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Stiller Abgang erwünscht

Bei der Planung von Entwässerungsanlagen sind Schallschutzanforderungen zu erfüllen, aber auch der Brandschutz muss beachtet werden. BIM hilft dabei

Vor der Montage der Abwasserinstal­lation steht die Planung. Dabei sind zahlreiche Normen und Vorgaben zu beachten. Bild: Rehau

Durch standardisierte Prüfverfahren erhalten Bauprodukte und Installationssysteme ein schallschutztechnisches Prüfzeugnis. Damit soll bei Einhaltung entsprechender Randbedingungen eine bestimmte geforderte Schallschutzstufe eingehalten werden. Bild: Geberit

Die Schallentkopplung von Abwassersystemen erspart Ärger mit dem Bauherrn bzw. dem Auftraggeber. Bild: Wavin

BIM hilft auch bei der Planung der Gebäude­entwässerung. Dem Prozess des Building Information Modelings wird gerade in Großprojekten eine große Zukunft vorhergesagt. Bild: Wavin

Rohre und Formstücke des Typs „Polo-Kal XS“. Einige Eigenschaften: Dichtungen gehen nicht mehr verloren, schmale Muffe, Anfasen nicht mehr notwendig. Bild: Poloplast

Eine speziell auf das System „Silent-Pro“ entwickelte Systemrohrschelle verspricht eine wirksame und dauerhafte Schallentkopplung vom Baukörper. Bild: Geberit

 

Eine genaue Planung, Bemessung und Darstellung der Entwässerung eines Gebäudes erfolgt im Entwässerungsplan – hier stehen die Volumina der abzuleitenden Schmutz- und Regenwässer sowie die Geometrie des Leitungsnetzes im Mittelpunkt. Bei der Auswahl der Abwasserrohre spielen der Brandschutz und die Schalldämmung sowie das Montage-Handling eine herausragende Rolle, wie der Blick auf das Marktangebot zeigt.

Die Verlegung und Bemessung von Schmutz- und Regenwasserleitungen innerhalb von Gebäuden ist europäisch geregelt. Sozusagen als „Grundnorm“ ist die DIN EN 12056 in den Teilen 1 bis 5 anzusehen. Weil dort nicht jede Einzelheit beschrieben ist, gilt in Deutschland zusätzlich die DIN 1986-100 mit ergänzenden nationalen Regelungen.
Für eine einwandfreie Funktion von Entwässerungsanlagen sind bei Verlegung und Bemessung von Abwasserleitungen diese generellen Planungsaspekte zu berücksichtigen, rät Geberit:

  • die Selbstreinigungsfähigkeit der Entwässerungsanlage muss sichergestellt sein,
  • es dürfen keine Druckschwankungen auftreten, die das Sperrwasser aus den Geruchverschlüssen absaugen oder in die Entwässerungsgegenstände zurückdrücken,
  • durch geeignete Lüftungsmaßnahmen und eine Teilfüllung der Rohrleitungen muss die erforderliche Lüftung der Entwässerungsanlage sichergestellt sein,
  • das Abwasser muss geräuscharm abgeführt werden.

Bei einer Freispiegelentwässerung ist dazu ein ausreichender Füllungsgrad der Abwasserrohre erforderlich (0,5) – soll heißen: Während der Entwässerung soll die Leitung zur Hälfte mit Wasser gefüllt sein – und es ist eine Mindest-Fließgeschwindigkeit von 0,5 m/s sicherzustellen, damit
Schweb- und Sinkstoffe transportiert und ausgeschwemmt werden. Der Rohrdurchmesser ist selbstverständlich wichtig: Bei zu gering dimensionierten Leitungen kann das Abwasser nicht vollständig aufgenommen werden, bei zu großen Leitungen besteht die Gefahr, dass Fäkalien und Feststoffe liegen bleiben und sich sammeln, was ebenfalls zu Verstopfungen führt. Auch das Gefälle ist zu beachten: Für liegende Schmutzwasserleitungen im Gebäude liegt das Mindestgefälle bei 0,5 cm/m (1:200).
Wegen ihrer reinen Abführfunktion stehen Abwasserrohre weder im Über- noch im Unterdruck, da die Schmutz- und Abwässer nur fließen oder fallen. Zudem sind die Durchmesser wesentlich größer als die von Zuleitungen, weil neben Wasser auch Feststoffe zu transportieren sind. Keine Regel ohne Ausnahme:

  • Eine Unterdruckentwässerung ist zuweilen auch in Gebäuden anzutreffen, z.B. zur Ableitung unterschiedlicher Abwasserarten aus Laboratorien.
  • Funktioniert die Entlüftung nicht korrekt, kann es ebenfalls zu einem Unterdruck im Abwasserrohr kommen.
  • Die Rohrleitungen hinter einer Hebeanlage stehen naturgemäß unter Druck.


