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Solare Kühlung vor der Marktreife Bundesumweltministerium fördert Praxistest solarer Klimatisierungsanlagen

Klimatisieren mit der Kraft der Sonne? Was zunächst paradox klingt, ist aus technologischer Sicht heute machbar. Durch die Kombination von Solarthermie und Adsorptionstechnologie kann aus Wärme für die Kühlung von Gebäuden Kälte gewonnen werden. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit BMU fördert jetzt einen breit angelegten Praxistest für solare Klimatisierungsanlagen. Die beteiligten Partner Solvis GmbH & Co. KG, SorTech AG, Fraunhofer ISE und die Hochschule Offenburg suchen hierfür interessierte Teilnehmer.

Die solare Kühlung hat ihre Marktreife in zahlreichen Demonstrationsprojekten bewiesen. Der vom BMU geförderte Praxistest dient vor allem der Entwicklung von Standard-Lösungen.

 

„Das Prinzip von solarbetriebenen Adsorptionskältemaschinen ist einfach und raffiniert zugleich“, erklärt Tomas Núñez, Projektleiter am Fraunhofer ISE. „Wie bei herkömmlichen Kältemaschinen wird Kälte durch Verdampfung eines Kältemittels erzeugt. Im Unterschied zur konventionellen Kältetechnik wird jedoch nicht Strom sondern Solarwärme als Antriebsenergie genutzt“. Und in Jahreszeiten mit hohem Klimatisierungsbedarf gibt es meist Sonne im Überfluss. Das nützt nicht nur der Solaranlage, deren Komponenten wie Speicher und Kollektoren besser ausgelastet sind, sondern auch der Umwelt. Gegenüber konventioneller Kältetechnik wird durch den Einsatz von solarbetriebenen Adsorptionskältemaschinen bis zu 80% Strom eingespart. Zudem werden keine klimaschädlichen Kältemittel, sondern nur reines Wasser zur Kälteerzeugung verwendet.

Thermischer COP bis zu 1,5
Dass das Prinzip der Solaren Kühlung marktreif ist, haben das Fraunhofer ISE, das sich seit vielen Jahren mit dieser Technologie befasst, und seine Projektpartner bereits in verschiedenen Demonstrationsanwendungen bewiesen. Anlagen in ganz Europa klimatisieren u.a. Verkaufsräume, Büros, Betriebskantinen oder Schulungsräume.

Am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE selbst kühlt z.B. seit 2007 eine Adsorptionskältemaschine der Firma SorTech AG Kantine und Küche über die Zuluft. Die Kältemaschine wird von einer 22 m² großen Kollektorfläche – mit Hochleistungsflachkollektoren der Solvis GmbH & Co. KG – angetrieben. Im sommerlichen Betrieb dient die Wärme aus der Solaranlage zum Antrieb der Adsorptionskältemaschine. Die beim Kühlungsprozess entstehende Abwärme wird über Sonden an das Erdreich abgegeben. Reicht die Solarstrahlung einmal nicht aus, stellt das Heiznetz zusätzliche Antriebswärme bereit, um den Kühlbetrieb aufrechtzuerhalten. Im winterlichen Betrieb wird die Wärme aus den Erdreichsonden mithilfe der Adsorptionsmaschine – die nun als Wärmepumpe fungiert – auf das für Heizzwecke erforderliche Temperaturniveau gebracht. Den Antrieb des Aggregats übernimmt nun das Heiznetz. Dabei erreicht die Wärmepumpe einen thermischen COP (Coefficient of Performance) von bis zu 1,5. Der Wirkungsgrad der Wärmequelle wird so um bis zu 50% erhöht.

Bereits seit 2007 kühlt eine Adsorptionskältemaschine der Firma SorTech Kantine und Küche des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Die 8-kW-Kältemaschine wird von einer 22 m² großen Hochleistungs-Flachkollektorfläche der Firma Solvis angetrieben.

Zehn Anlagen für den Praxistest gesucht
In einem Verbundprojekt, gefördert vom BMU, den Partnern Fraunhofer ISE, Hochschule Offenburg, SorTech AG und Solvis GmbH & Co. KG sollen nun zehn Anlagen zur solaren Kühlung im Leistungsbereich 5-30 kW installiert und mit Messtechnik versehen werden. Privathaushalte und Unternehmen, die an einer Teilnahme an diesem breit angelegten Praxistest interessiert sind, können sich unter dem u. g. Kontakt melden. „Das Bedarfsprofil ist nicht festgelegt und kann sowohl dem eines Wohn- als auch Bürogebäudes entsprechen. Im Zuge des Projekts wird jede Anlage individuell ausgelegt, dimensioniert und mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet“, erläutert Walter Mittelbach, Geschäftsführer der SorTech AG. Die eingesetzten Komponenten sind Produkte der Unternehmen Solvis für die Solar- und Systemtechnik sowie der SorTech AG für die thermisch angetriebene Kältetechnik.

Küche und Kantine werden über ein Zuluftgerät gekühlt. Die Adsorptionskältemaschine erreicht dabei eine Jahresarbeitszahl von 10. Das entspricht Primärenergieeinsparungen in Höhe von 75%.

Für Teilnehmer ergeben sich folgende Vorteile: Neben einem Preisnachlass von 20% auf die Anlagen profitieren sie von einer kos­tenlosen, regelmäßigen Überprüfung und Wartung des Systems sowie von einer kos­tenlosen, messtechnischen Überwachung und Auswertung des Betriebs durch die Hochschule Offenburg und das Fraunhofer ISE. „Der Kunde erhält eine komplette Sys­temlösung – angepasst an seine individuellen Bedürfnisse“, beschreibt Ralf Kynast von der Solvis GmbH & Co. KG den Grundgedanken des Projekts.

Bilder: SorTech AG

www.fraunhofer-ise.de

 


 

Nachgefragt

Mit Dr. Jörg Rupp, Projektleiter SorTech AG, sprach die IKZ-FACHPLANER-Redaktion überdie Planung von Anlagen zur Solaren Kühlung sowie den vom BMU geförderten Praxistest.

IKZ-FACHPLANER: Das Thema „Solare Kühlung“ wird ja schon seit einigen Jahren in Fachkreisen diskutiert. Außer einigen interessanten Pilotprojekten gelang aber bislang noch nicht der Durchbruch. Liegt das auch an der Komplexität der Anlagen? Was hat sich gegenüber früheren Entwicklungen vereinfacht?

Dr. Jörg Rupp: Jedes Jahr werden mehr solare Kühlungsanlagen installiert. Die SorTech verzeichnet nun im dritten Jahr in Folge ein deutliches Wachstum. Trotzdem haben Sie Recht; die Erwartungen lagen am Anfang höher. Die Solare Kühlung schlägt die Brücke zwischen Solarthermie und der Klima- und Kältetechnik. Anfangs ist man etwas naiv an das Thema herangegangen und sah sich dann mit fehlender Kompetenz auf der jeweils anderen Seite der Brücke konfrontiert. Wir haben darauf reagiert mit einem „Plug and Play“-System. Wir bieten nun ein Paket aus Kältemaschine, Rückkühler und Pumpenstation an, sodass im einfachsten Fall nur noch Kälteverteilung und Schichtspeicher angeschlossen werden müssen.

IKZ-FACHPLANER: Bei dem vom BMU unterstützten Praxistest werden die solaren Kühlsysteme als Komplett-Systeme von den Projektpartnern geplant, gebaut und messtechnisch überwacht. Wer soll in Zukunft solche Anlagen planen und bauen? Lassen sich für Fachplaner und Anlagenbauer aus dem Projekt Erfahrungen für die weitere Planung und den Bau solarer Klimaanlagen ableiten.

Dr. Jörg Rupp: Ziel des Projektes ist es, Standardlösungen für Kältelasten von 5 bis 30 kW zu entwickeln. Diese können dann, ähnlich derzeitigen Solarthermiepaketen, von geschulten Installateuren gebaut werden. Wir erwarten viele Erkenntnisse bei dem Praxistest zu gewinnen. Diese werden wir – wie auch schon derzeit praktiziert – bei Planerveranstaltungen an die Spezialisten  weiter geben. Fachplaner und Anlagenbauer bleiben für uns wichtige Partner gerade für individuelle Projekte und Anlagen mit Kälteleistungen größer 15 Kilowatt.

IKZ-FACHPLANER: Für Teilnehmer am Praxistest ergeben sich neben dem Preisvorteil der Anlage weitere aus dem Monitoring und der Überwachung. Wie hoch liegen die Gesamtkosten einer solchen Lösung einschließlich der Erdsonden für einen Leis­tungsbereich zwischen 5 und 30 kW Kühlleistung?

Dr. Jörg Rupp: Der Paketpreis in diesem Projekt inklusive Solarthermie und Speicher liegt bei einer Anlage mit 8 kW Kälteleistung ohne Förderung für den Endkunden bei rund 31.500 Euro zzgl. Mwst. Hinzu kommen verschiedene weitere Fördermöglichkeiten wie z. B. Innovationsbonus, sodass das Gesamtinvestment im günstigen Fall unter 20.000 Euro beträgt. In der Standardlösung wird mit einem hocheffizienten drehzahlgesteuertem Rückkühlsystem gearbeitet, das in diesem Preis enthalten ist. Der Preis für Erdsonden hängt stark von der geologischen Beschaffenheit des Bodens ab und kann nicht pauschal genannt werden. Für höhere Leistungen steigt der Preis weniger als proportional an, die spezifischen Kosten werden geringer.

IKZ-FACHPLANER:
Eine Ihrer Referenzanlagen klimatisiert seit Sommer 2009 die Betriebskantine des Fraunhofer-Instituts in Freiburg. Gibt es bereits Betriebserfahrungen?
Wieviel Primärenergie lässt sich mit dem System gegenüber konventioneller Klimatechnik einsparen?

Dr. Jörg Rupp: Die Anlage läuft schon seit 2007. Die Ergebnisse sind phantastisch. Der damals eingebaute Prototyp lieferte im Kältebetrieb eine elektrische Jahresarbeitszahl von rund 10. Im thermisch angetriebenen Wärmepumpenmodus lag die elektrische Jahresarbeitszahl über 19. Aus 1 k thermischer BHKW Energie wurden so 1.43 Heizenergie. Das entspricht im Sommer Primärenergieeinsparungen von rund 75% und im Winter zwischen 10 und 20%. Unsere heutige Generation an Kältemaschinen ist noch wesentlich effizienter geworden. So verbraucht die derzeitige Generation der ACS 08 mit 8 kW Kälteleistung nur noch 7 W (!)
Strom anstelle der 56 W in 2007.

 


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