Klimatisierung durch Verdunstungskühlung senkt Hallentemperatur trotz interner Wärmelasten Hallenkonditionierung ohne Energieaufwand für Kälteerzeugung
Die Klimatisierung von 150.000 m³ Raumvolumen in einer Fertigungshalle erfordert einen enormen Energieaufwand für die Kälteerzeugung – besonders dann, wenn zusätzlich hohe Wärmelasten durch thermische Prozesse anfallen. Sind jedoch die Anforderungen an die Innentemperatur nicht durch eine Maximaltemperatur, sondern durch eine Differenz zur Außentemperatur definiert, kann die benötigte Kühlleistung unter geeigneten Voraussetzungen auch durch das Prinzip der Verdunstungskühlung bereitgestellt werden. Für den Bau einer neuen Werkhalle zur Fertigung von Großpumpen wurden RLT-Anlagen mit indirekter Verdunstungskühlung eingesetzt, die im Arbeitsbereich der Halle nach dem Prinzip der Schichtenlüftung für ein annehmbares Klima bei schadstofffreier Luft sorgen. Die jährlichen Betriebskosten der benötigten Anlagen für Wasseraufbereitung und Druckerhöhung betragen nur etwa 20% der Kosten, die bei konventioneller Kälteerzeugung mit Kompressions-Kältemaschinen und Nasskühltürmen anfallen würden.
In der neuen Werkhalle für die Fertigung und Endmontage von Großpumpen im KSB-Werk Frankenthal kühlt die Klimaanlage nur mit Wasser. Hierbei wird das Prinzip der Verdunstungskühlung genutzt. Im Inneren der Klimageräte wird dazu aufbereitetes Wasser mit Druck auf die Wärmeübertragerflächen gesprüht. Außer einem geringen Strombedarf für den Betrieb von Pumpen und Wasseraufbereitungstechnik ist kein zusätzlicher Energieaufwand nötig, um in der geschlossenen Werkhalle bei Hochsommerwetter eine akzeptable Innentemperatur zu erzielen.
Pumpenprüfstand produziert Wärme im Megawatt-Bereich
Am Standort Frankenthal hat der Pumpenhersteller KSB 38 Mio. Euro in den Neubau der Werkhalle investiert. Darin fertigen die Mitarbeiter vorwiegend Pumpen für Großkraftwerke – zum Beispiel Kesselspeisepumpen, die hohe Drücke erzeugen und hohen Temperaturen standhalten müssen. Auf einer Grundfläche von rund 10.000 m² verfügt die neue Produktionshalle neben Fertigungseinrichtungen und Bearbeitungszentren auch über ein Pumpenprüffeld.
Ein Schichtenlüftungssystem versorgt den Arbeitsbereich der Werkhalle mit gekühlter Zuluft.
Der 168 m lange Baukörper zeigt sich in moderner Industriearchitektur. Um in der Halle natürliche Lichtverhältnisse zu erreichen, sind die Oberlicht-Sheds beidseitig verglast. Damit fällt jedoch auch Sonnenlicht in die Halle ein, wodurch im Sommer die Innentemperaturen steigen. Noch weitaus größere Wärmelasten entstehen indessen durch den Betrieb eines Glühofens und durch die enorme Wärmeentwicklung des 20-MW-starken Antriebsmotors für den Pumpenprüfstand. Während des Probebetriebs müssen aus Lärmschutzgründen die Hallentore geschlossen bleiben, da die Werkhalle unmittelbar an ein Wohngebiet grenzt. So werden Lärmemissionen wirkungsvoll vermieden, dafür aber lässt der Groß-Elektromotor des Prüfstands in der Halle die Innentemperatur steigen.
