Werbung

EU-Projekt „ThermoMap“

Eine Methode zur Abschätzung der geothermischen Potenziale von Kollektorsystemen

Bild 1: Klimadaten.

Bild 2: Bodenkundliche Grunddaten.

Bild 3: Hinweise auf eventuell vorhandene Schutzgebietszonen.

Bild 4: Abhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit zum Wassergehalt des Bodens.

Bild 5: „ThermoMap Calculator“. Hier besteht die Möglichkeit individuelle Boden- und Grundwasserdaten einzugeben, um so eigene Berechnungen durchzuführen.

 

Der Einsatz von oberflächennaher Geothermie ist ein wichtiger Bestandteil für einen energieeffizienten Neubau. Hierbei wird der Einsatz von Erdwärmesonden aufgrund der guten Datenbasis für die Dimensionierung meist bevorzugt. Doch durch die Entwicklung neuer Installationstechniken und platzsparender Kollektorsysteme gewinnen diese zunehmend an Bedeutung. Mit dem EU Projekt „ThermoMap“ wurde zudem eine Plattform geschaffen, welche alle notwendigen Parameter für die Dimensionierung von Kollektorsystemen enthält.
Der Begriff der oberflächennahen Geothermie wird häufig mit dem Einsatz von Erdwärmesonden verbunden, welche in Deutschland in der Regel bis in einer Tiefe von ca. 150 m eingebaut werden. Sie stellen jedoch nur eine Möglichkeit dar, die unerschöpfliche Energiequelle des Erdreichs zu nutzen. Nach Schadensfällen in Staufen 2007 oder in Wiesbaden 2009 und nach Bedenken seitens der Wasserwirtschaft, stiegen die Kosten für zusätzliche Schutzmaßnahmen bzw. für die Qualitätssicherung bei der Installation und Planung von Erdwärmesonden in den letzten Jahren stetig. Damit rückt der oberflächennahe Geothermiebereich, welcher die Nutzung der obersten 10 m zum Ziel hat, immer stärker in den Fokus. Gegenüber den Erdwärmesonden ist bei Kollektorsystemen der Einfluss der geologischen Eigenschaften eher gering, dahingegen ist der Einfluss des Bodens und des Klimas auf das geothermische System besonders groß. Schließlich werden durch diese beiden Parameter die Verhältnisse im oberflächennahen Untergrund entscheidend beeinflusst. Das bedeutet aber auch, dass dem Planer für die Dimensionierung von Kollektorsys-
temen weitaus mehr Parameter für eine erste Abschätzung vorliegen müssen, als es bei Erdwärmesonden der Fall ist. Doch wie kommt man an entsprechende Daten heran? Länderbezogene Karten mit geothermischen Potentialen oder Leitfähigkeiten wie bei Erdwärmesonden gibt es derzeit nicht. Um diese Problematik zu lösen und eine einheitliche, europaweite Basis zur Ermittlung und Abschätzung der wichtigsten klimatischen, bodenkundlichen und thermischen Parameter zu entwickeln, wurde 2010 das EU-Projekt „ThermoMap“ ins Leben gerufen.

Projektüberblick und Zielsetzung
An dem von der EU geförderten Projekt „ThermoMap“ nehmen zwölf verschiedene Institutionen und Unternehmen aus Forschung und Entwicklung teil. Die Partner stammen aus Belgien, Deutschland,
Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Österreich, Rumänien und Ungarn. Die wichtigsten Ziele des bis August 2013 laufenden Projektes sind es, eine flächendeckende, europaweite Übersichtskarte mit allen für die Planung von Kollektorsystemen benötigten Informationen zu erstellen und an ausgewählten Testgebieten die Möglichkeiten einer detaillierten Datenlage aufzuzeigen.

