Kältemittel – Status quo und Ausblick
Inhalte und Auswirkungen der novellierten F-Gase-Verordnung und des geplanten PFAS-Verbots
Rückgrat der novellierten F-Gase-Verordnung ist der bereits eingeleitete Phase-down, also die schrittweise Reduzierung von als klimaschädlich angesehenen Kältemitteln. Gradmesser ist der GWP-Wert. Die Verwendungsverbote schränken auch die Verfügbarkeit von Kältemitteln für Service und Wartung ein. (Adobe Stock/AREE)
Tabelle 1: Für die mit Stern gekennzeichneten Verbote gibt es Ausnahmeregelungen, sofern Sicherheitsvorgaben dem Einsatz von brennbaren bzw. toxischen Kältemitteln entgegenstehen. Es müssen auf jeden Fall konkrete Gesetze, Verordnungen oder technische Regeln zur Begründung herangezogen werden, die die Anwendung dieser Kältemittel am jeweiligen Standort der Anlage untersagen. Tabelle: LIK
Am 11. März 2024 ist die novellierte F-Gase-Verordnung (EU-VO 2024/573) in Kraft getreten. Dies hat gravierende Folgen für den Betrieb und die Installation von stationären Kälteanlagen, Klimaanlagen und Wärmepumpen, die fluorierte Treibhausgase (F-Gase) enthalten. Das gilt auch für das geplante PFAS-Verbot, von dem nahezu alle fluorierten Kältemittel betroffen wären.
F-Gase kommen als fluorierte Kältemittel in vielen Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen zum Einsatz. Aufgrund ihrer Treibhauswirksamkeit wird ihre Verwendung durch die europäische F-Gase-Verordnung kontrolliert und reguliert. Die seit 2015 gültige Verordnung wurde novelliert und ist am 11. März 2024 in Kraft getreten (Link zum Verordnungstext: https://t1p.de/uz1h9). Hierdurch ändern sich viele Vorgaben – sowohl in Bezug auf Wartung und Service im Bestand als auch hinsichtlich der Konzeption von Neuanlagen.
Mit der novellierten F-Gase-Verordnung können und müssen Betreiber, Planer, Anlagenbauer und Hersteller jetzt verbindlich für eine kälte- und klimatechnische Zukunft planen, in der die Verwendung von fluorierten Kältemitteln kontinuierlich eingeschränkt und je nach Anwendung gänzlich untersagt wird. Nach Möglichkeit sollten Neuanlagen nur noch mit nicht-fluorierten Kältemitteln wie Propan, Kohlendioxid oder Ammoniak bzw. mit fluorierten Kältemitteln mit einem möglichst niedrigen GWP-Wert (= Global Warming Potential = Treibhauseffekt) geplant werden. Die bisher vorrangig verwendeten, fluorierten Sicherheitskältemittel werden größtenteils vom Markt verschwinden. Stattdessen kommen Kältemittel zum Einsatz, bei deren Verwendung größere Sorgfalt an den Tag gelegt werden muss, weil diese entweder brennbar (Propan), toxisch (Ammoniak) oder eine erstickende Wirkung und hohe Anlagendrücke haben (Kohlendioxid).
Verwendungsverbote für Neuanlagen
Die novellierte F-Gase-Verordnung macht eine Reihe an Vorgaben, welche Kältemittel bei Neuinstallationen in den Anlagen noch verwendet werden dürfen. Die noch maximal erlaubten GWP-Werte der Kältemittel sind in Tabelle 1 aufgelistet – beschränkt auf Anlagen, die für das SHK-Handwerk hauptsächlich relevant sein dürften. Alle weiteren Verbote finden sich im Anhang IV der Verordnung.
