Werbung

Normgerechte Flachdachentwässerung im Bestand - Was gilt es zu prüfen und zu beachten?

Steigende Energiepreise und die Forderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) haben auf Deutschlands Flachdächern einen wahren Sanierungsboom ausgelöst. Die Nachrüstung einer effektiven Wärmedämmung ist die ideale Gelegenheit, die Flachdachentwässerung und -lüftung gleich mit zu sanieren. So spart man nicht nur Zeit sondern auch Geld. Welche Schritte der TGA-Planer dabei beachten muss, beschreibt dieser Beitrag.

Unwetter mit Folgen: Wasseranstau durch Starkregen brachten dieses Flachdach zum Einsturz.

Ursache für Feuchteschäden: Durch die Schiefstellung des alten Einlaufs löste sich der Stutzen aus dem Ablaufrohr.

Durch das Durchhängen der Leitung ist ein Wasserstau im Tiefpunktbereich vorprogrammiert.

Verschiedene Notentwässerungssysteme realisiert mit verrohrtem Notablaufsystem mit Anstauelement oder Attikaeinlauf.

Mithilfe extra langer Anschluss-Stutzen an Sanierungseinläufen können dicke Wärmedämm­pakete überbrückt werden.

 

Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2020 insgesamt ca. 20% des jährlichen Energieverbrauchs bei Gebäuden einzusparen. Effektiv gedämmte Flachdächer können Wärmebrücken minimieren und energetische Mängel beheben, also einen entscheidenden Anteil zur Zielerreichung beitragen. Steht eine solche Sanierung des Flachdaches an, so ist es angeraten, die Entwässerung gleich mit zu sanieren. Laut DIN 1986-100 heißt es: „Wenn die Dachfläche eines Gebäudes saniert wird, muss das Abflussvermögen der vorhandenen Entwässerungsanlage überprüft werden. Gleichfalls ist zu kontrollieren, ob Notentwässerungen vorhanden, richtig angeordnet und auch ausreichend bemessen sind.“ Letzteres ist bei vielen älteren Bestandsgebäuden nicht der Fall. Angesichts zunehmender Starkregenereignisse sind viele Flachdach-Entwässerungsanlagen den Niederschlägen nicht mehr gewachsen. Feuchteschäden sind dabei noch das geringste Übel. Im Extremfall kann ein Rückstau auf dem Dach die Statik des ganzen Gebäudes gefährden.

Gefahr durch Wasserlasten

Kaum einem ist bewusst, welches Gewicht sich bei einem Starkregen auf einem Flachdach ansammelt. Ein Rechenbeispiel: Ein zur Sanierung anstehendes Flachdach mit 4000m² wurde nach der damals gültigen DIN 1986 für den Standort Rheda-Wiedenbrück regelkonform ausgelegt. Im Falle eines Jahrhundertregens r(5,100), also einem fünfminütigen Starkregenereignis, der hier mit 604 l/s und ha angegeben war, würden sich innerhalb von 5 Min. 72480 l Wasser ansammeln, also rund 72,5t. Was das für die Statik des Daches bedeutet, wenn das Entwässerungssystem komplett versagt, kann man sich leicht vorstellen. Alleine unter diesem Gesichtspunkt gesehen ist eine Überprüfung des Gesamtsystems unumgänglich.

Prüfen des Ist-Zustandes

Wird ein Altdach abgetragen, offenbaren sich schnell die Mängel veralteter Entwässerungssysteme. Ein „Step by Step“-Vorgehen hilft, systematisch zum normgerechten Ergebnis zu kommen. Am Beginn jeder Neuplanung steht eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation. Dabei sollte als erstes die Dachfläche betrachtet werden:
Verfügt sie über das in der DIN 18531 vorgeschriebene Mindestgefälle von 2%?

  • Wird jeder Tiefpunkt entwässert?
  • Sieht die neue Wärmedämmung eine Gefälledämmung vor, die das Regenwasser gezielt zu den Abläufen führt?


