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Beispiel für integrale Energie- und Bauwerksplanung

Das Musterhaus Mainfranken der Fachgruppe Wohnenergie

Wer heute - trotz der erheblichen Bestandssituation - noch neu baut, sollte keine Kompromisse eingehen und das Maximum an Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Erneuerbarer Energie umsetzen und all seine Erfahrungen konstruktiv einbringen. Zukunftsorientiert bauen heißt, einen bewussten Umgang mit Ressourcen zu realisieren. Das bedeutet, nicht nur den Endenergiebedarf zu fokussieren, der sich lediglich im schlichten "Energiesparen" erschöpft. Viel mehr gilt es, den Primärenergiebedarf auf ein Minimum zu reduzieren und somit keine zusätzliche und nutzlose Energie zu verursachen.

 

Schon in der Planungsphase ist das Zusammenspiel zwischen Baukonstruktion und Energiekonzept von zentraler Bedeutung. Hierin liegen die wesentlichen Stützpfeiler einer integralen Planung. Ein über den Tellerrand einzelner Gewerke hinausgehender Planungsgedanke ist Grundvoraussetzung.

Die Qualität der thermischen Hülle gilt, gemeinsam mit den Baumaterialien und geschlossenen Öffnungen, als Basis eines nachhaltigen Wohnungsbaus und bildet das Fundament einer energieeffizienten Anlagentechnik aus Erneuerbaren Energien, die den Punkt auf das i setzt; zum Wohle zukünftiger Generationen.

Wohnhaus für Menschen und Umwelt
Auch wenn es sich aufgrund der energetischen Qualität um ein Passivhaus handelt, möchte die Fachgruppe Wohnenergie diesen Begriff nicht in den Vordergrund stellen, da die energetische Qualität, hochwertige Baukonstruktion und vor allem die Nutzung Erneuerbarer Energie für sie eine selbstverständliche Grundlage darstellt, wie es auch die Tradition des Forums Wohnenergie zeigt. Vielmehr interessieren die Fachgruppe Wohnenergie der Mensch und seine Umwelt mit seinen individuellen und durchaus privaten Bedürfnissen, aber auch die Bedürfnisse nachfolgender Generationen, was u. a. den Umgang mit Ressourcen betrifft. Immerhin geht es ja darum, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit umzusetzen, ohne auf Wohnkomfort verzichten zu müssen.

Ganz bewusst nennt die Fachgruppe Wohnenergie ihr Musterhaus Mainfranken deshalb auch ein "Wohnhaus für Menschen und Umwelt". Natürlich sieht sie auch den klassischen Familienbegriff mittlerweile differenzierter und die sozialen Entwicklungen wie Patch-Work-Familien, Singlehaushalte etc. können in der integralen Planung eines Wohnhauses nicht unberücksichtigt bleiben.

Aus diesem Grund ist das Musterhaus auch baustatisch nachhaltig entwickelt, da dieser Begriff dahingehend ernst genommen wird, dass es sich bei einem Wohnhaus um mehr als ein Generationenwerk handelt. Auch deshalb sind die Wohnbauten der Fachgruppe Wohnenergie natürlich barrierefrei und die Grundrisse verschiebbar, sodass sie - bei Bedarf - neuen Lebenssituationen perfekt angepasst werden können. Grundsätzlich sieht die Fach-gruppe den Wohnungsbau unbedingt Generationen übergreifend, denn auch der Nachhaltigkeitsgedanke - besonders bezüglich der Umwelt -, liegt im Verantwortungsbereich des Planers.

Ausgangspunkt Solarthermie
Im Mittelpunkt jeder Entwurfsplanung für ein Wohnwärmekonzept steht die solarthermische Nutzung. Allein die bisherigen Anwendungen lassen eine umfassende Nutzung dieser natürlichen Potenziale selten zu. Dieses Dilemma steht im Zentrum des Wohnwärmekonzeptes für das Musterhaus Mainfranken, welches das Ziel verfolgt, mit solarthermischen Wärmequellen, einem gebäudeintegriertem Wärmereservoir und einer Wärmepumpe, ein autarkes Wärmekonzept zu entwickeln, das ohne Eingriff in die Umwelt auskommt, minimalsten Primärenergiebedarf beansprucht und auch in den Investitionskosten eine attraktive Alternative darstellt. Es wurde zudem auf komplexe  Wärmespeichermaterialien verzichtet und stattdessen auf Wasser als Wärmeträger- Wärmeübertragungs- und Wärmespeichermedium gesetzt.

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Feorum Wohnenergie

Im Zentrum von Energiekonzept und Baukonstruktion steht im Musterhaus Mainfranken ein gebäudeintegriertes Wärmereservoir, das thermisch vollkommen entkoppelt die Wärmequellenanlage dieses Mehrfamilienhauses darstellt. Der Wärmeeintrag findet durch eine solarthermische Anlagentechnik statt, die sowohl direkt die Bereitstellungstechnik versorgt, aber auch das Wärmereservoir. Die solarthermische Anlage arbeitet daraus resultierend mit maximalem Wirkungsgrad und geringster Belastung der Kollektorfelder, die aus Vakuumröhren auf Ost- und Westdach installiert sind.

