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„In Zukunft wird die Sprache der IT gesprochen.“

Nikolaos Zacharias, Leiter der Business Unit Smart Building Solutions bei Microsens, im IKZ-Interview

Zur Person: Nikolaos Zacharias begann seine Karriere in der Gebäudeautomation mit einer Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur und -elektroniker. Nach seiner Berufsausbildung absolvierte er ein Studium der Elektrotechnik an der FH Düsseldorf mit dem Schwerpunkt Automationstechnik. Anstellungen als Projektmanager bei Johnson Controls und Mitsubishi Electric ebneten ihm den Weg zu Führungspositionen bei Wisag, später bei Imtech Deutschland. Seit Juni 2017 ist er Business Unit Manager bei der Microsens GmbH & Co. KG in Hamm und zuständig für die Leitung der neuen Geschäftssparte „Smart Building Solutions“.

Mitgründer und CTO der Microsens, Hannes Bauer, im Gespräch mit dem Leiter der Business Unit Smart Building Solutions, Nikolaos Zacharias.

 

Seit Juni 2017 ist Nikolaos Zacharias der Leiter „Smart Building Solutions“ der euromicron-Tochter Microsens GmbH & Co. KG. ­Zielsetzung der neu gegründeten Geschäftssparte ist die Etablierung eines rein IP-basierten Gebäudeautomationskonzeptes auf Basis einer ­strukturierten Netzwerktopologie. Wir sprachen mit ihm über Big Data, das Internet of Things (IoT) und Digitalisierung in der ­Gebäudeautomation.

IKZ-ENERGY: Herr Zacharias, blicken wir auf die Gebäudeautomation, worin sehen Sie die größten Herausforderungen für die Zukunft?
N. Zacharias: Die Art und Weise, wie Gebäudeautomationsanlagen heute geplant und gebaut werden, hat sich in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich verändert – modernisiert sicherlich, aber nicht grundlegend weiterentwickelt. Wir stehen an einem Punkt, gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung, an dem konventionelle Ansätze hinterfragt werden müssen: Wie geht es effizienter? Wie kann man Gebäudeautomationsanlagen schlanker planen und bauen? Wo liegt unentdecktes Potenzial? Wie können durch neue Konzepte Kosten reduziert werden?
Ich bin seit fast 20 Jahren in der Automationsbranche tätig, den größten Teil davon in der Gebäudeautomation und mit Bus-Systemen sozusagen groß geworden. Doch das wird nicht die Technologie sein, mit der wir in die Zukunft gehen werden. Unserer Ansicht nach liegt die Zukunft der Gebäudeautomation in der Netzwerktechnik.

IKZ-ENERGY: Erläutern Sie uns das bitte.
N. Zacharias: Nun, getrieben durch den technologischen Fortschritt von Industrie 4.0 und Smart Home müsste die Gebäudeautomationsbranche wesentlich weiter sein. Wenn wir aber die Entwicklungen der Branche betrachten, stellen wir eher kleinschrittige und abwartende Reaktionen auf den Digitalisierungsprozess fest, geprägt durch die Interessen der Marktbegleiter. Meines Erachtens nach liegen die Gründe hierfür im Bereich der Planung, wo man immer noch zu konservative Planungskonzepte ausschreibt, und zweitens bei den alt her etablierten Systemhäusern, die sich nicht schnell genug anpassen können oder wollen. Microsens hingegen will mit der Verschmelzung von Gebäudeautomation und IT neues Terrain betreten.

IKZ-ENERGY:
Microsens gilt vielen immer noch als Spezialist für Glasfaser-Übertragungssysteme. Wie verlief die Entwicklung hin zur Gebäudeautomation?
N. Zacharias: Mit Fiber To The Office – kurz FTTO –, einem glasfaserbasierten Vernetzungskonzept für moderne Büroumgebungen, sind wir seit 20 Jahren Pioniere. Aus diesem Vordenkertum ist letztendlich die Business Unit „Smart Building Solutions“ entstanden. Mit FTTO hat Microsens sich einen Namen gemacht. Mit unserer Expertise in diesem Bereich haben wir Power-over-Ethernet-Beleuchtungskonzepte (PoE) entwickelt. Es folgte die Integration weiterer Raumautomationsfunktionalitäten, was uns die Tür zur Gebäudeautomation eröffnete. Die Eröffnung der „Smart Building Solutions“ war eigentlich die einzig logische Konsequenz daraus. Dabei spielt der Ansatz, die koexistierenden Netzwerkinfrastrukturen anderer Gewerke im Gebäude auf eine breitbandige Netzwerkebene zukünftig zu vereinen, eine wesentliche Rolle.