Als zweites sind die Bestands-Dacheinläufe zu prüfen. Ihr Zustand entscheidet darüber, ob sie ausgebessert werden können oder komplett erneuert werden müssen. Ist ein Einlauf nicht mehr lagesicher oder weist er gar eine Schiefstellung auf, muss er ausgebaut werden.
Nach diesem oberflächlichen Statuscheck gilt es, die Ablaufleistung zu überprüfen. Jeder Einlauftyp hat seine eigene Ablaufcharakteristik, die in die Berechnung einfließt. Die Leistungsdaten können beim Hersteller erfragt werden, die alle verpflichtet sind, die Ablaufleistung nach DIN EN 1253 zu prüfen und zu dokumentieren.
Als letztes müssen die angeschlossenen Leitungen vom Dach bis zum Übergabepunkt an die öffentliche Leitung kontrolliert werden. Korrekt ausgelegte und installierte Nennweiten, Gefälle und Befes­tigungen sind wesentliche Kriterien für eine mängelfreie Funktion. Oft weisen Altanlagen Gegengefälle auf, die zu Problemen führen können. Bei minimalen Abweichungen können neue Befestigungen und eine Verringerung der Abstände das Fließverhalten optimieren.
Sichtbare und in abgehängten Decken liegende Rohrleitungen können mit wenig Aufwand überprüft werden. Aber auch nicht leicht zugängliche Leitungen, wie Grundleitungen, müssen einer Kontrolle unterzogen werden. Häufig sind diese zu klein dimensioniert. Dadurch kann es beispielsweise bei starkem Regen zu einem Rückstau kommen, im Extremfall bis auf die Dachfläche. Die hohe Wassersäule im Fallrohr könnte zudem zu einer Überlas­tung der Rohrverbindungen führen.
Bei der Prüfung der Grundleitungen helfen aussagekräftige Revisionspläne. Liegen keine vor, bleibt oft nur die Kamera­befahrung durch ein Fachunternehmen.

Problem: zu kleine Grundleitung

Ist die Problematik einer zu kleinen Grundleitung bekannt, so kann eine effektive Notentwässerungsanlage zur Las­tenreduzierung eingesetzt werden. Attikaentwässerungen, die frei auf schadlos überflutbare Flächen entwässern, führen Wasser vom Dach, ehe es Grundleitungen und Statik überlasten kann. Sie stellen eine wirtschaftliche Alternative zur aufwendigen und in der Regel gar nicht realisierbaren Erweiterung des Grundleitungsnetzes dar. Über die Anzahl der eingesetzten Notentwässerer und eine präzise Justierung der Anstauhöhen lässt sich mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Sicherheit erzielen, das auch bezüglich der Regelwerke anerkannt ist.

Notentwässerung ist unverzichtbar

Ob Sanierung oder kompletter Neueinbau, ohne Notentwässerung geht es heute nicht mehr. Die aktuellen Regelwerke haben längst auf die veränderten Wetterverhältnisse mit vermehrten Starkregen reagiert. Daher schreiben die DIN EN 12056-3 und die DIN 1986-100 den Einbau von Not­abläufen verbindlich vor. Nach DIN 1986-100 ist jedes Flachdach gegen das „Fünfminutenregenereignis einmal in 100 Jahren“ am Gebäudestandort abzusichern. Zwei Werte müssen in die Planung einfließen:

  • der Berechnungsregen r(5,5),
  • der Jahrhundertregen r (5,100), ein fünfminütiges Extremregenereignis, das statistisch über 1000 l/s und ha am Gebäudestandort bringen kann.


Das Notablaufsystem muss so geplant werden, dass es mindestens die Differenz zwischen der Jahrhundert- und der Berechnungsregenspende sicher entwässert.
Ob das überschüssige Regenwasser über die Fassade oder über zusätzliche Leitungssysteme abgeführt wird, entscheidet sich anhand der konstruktiven Merkmale der einzelnen Gebäude. Keinesfalls aber darf die Notentwässerung an die Leitungen der Hauptentwässerung angeschlossen werden.

Fazit

Flachdachentwässerung ist heute keine Ermessensfrage mehr, sondern verbindlich geregelt. Nur normgerecht ausgeführte Entwässerungssysteme können Menschen sicher schützen und Gebäudebesitzern sowie Planern und Ausführenden Rechtssicherheit geben. Flachdachsanierungen sind die ideale Gelegenheit, Altanlagen, die sich quasi im rechtsfreien Raum befinden, auf die heutigen Wetterereignisse und Regelwerke umzurüsten.

Autor: Dipl.-Ing. Rainer Pieper, Prokurist und Technischer Leiter bei der Sita Bauelemente GmbH, Rheda-Wiedenbrück


Bilder: Sita Bauelemente


www.sita-bauelemente.de

 


Artikel teilen: