Automatisiertes Auslesen und Weiterverarbeiten von Messdaten
Messtechnik zur Fernauslesung kann mit den richtigen Parametern Vorteile für alle Beteiligten bringen: dem Mieter und Vermieter, dem Gebäudemanager und dem SHK-Handwerk
Technik kann immer nur so gut sein, wie ihr Nutzwert für diejenigen, die mit ihr täglich umzugehen haben. Lösungen müssen daher praktikabel sein und sollten sich schnell amortisieren. Damit Investitionen in Messtechnik mit Fernauslesung aber auch auf lange Sicht lohnen, dürfen Einsparungen nicht an anderer Stelle durch zusätzlichen Aufwand aufgezehrt werden. Daher gibt es keine pauschalen Lösungen, sondern nur das richtige Messkonzept für jeden Einsatzzweck und jedes Objekt mit seinen spezifischen Eigenschaften.
Bei der Fernauslesung von Verbrauchsdaten sind zunächst zwei Hauptanwendungsgebiete zu unterscheiden: zum einen die Fernauslesung von Verbrauchsdaten zum Zwecke der Neben- und Heizkostenabrechnung, zum anderen die Fernauslesung von Messwerten und Verbrauchsdaten für das Gebäude- und/oder Energiemanagement. Für beide Zwecke halten namhafte Hersteller Lösungen mit entsprechender Hard- und Software parat.
Digitale Datenübertragung für die Kostenabrechnung
In Gebäuden befinden sich Zähler, die den Verbrauch von Strom, Wasser, Heiz- und Kälteenergie erfassen. Sie dienen als Grundlage für die Abrechnung mit den Versorgern und Nutzern. Die Heiz- und Nebenkostenabrechnung per Fernauslesung bietet dabei einige Vorteile.
Auf der Hand liegt, dass die Eigentümer oder Mieter zur Ablesung von Daten nicht anwesend sein müssen. „Die digital übertragenen Daten vermindern zudem die Fehlerquote erheblich“, sagt Markus Günther-Hirn, Leiter Technik bei WDV/Molliné. „Übertragene Monatswerte erlauben auch Rückschlüsse auf das Verbraucherverhalten bei auftauchenden Problemen und Fragen“, ergänzt er. Denn gerade, wenn Bewohner eine Nachzahlung leisten müssten, helfe dies, Streitfälle zu schlichten und mögliche Ursachen für den Mehrverbrauch zu finden. „Bei der oft üblichen einmal jährlichen Ablesung und Abrechnung haben Mieter keine Chance mehr, ihr Verbrauchsverhalten zu beeinflussen“, sagt er. Ganz anders, wenn Mieter Zugriff z. B. auf ein Webportal haben, das ihr Verbrauchsverhalten in Kurven visualisiert. „Auch technische Defekte wie eine undichte WC-Spülung oder ein tropfender Wasserhahn können wesentlich einfacher und schneller entdeckt werden“, erläutert Günther-Hirn.
Nachrüstbare Funksysteme
Günstig zu installieren und in Bestandsbauten nachrüstbar sind Funksysteme. Wenn dort keine Kabel mehr verlegt werden können, muss trotzdem nicht auf eine zeitgemäße Zählerablesung verzichtet werden. Mit einer stationären oder mobilen Lösung können Funksysteme alle Anforderungen eines Zählerfernauslesesystems erfüllen. Funksysteme werden häufig in öffentlichen und kommunalen Objekten, im Gewerbe wie im Wohnbau eingesetzt.
Die Ablesung der relevanten Abrechnungsdaten per Funk erfolgt entweder im Walk-by-Verfahren oder über ein stationäres System. Auch der Umstieg von Walk-by zu einem stationären System ist nachträglich möglich. Die Signale sendenden Heizkostenverteiler, Wasser- und Wärmezähler sind bei WDV-Molliné in wireless M-Bus-Ausführungen verfügbar. Es handele sich nicht um ein proprietäres Funksystem wie bei den meisten anderen der Marktbegleiter. Alle Komponenten des Funksystems seien frei käuflich. Das System wäre damit besonders für Baugenossenschaften, Verwalter und Immobilieneigentümer interessant, die ihre Heizkostenabrechnungen selbst erstellen möchten. Ergänzend dazu stehe das Online-Abrechnungssystem bereit, welches die Daten des Funksystems direkt laden könne.
