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Der Markt braucht Transparenz und verlässliche Produkte Kleinwindenergie Massenmarkt verfügt über großes Potenzial - spezielle Kleinwind-Vergütung gefordert

Bevor sich auf zahlreichen Hausdächern in Deutschland Kleinwindanlagen drehen, hat die Kleinwindbranche noch etliche Hürden zu meistern. „Das Interesse ist stark gewachsen. Die Menschen wollen Antwort geben auf eine Energiepolitik, mit der sie nicht einverstanden sind“, erklärte BWE-Präsident Hermann Albers das wachsende Interesse der Bevölkerung an den kleinen Windrädern.

Kai-Uwe Broek, der Geschäftsführer der Aircon GmbH & Co. KG aus Leer, ist unzufrieden mit der Einspeiseregelung für Kleinwindkraft und verkauft weit mehr Anlagen ins Ausland als zu Hause. Bild: Martin Frey

 

Zwar gibt es nach vorsichtigen Schätzungen von Uwe Hallenga, der die Internetplattform www.kleinwindanlagen.de betreibt, und die u.a. ein Forum zum Erfahrungsaustausch bietet, deutschlandweit bereits etwa 10?000 Kleinwindanlagen. Allerdings ist das Potenzial gewaltig und die Verbreitung könnte weitaus größer sein als heute der Fall.
Haupthemmnis sind die vergleichsweise hohen Kosten: So liegen die Strompreise aus Kleinwindanlagen oft doppelt so hoch wie bei den Großwindanlagen – bei schlechter Anlagenqualität oder ungünstigen Standorten auch weit höher.
Gründe für die hohen Kosten sind vor allem die Kleinserienfertigung – bei manchen Herstellern gleicht es eher einer manuellen Einzelfertigung. Von einer industriellen Serienproduktion sind praktisch alle Hersteller meilenweit entfernt.
Viele dieser Kleinunternehmen zögern, ihre Produktion auszubauen, da die politischen Rahmenbedingungen ungewiss und die Restriktionen hoch sind.

Uneinheitliche Genehmigungspraxis

Jedes Bundesland leistet sich eine eigene Genehmigungspraxis für Kleinwindkraft, wobei die Länder im Süden tendenziell weniger restriktiv vorgehen als in Norddeutschland. Aber auch auf kommunaler Ebene liegen viele Steine im Weg, was Rechtsanwalt Martin Malaton deutlich macht: „Wenn ein Sachbearbeiter nicht will, muss man auch mal mit einer Visualisierung des Projektes daherkommen“, rät der Fachanwalt aus Leipzig.
Allgemein sei eine Genehmigung leichter, wenn in der Umgebung Gebäude stünden, die noch höher sind. Und er mahnt, eine etwaige Genehmigungsfreiheit nicht als Vorteil zu sehen. Denn zieht der bisher freundliche Nachbar weg und der neue ist gegen das Windrad, dann beginnen die Probleme. Maslaton: „Nichts ist rechtsunsicherer als Genehmigungsfreiheit.“


Uwe Hallenga aus Osnabrück, hauptberuflich Ertragsgutachter für große Windenergieanlagen, betreibt ehrenamtlich das Internetportal www.kleinwindanlagen.de.   Bild: Martin Frey

Forderung nach eigener Einspeisevergütung

Das schwerwiegendste Hindernis jedoch gegenüber einer stärkeren Verbreitung der Kleinwindkraft ist, dass sie durch das EEG gleichbehandelt wird wie Großwindkraft. Eine spezielle Einspeisevergütung für Kleinwindkraft oder Investitionszuschüsse beim Kauf werden vermisst. Hierzu fehlte lange Zeit der politische Wille auf Bundesebene. Ein entsprechender Vorschlag des BWE wurde vom Bundesumweltministerium nicht aufgegriffen.
Inzwischen setzt die Branche Hoffnungen darauf, dass eine spezielle Kleinwind-Vergütung im Zuge der EEG-Novelle im Jahr 2012 eingeführt werden könnte. Hierzu hat man in einem Positionspapier des Bundesverbandes Windenergie (BWE) für drei Größenklassen von Mikro-, Mini- und Mittelwindenergieanlagen Zielmarken für eine Vergütung gesetzt, mit der aus Sicht des BWE ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist.


