmerische Verantwortung habe sie nicht. Für diese und weitere Bemerkungen erntete sie lautstarke Kritik aus dem Auditorium. Das PV-Symposium machte seinem Ruf als „Höhle des Löwen“ für Ministeriumsvertreter einmal wieder alle Ehre.
Nach dem stürmischen Auftakt ging es ruhiger weiter. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), beklagte einen Markteinbruch in allen Segmenten. Bei den Wohnhausanlagen sei der Rückgang noch „am erträglichsten“. Hoffnung mache die Preissenkung von 25% von Batteriespeichersystemen seit Mitte 2014 und die dadurch gestiegene Nachfrage. Der neue Ausschreibungsmechanismus könne ein „Rettungsanker“ für Freilandanlagen sein, allerdings sei das auch nur ein Marktsegment. Zudem sei das Auktionsvolumen mit 400 MW Leistung zu gering und es müssten mehr Flächen gestattet sein. Es sei auch ungewiss, ob das Volumen in diesem Jahr überhaupt erreicht werden könne.
Körnig machte „Reparaturvorschläge“, um den Zubau wieder anzukurbeln, zum Beispiel eine Reform der monatlichen Fördersenkungen. Außerdem will der BSW-Solar eine Verfassungsbeschwerde gegen die Beteiligung an der EEG-Umlage für Eigenverbrauchsanlagen unterstützen. Die würden Anlagenbetreiber und Unternehmen demnächst einreichen, so Körnig. Eine Antwort des Bundesverfassungsgerichts sei allerdings frühestens in ein bis zwei Jahren zu erwarten.
Wegen der EEG-Novelle 2016/17 zeigte er sich jetzt schon besorgt. „Die Investitionssicherheit und Planbarkeit haben uns groß gemacht, sie müssen erhalten bleiben“, appellierte er an die Vertreter aus der Politik, die vor Ort waren. Der erste der drei Veranstaltungstage des OTTI-PV-Symposiums ist traditionell der Politik gewidmet.

PV-Produktion in Europa halten

Das Ziel müsse ein Strommarkt mit PV und ohne Subventionierung sein, sagte Christian Westermeier, Vorstandsmitglied bei Wacker Chemie und des Europäischen PV-Industrie-Verbandes EPIA. Wegen geänderter Förderbedingungen in mehreren Ländern gäbe es in ganz Europa „Bremsspuren“ im PV-Markt. Für den weiteren Ausbau der PV sei die Wettbewerbsfähigkeit des Solarstroms entscheidend. Weltweit gäbe es schon Preise unter 50 Cent je Wattpeak. „Wir müssen sehen, dass wir in Europa mithalten“, forderte Westermeier.
Dem schloss sich Professor Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg, an. „Die PV-Produktion muss in Europa gehalten werden.“ Er sei entsetzt über das, was da in Deutschland gerade laufe, sagte Weber. „Werte unter 100 MW sind eine Katastrophe – eine Schande für das, was wir in der Vergangenheit geleistet haben.“ Im Oktober 2014 war der Tiefpunkt mit 75,4 MW neu installierter Anlagenleistung erreicht. Deutschland benötige einen jährlichen Zubau von 3,5 und später von 7 GW im Jahr, um auf 150 GW PV-Leistung zu kommen, sagte Weber. Es seien Gestehungskosten von 10 bis 15 ct/kWh in Deutschland möglich, in sonnenreichen Ländern von 5 ct/kWh. Den asiatischen Ländern könne man es aber nicht verdenken, dass sie ihre Industrie durch zinsgünstige Kredite und andere Fördermaßnahmen aufgebaut habe, sagte der Institutsleiter.
Weber nutzte die Gelegenheit, für seine geplante „X-Gigawattfabrik-Fabrik“ zu werben. An einem noch zu bestimmenden europäischen Standort sollen ab 2018 „Solarmodule zu wettbewerbsfähigen Preisen in großem Maßstab“ gebaut werden. Noch sucht Weber aber Investoren.

Wettrennen zwischen HIT- und Perc-Zellen

Für Eicke Weber und Holger Neuhaus, Geschäftsführer der Solarworld Innovations GmbH, scheint klar, dass die kristalline PV-Technologie auch weiterhin das Rennen machen wird. 2013 seien zu 90% kristalline Module installiert worden und nur zu 10% Dünnschichtmodule, sagte Neuhaus. Während Weber in der „X-GW-Fab“ Module mit Hetero-Junction-Zellen produzieren möchte, räumt Neuhaus der PERC-Technologie größere Chancen ein.
Bei der Hetero-Junction-Technologie werden die kristalline und die Dünnschicht-Zelltechnologie kombiniert, so dass insgesamt höhere Wirkungsgrade erreicht werden. Solarworld hingegen hatte im vergangenen Jahr im Rahmen der Innovationsallianz PV eine Perc-Prototypen-Zelle für die Serienfertigung vorgestellt. Perc steht für „Passivated Emitter and Rear Cell“ und bezeichnet eine Solarzelle mit optimierter Verspiegelung der Zellrückseite und passivierter Oberfläche. Damit seien Wirkungsgrade über 24% in industrieller Fertigung möglich, prognostizierte Neuhaus. „Ein heutiges Modul mit 260 Watt hätte dann 340 Watt.“
Solarworld wolle dieses Jahr auch wieder unter die Top 10 der Modulhersteller vorstoßen. Damit wäre dann wieder ein deutscher Hersteller unter den führenden Zehn, was derzeit nicht der Fall ist. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette hat das Unternehmen an allen internationalen Standorten zusammen eine Produktionskapazität von 1,4 GW. 2014 lieferte das Unternehmen Module mit 849 MW Leistung aus. „Mehr als geplant“, so Neuhaus.
Neuhaus erinnerte auch noch einmal daran, wie stark die Modulpreise schon gesunken sind. 2003 kostete ein Wattpeak noch vier Euro, jetzt ist es schon für 60 Cent zu haben. Wie einige andere Referenten auch, geht er davon aus, dass die Preise weiter fallen werden und PV die preisgünstige Energiequelle sein wird.
Anders als Neuhaus und Weber sahen Professor Michael Powalla, Leiter des Geschäftsbereichs PV am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) Baden-Württemberg und Tagungsleiter, sowie Dieter Manz, Vorstandsvorsitzender des Anlagenbauers Manz AG, aber durchaus auch noch Chancen für die Dünnschichttechnologie.
Das große Potenzial, das die PV in Europa und weltweit hat, wurde noch häufig betont. Experten rechnen mit einem Marktvolumen von 150 bis 200 GW in Europa. Auch soll die deutsche Technologieführerschaft aufrechterhalten werden. Dies betonte unter anderem Georg Menzel vom BMWi, der das 6. Energieforschungsprogramm „Forschung für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ vorstellte. Die PV-Forschung soll auch weiterhin unterstützt werden, auch wenn immer häufiger ausländische Hersteller von den in Deutschland erzielten Ergebnissen profitierten, sagte er im Pressegespräch.
Als wichtige Plattform für den Austausch vor allem von Forschung und Industrie wird das OTTI-PV-Symposium aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Stellenwert behalten. Neben Vorträgen zu Themen wie Zelltechnologien, Qualitätssicherung, Batteriespeicher und Netzintegration waren die Gespräche auf den Fluren im Klos­ter Banz ausgesprochen rege. Und auch das 30-jährige Jubiläum wurde noch gebührend gefeiert.

Autorin: Ina Röpcke

 


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