Außerhalb der Heizperiode erledigen die Vakuumkollektorfelder der solarthermischen Anlage vollständig die Trinkwassererwärmung, die wohnungszentral mittels Frischwasserstationen hygienisch bereitgestellt wird.

Bau des gebäudeintegrierten Wärmereservoirs. Bild: Forum Wohnenergie

Die Wärmeübertragung an den Wohnraum erfolgt mit geringsten Systemtemperaturen <35° C und entsprechend hohem, direktem Solaranteil. Nur in den Badezimmern befindet sich eine Fußbodenheizung, ansonsten (in den Wohn- und Schlafbereichen) nur Wandflächenheizungen und Niedrigsttemperatur-Konvektoren in den Wohnbereichen.

Darüber hinaus bietet das Musterhaus Mainfranken die Möglichkeit, spiegelgleiche Wohnungen mit unterschiedlichen Wärmeübertragungssystemen auszustatten und diese zu vergleichen. Nach Fertigstellung dieses Wohnhauses werden sich durch verschiedene Messverfahren und Begehungen über mindestens fünf Jahre eine Vielzahl von Praxiserfahrungen einstellen, die entsprechend ausgewertet werden.

Detailzeichnung Vakuum Röhrenkollektor. Bild: Sonnenkraft

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Sollte die direkte Solarnutzung nicht ausreichen, erfolgt in zweiter Stufe eine indirekte Solarnutzung durch das Wärmereservoir als solare Wärmequellenanlage für eine Wärmepumpe, die die vorgehaltene Solarwärme im Winter auf bedarfsorientierte Wohnwärme mit höchstem Komfort für den Bereitstellungs-Pufferspeicher erarbeitet.

Das Wärmereservoir ist eine eigenständige "unnatürliche Wärmequellenanlage", die nicht in die Umwelt eingreift, sondern lediglich solare Wärme zur Regeneration und zum Lastausgleich nutzt. Dies ist ein erhebliches Merkmal, warum das Wärmereservoir kein klassischer Langzeitwärmespeicher ist, sondern eine eigenständige Wärmequellenanlage für eine monovalent betriebene Wärmepumpe darstellt.

Unabhängig davon, dass das natürliche Wärmeregime im Untergrund in keiner Weise beeinflusst wird, da kein Eingriff in das Ökosystem stattfindet, lässt sich heute schon sagen, dass diese Alternative im Gegensatz zu beispielsweise einer Erdwärmesondenanlage deutlich günstiger herzustellen ist. Weitere Funktionen wie z. B. Kühlung sind durch die Anordnung der Wärmetauscher innerhalb der Speichermasse möglich.

Die wesentliche Schnittstelle der Bereitstellungstechnik ist der Bereitschafts-Pufferspeicher. Von dort aus werden die Steigestränge der Wärmeversorgung an zwei zentralen Stellen in einem Installationsschacht durch das Haus in die einzelnen Wohnungen geführt. In den Wohnungen befinden sich Übergabestationen, die einen Edelstahl-Plattenwärmetauscher, diverse Armaturen, Pumpen und regelungstechnische Einrichtungen, einen statischen Heizkreis für die Konvektoren in den Badezimmern und einen gemischten Heizkreis inklusive Verteiler für die Wandflächenheizungen und die Konvektoren beinhalten. Eine Grauwasseranschlussleitung versorgt die Toiletten- und Urinalspülungen und eine Entnahmestelle zum Blumengießen, um die Ressource Trinkwasser zu schonen.

An den Übergabestationen der Wohnungen werden sämtliche Verbräuche erfasst und dokumentiert. Weitere Messwerte entsprechend der Raumluftqualität, sämtliche Parameter bezüglich der thermischen Behaglichkeit, des Nutzerverhaltens und der realen Funktionsweise der gesamten Gebäudesystemtechnik werden ebenso im Rahmen eines umfangreichen Monitorings erstellt.

Detailzeichnung Luft-Kollektor in der Fassade. Bild: Grammer Solar

Optimales Zusammenspiel
Die Grundrissaufteilung und Anordnung der transparenten Flächen erfolgte unter anderem nach der Maßgabe einer maximalen passiven Nutzung von Solarenergie, nicht nur bezüglich des Wärme-, sondern ebenso bezüglich des Tageslichteintrags.

Für ein optimales Zusammenspiel aus solarem Wärmeeintrag und installierten Wärmeübertragungssystemen sorgt u. a. eine entsprechende Regelungsstrategie.