Verdunstungskühlung senkt Hallentemperatur
Für die 16 m hohe und 30 m breite Halle war ein Lüftungssystem zu konzipieren, das die Kriterien des Arbeitsschutzes erfüllt und mit möglichst niedrigen Betriebskosten arbeitet [1]. Eingesetzt wurde ein Schichtlüftungssystem, das vorrangig die Aufenthaltszone bis 3 m Raumhöhe mit frischer und gekühlter Zuluft versorgt. Beim Betrieb des Schichtlüftungssystems entsteht eine aufwärtsgerichtete Strömung, die die Schadstoffe und die Wärme aus der Aufenthaltszone nach oben abführt. Unter dem Hallendach angeordnete Luftkanäle führen die wärme- und schadstoffbelastete Abluft ab. Zu- und Abluft werden durch Lüftungs- und Zentralgeräte aufbereitet und gefördert, die in den beiden Klimazentralen in der Hallenmitte auf dem Dach und im Obergeschoss des Kopfbaus installiert sind. Zur Absenkung der Zulufttemperatur arbeiten die eingesetzten RLT-Anlagen nach dem Prinzip der adiabaten Kühlung, auch als indirekte Verdunstungskühlung bezeichnet. „Es bestand für den Produktionsbereich nicht die Notwendigkeit zur Klimatisierung auf ein bestimmtes Temperaturniveau. Damit konnte auch auf eine maschinelle Kälteerzeugung verzichtet werden“, sagt Karl-Peter Haunschild, der im KSB-Werk Frankenthal für das Produktionsmanagement verantwortlich ist.
Zwei RLT-Anlagen klimatisieren die Fertigungshalle bei einer Luftmenge von 122.000 m³/h und sorgen damit je Stunde für einen fünffachen Luftwechsel.
Kühlprinzip bei hohen inneren Wärmelasten geeignet
Die indirekte Verdunstungskühlung mit Außenluft eignet sich, wenn im Kühlfall die Außenlufttemperatur nach der Verdunstung kleiner ist als die Raumtemperatur – beispielsweise dann, wenn im Inneren des Gebäudes hohe Wärmelasten anfallen [2], wie dies in der Großpumpen-Fertigungshalle des KSB-Werkes der Fall ist. Die Wirkungsweise der indirekten Verdunstungskühlung beruht darauf, dass in den Lüftungsgeräten die durchströmende Abluft mit eingesprühtem Wasser gekühlt wird. Der Abluft wird dabei Wärme entzogen. Die Verdunstungskälte wird über ein Wärmerückgewinnungssystem auf den Zuluftstrom übertragen. Auf diese Weise kann die Zulufttemperatur gesenkt werden, ohne dabei die Luftfeuchte zu erhöhen. Als Verdunstungsoberfläche dient der Wärmeübertrager im Lüftungsgerät. Auf der Abluftseite ist dieser mit einer Kunststoffbeschichtung versehen, die einerseits den Korrosionsschutz sicherstellt und zudem als hygroskopische Oberfläche wirkt [1].
Bedarfsgerechte Pumpenregelung
Die RLT-Anlagen werden abhängig von der Raumtemperatur bedarfsabhängig geregelt. Damit lässt sich zusätzlich Antriebsenergie für den Betrieb der Ventilatoren einsparen: Werden im Teillastbetrieb zum Beispiel nur 50% der Auslegungs-Luftmenge benötigt, sinkt die Leistungsaufnahme bei konstanter Anlagenkennlinie auf rund 13% der ursprünglichen Nennleistung [1].
Eine Druckerhöhungsanlage mit drehzahlgeregelten Pumpen fördert für die Verdunstungskühlung aufbereitetes Wasser zu den Wärmetauschern in den Klimageräten.
Die zur Kühlung benötigten Wassermengen werden in Abhängigkeit von den Luftmengen zudosiert. Eine wesentliche Funktion erfüllt in diesem Prozess die Druckerhöhungsanlage, die aus einem Vorratstank aufbereitetes Wasser entnimmt und dieses über Rohrleitungen zu den Sprühdüsen in den Klimageräten fördert. Eine der Druckerhöhung vorgeschaltete Wasser-Enthärtungsanlage sorgt dafür, dass sich an den Sprühdüsen und auf den Wärmeübertragern keine mineralischen Ablagerungen bilden können. Die beiden zentralen Klimaanlagen sind je nach Lastfall gleichzeitig oder einzeln in Betrieb. Damit verändern sich für die Druckerhöhungspumpen auch ständig die benötigten Fördermengen. Die dazu erforderliche Leistungsanpassung und Regelgenauigkeit wird durch Pumpen-Drehzahlregelungen erzielt. „Das Einsprühen des Wassers in die Zuluftgeräte erfolgt in Intervallen. Die jeweils benötigte Förderleistung wird von der Pumpendrehzahlregelung anhand eines vorgegebenen Sollwertes je nach Lastsituation errechnet“, erläutert Karl-Peter Haunschild die Funktion der Drehzahlregelung „PumpDrive“. Neben den genau dosierten Wassermengen vermeidet diese auch Druckstöße, die sich nicht nur nachteilig auf die Regelgenauigkeit auswirken, sondern auch mechanische Beanspruchungen auf das Leitungsnetz verursachen würden. Zu den Funktionen der von KSB entwickelten Pumpendrehzahlregelung „PumpDrive“ gehören deshalb auch der Sanftanlauf und ein langsames Abschalten der Pumpen.
