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Der neue Koalitionsvertrag und was er sagt

Gestern auf dem Weg zur Pressekonferenz, um den neuen Koalitionsvertrag vorzustellen: Friedrich Merz und Markus Söder sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken. Bild: CDU / Tobias Koch

 

Berlin. Nach Wochen, mitunter zähen Verhandelns haben die in Aussicht stehenden Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD am gestrigen Mittwoch ihren nun ausgehandelten Koalitionsvertrag der Öffentlichkeit vorgestellt.

Wohlwissend der Unwägbarkeit, dass der Vertrag nun erst von den Gremien der Unionsparteien und über die Mitgliederentscheidung von Seiten der SPD abgesegnet werden und Friedrich Merz vom neuen Bundestag zum Kanzler gewählt werden muss, stellen wir nachfolgend das vor, was der Vertrag für die zukünftige Wärme-, Gebäude- und Energiepolitik sowie Förderung für die nächsten 4 Jahre für Deutschland in Aussicht stellt. Außerdem erste Verbände-Reaktionen darauf.

Punkte 1.3 und 1.4

Der neue Koalitionsvertrag, der für die 21. Legislaturperiode stehen soll, trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“ und umfasst 146 Seiten. Für die zukünftige Wärme-, Gebäude- und Energiepolitik sowie Heizungsförderung sind insbesondere die Punkte 1.3 („Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen“) und 1.4 („Klima und Energie“) interessant. Die Aussagen lauten dort zusammengefasst:

Punkt 1.3:

  • Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll technologieoffener werden;
  • Das „Heizungsgesetz“ soll abgeschafft werden;
  • Der „Quartiersansatz“ bei der Energieversorgung soll gestärkt werden;
  • Die Sanierungs- und Heizungsförderung soll fortgesetzt werden.

Punkt 1.4:

  • Es sollen alle Potenziale der Erneuerbaren Energien genutzt werden. Dazu gehören neben Sonnen- und Windenergie ausdrücklich auch die Bioenergie;
  • Unternehmen und Verbraucher sollen dauerhaft um mindestens 5 ct/kWh mit einem Maßnahmenpaket entlastet werden, Sofortmaßnahme dazu ist eine Senkung der Stromsteuer.

Thema Technologieoffenheit

Wie das konkret ausgestaltet werden wird, bleibt abzuwarten. Aber es lassen sich einige Schlussfolgerungen bereits jetzt daraus ziehen, wohin die Reise gehen könnte. Das Thema „Technologieoffenheit“ war eins, das CDU/CSU in ihrem Wahlkampfprogramm immer wieder betonten. Auch die SPD: Bemerkenswert im Wahl-Programm der SPD war, dass sie vom Umstieg auf „klimafreundliche Technologien“ sprach und damit eigentlich offen ließ, was sie darunter alles versteht. Sehr gut möglich, dass moderne Gas-Brennwert-Geräte in den Kanon der Wärmewende wieder einbezogen werden könnten. Der Fokus wird voraussichtlich jedenfalls nicht mehr so dominant auf Wärmepumpen liegen, wie noch in der Vorgängerkoalition.

Das „Heizungsgesetz“

Dass das „Heizungsgesetz“ „abgeschafft“ werden soll, ist eine 1:1-Übertragung aus dem Wahlkampfprogramm von CDU/CSU in den Koalitionsvertrag. Erstens ist natürlich festzustellen, dass es ein „Heizungsgesetz“ gar nicht gibt, sondern nur einen entsprechenden Passus im aktuellen GEG und dieser bezieht sich auf die 65-Prozent-Regel bzw. Anteil Erneuerbarer-Energien, wenn man ein Heizsystem tauscht. Es geht im Kern also um eine Änderung des GEG an dieser Stelle. Wichtig ist auch festzuhalten, dass Bioenergie explizit als Erneuerbare Energie im anstehenden Koalitionsvertrag genannt wird. Dies ist auch offensichtlich über die CDU/CSU in den Koalitionsvertrag eingeflossen, denn sie hatte sie im Wahlkampfprogramm explizit genannt. Das dürfte/könnte auch den Abbau diverser Diskriminierungen zur Folge haben, denen die Bioenergie im Heizungssektor unter der Ampel-Koalition ausgesetzt war.