BIM: Hilfreich auch bei der Gebäudeentwässerung
Mithilfe des Building Information Modeling (BIM) werden Gebäude über den gesamten Lebenszyklus – von der Planung bis zur späteren Sanierung – realisiert und gegebenenfalls verändert. Will ein Planer die Entwässerung in BIM realisieren, kann er dazu entsprechende Dateien der Hersteller einsetzen.
Die verfügbaren „Revit“-Datenpakete von Wavin beispielsweise bieten gegenüber Standard-Datenpaketen besondere Vorteile. Mit Standardprogrammen nämlich sei es zum Beispiel möglich, Durchmesser oder Winkelgrade von Formstücken zu zeichnen, die gar nicht lieferbar sind. Denn T-Stücke und Bögen werden nur sehr allgemein dargestellt. Bei den „Revit“-Datenpakten von Wavin ist dies so gelöst, dass vom Programm Daten wie Durchmesser, Winkelgrade von Bögen, Reduzierungen usw. auf Plausibilität und Lieferbarkeit geprüft werden. Ein Mausklick erzeugt die vollständige Materiallis­te mit den dazugehörigen Artikelnummern. Außerdem ermöglicht die exakte Darstellung der Einbausituation eine zuverlässige Kollisionserkennung. Es sei präzise nachvollziehbar, wo was im Gebäude verbaut wurde.
Auch Saint-Gobain HES hat sich zum Ziel gesetzt, Architekten und Planern die Arbeit mit BIM so leicht, zeitsparend und sicher wie möglich zu gestalten. Das gelingt zum Beispiel mit dem Plug-In für Allplan, ArchiCAD und Revit. Nutzer dieser CAD-Software können mit diesem Werkzeug auf das Angebot aktueller Bauteillösungen für Dach, Fassade, Innenausbau, Keller und Bodenplatte zugreifen.
Mit der Software „ProPlanner“ stellt Geberit ein Tool zur Verfügung, mit dem sich alle Komponenten der Installation inklusive der Unterdruck-Dachentwässerung „Pluvia“ planen lassen. Das Unternehmen stellt ein Plug-In speziell für „Autodesk Revit 2016“ bereit. Mit dem Plug-In sind hydraulische Berechnungen direkt in „Revit“ möglich.
Praktische Hilfen und schnelle Informationen zu Entwässerungslösungen und zum richtigen Einbau bietet die Videothek von Kessel: Zu den Themenbereichen Rückstauschutz, Hybrid-Hebeanlagen, Hebeanlagen, Abläufe und Rinnen sowie Abscheider informieren rund 20 Videos (auch auf YouTube zu finden).

Brandschutz: Der „Problembär“ vieler Projekte
Die Umsetzung der Brandschutzanforderungen in der Gebäudetechnik gestaltet sich in den letzten Jahren zunehmend schwieriger – der BER – Flughafen Berlin Brandenburg – geht mit dieser Thematik vermutlich in die ewige Negativ-Bestenliste ein.
Vor allem die Anforderungen an Rohrabschottungen für haustechnische Anlagen sorgen immer wieder für große Verunsicherung. Wer auf nichtbrennbare, gusseiserne Abflussrohrsysteme mit den zugehörigen Rohrabschottungen setze, erfülle alle Anforderungen an den baulichen Brandschutz, so Düker. Denn: Gusseiserne Abflussrohrsysteme bleiben im Brandfall geschlossen. Rauch, der anfangs durch Hitzeeinwirkung auf die Innenbeschichtung entstehen kann, verbleibt im Rohrsystem und wird über die Entlüftung über Dach abgeführt.
Ein Praxisfall: Mit einer Gesamtfläche von ca. 70.000 m² entsteht im ersten Bauabschnitt auf dem Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt das Zentrum für klinische Medizin (ZkM). Der Planer hat sich aus mehreren Gründen für SML-Rohre von Düker entschieden: Es sollte so wenig Brandlast wie möglich ins Gebäude verbracht werden, zudem ist der Schallschutz von besonderer Bedeutung. Das SML-Rohr entspricht der Baustoffklasse A1 (nicht brennbar) nach DIN 4102 und DIN EN 13501-1. Verlegt und montiert werden ca. 6300 m SML-Rohr und 6900 Formstücke sowie ca. 400 m „MLK-protec“ Rohr mit 370 Formstücken.

