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Hebeanlagen – richtig planen und einbauen

Die wichtigsten Grundlagen von der Norm bis zu Haftungsfragen

Bild 1: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke.

Bild 2: Hebeanlagen wie die „Aqualift F Compact“ pumpen Schwarzwasser in den Kanal und können platzsparend in die Bodenplatte eingebaut werden.

Bild 3: Grauwasserhebeanlagen befördern das Abwasser aus Duschen, Waschbecken und Waschmaschinen in den Kanal. Toiletten dürfen nicht angeschlossen werden.

Bild 4: Die Rückstauschleife sorgt dafür, dass das Abwasser während eines Rückstaus nicht zurück ins Gebäude gelangen kann.

Bild 5: Während der Wartung muss zunächst mit dem Finger geprüft werden, ob der Rückflussverhinderer dicht schließt und ob fühlbare Kanten vorhanden sind. Schließt er nicht mehr richtig, muss er ausgetauscht werden.

Bild 6: Um die Pumpe reinigen zu können, muss zunächst der Ansaugdeckel abgenommen werden.

Bild 6: Um die Pumpe reinigen zu können, muss zunächst der Ansaugdeckel abgenommen werden.

 

Laut DIN EN 12056-4 sind Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene durch automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife gegen Rückstau zu sichern (Bild 1). Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch der Einbau von Rückstauverschlüssen nach DIN EN 13564-1 erfolgen. Alle Produkte, die in einer Entwässerungsanlage verbaut sind, gelten als Bauprodukte und müssen daher gemäß der Bauproduktrichtlinien, Landesbauordnung sowie DIN 1986-100 baurechtlich geregelt sein. Dazu dienen folgende Nachweisverfahren:

1. Harmonisierte Normen wie die EN 12050 für Hebeanlagen oder EN 13564 für Rückstauverschlüsse.

2. Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung des DIBt.

3. Zulassung im Einzelfall durch Abstimmung mit der zuständigen Behörde oder durch eine Eignungsfeststellung.

DIN 1986-100 beschreibt im Hinblick auf Einsatzbereiche lediglich die beiden genormten Produktarten Hebeanlagen sowie Rückstauverschlüsse. Doch der Kommentar zur DIN 1986-100 besagt, dass es aus Gründen der technischen Entwicklung, der Wirtschaftlichkeit, des Umweltschutzes und sparsamen Umgangs mit Primärenergie notwendig ist, dass neue Bau- und Werkstoffe, Bauteile, Bauarten und Einrichtungsgegenstände Anwendung und Verwendung finden. Zum Einsatz dieser neuen Produkte gibt es keine entsprechende Norm, da die Norm nur den technischen Stand beschreiben kann, der bei ihrer Formulierung bekannt war. Die Einsatzbereiche dieser Produkte sind dann in der jeweiligen Zulassung geregelt oder müssen im Einzelfall mit der zuständigen Behörde abgestimmt werden.

Hebeanlagearten und ihre Einsatzgebiete
Grundsätzlich ist bei der Wahl der Hebeanlage die Abwasserart entscheidend. Es gibt Anlagen für Schwarzwasser (fäkalienhaltig) sowie für Grauwasser (fäkalienfrei). Die Norm unterteilt in drei Arten von Hebeanlagen:

1. Fäkalienhebeanlage (Hebeanlagen nach DIN EN 12050-1 ) (Bild 2).

2. Hebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser (Hebeanlage nach DIN EN12050-2) (Bild 3).

3. Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung (Hebeanlagen nach DIN EN 12050-3).

Häufig werden aus Preisgründen Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung eingebaut. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass laut DIN EN 12050-3 Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung nur eingebaut werden dürfen, wenn folgende Punkte erfüllt sind:

  • maximal ein WC unmittelbar angeschlossen,
  • oberhalb der Rückstauebene steht ein weiteres WC zur Verfügung,
  • der Benutzerkreis ist klein,
  • maximal ein WC, ein Handwaschbecken, eine Duschwanne und ein Bidet (Sitzwaschbecken) sind angeschlossen,
  • alle Entwässerungsgegenstände befinden sich im gleichen Raum,
  • es erfolgt kein direkter Anschluss anderer Entwässerungsgegenstände wie ein weiteres Klosettbecken oder eine Badewanne.

Bauherren sollten darüber informiert werden, dass an eine solche Hebeanlage keine weiteren Entwässerungsstellen angeschlossen werden können und dass das nachträgliche Einbauen einer größeren Hebeanlage oft aufwendig und teuer ist: So ist beispielsweise der Einbau einer Lüftungsleitung erforderlich, wenn nachträglich eine Hebeanlage nach DIN EN 12050-1 installiert wird.

