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Heizen und Kühlen mit Dampf

Innovative Gebäudetechnik gewährleistet energieeffiziente Produktion und angenehmes Arbeiten

Bild 1: Dampf-Wasser-Übergabestation in Verbindung mit der übrigen Gebäudetechnik.

Bilder 2 und 3: Absorptionskälteanlage Hummel.

Bild 4: Schema des Anlagenkonzeptes auf der Primärseite.

 

Der Neubau eines Produktionsgebäudes wurde mit innovativer Gebäudetechnik ausgestattet mit dem Ziel Dampfenergie bestmöglich auszunutzen. Dampfübergabestationen, Absorptionskälteanlagen und weitere ausgeklügelte Technische Gebäudeausrüstung setzen die Energie nachhaltig ein und sorgen für optimales Produktions- und Arbeitsklima.

Die Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH, kurz HBM, existiert bereits seit 1950. Die Geräte aus dem Darmstädter Unternehmen kommen bei der Dehnungsmessung an Maschinen, Druckbehältern oder Holzkonstruktionen ebenso zum Einsatz wie in der Automobilbranche oder der Luft- und Raumfahrt. Die Produktion der empfindlichen messtechnischen Komponenten gilt als besonders anspruchsvoll. Die Atmosphäre in den Produktionshallen unterliegt deshalb engen Toleranzen in Bezug auf Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt.

Wärme- und Kälteversorgung mittels Dampf

Eine direkte Dampfleitung vom benachbarten Müllkraftwerk zum Betriebsgelände sichert ganzjährig die Wärmeversorgung des Werkes. Im Rahmen der Produktionserweiterung entsprachen aber weder Produktionsgebäude noch Dampfzentrale dem aktuellen Bedarf, zumal durch die immer heißeren Sommer auch die Kühlung immer wichtiger wurde.

Die technische Betriebsleitung von HBM plante deshalb in Zusammenarbeit mit der Ingenieurgesellschaft Fischerconsult aus Bad Nauheim ein neues Produktionsgebäude, das sämtlichen Anforderungen der diffizilen Produktion und den sich verändernden Klimabedingungen genügen sollte. Die Verantwortlichen entschlossen sich zu modernsten energiesparenden Anlagen im gesamten Bereich Heizung, Lüftung, Kühlung und planten auch eine Redundanz bei technischen Systemen ein.

Die Umsetzung im Detail

Im neuen Produktionsgebäude übertragen zwei stehende Übergabestationen mit je 1200 kW Leistung die Wärme des ankommenden Dampfes auf das Heizungswasser (Bild 1). Der Mantel der Wärmeübertrager besteht aus Stahl, in seinem Inneren verlaufen gewendelte Rohre aus Kupfer. Es handelt sich dabei um ein geschlossenes Dampf-Kondensat-System (1), in dem der heiße Dampf in den Apparat strömt und in den Rohren kondensiert. Die sekundärseitige Vorlauftemperatur wird stetig über ein Kondensatventil geregelt; durch dieses wird das Kondensat im Wärmeübertrager, abhängig von der Leistungsanforderung von 0 – 100 % angestaut. Das mit ca. 75 °C anfallende Kondensat wird mittels des vorhandenen Dampfdrucks anschließend weiteren Anwendungen zugeführt.

Das komplette Kondensat, das noch Wärmeenergie in Form von 75 °C heißem Wasser enthält und eigentlich Abfallprodukt ist, wird hier ausgenutzt, um Kälte zu erzeugen. Denn Produktionsprozesse und Produktionsräume brauchen Kühlung. Deshalb sind auch zwei Absorptionskälteanlagen Teil der modernen Gebäudetechnik (Bilder 2, 3). Um den Wirkungsgrad der Absorptionskälteanlagen (AKA), genannt Hummel (2), zu gewährleisten, wird das Kondensat mittels Nacherhitzer erwärmt. Damit lassen sich die zwei AKAs mit zusammen 320 kW Leistung, antreiben. Außer dem Produktionsbereich, der ganzjährig gekühlt werden muss, kühlen sie auch Büro- und Lagerräume und tragen so zu angenehmen Arbeitsbedingungen in heißen Sommermonaten bei (3).

Das kalte Wasser, das Temperaturen von 16 bis 19 °C erreicht, wird für Fußbodenkühlung sowie für Kühldecken in den Räumen genutzt. Über Lüftungsanlagen kann mit dem Kaltwasser ein Temperaturbereich von 8 bis 14 °C sichergestellt werden. Zur Abdeckung von Spitzen sind zusätzliche Kompressionskältemaschinen vorgesehen.

Die Abwärme der AKA von 65 °C / 34 °C wird außerdem zur Heizungsunterstützung über Niedertemperaturverteiler verwendet, überschüssige Wärme über einen Rückkühler abgeführt. Entsprechend tief ist die Rücklauftemperatur zum Müllkraftwerk.

Die AKA erhält als zusätzliche Antriebsenergie das 75 °C heiße Kondensat aus dem dampfbetriebenen Reindampferzeuger, der für die Klimatisierung der Produktionsstätte zuständig ist. Entsprechend aufbereitetes Speisewasser wird dort so weit erhitzt, dass Reindampf mit dem gewünschten Druck zur Verfügung steht. Das Luftbefeuchtungssystem (Steam Terminal von Bälz) sorgt in den Produktionsräumen für konstante, genau geregelte relative Luftfeuchtigkeit, die ebenfalls Voraussetzung optimaler Produktionsbedingungen ist. Weitere TGA Bestandteile wie Hocheffizienzpumpen, Strahlpumpen, Wärme- und Kältespeicher sowie effektive Dampferzeuger mit Wärmerückgewinnung und energiesparende Rückspeiseanlagen runden den komplexen, aber effizienten Aufbau der Technischen Gebäudeausrüstung ab.

Der Vergleich der jährlichen Kosten von AKA und von Kompressionskältemaschinen ergab eine Einsparung an Stromkosten inklusive Wartung und Instandhaltung von 23 000 Euro. Das entspricht umgerechnet einer Einsparung von 11,8 t co2. Obwohl die Investitionskosten der AKA plus Rückkühler um einiges höher waren als die für die entsprechende Kompressionstechnik, ergab sich durch die Energieeinsparung bei den gesamten Kosten eine jährliche Einsparung von ca. 20 000 Euro.

Fazit

Das neue Produktionsgebäude ist mit bestmöglicher Gebäudetechnik ausgestattet, um auch bei großer sommerlicher Hitze eine optimale Produktion zu ermöglichen. Die Effizienz von Heizung, Lüftung und Kühlung steigerte sich, sodass trotz einer deutlichen Vergrößerung der Produktions- und Büroflächen im laufenden Betrieb heute nicht mehr Energie verbraucht wird.

Literatur:

Energieeinsparung durch effiziente Dampf-Kondensat-Systeme, R. Kilpper und U. Bälz, Moderne Gebäudetechnik 2013.03 (MGT)

Von Bienen, Hummeln und Hornissen, U. Bälz und R. Kilpper, Die Kälte + Klimatechnik 2015.02 (Kältetechnik)

Gleichzeitiges Kühlen und Heizen mit Prozesswärme, C. Wintgens und R. Kilpper, (KI) Kälte Luft Klimatechnik 2019.09

Autoren: Dr. Renate Kilpper, Christian Wintgens

Bilder: W. Baelz & Sohn GmbH & Co.

www.hbm.com

www.fischer-tgaconsult.eu

www.baelz.de

 


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