Geräuscharme Entsorgung des Abwassers
Das Abfließen des Abwassers kann zu einer starken Geräuschbelästigung führen. Gemäß DIN 4109 ist eine Schalldämmung der Abwasserrohre in jedem Fall in Mehrfamilienhäusern vorgeschrieben, wobei in Schlafräumen und Wohnräumen ein Wert von 30 dB(A) nicht überschritten werden darf. Allein Räume, die nicht ständig genutzt werden, dürfen auf eine Dämmung der Abwasserrohre verzichten. Das gilt z.B. für den Flur.
Im SHK-Markt tummelt sich inzwischen eine ganze Reihe von Schallschutzrohrsystemen aus verschiedenen Rohrwerkstoffen (Kunststoff, Edelstahl, Gusseisen). Worauf sollte die Entscheidung basieren? Die Mindestanforderungen der DIN 4109-1 sind verpflichtend: Diese Schallwerte dürfen nicht überschritten werden. Der erhöhte Schallschutz der VDI 4100 gilt, wenn er vertraglich festgelegt wurde. Jedoch auch ohne vertragliche Festlegung wird im Streitfall häufig eine der Schallschutzstufen der VDI 4100 als „allgemein anerkannte Regel der Technik“ angesehen und kann bei Nichteinhaltung zu Haftungsproblemen führen, wie Düker beobachtet hat.
Anbieter offerieren deshalb pragmatisch beide Lösungen: Die Hausabflussrohrsysteme „AS“ bieten nach Aussage von Wavin „Premium-Schallschutz“ nach VDI 4100; unter der Bezeichnung „SiTech+“ kann „Komfort-Schallschutz“ nach DIN 4109 geordert werden. Aktuell wurde „SiTech+“ um Sonderformteile erweitert – das spare dem Handwerker nicht nur Zeit, sondern dem Endkunden auch Kosten ein, so der Anbieter.
Zeit- und Kosteneinsparungen hat auch Poloplast im Fokus: Die „funTEC“-Technologie ermöglicht das Stecken von „POLO-KAL XS“-Rohren ohne Gleitmittel in allen Dimensionen (DN 32 bis 110). Auf Basis der besonderen Muffentechnologie entfällt auch das Anfasen nach dem Ablängen. Die besonders schlanke „Monotec“-Muffe eignet sich bei beengten Platzverhältnissen, z.B. für bodengleiche Duschrinnen, Ständerwände, Sanierung, etc. Dichtungen vergessen? Durch den fest in die Muffe integrierten Dichtungsring kann das nicht mehr passieren.
Geberit hat die Vorzüge hochschallgedämmter Entwässerungssysteme in einem, wie es heißt, leicht handhabbaren und wirtschaftlichen Stecksystem realisiert. Mit „Silent-Pro“ präsentiert das Unternehmen ein Entwässerungssystem, das sich „einfach stecken lässt und dabei alle relevanten Schall- und Brandschutzanforderungen erfüllt“.

Schalltechnische Entkopplung beachten
Beim Wohnquartier „Berliving“ in Berlin (ein als KfW-Effizienzhaus 55 errichtetes Gebäude) wird zur geräuscharmen Abwasserentsorgung das schalldämmende Hausabflusssystem „Raupiano Plus“ von Rehau installiert. Seine Schalldämmeigenschaften stellen „selbst bei 4 l/s Wasserdurchfluss“ einen Schallpegel „von nur 17 dB(A)“ sicher. Erreicht werde dies durch einen dreischichtigen Rohraufbau mit speziellem Material sowie einer schalldämpfenden Befestigungstechnik. Und die besondere Geometrie der Formteile sorge für eine optimale Abflussleis­tung und geringe Fließgeräusche. Angeformte Steckmuffenverbindungen und Passlängen sowie eine aufgedruckte Rohrskalierung erleichtern die Montage. Rehau verspricht eine bruchsichere Verlegung bis -10°C und begründet diese Eigenschaft mit dem Drei-Schicht-Aufbau des Rohres.
Auch bei sehr leistungsfähigen Schallschutzrohrsystemen sei auf eine möglichst gute schalltechnische Entkopplung zu achten, betont Wavin. Das gelte für die gesamte Abwasserleitung und deren Kontaktpunkte mit dem Bauwerk (Rohrschellen, Wand- und Deckendurchführungen, Mörtelreste zwischen Rohr und Bauwerk etc.). Bei der Leitungsplanung sollte weiter berücksichtigt werden, Abwasserleitungen nicht in Wohnungstrennwänden zu verlegen. Die Befestigung von Abwasserleitungen an Wohnungstrennwände sollte nur unter Anwendung besonderer Schallschutzmaßnahmen erfolgen.
Die DIN 4109 fordert, dass einschalige Wände, an oder in denen Armaturen oder Wasserinstallationen (z.B. Abwasserleitungen) befestigt sind, eine flächenbezogene Masse von mindestens 220 kg/m2 aufweisen. Wände mit einer geringeren flächenbezogenen Masse dürfen nur dann verwendet werden, wenn eine Eignungsprüfung nachweist, dass sie sich – bezogen auf die Übertragung von Installationsgeräuschen – nicht ungünstiger verhalten.
Die DIN EN 12056 macht ebenfalls Angaben zur Dämmung, allerdings bezieht sich diese auf die Schwitzwasserbildung: Demnach müssen Entwässerungsleitungen, die kaltes Wasser führen, gegen Schwitzwasserbildung isoliert werden, sofern es klimatische Verhältnisse oder Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Gebäude erfordern. Ohne Dämmung könnte das Schwitzwasser die Bausubstanz schädigen.