Bei der Auslegung alle Parameter beachten
Die Pumpe muss nach EN 12056-4 bemessen werden. Hierzu müssen die örtlichen Rahmenbedingungen „Gesamtschmutzwasserzufluss“ und „Gesamtförderhöhe“ bekannt sein. Grundsätzlich gilt, dass bei der Bemessung einer Hebeanlagen alle Parameter relevant sind und sich zum Teil auch gegenseitig beeinflussen. Nur eine richtig ausgelegte Hebeanlage kann effizient und störungsfrei arbeiten. Ändert sich z.B. die Leitungslänge aufgrund einer geänderten Leitungsführung vor Ort, muss überprüft werden, ob die Pumpe mit den erhöhten Rohrreibungsverlusten noch störungsfrei arbeiten kann oder ob der Sammelbehälter noch eine ausreichende Größe aufweist. Um alle Komponenten einer Hebeanlage richtig zu bemessen, bieten Hersteller wie Kessel kostenlose Berechnungsprogramme an.

Druckleitungen richtig planen und einbauen
Zentraler Bestandteil einer Hebeanlage ist die Druckleitung. Bei der Auswahl der richtigen Druckleitung sind u.a. die Leitungsführung, die Fittings, der richtige Durchmesser, die Materialart und eventuell erforderliche Armaturen wie Absperrschieber zu berücksichtigen und entsprechend einzuplanen. Nach DIN EN 12056-4 muss eine Hebeanlage das Abwasser über eine Druckleitung mit einer Rückstauschleife (Bild 4) heben. Fehlt diese, kann es während eines Rückstaus zu erheblichen Schäden durch zurückdrückendes Wasser aus dem Kanal kommen. Zwar verfügt die Druckleitung über einen eingebauten Rückflussverhinderer, doch dieser allein stellt noch keinen Schutz vor Rückstau dar. Er sorgt nur dafür, dass beim Abschalten der Pumpe aus der Druckleitung kein Wasser in den Sammelbehälter zurückfließt.
Die Druckleitung selbst muss mindes­tens dem 1,5-Fachen des maximalen Pumpendrucks der Anlage standhalten. Außerdem muss sie so ausgelegt sein, dass ihr Inhalt bei jedem Pumpvorgang komplett durchgespült wird, um Ablagerungen zu vermeiden. Beim Einbau ist es wichtig, dass der Druckleitungsanschluss nicht an der Abwasserfallleitung, sondern an eine belüftete Grund- oder Sammelleitung erfolgt.

Die Fließgeschwindigkeit ist ­entscheidend
Ebenfalls zu beachten ist die Fließgeschwindigkeit in der Druckleitung. Um Ablagerungsbildung oder Verstopfung der Leitung zu vermeiden, sollte sie zwischen 0,7 und 2,3 m/Sek. liegen. Denn mit zunehmender Geschwindigkeit steigen die Rohrreibungsverluste. Dies äußert sich zum einen in einem erhöhten Energieverbrauch und zum anderen möglicherweise in deutlich wahrnehmbaren Strömungsgeräuschen. Zudem gilt es, Verstopfungen vorzubeugen, deshalb muss der Durchmesser der Druckleitung von Hebeanlagen für Schwarzwasser (EN 12050-1) mindestens DN 80 betragen. Bei der Verwendung von Förderpumpen mit einer Schneideinrichtung kann der Durchmesser bis auf DN 32 reduziert werden. Somit lassen sich bei gleicher Behältergröße größere Druckleitungslängen realisieren.

Die Inbetriebnahme – ein wichtiger Bestandteil der Installation
Laut dem Kommentar zur DIN EN 12056-4 ist die Fachfirma, die die Abwasserhebeanlage einbaut, nach Vertragsrecht zu einer ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Übergabe mit Einweisung des Betreibers oder dessen Beauftragten in die gesamte erstellte Anlage verpflichtet. Besonders wichtig ist, dass die komplette Inbetriebnahme und die Einweisung protokolliert wird, um möglicherweise entstehende haftungsrechtliche Fragen im Laufe des Betriebs reibungslos klären zu können. Zunächst ist bei der Inbetriebnahme einer Hebeanlage ein Probelauf mit Wasser über mindestens zwei Schaltspiele erforderlich, wobei darauf geachtet werden muss, dass es nicht zum Trockenlauf der Anlage kommt.
Vor, während beziehungsweise nach diesem Probelauf sind zu prüfen:

  • die elektrische Absicherung der Abwasserhebeanlage nach den Vorschriften der IEC bzw. örtlichen Vorschriften,
  • die Drehrichtung des Motors (nur bei 400-V-Anlagen),
  • die Schieber (Betätigung, Offenstellung, Dichtheit),
  • die Schaltung und Einstellung der Schalthöhen im Sammelbehälter (ggf. Anpassungen vornehmen, sofern vom Hersteller nicht fest eingestellt),
  • die Dichtheit der Anlage, Armaturen und Leitungen,
  • die Betriebsspannung und Frequenz durch eine Elektrofachkraft,
  • die Funktion des Rückflussverhinderers,
  • die Störmeldeeinrichtung,
  • die Befestigung der Druckleitung unter Berücksichtigung der Schallentkopplung,
  • der Ölstand (falls eine Ölkammer vorhanden ist),
  • die Kontrolllampen, Messinstrumente und Zähler,
  • die Funktion der eventuell installierten Handmembranpumpe.

