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Dicht gegen Feuer und Rauch im Altbau

Rohrabschottungen im Bestandsbau: Lösungen von der Stange gibt es nicht

Reparaturen an Abwasser­leitungen: Der Brandschutz muss eingehalten werden. Bild: Dietmar Stump

Bild 1: Abschottungsvariante für Kunststoff- und Gussrohrsystem (Hausentwässerung). Bild: Gerhard Lorbeer

Bild 2: Beispiele für den Umgang mit Bestandsanlagen (Hausentwässerung Gussrohrstrang). Bild: Gerhard Lorbeer

Bild 3: Beispiele für den Umgang mit Bestandsanlagen (Hausentwässerung Kunststoffrohr). Bild: Gerhard Lorbeer

Bild 4: Beispiele für Verwendbarkeitsnachweise von Abschottungen. Bild: Gerhard Lorbeer

 

Sehr alt trifft auf ganz neu: Im Bestandsbau gibt es in Sanierung und Modernisierung durch eine Vielzahl von Bausituationen und Materialien jeglicher Ausprägung kein Schema F. Zwischen der Technik der Einbauphase und den heute geschuldeten Anforderungen im Brandschutz für Rohrleitungen liegen Welten. Umso wichtiger ist es, mit umfassenden Kenntnissen und mit viel Akrebie die Maßnahmen auszuführen. Teil 1 dieser Artikel-Serie behandelt den Problemfall Nr. 1: Entwässerungsleitungen mit unterschiedlichen Rohrarten und Abschottungsvarianten. Wie damit umgegangen werden kann, soll hier dargestellt werden.

Gebäude aus der Gründerzeit hatten mehrheitlich noch einfache und übersichtlich strukturierte Bauweisen. Die Veränderung der Bauten nach der Mitte des vergangenen Jahrhunderts – nicht zuletzt durch neue Werkstoffe – prägen heute erheblich die Arbeiten. Gerade die haustechnischen Anlagen wurden durch mehrere „Modernisierungsmaßnahmen“ im Laufe der Zeit teilweise so verändert, dass bei heute anstehenden Arbeiten der Brandschutz meist individuell und lösungsorientiert entschieden werden muss.  
Der früher manchmal etwas lässige Umgang mit Brandschutz ist einem umfangreichen vorbeugenden Brandschutz gewichen. Doch auch vor 30 oder 40 Jahren waren Vorschriften für den Brandschutz zu beachten, ähnlich heutiger Ausführungen. Sie beruhten zumeist auf Verwaltungsvorschriften der einzelnen Bundesländer, die auf Grundlage der „Musterrichtlinie der ARGEBAU für haustechnische Leitungsanlagen“ fußten. Für Kunststoffrohre waren „Manschetten mit abZ“ oder „Putzummantelungen“ gefordert. Für nichtbrennbare Rohre war in der Deckendurchführung ein Verschluss mit Beton oder Mineralwolle vorgeschrieben.
Insbesondere bei Deckendurchführungen sehen sich heute der TGA-Fachplaner und der SHK-Fachbetrieb immer wieder vor große Herausforderungen gestellt. Das fängt schon damit an, dass es aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sehr schwierig ist, sich ein komplettes Bild über den Zustand der Abwasseranlage zu machen. So kann es vorkommen, dass innerhalb der Leitungsführung in jeder Etage unterschiedliche Materialien und Leitungsführungen anzutreffen sind.
Arbeiten an Leitungsanlagen können unterschiedlich ausfallen: von der Reparatur eines Einrichtungsgegenstandes oder Leitungsabschnitts bis hin zur Auswechselung von Teilsträngen. In der Mehrzahl der Fälle werden Materialkombinationen eingesetzt (Bild 1).  
Beide Varianten in Bild 1 beinhalten eine Vorrichtung, die das Rohr verschließt. Bei Kunststoffrohren ist es eine Brandschutzmanschette, beim Gussrohr ein Brandschutzverbinder. Zusätzlich ist in beiden Varianten ein Spaltverschluss in der Decke angebracht. Er erfüllt den Schallschutz durch Körperschallentkopplung und sorgt für die Dichtheit in der Deckendurchführung. Die dazu verwendeten Materialien können z. B. PE-Schäume/Folien, Mineralfaserprodukte oder Dämmstoffbildner sein. Die Zugehörigkeit der Ausführung (Material) für die Deckendurchführung zu dem Rohrverschluss ist unbedingt einzuhalten und im Verwendbarkeitsnachweis zu finden.