Ein Beispiel für ein proprietäres System ist das von Techem. „Viele in Wohnungen verbaute Techem-Geräte können ohne Austausch zwar einfach durch Funkmodulnachrüstung oder jeweilige Aktivierung durch Parametrierung auf Funkerfassung umgestellt werden“, sagt Beate Reins, Senior Corporate Communications Manager von Techem Energy Services, „aber vorhandene Geräte anderer Hersteller müssten in der Regel ausgetauscht werden. Auch Techem bietet grundsätzlich eine Walk-by- und eine stationäre Lösung an. „Beim Walk-by-Verfahren sammelt ein Techem-Servicemitarbeiter im Rahmen der einmal jährlich stattfindenden Ablesung mit einem mobilen Ablesegerät alle wichtigen Daten außerhalb der Wohnung ein“, erklärt Reins. Bei der stationären Funkauslesung mittels Smart System werden die Verbrauchswerte auf einem zentralen Datensammler empfangen, der im Hausflur oder Treppenhaus installiert sein kann. Diese Daten werden via Mobilfunknetz an das Rechenzentrum des Energiedienstleisters übermittelt.
Bei Techem ist eine monatliche Auswertung grundsätzlich nicht vorgesehen. Bei stationärer Funkauslösung aber ist auch eine unterjährige Betrachtung möglich. Dies beinhalte Analysen und Datenvergleiche, die für die Transparenz hinsichtlich des energetischen Zustands der betreffenden Liegenschaften sorgten. Der Zugriff kann auf das Techem-Monitoring über verschiedene Endgeräte wie PC, Tablet oder Smartphone erfolgen.
Weitere Unternehmen, die proprietäre Systeme einsetzen, sind laut Wettbewerbsstudie vom Bundeskartellamt aus Mai 2017 neben Techem auch ista, die Brunata-Metrona-Gruppe, Minol und Kalorimeta. Allerdings, so räumt die Studie ein, bedürfen auch die Anbieter freier Systeme grundsätzlich einer einheitlichen Zählerpopulation, um die Verbrauchswerte auf einheitlicher Basis erfassen und abrechnen zu können.
Für mehr Transparenz und Energieeinsparung
„Von intelligenten Zählern, die Verbraucher in Echtzeit mit ihren tatsächlichen Verbräuchen konfrontieren, erhofft sich die EU mit der Energieeffizienz-Richtlinie ein direktes Umdenken hin zu Energieeinsparung und Reduzierung des CO2-Ausstoßes“, sagt Diplom-Ingenieur Ronald Müller, Leiter Kundenservice bei Allmess. Sämtliche Wärme- und Wasserzähler des Messgeräteherstellers seien bereits heute darauf ausgerichtet. Das heißt, diese Zähler sind mit einem Fernauslesesystem verbunden, das jederzeit einsehbar sämtliche Verbrauchsdaten sammelt und verständlich darstellt. Außer reinen Verbrauchsdaten lassen sich auch andere Informationen wie Durchflussmengen und Temperaturen übertragen. „So kann eine genaue Momentaufnahme der kompletten Anlage mit allen Anschlüssen gemacht werden, was der Überprüfung des Wirkungsgrades und damit dem Auftrag der Energieeffizienz nachkommt“, erläutert Müller. Zur Steigerung der Energieeffizienz ließen sich Verbrauchsprofile erstellen und Limits festlegen, sodass der Verbrauch eine bestimmte Größe nicht mehr überschreiten bzw. automatisch eine Meldung weitergegeben würde.
Auch Allmess bietet ein standardisiertes, kabelgebundenes Fernauslesesystem per M-Bus an. Die M-Bus-Vernetzung von großen Versorgungsgebieten sei ebenso möglich wie die Installation in Gewerbebauten und Mehrfamilienhäusern. Die Verbrauchsdaten können vor Ort durch einen PC ausgelesen oder per GPRS an einen entfernten FTP-Server geschickt werden. Die Walk-by-Lösung bei Allmess läuft über das „EquaScan“-Funksystem. Auch die Nachrüstung ist möglich.
Ronald Müller von Allmess sieht in dieser Entwicklung auch ein lukratives Geschäftsfeld für das SHK-Fachhandwerk. Dies erfordere allerdings viel Know-how. Unterstützung erhalten Handwerksbetriebe nicht nur von Innungen und Verbänden, sondern auch von Herstellern, die Seminare für Handwerkspartner bieten. Dabei können Handwerksbetriebe aber nicht nur die Installation anbieten. Gebäudebetreiber beauftragen in einigen Fällen auch das SHK-Fachhandwerk mit der Ablesung. Diese liefern zum Beispiel dann abrechnungsfertige Excel-Dateien und generieren so ein laufendes Geschäft.