Inspektion und Wartung sind regelmäßig durchzuführen
Nach DIN EN 12056-4 ist der Betreiber verpflichtet, monatlich eine Inspektion durchzuführen, bei der die Betriebsfähigkeit durch das Beobachten von mindes­tens zwei Schaltspielen geprüft wird. Die Wartungsintervalle sind abhängig vom Anwendungsfall. Die Wartung durch einen Fachmann erfolgt bei gewerblichen Anlagen vierteljährlich, bei Anlagen in Mehrfamilienhäusern halbjährlich und bei Anlagen in Einfamilienhäusern jährlich.
Diese Intervalle sollten in jedem Fall eingehalten werden, denn ein Wartungsmangel führt zu einem erhöhten Risiko von Funktionsstörungen und zu einem Verlust der Herstellergewährleistung. Bevor mit der eigentlichen Wartung begonnen wird, ist ein komplettes Durchspülen der Anlage mit Wasser empfehlenswert, auch wenn die Norm dieses Vorgehen lediglich alle zwei Jahre vorsieht. Während einer Wartung sind folgende Arbeiten durchzuführen:

  • Prüfen aller Verbindungsstellen auf Dichtheit.
  • Betätigung der Schieber (prüfen auf leichten Gang ggf. nachfetten).
  • Öffnen und reinigen des Rückflussverhinderers (Kontrolle von Sitz und Klappe (Bild 5), Funktionsprüfung).
  • Reinigen der Fördereinrichtung und der unmittelbar angeschlossenen Leitungen, Prüfung des Laufrades und der Lagerung (Bild 6 und 7).
  • Wenn eine Ölkammer vorhanden ist: Ölstandsprüfung und Nachfüllen bzw. Wechseln des Öls.
  • Innenreinigung des Behälters.
  • Visuelle Kontrolle aller elektrischen Teile der Anlage und des Zustandes des Sammelbehälters.


Nach Erledigung dieser Arbeiten ist ein Probelauf durchzuführen. Anschließend kann die Hebeanlage wieder in Betrieb genommen werden. Alle Wartungsarbeiten müssen in einem Protokoll dokumentiert und die wesentlichen Daten festgehalten werden. Danach ist gemeinsam mit dem Betreiber ein Funktionstest durchzuführen, bei dem alle ausgeführten Arbeiten zu erläutern sind. Mängel sind sofort schriftlich mitzuteilen.

Gewährleistungspflicht beim Einbau von Hebeanlagen beachten
Nach dem Einbau einer Hebeanlage haben Installateure, Planer und Bauträger je nach Vertrag eine Gewährleistungspflicht von vier Jahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) oder von fünf Jahren nach dem BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch). Die Gewährleistungspflicht nach der VOB kann bei einem wartungspflichtigen Produkt wie einer Hebeanlagen auf zwei Jahre reduziert werden, wenn der Kunde den angebotenen Wartungsvertrag nicht eingehen möchte (Siehe § 13, 4 Abs. 1, VOB/B). Voraussetzung für diese Geltungsdauer ist, dass der Einbau und die Installation nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt wurden. Ist dies nicht der Fall, können Haftungsansprüche wegen verdeckter Mängel auch noch 30 Jahre nach dem Einbau geltend gemacht werden. Die Haftungsansprüche können dabei nicht auf den Kunden übertragen werden, auch wenn dieser z.B. aus Kostengründen den Einbau eines Produkts möchte, das nicht dem Anwendungsfall vor Ort entspricht. Die Verantwortung für die Entwässerungsanlagen liegt grundsätzlich beim Fachmann.

Besondere Vorsicht bei Eigenleistungen des Bauherrn
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Fachfirma nur eingeschränkt beauftragt wird, weil der Bauherr Eigenleistungen erbringen will. In diesem Fall sollte der Bauherr genau über Haftungsfragen aufgeklärt werden. Hier gilt: Lieber einmal mehr belehren und immer schriftlich. Sonst besteht die Gefahr, für die Fehler des Bauherrn haftbar gemacht zu werden.

Bilder: Kessel AG

www.kessel.de

Elementarschäden im Fokus der Versicherungen

Aufgrund der zahlreichen Starkregenereignisse und Überschwemmungen in den letzten Jahren stehen Elementarschäden besonders im Fokus der Öffentlichkeit, denn die Schadenssummen bei solchen Ereignissen sind enorm. Immer häufiger prüfen Versicherungen vor der Schadensregulierung deshalb Art und Zustand des Entwässerungssystems. Sollte das Entwässerungssystem nicht den einschlägigen Vorschriften oder anerkannten Regeln der Technik entsprechen, kann die Schadensregulierung eingeschränkt oder sogar abgelehnt werden. Die Schadenssumme kann dann, wenn der Schaden innerhalb der Gewährleistungspflicht entstanden ist, auf das mit dem Einbau beauftragte Unternehmen zurückfallen. Ob in solchen Fällen die Berufshaftpflichtversicherung des zuständigen Planers oder Verarbeiters einspringt, ist fraglich. Ein weiterer Fall, der die Schadensregulierung der Versicherung beeinträchtigen kann, sind nicht durchgeführte oder nicht vorschriftsmäßig durchgeführte Wartungsarbeiten.

 


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