Es wurde des Weiteren auf einen optimierten Brandschutz und Schallschutz Wert gelegt. Das Erdgeschoss ist von der Straße und vom Gehweg frei zugänglich und barrierefrei sowie die Duschen allesamt bodengleich. Die Balkone wie auch das Treppenhaus sind ebenso vollkommen thermisch entkoppelt.

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In der Südfassade des Treppenhauses befindet sich ein bauteilintegrierter Solar-Luftkollektor. Während der Übergangszeit und den Wintermonaten wird die Frischluft der dezentralen Wohnungslüftungsanlagen solar erwärmt. In den Sommermonaten wird die Wärme der Luft in das Wärmereservoir geführt, welches somit auch als Saisonalspeicher genutzt wird. Es sei an dieser Stelle zu bemerken, dass es sich bei den bedarfsgesteuerten Wohnungslüftungsanlagen nicht um eine Luftheizung handelt, sondern die Frischluft solar vorerwärmt wird.

Eine zusätzliche Nacherwärmung der Frischluft findet ausschließlich durch die Wärmerückgewinnung aus der Abluft statt. Ebenso besteht die Möglichkeit, die warme Frischluft im Sommer zu kühlen. Die Wohnungslüftungsgeräte befinden sich allesamt in der Dachzentrale und sind mit einem Rotationswärmetauscher bestückt, der nicht nur Wärme, sondern auch Feuchte rück gewinnt, um sowohl den Bestandsschutz, als auch den gesundheitlichen Anforderungen der Bewohner genüge zu tun.

Perspektivzeichnungen der Lüftungsanlagen im Musterhaus Mainfranken. Bild: Systemair

Gebäudeintegriertes Wärmereservoir
Durch das gebäudeintegrierte Wärmereservoir versorgt sich das Gebäude selbst mit Wärmeenergie und stellt eine bivalente Solarheizungsanlage in unspektakulärer Weise dar, die lediglich mit einer Wärmepumpe als Backup ausgestattet ist.

Der Primärenergiebedarf reduziert sich somit auf ein Minimum, aufgrund des hohen Solaranteils lediglich auf die Regelenergie Strom als Hilfsenergie. Auf ein allerletztes Minimum lässt sich der Primärenergiebedarf durch Strom aus Erneuerbarer Energien reduzieren.

Infokasten zur Fachgruppe Wohnenergie
Nach langjähriger Zusammenarbeit haben der Bauingenieur und -statiker Christian Kiesel und Frank Hartmann, Gründer des Forum Wohnenergie, die Fachgruppe Wohnenergie gegründet, um neue Wege beim Bauen und Modernisieren von Wohngebäuden zu beschreiten.

Der Ansatz der Fachgruppe Wohnenergie ist dahingehend traditionell, dass sich die Gründer in erster Linie Gedanken darüber machen, welche Anforderungen der Mensch grundsätzlich an ein Wohnhaus stellt (Privatsphäre, Schutz vor Wind und Wetter, Familiengründung, Behaglichkeit, niedrige Betriebskosten, Betriebs- und Versorgungssicherheit, usw.) und welche Folgen dies für die Umwelt und die Zukunft haben kann.

"In der Tat stellt ein Wohnhaus einen Mikrokosmos dar, der sehr individuellen Vorstellungen entsprechen muss", führt Frank Hartmann aus. "Ausgehend von diesen Basissituationen ist uns das Wohlbefinden des Bewohners weit über die thermische Behaglichkeit hinaus sehr wichtig". Dies betrifft nicht nur Baumaterialien, sondern zeigt sich vor allem in der Sicherstellung gesundheitsfördernder Raumluftqualität ebenso, wie beispielsweise in der Ausrichtung transparenter Flächen mit einem sehr hohen Stellenwert auf maximale Tageslichtausbeute, also natürlichem Licht. Der planerische Ansatz zur Integration von Wohnungslüftungsanlagen liegt nicht nur in der Energieeffizienz, sondern vor allem in der Sicherstellung der Raumluftqualität zum Wohle der Bewohner, soll heißen: optimale Sauerstoffversorgung; Abfuhr von Immissionen und Feuchte.

Nähre Informationen über die Fachgruppe Wohnenergie und das Musterhaus Mainfranken finden Sie unter: www.forum-wohnenergie.de

Symposium "Energetische Baukonstruktion und Anlagensystemtechnik" - Rabatt für IKZ-ENERGY Leser
Am 25. November 2009 veranstaltet die Fachgruppe Wohnenergie ein Herbst-symposium "Energetische Baukonstruktion und Anlagensystemtechnik" in der Bayerischen Bauakademie, Feuchtwangen. Im Zentrum dieser Veranstaltung werden die Zusammenhänge von Baukonstruktion und Energiekonzept praxisorientiert dargestellt und u. a. das Musterhaus Mainfranken vorgestellt. Die Leser der IKZ-ENERGY erhalten eine ermäßigte Teilnahmegebühr für dieses Symposium. Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung erhalten Sie ab September 2009 unter www.forum-wohnenergie.de

 


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