„ThermoMap MapViewer“
Im Rahmen des Projektes werden die klimatischen Parameter, welche einen direkten oder indirekten Einfluss auf die bodenphysikalischen Parameter besitzen, in dem „ThermoMap Map Viewer“ dargestellt. Neben der Jahresniederschlagsmenge und der mittleren Jahrestemperatur werden auch die monatlichen Klimawerte dargestellt (Bild 1). Mithilfe dieser Werte ist es einfach, den oberflächennahen Temperaturverlauf im Boden nachzubilden. Da neben den klimatischen Daten auch bodenkundliche Grunddaten (Bild 2) zur Verfügung stehen, kann die ungestörte Untergrundtemperatur (das heißt, die natürlich vorkommende und nicht durch ein geothermisches System beeinflusste Temperatur) ermittelt werden, welche einen Rückschluss auf die Temperaturbedingungen in der jeweiligen Einbautiefe gibt. Da im internationalen Vergleich in Bezug auf Bodenklassifikationssysteme sowie bezüglich der Klassifizierung einzelner Bodenarten erhebliche Unterschiede bestehen, wurde im ThermoMap-Projekt für die Bodentypengliederung das weltweit verbreitete WRB System als Basis verwendet (WRB = World Reference Base for Soil Resources, 2006). Des Weiteren wurde das USDA-Klassifikationssystem (USDA = United States Department of Agriculture) als verbindliche Grundlage zur Einteilung der Bodenartenklassen und übergeordneten -gruppen (Korngrößenzusammensetzung) festgelegt. Neben den bereits dargestellten Grunddaten zur Bodenart und zum Klima gibt das Programm auch Hinweise auf vorhandene Schutzgebietszonen oder auch mögliche andere Nutzungseinschränkungen (Bild 3). Somit lässt sich bereits im Vorfeld abschätzen, ob zusätzliche Maßnahmen zur Klärung der Standortsituation eingeplant werden müssen. Wie in Bild 2 zu erkennen ist, wird die Verteilung der thermischen Wärmeleitfähigkeit im „ThermoMap Map Viewer“ als Potenzialkarte dargestellt. Die Abhängigkeit der thermischen Wärmeleitfähigkeit zum Wassergehalt des Bodens wird in Bild 4 gezeigt. Zu erkennen ist, dass mit steigendem Wassergehalt die thermische Wärmeleitfähigkeit deutlich zunimmt. Für den Anwender und Planer geothermaler Installationen ist es besonders wichtig zu wissen, welche Verhältnisse bei minimalem, mittlerem und maximalem Wassergehalt vorherrschen. Daher werden im Programm sowohl die volumetrische Wärmekapazität und die thermische Wärmeleitfähigkeit bei Totwassergehalt (minimale Sättigung), bei Feldkapazität (mittlere Sättigung) sowie bei Grundwassereinfluss (maximale Sättigung) berechnet. Die Berechnung der Wärmeleitfähigkeit basiert auf den sogenannten Kersten-Formeln (Kersten 1949). Hierbei unterscheidet Kersten in der Berechnung zwischen sandigem und tonig/siltigem Boden. In der Praxis ist die Verwendung dieser Formeln sehr beliebt, da für die Ermittlung der Wärmeleitfähigkeit nur die Kenntnis der Trockenrohdichte und des Wassergehaltes notwendig sind. So können die Formeln bereits angewendet werden, wenn vergleichsweise wenige grundlegende bodenkundliche Daten vorliegen oder eine genauere Klassifizierung nicht möglich ist. Die für die Berechnung benötigte Trockenrohdichte eines Bodens ist in der Regel nicht flächendeckend bekannt. Im Rahmen des Projektes wurde daher eine Abschätzung der durchschnittlich auftretenden Trockenrohdichte in Abhängigkeit mit der Bodentiefe vorgenommen. Für alle im Programm dargestellten Parameter und Informationen gibt es die Möglichkeit eine Standortauskunft auszudrucken. In dieser werden die wichtigsten Informationen zusammenfassend mit Übersichtskarte und durch grafische Elemente unterstützt dargestellt. Somit kann diese auch als Grundlage für erste Potenzialabschätzungen herangezogen werden.

„ThermoMap-Calculator“
Für den Fall das z.B. ein Bodengutachten vorliegt, besteht die Möglichkeit, mithilfe des ThermoMap-Calculator eigene Berechnungen durchzuführen (Bild 5). Dazu können für einen bestimmten Ort individuelle Boden- und Grundwasserdaten eingeben werden, um sich so eine individuelle Standortauskunft zu erstellen. Dies kann besonders im weiteren Planungsverlauf einer Kollektoranlage wichtig sein, um erste Potenzialabschätzungen zu prüfen und ggf. Anpassungen vornehmen zu können.
 
Autoren: Dr. David Bertermann (Projektko­ordinator ThermoMap), Christian Bialas, beide Universität Erlangen–Nürnberg, GeoZentrum Nordbayern
Mario Psyk, Rehau AG & Co
Lucia Morper-Busch, Dr. Hermann Klug, beide Universität Salzburg – Interfakultärer Fachbereich Geoinformatik

Bilder: ThermoMap Consortium

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: