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Regenwassernutzung und -bewirtschaftung

Chancen für das Sanitärfachhandwerk

Beispiel einer Regenwassernutzungsanlage. Bild: fbr

Grauwassernutzung im Mehrfamilienhaus in Berlin. Bild: Nolde & Partner, Berlin

Einbau von Regenwasserspeichern für eine Großanlage. Bild: Finger Baustoff GmbH Betonwerk, Frohnhausen

Funktionsprinzip Retentionsspeicher mit Ablaufdrossel. Bild: fbr

Einbau einer Rigolenversickerung mit Blöcken.

Bild: Fränkische Rohrwerke, Königsberg

Einbau einer Rigolenversickerung mit Tunnelelementen. Bild: Intewa, Aachen

 

Mittlerweile fordern viele Städte und Gemeinden neben der Abwassergebühr eine sogenannte Niederschlagswassergebühr für das anfallende Regenwasser, das in die Kanalisation fließt. Eingeführt, um die enormen Kosten verursacherbezogen umzulegen, wirkt sich dieses Instrument mittlerweile positiv aus. Dies gilt sowohl für die Umwelt als auch für den Hochwasserschutz. Nicht zuletzt kann der Grundstückseigentümer, unabhängig ob Privatperson oder Gewerbe- bzw. Industrieunternehmen, durch geeignete Maßnahmen die Niederschlagswassergebühr reduzieren bzw. einsparen. Ansprechpartner für die Installation solcher Anlagen wird in erster Linie das SHK-Fachhandwerk sein.

Mit Einführung der sogenannten gesplitteten Abwassergebühr, die mittlerweile in vielen Kommunen in Deutschland umgesetzt worden ist, wird neben der Abwassergebühr eine Gebühr für versiegelte Flächen auf Grundstücken erhoben. Eigentümer, die eine Regenwassernutzungsanlage betreiben oder Flächen entsiegeln, können diese einsparen. Das Ziel sollte es daher sein, das anfallende Regenwasser – soweit möglich – auf dem Grundstück zu bewirtschaften, d.h. zu versickern oder gedrosselt in die Kanalisation abzuleiten. Damit werden die Grundsätze des neuen Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) umgesetzt.
Ein wichtiger Baustein für die Bewirtschaftung des Wasserhaushaltes auf bebauten Grundstücken und zur Reduzierung des Trinkwasserverbrauches ist die Regenwassernutzung beispielsweise für die Toilettenspülung, zum Wäschewaschen und zur Bewässerung. Allein dadurch lässt sich der Trinkwasserbezug um ca. 50 % reduzieren. Dabei hängt die individuelle Ersparnis von verschiedenen Faktoren, wie der örtlichen Niederschlagsmenge, der Größe der Dachfläche und nicht zuletzt dem Fassungsvermögen des eingebauten Regenspeichers, ab.

Aufbau einer Regenwassernutzungsanlage
Zwei Hauptkomponenten bestimmen im Wesentlichen den heutigen Stand der Regenwassernutzung: eine Regenwasserzis­terne mit Einbauten und eine Steuerungseinheit mit Druckerhöhung und integrierter Trinkwassernachspeisung. Das vom Dach abfließende Niederschlagswasser wird über einen Filter in den Regenwasserspeicher geleitet. Schmutzstoffe werden bereits dadurch vor dem Zulauf in den Regenspeicher ausgeschleust. Unterschiedliche Ausführungen des Speichers erlauben, je nach Platzverhältnis, einen Einbau sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Gebäudes.
Die überwiegende Mehrheit der Anlagen – mittlerweile sind mehr als 1,7 Mio. Anlagen verbaut – sind mit einem Erdspeicher ausgerüstet. Es gibt sowohl Betonspeicher als auch Kunststoffspeicher in unterschiedlichen Volumina. Durch eine beruhigte Zuführung des Regenwassers in den Speicher können Schmutzstoffe am Boden sedimentieren, was zu einer weiteren Qualitätsverbesserung des Wassers führt. Um bei vollem Speicher ein Überlaufen zu vermeiden, muss ein Anschluss an eine Versickerungsanlage oder zum Kanal eingebaut werden.
Das im Speicher gesammelte Wasser wird mit einer sogenannten schwimmenden Entnahme unterhalb der Wasseroberfläche mittels einer Saugpumpe zu den einzelnen Verbrauchsstellen gefördert. Durch eine automatische Füllstands­erfassung und Wassernachspeisung wird die Versorgung bei leerem Speicher durch die Einspeisung von Trinkwasser sichergestellt. Dabei erfolgt die Nachspeisung bedarfsgerecht, das heißt, es wird nur so viel Trinkwasser zugeführt, wie auch benötigt wird. Regenwassermanger enthalten die notwendigen Funktionen einschließlich der Trinkwassernachspeisung in einem Gerät. Bei Großanlagen, z.B. für Bürogebäude, werden je nach Größe der Gesamtanlage Mehrfachpumpenstände mit einem Hybridbehälter für die Trinkwassernachspeisung eingesetzt.
Bei der Installation einer Regenwassernutzungsanlage muss darauf geachtet werden, dass die Anlage entsprechend den gültigen Gesetzen und Vorschriften eingebaut wird. Der Bau muss des Weiteren bei dem zuständigen Wasserversorgungsunternehmen und seit 2003 auch dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden.
Für die Regenwassernutzung im Haus werden von verschiedenen Anbietern entsprechend konzipierte Anlagen angeboten. Dabei liegen die Kosten einer Regenwassernutzungsanlage für einen Vier-Personen-Haushalt bei etwa 4000 Euro. Einen Überblick zu verfügbaren Produkten der Regenwassernutzung enthält die fbr-Marktübersicht „Regenwassernutzung und Regenwasserversickerung“, der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V.

Regenwasser / Grauwasser
Im Neubaubereich sind die Kosten für die zusätzlich notwendigen Betriebsleitungen, gemessen an den gesamten Gebäudekosten, verhältnismäßig gering. Es obliegt dem SHK-Fachhandwerk, von Anfang des Hausbaues an, die Installation eines zweiten Leitungssystems zu empfehlen. Damit können Bauherren, die sich noch nicht von Beginn an für eine Regen- oder Grauwasseranlage entscheiden können, zu einem späteren Zeitpunkt problemlos nachrüsten.
Ob eine Regenwasser- oder Grauwassernutzungsanlage oder auch eine Kombination von beiden Systemen eingebaut werden soll, hängt von den Rahmenbedingungen des Objektes und den individuellen Wünschen der Bauherren ab.
Zählt die Regenwassernutzung in Ein- und Zweifamilienhäusern bereits seit Jahren zum Stand der modernen Haustechnik, ist eine zunehmende Nachfrage auch in Gewerbe- und Industriebetrieben zu verzeichnen. Zahlreiche realisierte Beispiele in unterschiedlichen Branchen zeigen den bisher erreichten technischen Entwicklungsstand und fördern den Bekanntheitsgrad dieser Technologie.
Gründe für die Verbreitung der Regenwassernutzung im Gewerbe und der Industrie sind neben dem Umweltbewusstsein vor allem ständig steigende Kosten für den Bezug von Trinkwasser sowie für die Ableitung und Behandlung von Abwasser bzw. Regenwasser. Durchschnittlich sind die Gebühren für Trink- und Abwasser in den letzten Jahren ständig gestiegen. Es ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung mehr oder minder in der Zukunft fortsetzt. Gleichzeitig sind die Anforderungen zum Schutz des Trinkwassers und der Umgang mit Schmutz- und Regenwasser verschärft worden.

Regenwassernutzung in Großanlagen
Großanlagen unterscheiden sich nicht nur durch die Dimensionierung von Anlagen für Privathaushalte, sondern benötigen, je nach Anwendungsbereich, ggf. produktionsspezifische Anlagentechnik zur Aufbereitung des Wassers. Vielfach werden die Wasserspeicher der Regenwassernutzungsanlagen gleichzeitig zur Löschwasserbevorratung vorgesehen. Die Hersteller haben sich mittlerweile darauf eingestellt und können Großbehälter in den Werkstoffen Beton und Kunststoff beliebiger Größe liefern. Oftmals werden Baukastensysteme mit vorgefertigten Speichern oder Fertigteilbehältern angeboten. Durch die Modulbauweise werden die Montagezeiten für die Filter, Druckerhöhungsanlagen und Steuerungen erheblich verkürzt.
Anwendungsbereiche für Großanlagen sind z.B. Schulen, Büro- und Verwaltungsgebäude. Hierbei steht die Nutzung von Regenwasser im Wesentlichen für die Sanitäreinrichtungen im Vordergrund. In Gewerbe- und Industriebetrieben kommen weitere Anwendungen u.a. für Fahrzeugwaschanlagen, Kühlanlagen, Bewässerungen für Sport- und Freizeitanlagen oder produktionsspezifische Nutzungen mit hohem Wasserbedarf dazu.
Weitere Vorteile für den Betrieb ergeben sich dann, wenn die Regenwassernutzung z.B. mit der Kühlung oder auch Wärmerückgewinnung kombiniert wird. In diesem Falle reduzieren sich neben den Kos­ten für den Bezug von Trinkwasser und der Niederschlagswassergebühr zusätzlich noch die Betriebskosten für die Bereitstellung von Energie.

Betrieb und Wartung der Anlage
Durch qualifizierte und regelmäßige Kontrolle und Wartung werden die Sicherheit und der dauerhafte Betrieb einer Regenwasser- oder Grauwassernutzungsanlage gewährleistet. Neben der Funktionskontrolle der einzelnen Bauteile, Dichtheit des Leitungssystems und der Entnahmestellen sollte das jeweilige Filtersystem bei der Kontrolle an erster Stelle stehen. Wesentliche Informationen über die Funktion einer Anlage ergibt auch eine regelmäßige Ablesung der eingebauten Wasserzähler.
Bei allen Wartungsarbeiten sind die entsprechenden Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Hersteller, Vertreiber bzw. Lieferanten haben dem Betreiber individuelle Angaben zur Wartung zu dokumentieren. Die Wartungsintervalle sind ggf. den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Die Verantwortung für den sicheren Betrieb liegt beim Betreiber.
Eine ausführliche Dokumentation über Inspektions- und Wartungsmaßnahmen findet sich in der Betriebsanleitung „Regenwassernutzungsanlagen, Betrieb, Inspektion und Wartung“ der fbr. Für Grauwassernutzungsanlagen sind die Vorgaben der Hersteller zu beachten.

Bewirtschaften statt ableiten
Niederschlagswasser was versickert, kos­tet keine Gebühren. Ziel ist es, dass das abfließende Regenwasser möglichst nah am Entstehungsort dem Boden zugeführt wird. Das Wasser versickert und dient somit der Grundwasserneubildung. Für den Grundstückseigentümer stehen verschiedene Möglichkeiten der Regenwasserbewirtschaftung zur Auswahl.
Vordergründige Möglichkeiten für Grundstückbesitzer sind die Entsiegelung von Wegen und Stellplätzen mit Ableitung des Niederschlagswassers direkt in den Untergrund. Vielfach bieten sich hierbei gestalterische Möglichkeiten, die mit wenigen Handgriffen für den Grundstückeigentümer verbunden sind. Mit geringem Aufwand können versiegelte Flächen verringert und das Regenwasser kann dann in Mulden oder kleinen Gräben versickert werden.
In Kombination mit der Regenwassernutzung lässt sich der Überlauf aus einem Regenspeicher über eine Versickerungseinrichtung entweder in eine Mulde oder eine Rigole versickern. Für die Versickerung in Rigolen stehen mittlerweile eine Vielzahl von Systemen, sogenannte Füllkörper-Rigolen oder Rohrrigolen, zur Verfügung. Die Füllkörper-Rigolenversickerung besteht in der Regel aus Kunststoffhohlkörpern, die ein Porenvolumen von ca. 95% aufweisen. Diese Speichermodule exis­tieren in verschiedenen Ausführungen als Boxen, Tunnel oder Blöcke und können je nach Bauart miteinander verbunden oder gestapelt ins Erdreich eingebracht werden. Die zweite Gruppe sind Rohr-Rigolensys­teme, die meist länglich als Grabensys­teme ausgelegt sind. Das Speichervolumen wird bei diesen Systemen über den Durchmesser und die Länge des Rohres bestimmt. Je nach System sind die Rigolen durch ein Geotextil gegenüber dem anstehenden Boden zu schützen. Die genannten Systeme sind im Zufluss durch einen Schlammfang oder geeigneten Filter zur Entfernung von Störstoffen, z.B. Laub, zu schützen. Ist eine Regenwassernutzungsanlage vorgeschaltet, erübrigt sich die Filterung vor dem Zulauf der Versickerungsanlage. Die dargestellten Systeme lassen sich durch Formstücke und Schächte, insbesondere bei größeren Anlagen, zu vernetzten Sickersystemen ausbauen. Vorteil ist, dass die Systeme auch unter Einfahrten oder Pkw-Stellplätzen eingebaut werden können, sodass kein Flächenverlust stattfindet.
Verzögerung durch Retention
Zur Vermeidung von Kanalüberlas­tungen mit Rückstau- und Überflutungsereignissen oder einer aufwendigen und kostenintensiven Sanierung eines bestehenden Kanalsystems wird oft eine Abflussbeschränkung des Niederschlagswassers von behördlicher Seite vorgeschrieben. Hier empfiehlt sich der Einsatz von Retentionsregenspeichern. Sie lassen Niederschlagswasser über eine Ablaufdrossel verzögert der Kanalisation zufließen und reduzieren somit Abflussspitzen z.B. bei Starkregenereignissen. Wichtige Voraussetzung für ein sinnvolles Rückhaltesys­tem ist die Sicherstellung eines konstanten Abflusswertes in die Kanalisation, unabhängig vom Füllstand des Speichers. Eine schwimmende Ablaufdrossel als Einbau­element im Speicher installiert, erfüllt diese Anforderung. Im unteren Teil des Regenspeichers steht dem Betreiber weiterhin Niederschlagswasser für die „In Haus“-Nutzung zur Verfügung. Im Verbund mit mehreren Retentionsspeichern, z.B. in einem Neubaugebiet, kann mithilfe einer hydraulischen Auslegung in vielen Fällen eine Kanalerweiterung eingespart
werden.
Hinweise zur Bemessung und Auslegung der Systeme sowie dem Schutz des Grundwassers ergeben sich aus dem Arbeitsblatt A 138 der DWA. Zur Dimensionierung von Versickerungsanlagen steht dem Fachplaner entsprechende Software, teilweise auch über die jeweiligen Hersteller, zur Verfügung.