Die „Aircon 10 S“ wird von der Aircon GmbH & Co. KG im ostfriesischen Leer produziert und hat eine Nennleistung von 10 kW. Die Anlagen werden auf Gittermasten in den Höhen 12, 18, 24 oder 30 m angeboten.
Bild: Aircon


Hersteller überlegen abzuwandern

Kai-Uwe Broek, der Geschäftsführer der Aircon GmbH & Co. KG aus Leer, zeigt sich mehr als unzufrieden angesichts der derzeitigen Vergütung für Kleinwindanlagen in Deutschland. Sein Unternehmen stellt mit der „Aircon 10 S“ eine 10-kW-Anlage her und konnte 2010 40 Anlagen produzieren, von denen er 32 ins Ausland lieferte. Für Deutschland sieht er schwarz. „Ein Einspeisetarif müsste on top zum aktuellen Strompreis sein oder zumindest kostendeckend – alles andere hilft nicht. Ich muss mir überlegen, ob ich mit meiner Produktion überhaupt hier bleiben kann“, treibt es ihn angesichts des Paradoxons um, dass die Inlandsnachfrage enorm ist, jedoch die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem Baurecht und der Einspeisevergütung hinderlich für den Verkauf von Anlagen und den Aufbau eines Marktes sind. Die beste Lösung fände er, man erlaube es, für Kleinwindeinspeisung die Zähler rückwärts laufen zu lassen. Denn: „Mit den Strompreissteigerungen sind Kleinwindanlagen längst wettbewerbsfähig geworden.“
Mersid Huskic, beim Hersteller PSW-Energiesysteme GmbH in Celle für Vertrieb und Marketing zuständig, schlägt ebenfalls diesen Ansatz der bilanzierenden Stromrechnung vor, wie in Dänemark: „Dort wird auf den Strompreis auch noch ein Bonus für den Eigenverbrauch gezahlt.“ Dies sei bei steigenden Strompreisen für Hersteller und Stromkunden die beste Lösung, technisch einfach zu realisieren und besser als eine Staffelung nach Größenklassen. „Letzteres ist zu teuer und zu kompliziert für die Politik“, urteilt er.


Das erste Testfeld für kleine Windenergieanlagen ist Ende 2010 in Brunsbüttel eingerichtet worden. Die ersten Anlagen stammen von PSW aus Celle.
Bild: PSW-Energiesysteme


Hilft Zertifizierung der Branche voran?

Bei jeder Diskussion um eine höhere Förderung der Kleinwindkraft dürfte aber auch die Frage nach der Qualität der kleinen Propeller in den Blick rücken. Denn viele Produkte halten längst nicht alles, was sie vollmundig versprechen: So stimmen oft die zu erzielenden Ertragswerte bei Weitem nicht mit den Herstellerangaben überein, wie Uwe Hallenga moniert. Kunden sollten daher auf vermessene Leistungskennlinien achten, auf Schallvermessungen, gegebenenfalls vorher Windmessungen vornehmen und auf Bedienungsanleitungen und sofern vorhanden auf Zertifikate achten. „Vor allem aber ist Beratung notwendig“ – viel zu viele Kunden würden sich derzeit enttäuscht von der Kleinwindkraft abwenden.
Bei der Zertifizierung Vorreiter ist aktuell Großbritannien, wo die Auszahlung des erhöhten Einspeisetarifes an das Vorhandensein von Zertifikaten seitens der Hersteller gekoppelt ist. Die dortigen Tarife sind inzwischen sehr lukrativ, sodass der Markt kräftig an Schwung gewonnen hat. Beispielsweise werden auf der Insel sogar Kleinwindanlagen vermehrt auf Gebäuden installiert.
Ziel der Zertifizierung ist primär die Sicherheit für den Endverbraucher, erklärt Dug Butler, International Business Development Manager von Evance Wind Turbines Ltd in Loughborough (Leicestershire). Von einer langen Liste an Herstellern, die sich um ein Zertifikat beworben hätten, hätten erst zwei den strengen Prozess durchlaufen. Wer Anlagen betreibt, die am Ende das Zertifikat nicht erhalten, muss die bereits erhaltene Einspeisevergütung zurückzahlen. So waren zu Jahresbeginn 2011 erst Anlagen seines Unternehmens Evance sowie von Southwest Windpower nach dem sogenannten Microgeneration Certification Scheme (MCS) endgültig zertifiziert.
Neben den britischen Zertifikaten gibt es freilich auch andere Zertifizierer mit anderen Zertifizierungsregeln. Und so ist es derzeit kaum abzusehen, welche Standards sich einmal europaweit durchsetzen werden. Hier erwartet die Branche der Kleinwindkraftanlagen-Hersteller deutliche Zugeständnisse und will nicht nach den gleichen Maßstäben der Großwindkraft beurteilt werden. Die herkömmlichen Zertifizierungen sind viel zu umfangreich und somit auch teuer – was sie völlig unerschwinglich für kleine Produzenten macht.
Fabio Pollicino vom Kompetenz Center Erneuerbare Energien Zertifizierung der Germanischer Lloyd Industrial Services GmbH in Hamburg macht deutlich, wie wichtig dennoch ein vorliegendes Zertifikat für die Kundenseite ist: „Er sollte nach dem Zertifikat und allen Dokumentationen verlangen. Wenn es später einmal Probleme mit der Anlage gibt, dann hat man bereits alles beisammen.“