Vorhandene Strangleitung aus Gussrohr
Sind die vorhandenen Stränge aus Gussrohr, können die Abschottungen sehr unterschiedlich ausfallen. Fragen tauchen immer wieder auf, z. B. wie sich der SHK-Fachmann verhalten soll, wenn ein Einrichtungsgegenstand auswechselt wird oder bei einem Gussrohrstrang die Deckendurchführung einbetoniert ist: Muss da im Brandschutz nachgerüstet werden? Verschiedene mögliche Bauarten sind in Bild 1 beschrieben. Natürlich gibt es eine Fülle weiterer Möglichkeiten, die sich aber meist aus den gezeigten Varianten ableiten lassen.  
Zu Bild 2-1: Ein Einrichtungsgegenstand wird ausgewechselt oder eine Reparatur am Anschluss vorgenommen. Das Strangrohr ist in die Decke eingegossen. Es handelt sich um eine typische Rohrdurchführung, bei der Brandschutzmaßnahmen nicht nachgerüstet werden müssen. Die Ausführung der Deckendurchführung (Beton) als alleinige Abschottungsmaßnahme war in der Vergangenheit (bis ca. 2012) eine der Standardlösungen, auch mit Kunststoffrohranschluss.  
Zu Bild 2-2: Innerhalb des Stranges muss ein Rohrteil ausgetauscht werden. Ansonsten wird keine Veränderung des bestehenden Brandschutzes vorgenommen und es entsteht keine Verschlechterung der bestehenden Brandschutz- (und Schallschutz-) Situation. Hier ­empfiehlt es sich, gleiches Rohrmaterial zu verwenden. Wird aber ein brennbares Rohrmaterial für das Teilstück verwendet, muss der Brandschutz neu bewertet werden. Bei einer solchen Materialkombination ist die Ausführung des Deckendurchbruchs (Verfüllmaterial, Rohrverbinder in der Decke, weiterführende Dämmung) ein Teil der Rohrabschottung. Daher muss hier eine Neubewertung der Brandschutzsituation erfolgen (dazu mehr in Teil 2).
Zu Bild 2-3: Wird die zu erneuernde Leitung durch die Decke geführt (raumabschließendes Bauteil), ist der Brandschutz neu zu bewerten und entsprechend eines gültigen Verwendbarkeitsnachweises auszuführen.

Vorhandene Strangleitung aus Kunststoffrohr
Rohrstränge aus Kunststoff benötigen Abschottungen. Allerdings trifft man im Baubestand auf zahlreiche Fälle, bei denen der Brandschutz „vergessen“ oder aus Unkenntnis fehlerhaft ausgeführt wurde. Ein Beispiel ist die Verwendung von „dichtendem Bauschaum“. Wie damit umzugehen ist, zeigen einige Beispiele in Bild 3.
Zu Bild 3-1: Bei Arbeiten an der Anlage wird festgestellt, dass kein Brandschutz (keine Brandschutzmanschette) am Kunststoffrohr vorhanden ist. In diesem Fall ist anzuraten, den Betreiber/Inhaber des Gebäudes zu seinem eigenen Schutz schriftlich darauf hinzuweisen. Der Betreiber ist für die Verkehrssicherheit verantwortlich und trägt auch das Haftungsrisiko. Der oftmals erwähnte „Bestandsschutz“ trifft meist nicht zu. Was bei der Anlagenerstellung falsch eingebaut wurde, ist heute immer noch falsch. Der Bestandsschutz bezieht sich auf den Bestand der letzten bauaufsichtlichen Abnahme und nicht auf die zusätzlichen zwischenzeitlichen „Anpassungen“ oder „Nutzungsänderungen“. Die weiteren Schritte zur Überprüfung und ggf. Ertüchtigung der Anlage hat dann der Betreiber zu veranlassen.   
Zu Bild 3-2: Hinweisschilder oder Anhaltspunkte zu dem vorhandenen Brandschutz sind oftmals bei bestehenden Anlagen nicht zu finden. Wird ein Teilstück im Strang ausgetauscht – und es ist eine Brandschutzmanschette an der Decke montiert – ist anzuraten, ähnliches Rohrmaterial zu verwenden. Das hat weniger mit dem Brandschutz als mit dem Schallschutz zu tun. Auch bei Kunststoffohren gibt es gerade bei Luftschallemission große Unterschiede. Der Brandschutz ist sichtbar. Es muss nicht kontrolliert werden, ob z. B. die Brandschutzmanschette zum Rohrmaterial passt – vorausgesetzt, dass die durch die Manschette geführten Rohre nicht erneuert werden. Wenn allerdings eine fehlende Befestigung der BSM festgestellt wird, ist wie unter 3-1 zu verfahren. Eine BSM ohne Befestigung in der Decke ist in ihrer Funktion wirkungslos.  
Zu Bild 3-3: Wird das Rohr in der Deckendurchführung erneuert, ist auch der Brandschutz, in diesem Fall die Brandschutzmanschette, auf das Rohr anzupassen. Auch wenn die „alte“ Brandschutzmanschette das neue Rohr zulassen würde, ist eine neue BSM zu verwenden. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Abschottung muss diese einen gültigen Verwendbarkeitsnachweis aufweisen.

