Intelligentes Energie- und Klimakonzept für das Stadtviertel „Bonner Bogen“ - Richtungsweisende Grundwasser-Geothermie
Lebendige Stadtteilentwicklung, hochwertige Architektur, ressourcenschonende Technik und größtmöglicher Komfort für die Nutzer. Das war das Credo der Investoren, Architekten und Ingenieure für die integrierte Planung und Realisierung des „Bonner Bogens“ von Anfang an. Jetzt ist nach vierjähriger Entwicklungsarbeit und Abschluss der Pilotphase ein weiterer Baustein sichtbar: die autark arbeitende Energiezentrale auf Basis einer Grundwasser-Geothermie mit Aquiferspeicher.
Die technische Infrastruktur mit dem Aufbau eines Nahkälte- und Wärmenetzes ist nach Angaben des Investors BonnVisio in dieser Größe, Betriebsform und Effizienz einzigartig in Deutschland und Europa. Sie ist für die Versorgung von bis zu 100000 m² Bruttogeschossfläche (plus 50000 m² Ausbaureserve) in verschiedenen Gebäuden mit unterschiedlicher Nutzung ausgelegt. Aktuell werden fünf Gebäude mit rund 40000 m² mit Kälte, Wärme und Strom versorgt.
Betreiber der technischen Infrastruktur, zu dem auch ein zentrales Rechenzentrum gehört, ist die vom Investor BonnVisio gegründete Ecovisio GmbH. Die Gesamtinvestitionskosten für die Energiezentrale im Konzept der Campusstruktur liegen bei rund 6,5 Mio. Euro und damit 40% niedriger gegenüber einer Einzelversorgung der Gebäude und künftiger Baufelder. Im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen liegen die Realisierungskosten für die ressourcenschonende Geothermietechnik rund 15% höher.
Das Zukunftsinvestment wird sich dennoch lohnen, da die Nachfrage der Marktteilnehmer nach energieeffizienten Gebäuden steigt. Den Nutzern in den Büros und dem Hotel Kameha Grand Bonn sichert das Gesamtkonzept weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, stabile Betriebskosten und gleichbleibendes Wohlfühlklima in allen Räumen.
Höhere Effizienz
Herzstück des Energiekonzepts ist eine oberflächennahe Grundwasser-Geothermie, die das vorhandene Wärmepotenzial im Niedertemperaturbereich zwischen dem Höhenzug des Siebengebirges und dem Rhein nutzt. Eine Effizienzsteigerung von mindestens 10% gegenüber anderen geothermischen Konzepten bringt ein intelligent betriebenes Aquiferspeicher-System. Aquifere sind Langzeitspeicher von Niedertemperaturwärme in Grundwasser führenden Erdschichten. Das System profitiert von der Energiespeicherung aus der Nutzung der Gebäude im Sommer- und Winterzyklus.
Das Grundwasser am „Bonner Bogen“ wird über Saugbrunnen gefördert und als Energieträger durch die Systeme der Technikzentrale genutzt. Von dort aus wird es zu 100% über Schluckbrunnen ins Erdreich zurückgeführt und entsprechend des jahreszeitlichen Bedarfs als thermisch erwärmtes oder gekühltes Grundwasser wieder gefördert. Die 28 m tiefen Saug- und Schluckbrunnen sind als Paare angelegt und können unterschiedlich pendeln, was gerade für die Übergangszeit von Vorteil ist. Derzeit sind sechs Brunnen angelegt.
Geheizt und gekühlt werden die Gebäude über Flächensysteme (Betonkerntemperierung) und Unterflur-Konvektoren, wie sie in den Gebäuden am „Bonner Bogen“ kombiniert werden.
Bestandteil der Architektur
„Oberflächennahe Geothermienanlagen sind Stand der Technik. Wodurch sich unser Gesamtkonzept abhebt, ist der intelligente, hoch effiziente Umgang mit der Naturkraft Erdwärme, die zentrale Versorgung eines Standortes mit unterschiedlichen Gebäuden sowie die automatisierte, in das Gebäudeleitsystem eingebundene Steuerung und Überwachung“, erläutert Ludwig Frede, Geschäftsleitungs-Mitglied der BonnVisio Reals Estate. Insgesamt seien 10000 Datenpunkte in die Automatisierungslösung eingebunden. Zur Effizienz und zum größtmöglichen Komfort für die Nutzer habe zudem die ganzheitliche Integration von Architektur, Fassadentechnik, Bauphysik und technischer Gebäudeausrüstung in die Planungs- und Entscheidungsprozesse beigetragen.
