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Wie Prüfer Prüflinge prüfen

Wissenswertes rund um die Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK

 

3½ Jahre Ausbildung – eine scheinbar endlose Zeit. Als junger Mensch stellt man häufig fest, dass hier ein ganz anderer Wind weht, als dies in der Schule der Fall war. Man hat es plötzlich mit Vorgesetzten zu tun: mit erfahrenen Monteuren, mit fachlich versierten Obermonteuren – und mit dem Chef. Sie sagen einem, welche Arbeiten wie zu erledigen sind – und welche Zeit man dafür benötigen darf. Da kann es schon mal zu Meinungsverschiedenheiten und Reibereien kommen. In dieser Serie erfahren Sie Wissenswertes für den Alltag als Auszubildender: Was Sie tun dürfen – und was nicht. Wir wollen aber auch beleuchten, was der Chef darf – und was nicht. Dabei geht es uns nicht darum, Gräben aufzureißen, sondern um sachliche Information*. In diesem letzten Teil der Serie geht es um die vorgezogene Abschlussprüfung.
Hendrik ist jetzt 19 Jahre alt und würde lieber heut als morgen das Hotel Mama verlassen. Die Eltern und seine Geschwister nerven kolossal und er ist ja auch schon erwachsen. Gerne hätte er ja eine eigene Wohnung, aber für die Miete reicht seine Ausbildungsvergütung nicht aus. Tja, Geselle müsste man sein...
Da kommt sein Kollege Helge gerade recht. Er sagt ihm nämlich, dass man die Ausbildung um ein halbes Jahr verkürzen könne. Hendrik fragt bei einer gemeinsamen Autofahrt von der Baustelle zur Firma seinen Chef, was das mit der Ausbildungsverkürzung auf sich habe. Nicht zuletzt, weil sein Chef der Lehrlingswart der Innung ist, weiß er Bescheid und sagt, er müsse mal nachsehen, wie Hendrik die Zwischenprüfung bestanden habe und wie es in der Berufsschule aussieht. Dann müsste er sich mit dem Gesellenprüfungsausschuss der Innung darüber unterhalten und letztendlich habe auch die Handwerkskammer ein Wörtchen mitzureden. Du meine Güte, denkt Hendrik, warum ist das eigentlich immer so kompliziert?

Ausbildungsziel erreicht?
So verzwickt ist die Ausbildungsverkürzung eigentlich nicht. Man muss sich aber vor Augen halten, dass auch die Ausbildung einem Zweck dient. Sie hat die Absicht, den Azubi zum „Ausbildungsziel“ zu führen. Dieses Ziel wird durch die Anforderungen in der Gesellenprüfung definiert, die aus einem praktischen und einen theoretischen Teil besteht. Möchte man nun beurteilen, ob jemand die Ausbildungszeit verkürzen kann, muss man erörtern, ob er in der Berufspraxis und in der Fachtheorie bereits so viel gelernt hat, dass er seinen Kollegen um die zu verkürzende Zeit voraus ist – und das ist eben nicht mal „so eben“ möglich.

Voraussetzungen
Die Grundlagen für die Verkürzung der Ausbildungszeit sind in den Regelwerken der Ausbildung niedergelegt: In § 8 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), in § 37 (Absatz 1) der Handwerksordnung (HwO) und in den Gesellenprüfungsordnungen vieler Handwerkskammern. Fasst man die Anforderungen aus diesen Regelwerken zusammen, lässt sich sagen, dass der Startschuss zur Überprüfung der Verkürzung der Ausbildungszeit durch einen gemeinsamen Antrag des Auszubildenden und des ausbildenden Betriebs gegeben wird. Beide gehen also davon aus, dass der Auszubildende das Lehrziel trotz der verkürzten Ausbildungszeit erreicht. Im Zuge der Prüfung zur Ausbildungsverkürzung müssen der Ausbildende und die Berufsschule gefragt werden, ob die Leistungen des Azubis die Verkürzung rechtfertigen.
In der Praxis sieht es häufig so aus, dass die Handwerkskammer, die diesen Schritt „abnicken“ muss, folgende Anforderungen stellt:

  • Durchschnitt der prüfungsrelevanten Fächer im letzten Zeugnis mindestens 2,49 oder besser und
  • Nachweis mindestens guter praktischer Leistungen durch Beurteilung des Betriebes und im Zwischenprüfungszeugnis.

Beide Anforderungen müssen erfüllt sein. Und dass die Ausbildungsnachweise lückenlos geführt sein müssen, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung. Die vorzeitige Zulassung zur Gesellenprüfung ist immer eine Einzelfallentscheidung und wird daher individuell getroffen. Der Abgabetermin für die Beantragung der Gesellenprüfung variiert. Im konkreten Fall ist diese Frist bei der zuständigen Handwerkskammer zu erfragen.