Heizungsförderung

Dass die Strompreise sinken sollen, dürfte dem Hochlauf des Wärmepumpenmarkts gut tun. Wie sich die Heizungsförderung in Zukunft darstellen wird, ist derzeit vollkommen ungewiss. Hier fließt womöglich auch ein, dass die Prioritäten neu gesetzt werden: Die SPD legte in ihrem Wahlprogramm das Primat auf den Ausbau von Wärmenetzen. Sie will erst nachrangig dann Heizungstausch fördern, wenn Wärmenetze nicht realisiert werden können. Konkreter wurde die Partei hier seinerzeit nicht. Wenn jetzt der „Quartiersansatz“ bei der Energieversorgung gestärkt werden soll, dann hat sich die SPD vermutlich an dieser Stelle durchgesetzt, denn von Nah- /Fernwärme vs. individuelle Heizungslösungen war im Programm von CDU/CSU nichts zu lesen.

Es ist ein erster Blick in die Glaskugel

Es ist eigentlich so wie immer: Neue Koalitionen stellen die Regeln neu auf, Heizungsindustrie und Wärmebranche müssen reagieren. Das klingt lapidar, am Ende ist es aber leider erfahrungsgemäß so, und das seit Jahrzehnten. Der Blick in den Koalitionsvertrag ist ein erster Blick in die Glaskugel, was konkret kommen wird. Zum Koalitionsvertrag hier nun weitere erste Reaktionen aus den Branchen.

Stimmen aus den Verbänden

B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl: „Der Koalitionsvertrag zeigt, dass die Bedeutung der KWK für unser Energiesystem der Zukunft von der Politik erkannt wurde und die Richtung stimmt. Nun gilt es, darauf beruhend die Weichen richtig zu stellen.“

In einer ersten Analyse sieht der Fernwärme-Verband AGFW wichtige Forderungen der Branche erfüllt. Dazu AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch: „Fernwärme spielt die zentrale Rolle für das Gelingen der Wärmewende in Deutschland. Wir begrüßen, dass die neue Bundesregierung diese Relevanz erkannt hat und mit der Verstetigung der Mittel für die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) eine wichtige Grundlage für Ausbau und Transformation der Wärmenetze geschaffen hat.“

Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen: „Positiv ist, dass die Koalitionsparteien Impulse für mehr Elektrifizierung und Digitalisierung setzen wollen.“

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt die Übereinkunft von Union und SPD, an den Klimazielen festhalten zu wollen und Erneuerbare Energien und Speicher weiter auszubauen. Weniger hilfreich für ein attraktives Investitionsklima seien hingegen Vorhaben oder Prüfaufträge, die Zweifel daran aufkommen lassen könnten, dass die nächste Bundesregierung die Weichen konsequent in Richtung Erneuerbare Energien stellen werde.

Der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) bewertet den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD als solide Grundlage der bevorstehenden politischen Maßnahmen im Gebäudesektor. Besonders begrüßt wird, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG) laut Koalitionsvertrag „technologieoffener, flexibler und einfacher“ gestaltet werden soll. „Wir unterstützen die Idee, das Gebäudeenergiegesetz weiterzuentwickeln und dabei Technologien, die zur CO2-Vermeidung beitragen, in den Fokus zu rücken“, sagte Frank Ernst, Hauptgeschäftsführer des BTGA.

Frank Ebisch, Sprecher des ZVSHK zum geplanten Koalitionsvertrag: „Die Ausrichtung auf Technologieoffenheit und die stärkere Betonung von Klimaschutzzielen sind aus unserer Sicht essentiell, um die Innovationskraft unserer Branche zu fördern und die Klimaziele effektiv zu unterstützen. Wie die Koalitionäre sich die „Abschaffung des Heizungsgesetzes“ vorstellen, wird sich zeigen. Hoffentlich aber schnell und ohne langwierige Debatten. Die Unterstützung für das europäische Emissionshandelssystem und die Förderung erneuerbarer Energien sind positive Signale. Jedoch bleiben Fragen zur konkreten Umsetzung der technischen und regulativen Vorgaben, besonders im Hinblick auf die freie Wahl der Heizsysteme und die individuelle Wärmeversorgung, offen. Abschließend lässt sich sagen, dass der Koalitionsvertrag wichtige Ansätze für die Zukunft der Gebäudetechnik in Deutschland enthält. Es ist jedoch entscheidend, dass die Umsetzung der genannten Maßnahmen praxisnah erfolgt und die Bedürfnisse aller Marktteilnehmer berücksichtigt werden.“

Autor: Dittmar Koop

Link zum Koalitionsvertrag: https://www.koalitionsvertrag2025.de/

Link zu den Verbänden:

www.bkwk.de

www.agfw.de

www.zvei.org

www.solarwirtschaft.de

www.btga.de

www.zvshk.de

 


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