Die derzeitigen, vorsichtigen Berechnungen für die Effizienz der Wärmepumpe, den sogenannten Coefficient of Performance (COP), liegen bei 5,0. Das heißt, Mutter Natur liefert fünf Energieeinheiten, für die eine Stromeinheit zum Betrieb der Wärmepumpe notwendig ist. Wird die Brunnentechnik in eine Gesamtbetrachtung mit einbezogen, so liefert die Natur 11,5 Energieeinheiten für eine Stromeinheit, die zum Betrieb der Wärmepumpe und der Grundwasserpumpen notwendig ist. „Durch Optimierungen im laufenden Betrieb erwarten wir weitere Effizienzsteigerungen, die eventuell deutlich höher liegen“, betont Thomas Czeremnych, der als leitender Ingenieur das Energiekonzept mit entwickelt hat.
Aus dem Grundwasser werden nahezu 100% des Kühlbedarfs der Gebäude gedeckt. Im Winter übernimmt die Wärmepumpe rund 70% der jährlich notwendigen Wärmearbeit. Den Ausgleich bei Spitzentemperaturen sichern zwei Gas-Brennwertkessel, die auch das Trinkwarmwasser erhitzen.
400 t CO2-Einsparung
Der Primärenergiebedarf am Standort „Bonner Bogen“ reduziert sich durch das Energie- und Gebäudetechnikkonzept bereits heute um jährlich rund 1700 MWh gegenüber einer konventionellen Energieversorgung (Gaskessel und Kältemaschinen). Das entspricht dem Jahres-Heizbedarf von rund 150 modernen Einfamilienhaus-Haushalten. Bei der Kälteversorgung sinkt der Strombedarf um ca. 90% gegenüber einer klassischen Kompressions-Kältemaschine.
Im Endausbau werden rund 400 t CO2 pro Jahr eingespart. Einen weiteren Beitrag hierzu liefert ab dem 1. Januar 2010 das Produkt „BonnNatur Strom“ der SWB Energie und Wasser. Der Strom besteht zu 100% aus regenerativen Energiequellen wie Sonnenenergie, Wind- und Wasserkraft und passt damit ins „Greenbuilding“-Gesamtkonzept.
Mit dem geothermischen Gesamtkonzept auf Basis eines Aquiferspeichers erhält das wachsende Szeneviertel „Bonner Bogen“ ein weiteres Marken-Modul als beispielhafte Standortentwicklung im Sinne der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Schon heute ist der „Bonner Bogen“ eine 1a-Adresse für rund 40 innovative Unternehmen. Hotelgäste aus aller Welt kommen mit Eröffnung des Kameha Grand Bonn ab Mitte November hinzu. Das Life&Style Hotel schließt sich der Initiative „Leading Green“ an, die von The Leading Hotels Of The World ins Leben gerufen wurde.
Geschlossenes System
Die Grundwassernutzung erfolgt in einem geschlossenen System. Der Rahmen für die jährliche Grundwasser-Umwälzmenge liegt bei 8,1 Mio. Liter. Der lokale Grundwasserspiegel wird durch die Nutzung zur Energieerzeugung nur unwesentlich beeinflusst – die geologischen Gutachten gehen von maximal 50 cm Trichtertiefe am Brunnentiefpunkt aus. Ein Brunnen-Managementsystem sichert, dass die Energiebilanz zwischen entnommener und zugeführter Wärme im Jahresverlauf ausgeglichen ist. Die maximale Temperaturdifferenz zwischen Entnahme- und Versickerungswasser liegt bei rund sechs Grad oder genauer 6 Kelvin. In
definierten Ausnahmefällen kann aus Betriebssicherheitsgründen bis zu 100000 m³ gefördertes Grundwasser jährlich in den Rhein geleitet werden. Mit den Versorgungssystemen – Heiz- und Kühlwasser in den Gebäudeleitungen – kommt das geförderte Grundwasser nicht in Berührung. Es dient ausschließlich zur Energiegewinnung in der Technikzentrale. Für die Nutzung in den Gebäudesystemen, wie beispielsweise für die Betonkerntemperierung, wird das Grundwasser über Plattenwärmetauscher hydraulisch getrennt.
Während des vierjährigen Planungsprozesses hat BonnVisio das Zusammenspiel von zehn Energievarianten geprüft und unter ökologischen, ökonomischen und Komfort-Aspekten durchgerechnet. „Sogar der Schattenverlauf durch benachbarte Gebäudeteile wurde berücksichtigt“, betont der leitende Ingenieur Thomas Czeremnych. Auch das Thema Solarenergie stand auf dem Prüfstand, wurde aber verworfen, „weil die Geothermie effizient genug ist und Solar keinen Mehrwert bringt.“ Der Spagat zwischen architektonisch anspruchsvollen Gebäuden, hoher Marktakzeptanz der Immobilien und Energieeffizienz ist aus Sicht des Investors und der Architekten gelungen.
Kontakt: BonnVisio-Gruppe, 53227 Bonn, Tel. 0228 43342000, Fax 0228 43342200, info@bonnvisio.de, www.bonnvisio.com