Der Phase-down
Rückgrat der bisherigen und auch der novellierten F-Gase-Verordnung ist der bereits eingeleitete Phase-down, also die schrittweise Reduzierung von als klimaschädlich angesehenen Kältemitteln bis auf Null im Jahr 2050. Die novellierte Verordnung reduziert die Gesamtmenge an fluorierten Kältemitteln schneller und umfangreicher, als dies in der bisherigen Verordnung der Fall war. 2015 durften knapp 180 Mio. t CO2-Äquivalent in der EU in Verkehr gebracht werden. Bis 2023 wurde dieser Wert durch die F-Gase-Verordnung bereits auf ca. 68 Mio. t CO2-Äquivalent reduziert. 2025 stehen noch rund 42,8 Mio. t CO2-Äquivalent zur Verfügung. Die novellierte Verordnung verschärft nun den Phase-down. 2027 und 2030 wird die Menge jeweils halbiert. Engpässe und Preissteigerungen – vor allem bei Hoch-GWP-Kältemitteln – sind also zu erwarten.
Service und Wartung
Auch Verwendungsverbote schränken die Verfügbarkeit von Kältemitteln für Service und Wartung ein. Bei Kälteanlagen darf hierfür kein Kältemittel mehr mit einem GWP ab 2500 als Frischware1) verwendet werden und ab 2032 gilt für Frischware GWP 750 als maximal erlaubte Obergrenze. Recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel ist hiervon ausgenommen – mit einer Einschränkung: Mit einem GWP ab 2500 darf es für Servicezwecke nur noch bis 2030 eingesetzt werden. Danach ist endgültig Schluss.
Bei Klimaanlagen und Wärmepumpen gelten andere Grenzwerte für Service und Wartung. Der Einsatz von Kältemitteln mit einem GWP über 2500 ist bei diesen Anwendungen ab 2026 als Frischware verboten. Recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel mit einem GWP von 2500 und mehr darf noch bis 2032 eingesetzt werden.
Das Inverkehrbringen von Teilen (z. B. Verdichter, Ventile, o. ä.), die für die Reparatur und Wartung bestehender Anlagen mit F-Gasen erforderlich sind, ist dauerhaft zulässig.
Vermeidung von Emissionen und Dichtheitskontrollen
Eine Kernforderung der F-Gase-Verordnung lautet: Betreiber von Anlagen, die F-Gase enthalten, müssen alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um jede Freisetzung dieser Gase zu verhindern. Zudem müssen sie Maßnahmen ergreifen, um Leckagen der Gase auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Wird eine Leckage von F-Gasen festgestellt, so müssen Betreiber sicherstellen, dass die Anlage unverzüglich repariert wird. „Unverzüglich“ beinhaltet zwar keine genaue Zeitangabe, aber es bedeutet, dass man sich sofort darum kümmern muss, dass die Leckage von einem Fachbetrieb repariert wird.
Die Anforderungen und Intervalle (abhängig von den Kältemittelfüllmengen) für Dichtheitskontrollen und deren Dokumentation bleiben bestehen, wie in der bisherigen F-Gase-Verordnung beschrieben – ab einer Füllmenge von mehr als 5 t CO2-Äquivalent (s. auch Infokasten „Äquivalente“) beginnt die Dichtheitskontrollpflicht. Neu ist jedoch, dass auch Anlagen mit Kältemitteln in Annex II (Teil 1) der F-Gase-Verordnung – das sind die HFO-Kältemittel wie z. B. R1234yf oder R1234ze – künftig auf Dichtheit kontrolliert werden müssen, wenn sie mehr als 1 kg HFO-Kältemittel enthalten. Dies betri£ auch Anlagen, in denen Kältemittelgemische mit einem HFO-Anteil enthalten sind.
Um über die Prüfpflicht bei Kältemittelgemischen entscheiden zu können, muss neben der Gesamtfüllmenge die genaue prozentuale Zusammensetzung der einzelnen Komponenten des Gemischs bekannt sein. Eine von der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik (BFS) erarbeitet Tabelle stellt in diesem Zusammenhang eine wertvolle Arbeitshilfe dar. Sie steht auf www.bfs-kaelte-klima.de unter „Downloads – Merkblätter“ kostenlos zur Verfügung.
Zertifizierung und Training
Alle Arbeiten an Anlagen mit fluorierten Treibhausgasen, wie z. B. Wartung, Installation und Dichtheitskontrollen dürfen nur von zertifizierten Personen durchgeführt werden. Die beauftragten Unternehmen benötigen zudem eine Unternehmenszertifizierung. Die Installation einer Monoblock-Wärmepumpe wird in der F-Gase-Verordnung dabei nicht als „Installation“ gewertet, weil keine Kältemittel führenden Bauteile verbunden werden müssen. Hierfür ist daher auch keine Zertifizierung erforderlich. Neu hinzugekommen ist die Anforderung, dass auch Personen, die mit natürlichen Kältemitteln arbeiten, eine Zertifizierung benötigen. Personen, die im Besitz eines gültigen Zertifikats sind, müssen diese nicht neu erwerben; sie müssen jedoch künftig an Auffrischungslehrgängen teilnehmen.
Künftig wird es sechs verschiedene Zertifikate geben:
- A1: Für alle Arbeiten an Anlagen mit F-Gasen und Kohlenwasserstoffen.
- A2: Wie A1, jedoch nur bis 3 kg Füllmenge Kältemittel, bzw. 6 kg bei hermetisch dichten Anlagen.
- B: Für CO2-Anlagen.
- C: Für Ammoniakanlagen.
- D: Rückgewinnung von F-Gasen an Anlagen bis 3 kg Füllmenge Kältemittel, bzw. 6 kg bei hermetisch dichten Anlagen.
- E: Nur für Dichtheitskontrollen ohne Eingriff in den Kältemittelkreislauf.
Die nationale Umsetzung wird in der Chemikalienklimaschutzverordnung konkretisiert. Die Verordnung befindet sich derzeit im parlamentarischen Prozess.
Keine vorzeitige Überprüfung der F-Gase-Verordnung geplant
In der novellierten F-Gase-Verordnung ist bereits festgelegt, dass die EU-Kommission zum 1. Januar 2030 einen Bericht über die Auswirkungen der F-Gase-Verordnung vorlegen muss. In dem Bericht soll die Verfügbarkeit kostenwirksamer, technisch realisierbarer, energieeffzienter und zuverlässiger alternativer Möglichkeiten, F-Gase zu ersetzen, bewertet werden. An diesem Zeitplan will die EU-Kommission auch festhalten, wie der zuständige EU-Kommissar Wopke Hoekstra im Frühjahr deutlich gemacht. Eine vorzeitige Überarbeitung ist also nicht zu erwarten.
Das geplante PFAS-Verbot
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) erarbeitet derzeit einen Vorschlag für ein umfangreiches PFAS-Verbot. Worum geht es dabei? PFAS ist die Abkürzung für die chemische Stoffgruppe der Per- und Polyfluoralkylsubstanzen. Schätzungen zufolge gibt es über 10 000 verschiedene PFAS-Stoffe, die in zahllosen Produkten zum Einsatz kommen. Sie werden vor allem wegen ihrer herausragenden Materialeigenschaften und Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen eingesetzt – z. B. in Beschichtungen, Dichtungen und elektrotechnischen Komponenten. Der Vorteil der hohen Beständigkeit der PFAS ist allerdings auch ihr Nachteil, denn viele PFAS werden – einmal in die Umwelt gelangt – nicht abgebaut und reichern sich als sogenannte Ewigkeitschemikalien in Organismen, Böden und Gewässern an.