Prof. Dr.-Ing. Jochen Twele von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) in Berlin (links) untersucht in einem Projekt Kleinwindanlagen auf Berliner Dächern. Volker Wiethüchter, Geschäftsführer der Easywind GmbH aus dem nördlich von Husum gelegenen Langenhorn.   Bild: Martin Frey

Mehr Forschung gefordert

Dass vor einer stärkeren Nutzung der Kleinwindkraft noch einiger Forschungsbedarf besteht, belegt eine laufende Untersuchung von Kleinwindkraftanlagen auf Berliner Dächern: Hierzu wurden fünf Vertikalachser für eine zweijährige Messkampagne installiert. Verantwortlich ist der Fachbereich Ingenieurwissenschaften I Regenerative Energiesysteme der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) Berlin. Schon jetzt lässt sich sagen, dass die Anlagengröße auf Hausdächern infolge der Dachlast sehr begrenzt ist. „Ursache ist vor allem der Winddruck auf den Rotor“, erklärt Jochen Twele, der betreuende Professor. Etliche Unternehmen zeigen Interesse an seinen Forschungen, helfen sie doch bei der Weiterentwicklung von Anlagenkonzepten.

Erste Testfelder für Kleinwindanlagen

Hilfreich hierfür ist auch die Einrichtung von Testfeldern für Kleinwindanlagen. Von diesen gab es bis vor Kurzem noch kein einziges in Deutschland – anders als in den Niederlanden oder in Großbritannien. BWE-Präsident Hermann Albers misst solchen Testfeldern eine große Bedeutung zu, dienen sie doch auch als Schaufenster der Branche. Albers: „Wir müssen Bilder schaffen für diese Technologie.“
Bei Brunsbüttel startete Ende vergangenen Jahres (2010) der Bau des ersten Demo-Kleinwindparks Deutschlands: Für das „Marschwind“-Projekt hat die Smart Power Electronics aus Itzehoe gemeinsam mit der AHLF-Elektrotechnik GmbH aus Brunsbüttel die Kleinwindpark AE & SPE GmbH gegründet. Der Demo-Kleinwindpark soll nach Unternehmensangaben die eigenen Produktentwicklungen zur Netzanbindung regenerativer Energiesysteme unter Realbedingungen testen und an verschiedene Kleinwind-Konzepte anpassen. Ziel sei es, „Bewegung in den dynamisch wachsenden Markt der Kleinwind-Energieanlagen zu bringen“. Die ersten Anlagen lieferte PSW-Energiesysteme aus Celle.
Kleinwindkraft verfügt über ein gewaltiges Potenzial. Aber die Branche braucht dringend mehr Transparenz, damit interessierte Kunden nicht durch technische Bruchlandungen abgeschreckt werden.



AUTOR: Martin Frey

KONTAKT: Bundesverband WindEnergie (BWE), 10117 Berlin, Tel. 030 28482106, Fax 030 28482107, info@wind-energie.de, www.wind-energie.de
Uwe Hallenga, 49076 Osnabrück, Tel.0541 6855540, mail@kleinwindanlagen.de, www.kleinwindanlagen.de

 


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