Fazit
Die Gebäudetechnik wird zukünftig auch durch Techniken und Systeme von Nicht-Trinkwasser-Anlagen weiter ergänzt. Neben den hier angesprochenen Techniken der Betriebswasserversorgung von Nicht-Trinkwasser-Anwendungen und der Bewirtschaftung von Niederschlagswasser auf dem Grundstück gehören zusätzlich noch dezentrale Anlagen zur Abwasserbehandlung wie Kleinkläranlangen dazu. In Zukunft werden weitere Techniken zur Stoffstromtrennung von Nährstoffen aus dem Abwasser oder Energierückgewinnung aus Grau- oder Abwasser in der Gebäudetechnik dazukommen. Das SHK-Handwerk wird bei der Installation dieser Techniken und Systeme eine Schlüsselrolle spielen.

Autor: Dietmar Sperfeld, Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr), Darmstadt

Was ist Grauwassernutzung

Bei der Grauwassernutzung wird das leicht verschmutzte Wasser aus Duschen, Badewannen und Waschtischen getrennt gesammelt und in einer Grauwasseranlage aufbereitet. Das entstandene „Klarwasser“ kann bedenkenlos für die Toilettenspülung und Waschmaschine verwendet werden. Wichtig bei der Installation ist die Trennung der Abwasserstränge zwischen Toiletten und denen aus Duschen und Badewannen. Neuere Entwicklungen gehen dahin, dem warmen Grauwasser über integrierte Wärmetauscher Energie zu entziehen, um damit die Heizungs- bzw. Warmwasseraufbereitung im Gebäude zu unterstützen.


Technisches Regelwerk – DIN 1989 Regenwassernutzungsanlagen

Wichtig für Architekten und Planer, aber auch für das SHK-Fachhandwerk sind technische Vorgaben für die Planung und Ausführung. Für die Regenwassernutzung gilt die DIN-Norm 1989, Regenwassernutzungsanlagen. Das Regelwerk definiert die bisherigen Anwendungstechniken, die sich in der Praxis aufgrund verschiedener Fachpublikationen und Merkblätter bewährt haben. Die Norm liegt in vier Teilen vor. Teil 1 „Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“ (erschienen 2002) ist als übergreifende Norm für die Konzeption und Planung von Anlagen ausgelegt, während Teil 2 „Filter“, Teil 3 „Regenwasserspeicher“ und Teil 4 „Bauteile zur Steuerung und Nachspeisung“ vorrangig als Produktnorm für die Herstellung und Qualitätssicherung von Komponenten dienen. Aktuell wird eine europäische Norm für die Regen- und Grauwassernutzung erarbeitet. Ein erster Entwurf aus dem Arbeitsausschuss CEN/TC 165 WG 50 wird Ende 2014/2015 erwartet.


Förderprogramme

In einigen Gemeinden und Städten gibt es teilweise einen Zuschuss für den Einbau eines Speichers. Eine Nachfrage bei der zuständigen Gemeinde kann hier hilfreich sein. Das Bundesland Bremen fördert derzeit die Regenwassernutzung bis maximal ein Drittel der Herstellungskosten, höchstens 2000 Euro je Anlage. Für Versickerungsmaßnahmen beträgt die maximal mögliche Fördersumme 3000 Euro (www.bremer-umwelt-beratung.de).

 


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