Hinweise zu Ausführungen
Voraussetzung einer Brandschutzlösung ist die dichte Deckendurchführung. Sind hier Mängel vorhanden, sind Rohrverschlüsse (Brandschutzmanschette oder Brandschutzverbinder) wirkungslos. So ist der allbekannte Bauschaum in der Deckendurchführung immer ein Warnzeichen für mangelhaften Brandschutz, unabhängig von Rohrarten.
Der Planer und Installateur wird beim Brandschutz besonders mit Situationen konfrontiert, die nicht in die Schemas der Verwendbarkeitsnachweise passen. Die alleinige Verantwortung dafür dem Hersteller von Abschottungssystemen anzulasten, ist falsch. Auch die behördlichen Stellen tragen ihren Teil dazu bei. Einige Verwendbarkeitsnachweise sind so kompliziert beschrieben, dass mehr Fragen als Antworten übrig bleiben. Der Ansprechpartner für diese Problematik ist der Inhaber des Verwendbarkeitsnachweises.
Besonders bei Reparaturen oder Umbauten von Rohrabschottungen sind jene Bauarten komplex, die einer Vorsatzschale bedürfen. Schon vorab muss die Ausführung genau abgeschätzt werden. Denn es ist ja nicht die Vorsatzschale gemeint, die im „Arbeitsraum“ (Brandraum) montiert werden muss, sondern die über der Decke liegende. Sie ist Bestandteil der Rohrabschottung und damit auch Bestandteil der vom Installateur unterzeichneten Übereinstimmungserklärung. Wenn die Vorsatzschale nicht vom Installateur erstellt wird, sollte er davon absehen, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Einfacher sind die Rohrabschottungen, die ausschließlich in den Hauptstrang eingreifen, keine Vorsatzschale benötigen und bereits während der Rohrinstallation montiert werden können. Bei Gussrohr ist das für einige Systeme möglich (Bild 4).
Bei der Kunststoffrohrinstallation ist die Anordnung der Brandschutzmanschette immer gleich, da eine Befestigung am Baukörper für die Funktion notwendig ist. Bei der Gussrohrausführung ist die Anordnung des Brandschutzverbinders unterschiedlich geregelt und in den Verwendbarkeitsnachweisen aufgeführt. Bei einigen Brandschutzverbindern muss dieser in die Decke einbinden, bei anderen ist der Sitz auch variabel im Strang möglich (Bild 4).
Der Einbau des Brandschutzverbinders im Strang ist Standard bei einer geschossweisen Abschottung. Im Gegensatz dazu können beispielsweise Brandschutzverbinder von BTI, PAM Global und UBA Tec auch am Abzweiganschluss montiert werden. Diese Möglichkeit sollte allerdings vor der Installation geklärt werden.
Der Einbau im Strang ist eine platzsparende und kostengünstige Variante. Gerade am Abzweiganschluss herrscht Platzmangel, weil fast alle Leitungen und der Deckenverguss dort zusammenkommen.
Zusätzlich werden die Kennzeichnung und späteren Arbeiten vereinfacht. Wird der Brandschutzverbinder im Strang montiert, ist der Brandschutz auch regelkonform, wenn später Arbeiten an der Anschlussleitung vorgenommen werden. Ist der Brandschutz am Anschluss montiert, kann sich das für spätere Arbeiten, wer auch immer sie vornimmt, zu einem massiven Problem entwickeln. Bei einem Verschluss am Abzweig wird der Hauptstrang als offenes Rohr durch alle Etagen geführt. Damit kann ein Materialwechsel im Strang oder der Einsatz von „für den Brandschutz unzulässigen Rohrverbindern“ zum Verlust der Abschottungswirkung führen.

Fazit
Es gibt nicht „die Lösung“ für Gebäude im Bestand. Bei allen Maßnahmen ist der Brandschutz immer individuell anzupassen. Trotzdem gibt es einige klare Regeln zu beachten:

  • Teilerneuerungen möglichst mit gleichem Material ausführen,
  • einfache Systeme für den Brandschutz wählen,
  • Rohrmaterialien bewusst auswählen nach Brandschutz, Vandalensicherheit, Schallschutz, Einpassung in das Leitungssystem,
  • Brandschutzmaßnahmen unbedingt dokumentieren.


Abweichungen von den Verwendbarkeitsnachweisen für das Brandschutzsys­tem sollten möglichst vermieden werden. Das lässt sich erreichen durch eine vorausschauende Planung und Installation.
Teil 2 dieser Artikelserie beschäftigt sich ausführlich mit Beispielen beim Materialwechsel im Strang.

Autoren: Karl-Heinz Brandenburg, Gerhard Lorbeer, Dietmar Stump

 


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