Buying green!
Die Europäische Kommission hat den Leitfaden „Buying green!“ zur Integration umweltrelevanter Aspekte in die Vergabe öffentlicher Aufträge erarbeitet. Favorisiert werden hochwertige Produkte, die von der Produktion über die Beschaffung, ihrer Funktion und Nachhaltigkeit sowie Recyclingfähigkeit den heutigen verantwortungsvollen umwelttechnischen Forderungen entsprechen. Laut Saint-Gobain HES erfüllen die eigenen Rohrleitungssys­teme diese Anforderungen: Sowohl Gussrohre als auch Formstücke seien zu 100 % recyclingfähig und bestünden zu rund 95 % aus Alteisen. Die Innen- und Außenbeschichtungen seien frei von Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Chrom VI. Der Ausstoß von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) liege nach zehn Tagen am Fertigprodukt unter 1 %.
Die gusseisernen „PAM-Global“ SML-Entwässerungssysteme versprechen zudem Geräuscharmut: Ein maximaler Schalldruckpegel von 30 dB(A) stelle in der Regel kein Problem dar. Akustik-Dämpfer zwischen Wand und/oder Decke und der Befestigungsschelle des Leitungsrohres montiert, sorgen für eine weitergehende Dämpfung von Geräuschen: Vergleichende Messungen im Fraunhofer Institut in Stuttgart konnten dies bestätigen. Mit passender Befestigungsschelle lag der Schallwert in einem Nachbarraum bei einem Volumenstrom von 4 l/s bei 15 dB(A).

Rückstausicherung: Gegen den Reflux
Starkregen sind keine Ausnahmeerscheinung. In solchen Fällen ist eine kurzzeitige Überlastung des Entwässerungsnetzes und damit ein Rückstau in die Grundstücksentwässerungsanlagen in Kauf zu nehmen – diese Absicherung nutzen alle Versorger in ihren Entwässerungssatzungen. Der Hausbesitzer muss selbst Vorsorge treffen.
Die dazu vorhandenen Vorschriften gemäß DIN 1986-100 und DIN EN 12056 sind sehr klar: Der Schutz gegen Rückstau von Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene ist keine Kann- sondern eine Muss-Bestimmung. Automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife sind die Regel (aktive Rückstausicherungen).
Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Rückstauverschlüsse gemäß DIN EN 13564-1 verwendet werden (passive Rückstausicherungen). Laut ACO Haustechnik sind dafür u.a. diese Kriterien erforderlich: Das Abwasser muss im natürlichen Gefälle abgeführt werden können, die Räume von untergeordneter Nutzung sein, der Benutzerkreis klein sein und ein WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung stehen.

Fazit
Aus hygienischen Gründen gehört die Abwasserbeseitigung (Grau- und Schwarzwasser, Regenwasser) mit zu den wichtigen Aufgaben des TGA-Planers. Neben der reinen Funktionserfüllung muss er auch den Brandschutz und die Schalldämmung im Auge behalten – standardisierte Tabellen und die einschlägigen CAD-Planungswerkzeuge erleichtern die Arbeit, sie sind aber natürlich nur Hilfsmittel. Gerade das Thema Schalldämmung braucht viel praktische Erfahrung.

Autor: Hans-Jürgen Bittermann, freier Journalist mit Pressebüro, Lambsheim.

 


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