Fernauslesung für das Gebäude- und Energiemanagement
Für das Gebäude- und Energiemanagement werden meist kabelgebundene Bussysteme eingesetzt. „Die Zähler kommunizieren über Schnittstellen mit der Gebäudeautomation oder Gebäudeleittechnik“, sagt Günther-Hirn von WDV-Molliné. Die Hauptanwendungsgebiete liegen in Gewerbeobjekten wie Bürogebäuden oder Shopping-Malls, in der Industrie sowie im öffentlichen Sektor. Es gibt zahlreiche Standards – die wichtigsten sind M-Bus, LONmark, BACnet, KNX/EIB und Modbus. Günther-Hirn erläutert: „Gateways übersetzen von einem Bussystem auf ein anderes. Datenlogger speichern die Daten zwischen und reichen sie zur Weiterverarbeitung in übergeordnete Systeme weiter, beispielsweise an die Energiemanagement-Software.“
Die automatisierte Energiedatenerfassung ermöglicht Analysen, Reports, Monitoring, Visualisierung, Effizienzkontrolle und -überwachung, Spitzenlastmanagement, Grenzwertüberwachung, Leckageerkennung und automatisierte Energiekennzahlbildung. Die aufgezeichneten Daten werden visualisiert, beispielsweise als Lastgänge, und ermöglichen die Beurteilung und Rückschlüsse im Hinblick auf Effizienz, technische Probleme sowie schlecht eingestellte und geregelte Anlagen. Die Daten und Zahlen können die Grundlage bieten für Investitionsentscheidungen von Sanierungs- und Optimierungsmaßnahmen sowie die Erfolgskontrolle der umgesetzten Projekte bis hin zu geforderten Dokumentationen und automatisierten Berichtstellungen gemäß DIN EN ISO 50001. WDV-Molliné-Experte Günther-Hirn erklärt weiter: „Über Alarmierungsfunktionen der Energiemanagementprogramme können Wartungsintervalle gezielt gesteuert und auf technische Defekte wie Leckageüberwachung unmittelbar reagiert werden – und zwar bevor große Schäden entstehen können“. Dies führe letztendlich zur kontinuierlichen Verbesserung der energetischen Leistung, Verbesserung der Energieeffizienz und systematischen Erfassung der Energieströme.
Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin
Beispiel Wohnungsbau: Fernauslesung Berliner Villenviertel Dahlem
Für eine exklusive Wohnanlage im eleganten Berliner Villenviertel Dahlem lieferte Allmess die entsprechende Messtechnik für die Fernauslesung. Insgesamt wurden 280 Unterputzwasserzähler, 210 Ultraschall-Messkapselwärmezähler und 70 Messkapselkältezähler verbaut. Die Wärmezähler wurden am Fußbodenheizungsverteiler installiert. Die Kältezähler befinden sich am separaten Strang der Klimaanlage. Alle Zähler sind mit einem Funkmodul für die Walk-by-Lösung ausgestattet, sodass der Ableser die Wohnungen nicht betreten muss. Dazu Ronald Müller von Allmess: „Unser Funk-Auslesesystem liest die Jahreszählerstände jeder Nutzeinheit aus und dokumentiert darüber hinaus bis zu 18 Monatswerte der Wärme- und Kältezähler.“
Beispiel gewerbliches Objekt: Fernauslesung im Medical Park Hannover
Das Medical Park Hannover liegt in direkter Nähe zur Medizinischen Hochschule Hannover und bietet maßgeschneiderte Arbeitsräume für die Ansiedlung von Unternehmen und Start-ups der Branche „Liefe Science“. Um den Unternehmen individuelle und maßgeschneiderte Raumkonzepte bieten zu können, ist jedes Objekt in der Aufteilung der Nutzfläche hochflexibel konstruiert und kann in bis zu 50 Einheiten unterteilt werden. Wenn Mieter wechseln, können sich die Raumzuschnitte schnell ändern.
Zum Objekt gehören nicht nur Büros, sondern auch Besprechungsräume, Vorlesungssäle und Labore mit spezieller Infrastruktur. Um die kleinteiligen Nutzungsflächen den Bedürfnissen der Unternehmen entsprechend anbieten zu können, sind Verbrauchszähler für jede erzeugbare Raumkonstellation notwendig. Dazu gehören Strom- und Wärmezähler, in klimatisierten Räumen auch Kältezähler und in den Laboren Wasserzähler. Die Energieverbräuche in Gemeinschaftseinrichtungen werden gesondert erfasst. Eine praktikable Lösung für die Verbrauchsmessung bot WDV Molliné über einen SHK-Fachbetrieb vor Ort mit einem Messstellenkonzept per Funk für die Fernauslesung. Der Hersteller lieferte auch die Hardware: von Zählern, über Funk-Repeater bis zu den Erfassungsgeräten. Die Installation übernahm der dafür geschulte Handwerksbetrieb.