An dieser Stelle muss man jedoch festhalten, dass sowohl die Eigenschaften und Einsatzgebiete als auch das Gefährdungspotential der abertausenden verschiedenen PFAS-Substanzen völlig unterschiedlich sind. Es gibt hochtoxische und extrem gesundheitsschädliche PFAS; aber auch solche, die als Beschichtungen von Pfannen (mit Lebensmittelkontakt) oder in Asthma-Sprays verwendet werden. Der ECHA-Verbotsvorschlag, über den die EU-Kommission zu entscheiden haben wird, zielt jedoch darauf ab, erst einmal alle PFAS zu verbieten, und dann festzulegen, für welche einzelnen PFAS und Anwendungsbereiche Ausnahmen gemacht werden können. Wann mit einer Entscheidung der EU-Kommission über diesen Vorschlag und dem Inkrafttreten des PFAS-Verbots gerechnet werden kann, ist noch nicht sicher. Eine vorsichtige Prognose für das Inkrafttreten: 2028 – nach einer Übergangszeit von 18 Monaten würden die ersten Verbote greifen.
Fluorierte Kältemittel vom PFAS-Verbot betroffen
Laut Definition zählen auch (bis auf R32, R23 und R1132a) alle derzeit verwendeten fluorierten Kältemittel zur PFAS-Stoffgruppe. Durch ihre photochemische Zersetzung entsteht als atmosphärisches Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA). TFA reichert sich im Erdreich und in Gewässern an und gilt somit als dauerhaft (persistent). Eine Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) aus dem Jahr 2023 kommt jedoch zu dem Schluss, dass „die aktuellen und geschätzten Konzentrationen von TFA und seinen Salzen in der Umwelt, die durch den Abbau von H-FCKW, H-FKW und HFO in der Atmosphäre entstehen, keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen“. Ob die ECHA dieser Argumentation folgen wird, ist offen, denn in jüngsten Studien werden TFA u. a. reproduktionstoxische Eigenschaften nachgesagt.
Das PFAS-Verbot hätte laut vorliegendem Entwurf für die fluorierten Kältemittel folgende Auswirkungen:
- Verbot von Neuanlagen mit F-Gasen.
- Der Einsatz von F-Gasen für Wartung und Service von Bestandsanlagen ist jedoch dauerhaft erlaubt.
Viele Ausnahmen vom PFAS-Verbot zu erwarten
Vor allem für den Bereich der Fluorpolymere sehen viele Industriezweige keine Alternativen zu den derzeit verwendeten PFAS. Dies wird mittlerweile auch von der Politik so gesehen: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rückte bereits von der Forderung eines umfassenden PFAS-Verbots ab und stellte in Aussicht, dass Ausnahmen von Beschränkungen gewährt werden könnten, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen und die sozioökonomischen Kosten der Beschränkung im Vergleich zur Risikominderung unverhältnismäßig wären. Ob für die fluorierten Kältemittel Ausnahmeregelungen getroffen werden, ist derzeit nicht absehbar – aber es ist wohl deutlich unwahrscheinlicher als für Anwendungen in der Energie- und Medizintechnik. Schließlich gibt im Bereich der Kältemittel bereits die novellierte F-Gase-Verordnung den Weg in eine größtenteils F-Gasfreie Kältemittelwelt vor.
Autor: Christoph Brauneis, Beauftragter Politik & Medien, VDKF – Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe e.V. (Bonn) und LIK – Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg (Maintal)
Äquivalente
Die treibhausgasrelevante Kältemittel-Füllmenge wird in CO2-Äquivalent angegeben. Eine recht abstrakte Einheit, aber die erlaubte Gesamtmenge an Kältemitteln wird nicht in Kilogramm, sondern in „Tonnen CO2-Äquivalent“ angegeben. Um doch einmal eine bessere Vorstellung davon zu erhalten, hier eine Beispielrechnung, wie sich die Zusammenhänge darstellen: 1 kg CO2 als Referenzwert für die Treibhauswirksamkeit entspricht bei dieser Betrachtung 1 kg CO2-Äquivalent. Der GWP-Wert des häufig in Klimaanlagen eingesetzten Kältemittels R410A z. B. liegt bei 2088, d. h. es hat eine 2088 Mal höhere Treibhauswirksamkeit als CO2. 1 kg R410A entspricht demnach 2,088 t CO2-Äquivalent.
1) „Frischware“ ist eine Bezeichnung für fabrikneue Kältemittel, die neu auf den Markt kommen.