Aufgaben des Gesellenprüfungs­ausschusses
Selbstverständlich hat auch der Gesellenprüfungsausschuss bei der Verkürzung der Ausbildung ein Wörtchen mitzureden. Denn dessen Vorsitzender entscheidet über die Zulassung. Dieser Prüfungsausschuss muss aus mindestens je einem Arbeitgebervertreter, einem Arbeitnehmervertreter und einem Lehrer einer berufsbildenden Schule bestehen. In aller Regel stellt aber auch dieser Ausschuss die durch die Handwerkskammer definierten Anforderungen an die Leistungen des Prüflings.
Der Name lässt es bereits erahnen: Dem Gesellenprüfungsausschuss kommt im Hinblick auf die Gesellenprüfung eine Schlüsselrolle zu. Dessen Entscheidung gibt den Ausschlag über das Bestehen der Gesellenprüfung. Demnach wird der Kompetenz der Ausschussmitglieder große Bedeutung beigemessen. Sowohl in der Handwerksordnung als auch in der Gesellenprüfungsordnung steht: „Die Mitglieder [des Gesellenprüfungsausschusses] müssen für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein.“
Das bedeutet, dass die Mitglieder im Prüfungsausschuss nicht nur fachlich fit, sondern auch der hohen Verantwortung persönlich gewachsen sein müssen. Neutralität und Unbefangenheit gegenüber dem Prüfling sind hier also wichtig.
Das Amt im Prüfungsausschuss wird ehrenamtlich wahrgenommen und ist mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Prüfungen müssen ja nicht nur abgenommen werden, sondern sind vor allem in der Vorbereitung häufig sehr zeitintensiv.
Große Innungen mit vielen Prüflingen kommen natürlich mit einem Prüfungsausschuss nicht aus. Hier ist es erforderlich, mehrere Prüfungsausschüsse zu stellen, die gemeinsam über die Prüfung befinden und am Prüfungstermin z.T. gleichzeitig arbeiten. Bei vielen Prüflingen kann sich die „Prüfungssaison“ durchaus über mehrere Wochen erstrecken. In dieser Zeit können einige Prüfer nicht ausschließlich ihrer Aufgabe im Ausschuss nachkommen, sondern müssen als Arbeitgebervertreter häufig „nebenbei“ auch ihren Betrieb führen. Insofern ist es nicht nötig, dass zu jedem Zeitpunkt der Prüfung alle Prüfer zugegen sind. Wichtig ist aber, dass die Prüfung vernünftig dokumentiert wird. Denn jeder Prüfer muss letztendlich über die Leis­tung eines jeden Prüflings befinden.
Einige Mitglieder der Prüfungsausschüsse sind auch über die „normale Gesellenprüfung“ als Prüfer engagiert, denn es gibt noch viele weitere Wettkämpfe auf Berufsebene – vom Landeswettbewerb bis zur Weltmeisterschaft. Übrigens findet im Jahr 2013 die Berufsweltmeisterschaft in Leipzig statt. Auf dem dortigen Messegelände werden die Landesbesten in über 40 Disziplinen die Weltmeister in ihrer jeweiligen Berufsgruppe finden. Näheres hierzu hält das Netz bereit: www.worldskillsleipzig2013.com.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ehrenamtliche Arbeit in einem Gesellenprüfungsausschuss mit einem hohen Grad an Fachkenntnis, Verantwortung und persönlicher Reife verbunden ist. Selbstverständlich wird nicht jeder Mensch jederzeit den Anforderungen gerecht, die an ihn gestellt werden. Dies gilt auch für Prüfungsausschussmitglieder. Sollte es einmal zu Unstimmigkeiten zwischen Prüfungsausschuss und Prüfling kommen, gibt es Ansprechpartner, die sich als Vermittler anbieten. Hierzu gehören neben dem Lehrlingswart der örtlichen Innung auch die Ausbildungsberater der zuständigen Handwerkskammer.
Mit den genannten Instrumenten wird aber in jedem Fall sichergestellt, dass jedem Auszubildenden zum Anlagenmechaniker SHK eine faire Gesellenprüfung abgenommen wird – ob vorgezogen oder nicht. Alle genannten Aussagen gelten selbstverständlich für männliche und weibliche Auszubildende und Ausbilder.

Autor: Ulrich Thomas, Beauftragter für Berufsbildung im Fachverband SHK NRW

*) Teil 1: (März-Heft 2012) beantwortet Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten.
Teil 2 (April-Heft) zeigt auf, welche rechtlichen Regeln aufgestellt sind.
Teil 3 (Mai-Heft) geht auf die Lehr­inhalte und Lernorte ein.

 


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