IKZ-ENERGY: Im Zusammenhang mit der Diskussion um die digitale Zukunft fallen häufig die Schlagwörter Big Data und IoT. Welchen Stellenwert schreiben Sie diesen Entwicklungen zu?
N. Zacharias: Big Data ist ein Resultat der Digitalisierung, auch in der Gebäudeautomation. Immer mehr Geräte liefern auswertbare Daten. Mittelfristig wird die Hardware nur Mittel zum Zweck – weitaus komplexere Aufgaben können durch Softwaredienste unter Einbezug erhobener Daten erledigt werden. Die Automation wird sich zukünftig von einer hardwarebasierten auf eine softwarebasierte Ebene verschieben. Dadurch werden beispielsweise cloudbasierte Dienstleistungen erst möglich.
Stichwort IoT: Unser Ansatz, die koexistierenden Netzwerkinfrastrukturen anderer Gewerke im Gebäude auf einer breitbandigen Netzwerkebene zukünftig zu vereinen, gibt den Gedanken von IoT wieder.
Je mehr Komponenten im Netz sind, desto mehr Informationen liegen vor – und je mehr Informationen vorliegen, des­to größer der Nutzen, der daraus gewonnen wird. Daten sind das Geschäftsmodell der Zukunft. Irgendwann wird alles ein riesengroßes Netzwerk sein. Die Gebäudeautomation wird nur ein kleiner Teil des IoT sein.

IKZ-ENERGY: Die Gebäudeautomation entwickelt sich also in Richtung IT?
N. Zacharias: Sagen wir so: Die Gebäudeautomation wird eher Protokolle und Methoden aus der IT übernehmen als das umgekehrt der Fall sein wird. In Zukunft werden sich IT-Standards durchsetzen, weil Sie durchgängiger sind. Das bedeutet, dass Protokolle wie BACnet zukünftig an Bedeutung verlieren, da Sie in der IT- bzw. IoT Welt nicht zu Hause sind. Diese Entwicklung sieht man beispielsweise im Smart Home Sektor, wo z. B. BACnet keine Rolle spielt, da sich diese Unternehmen primär aus dem Bereich der IT-Start-Ups entwickelt haben.

IKZ-ENERGY: Welche Vorteile hat diese digitale Transformation?
N. Zacharias: Effizienz. Da wir nur eine einzige Infrastruktur, Fiber To The Office, anstelle parallellaufender Datenstrukturen verwenden, sind wir wirtschaftlicher – und zwar in vielerlei Hinsicht. Der Installationsaufwand ist viel geringer, sowohl im Bereich der Verkabelung, der Verlegesysteme als auch bei Schaltschränken, das schont das Portemonnaie und die Nerven. Durch die wegfallenden Verkabelungen reduzieren sich Brandlasten im Gebäude. In puncto Brandschutz ist das eine enorme Verbesserung. Zusätzlich vereinfacht sich die Planung, weil nur ein großes Breitbandnetz für alle Gewerke geplant werden muss. Auf Nutzerseite ist die Usability zu nennen. Durch die Verschmelzung von IT und Gebäudeautomation werden immense Möglichkeiten der Steuerung, Datenverarbeitung und nicht zuletzt Sicherheit auf Softwareebene möglich.

IKZ-ENERGY: Apropos Sicherheit: Von unsicheren IT-Schnittstellen, schadhafter Software und ungewollter Datenauslese hört man immer wieder …
N. Zacharias: Sicherheit in der Digitalisierung wird in den nächsten Jahren am meisten diskutiert werden. Der Prozess der Digitalisierung wird sich nicht von Internetkriminalität ausbremsen lassen. Also muss man sich dem Problem der Sicherheit stellen. Hinsichtlich der Gebäudeautomation bedeutet das: BACnet, KNX oder DALI sind offene Protokolle. Sie haben damals die ersten proprietären Systeme abgelöst. Ihr Nachteil: Sie sind für jeden zugänglich. Mit der richtigen Hard- und Software kann man Daten auslesen oder Objekte scannen und so Manipulationen vornehmen.
Bei Microsens ist die Verschlüsselung auf Ethernet-Ebene implementiert. Durch das IP-Protokoll sind Zugriffs- und Abhörsicherheit gewährleistet. Ethernet bietet von Haus aus alle Sicherheitsstandards wie beispielsweise die Verifizierung von Nutzern. Zusätzlich können höhere Sicherheitssysteme auf Softwareebene eingerichtet werden.
Auch bei konventionellen Gebäudeautomationsansätzen müssen Sicher­heitssys­teme von der IT integriert werden. Die IT hat einen besseren Background, um über Sicherheit zu sprechen. Warum also diesen Umweg gehen und nicht gleich die Gebäudeautomation komplett in die IT integrieren? Das hat nur Vorteile.

IKZ-ENERGY: Das klingt alles nach einem Paradigmenwechsel in der Gebäudeautomation. Ist die Branche dafür bereit?
N. Zacharias: Unser Ansatz ist keine Utopie, sondern zukunftsweisend und vor allem umsetzbare Technik. Natürlich muss er am Markt Anklang finden. Daher müssen wir die konventionelle Herangehensweise durch Querdenken aufmischen. Die Digitalisierung revolutioniert sämtliche Branchen, da dürfen wir in der Gebäudeautomation nicht hinterher sein. Der technologische Fortschritt bringt gerade in unserer Branche massive Vorteile mit sich: Datenauswertung, PoE-Stromversorgung, Softwaresteuerung: Vorzüge, die wir uns lieber zu Nutzen machen, als dass wir diesen Trend verschlafen.

Bilder: Microsens GmbH & Co. KG
www.microsens.com/de


Tipp der Redaktion
Details zu Technik und Funktion der IP-basierten Gebäudeautomation lesen Sie im Beitrag „Dezentrale Gebäudeautomation – Netzwerkverteiler mit Köpfchen“ ab Seite 16.

 


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