Test im Hochsommer bestätigt Erwartungen
Die bedarfsgerecht gekühlten Luftmengen strömen über Rohr-Luftauslässe in etwa 2,5 m über dem Hallenboden und mit niedriger Luftgeschwindigkeit in den Aufenthaltsbereich ein. An einem Hochsommertag im Juli 2010, an dem außerhalb der geschlossenen Hallentore eine Temperatur von 33,5°C herrschte, wurde durch die Ingenieurgesellschaft Pfeiffenberger mbH die Leistungsfähigkeit der indirekten Verdunstungskühlung getestet. Bei einer Ablufttemperatur von 31°C und adiabater Abkühlung der Abluft entsteht am Abluft-/Außenluftwärmetauscher eine Kühlungsenergie, mit der die 33,5°C warme Außenluft so abkühlt, dass an den Luftauslässen die Zuluft mit einer Temperatur von 27,5°C in die Halle einströmt. Mit dieser Temperaturdifferenz von 6 K zwischen Außen- und Innentemperatur entspricht die Absenkung dem rechnerisch erzielbaren Wert, der im Sommerbetrieb je nach Lastfall und Ablufttemperatur zwischen 4 und 7 K liegt [1].
In der 168 m langen Werkhalle sind 150.000 m³ Raumvolumen zu klimatisieren.
Der Kostenaufwand für die Verdunstungskühlung ist im Vergleich zu einer herkömmlichen Kälteerzeugung gering. Die RLT-Anlagen verbrauchen pro Jahr 750 m³ enthärtetes Wasser. Die Betriebskosten für Wasseraufbereitung und Druckerhöhungspumpen belaufen sich auf 4000 Euro/Jahr. Dies entspricht ca. 20% der Kosten für eine herkömmliche Kälteerzeugung mit Kompressions-Kältemaschinen und Nasskühltürmen.
Schichtlüftung sorgt für gutes Hallenklima
Die RLT-Anlagen führen der Werkhalle für die Großpumpenfertigung eine Luftmenge von 122.000 m³/h zu. Dies entspricht einer fünffachen Luftaustauschrate für die Aufenthaltszone im Bereich bis 3 m über Fußboden [3]. Das Prinzip der Schichtlüftung wird auch vom Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz (BGIA) empfohlen. Bei der Schichtlüftung erfolgt die Luftführung von unten nach oben. Im Vergleich dazu hat die Mischungslüftung den Nachteil, dass sich Zuluft und Raumluft vermischen, da bei diesem Prinzip die Zuluft von oben eingebracht wird. Bedarfsabhängig arbeitende Leistungsregelungen für die RLT-Geräte sowie für die Druckerhöhungsanlage zur Versorgung der Wasser-Sprühdüsen ermöglichen eine bedarfsgerechte Regulierung der Luftmengen sowie der Wassermengen für die adiabate Kühlung. Während der kalten Jahreszeit wird die Hallenluft über Decken-Klimageräte erwärmt; die Wärmeversorgung erfolgt dann aus dem werkseigenen Heizkraftwerk.
Literatur:
[1] Raumlufttechnik für Industriehallen am Beispiel einer Halle für die Einzelfertigung von Großpumpen; Verfasser: Prof. Dr.-Ing. Ulrich Pfeiffenberger, Ingenieurgesellschaft Pfeiffenberger mbH; Dr.-Ing. Christoph Kaup, Howatherm Klimatechnik GmbH
[2] FGK Status-Report Nr. 10 – Regenerative Energien in der Klima- und Lüftungstechnik; Fachinstitut Gebäude-Klima e.V. (www.fgk.de); Fachinformationsschrift Nr. 136 12/07
[3] KSB Frankenthal – Neubau Halle Einzelfertigung, Erläuterungen zum Lüftungssystem; Prof. Dr.-Ing. Ulrich Pfeiffenberger, Ingenieurgesellschaft Pfeiffenberger mbH; Juli 2010
www.ksb.com