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Solarstromakkus, TC und Regelenergie

Batteriesysteme, die Netzdienstleistungen erbringen, haben höhere Anforderungen

Regelenergie gleicht Netzschwankungen aus. Durch die Erneuerbaren wird der Bedarf an ihr größer. Dieses ist nicht mehr nur ein Geschäft der Großen. Bild: Uwe Schlick, Pixelio

„Sofern Solarstromspeicher an das Übertragungsnetz angeschlossen sind, gelten die Anforderungen des TC“, sagt Dietmar Geckeler. Bild: Denersol

Jean-Baptiste Cornefert: „Eine Batterie muss bezüglich der Reaktionsfähigkeit, je nach Regelleistungsart, bestimmte Anforderungen erfüllen.“ Bild: Sonnen

 

Für Stromspeicher, die am Markt für Regelenergie teilnehmen wollen, gilt der sogenannte Transmission Code (TC). Einige Hersteller/Anbieter von Solarstromakkus sammeln hier bereits Erfahrungen. Damit einher gehen auch höhere Anforderungen an den Anschluss der Speicher und damit an Installateure. Wir beleuchten das Thema Regelenergie und TC im Gespräch mit zwei Experten.

Der eine, Dietmar Geckeler, ist Geschäftsführer des Berliner Energiedienstleisters Denersol, der sich insbesondere auf die Integration von Batteriespeichersystemen spezialisiert hat. Die Berliner haben jüngst in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) ­einen Leitfaden zum Thema Batteriespeichersysteme für Industrie und Gewerbe herausgebracht. Der andere, Jean-Baptiste Cornefert, ist Managing Director eServices beim Batteriehersteller Sonnen. Sonnen hat für seine Sonnenbatterie im Endverbraucherbereich die Präqualifikation für die Erbringung von Primärregelleistung (PRL) bereits erhalten.

Digitalisierung ermöglicht Vernetzung
Der Hintergrund: Derzeit werden zahlreiche, höchst unterschiedliche virtuelle Kraftwerke oder Regelenergie-Angebote aufgebaut. Die Digitalisierung ermög­licht, unterschiedlichste, selbst kleine Stromerzeuger und -speicher zu einer großen Regelenergie-Einheit zusammenzufassen. Ein Beispiel ist die Vorgehensweise des Solarstrombatterie-Herstellers Sonnen, der über sein Community-Angebot viele Endverbraucher-Batterien zu einem Redispatch-Netzwerk verbindet, das Regelleistung erbringt: wenn also zu viel Strom im Netz ist, diesen in seinen Batterien zwischenparken kann und umgekehrt diesen bei Bedarf wieder freigibt. Der große Vorteil der Batterien ist, dass sie sehr schnell auf Netz-Schwankungen in die eine oder andere Richtung reagieren können. Die Netzdienlichkeit von Solarstrombatterien gewinnt auf dem Heimspeichermarkt an Bedeutung, insbesondere, wenn es um Zusatzangebote wie Communities oder Clouds der Anbieter geht.

ÜBN und TC
Dazu muss man wissen, dass die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜBN) in Deutschland (Tennet, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW) gesetzlich verpflichtet sind, zu jedem Zeitpunkt ein Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch zu halten. Technisch werden Ungleichgewichte heute noch über klassische Regelenergiekraftwerke ausgeglichen, die im Bedarfsfall kurzfristig die Stromproduktion hoch- oder herunterfahren können. Um Ungleichgewichte auf dem deutschen Strommarkt sicher ausgleichen zu können, stehen aktuell 5000 bis 6000 MW Regelleistung bereit. Bislang übernehmen beispielsweise flexible Gasturbinenkraftwerke diese Aufgabe. Sie können binnen Minuten ihre Leistung anpassen. Die Regelenergie wird von den Netzbetreibern täglich in Auktionen eingekauft. Es handelt sich derzeit um einen sehr lukrativen Markt.
Um an diesem Markt als Regelenergiedienstleister teilnehmen zu können, muss sich ein Anbieter „präqualifizieren“. Er muss z. B. eine gewisse Größe vorweisen können und seine Fähigkeit, auf Bedarf des ÜBN in der geforderten Schnelligkeit zu reagieren. Außerdem muss er nachweisen, dass seine Anlage(n) zuverlässig ansteuerbar ist/sind, wenn der ÜBN sie abruft. Der Transmission-Code (TC) 2007 fasst die Netz- und Systemregeln der vier ÜBN zusammen. Wie sich das bezogen auf Solarstrom-Akkus in Theorie und Praxis darstellt, dazu ein Gespräch mit Dietmar Geckeler und Jean-Baptiste Cornefert.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Herr Geckeler, erläutern Sie uns bitte den Transmission-Code – kurz TC.
Dietmar Geckeler: Der TC regelt den Zugang zum deutschen Stromnetz und die erforderlichen Leistungen der Anlagen. Er reglementiert somit die allgemeinen Anschlussbedingungen von (Energieerzeugungs-)Anlagen an das Hoch- und Höchstspannungsnetz (= Übertragungsnetz). Die Anschlussbedingungen von Anlagen für die Niederspannungs- und Mittelspannungsebene (= Verteilnetz) sind dagegen separat fixiert – etwa im Distribution Code 2007 oder in den einzelnen Anwendungsregeln des VDE. Neben dem Anschluss von Anlagen an das Übertragungsnetz bzw. den Netzregelverbund reglementiert der TC auch die Netznutzung, Systemdienstleistungen, den Netzausbau und den allgemeinen Netzbetrieb.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was hat das mit Solarspeichern zu tun?
Dietmar Geckeler: Sofern Solarstromspeicher an das Übertragungsnetz angeschlossen sind, gelten die Anforderungen des TC auch für Solarstromspeicher, da diese (auch) als Energieerzeugungsanlagen eingestuft werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Unterliegen die Speicher irgendeiner Besonderheit?
Dietmar Geckeler: Ja. Die Besonderheit der Speicher ist energierechtlich: Der Speicher wird im Entladebetrieb als „Erzeugungsanlage“ und im Beladebetrieb als „Letztverbraucher“ eingestuft. Dieser „Trick“ erlaubt dem deutschen Energierecht, den Speicher in den historisch gewachsenen Rahmen einzuordnenden, ohne ihn als eigenständiges Element definieren zu müssen. Was aus Ingenieurssicht und dem gesunden Menschenverstand ggf. abwegig erscheinen mag, ist aus energierechtlicher Sicht folgerichtig.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Weshalb?
Dietmar Geckeler: Nun, der in Deutschland geltende Rechtsrahmen im Stromsektor wurde aus der Perspektive einer zentral auf Großkraftwerke ausgerichteten Energieversorgungssicht konzipiert. Diese kennt nur Erzeugung, Transport und Verbrauch. Die „Funktion“ Speicherung fiel ja stets zeitlich vor der Stromerzeugung an – in Form von Kohlenhalden, Gastanks, Brennstäben, etc. Aus diesem Grund wird es noch etwas dauern, bis Speicher als eigenständiges Element im Energierecht eine Verankerung finden. Initiativen dazu laufen allerdings seit ein paar Jahren in der Breite an, so dass dies eine Frage der Zeit ist.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Herr Cornefert, wie stellt sich das Thema Regelenergie bzw. virtuelles Kraftwerk aus Sicht eines Batterieherstellers dar, der das schon betreibt?
Jean-Baptiste Cornefert: Für die Einbindung in das virtuelle Kraftwerk für Primärregelleistung wird jede Sonnenbatterie an eine „Closed user group“ (CUG) angeschlossen. Eine CUG ist ein vom Internet getrenntes Netzwerk, in dem IT-Systeme kommunizieren können. Über eine solche CUG sind zum Beispiel unsere Server zur Steuerung und Überwachung des VPPs mit den Servern des Übertragungsnetzbetreibers verbunden. Sonnen und TenneT kommunizieren so miteinander, ohne dass sie Ziel von Angriffen aus dem Internet werden können.

IKZ-HAUSTECHNIK:  Gibt es spezielle technische Anforderungen an die Speicher?
Jean-Baptiste Cornefert: Ja. Ein Batteriespeicher muss bezüglich der Reaktionsfähigkeit bestimmte Anforderungen erfüllen. Sonnen hat für die Sonnenbatterie die Präqualifikation für Primärregelleistung (PRL) erhalten. Für PRL, die seit neuestem Frequency Containment Reserve (FCR) heißt, muss ein System, in unserem Fall ein Netzwerk aus dezentralen Batterien, schon innerhalb von zwei Sekunden eine erste Reaktion zeigen. Nach 30 Sekunden muss die volle Leistung ab einem Megawatt erbracht und für bis zu 30 Minuten gehalten werden können. Ein weiterer Aspekt ist die Aufzeichnungsfrequenz der Daten. Bei FCR müssen die Daten sekündlich aktualisiert und gespeichert werden. Bei aFRR (automated Frequency Restoration Reserve, früher Sekundärregelleistung) ebenfalls, für die mFRR (manual Frequency Restoration Reserve, früher Minutenreserve) genügt eine nur minütliche Datenspeicherung – und Übertragung.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Welche Qualifikationen muss ein Fachbetrieb besitzen, um nicht nur Solarstromspeicher für den Eigen­strombedarf zu installieren, sondern auch solche, die für den Regelenergiebetrieb vorgesehen sind?
Jean-Baptiste Cornefert: Zunächst muss jeder Installateur bei Sonnen erfolgreich eine Zertifizierungsschulung für die Sonnenbatterie abschließen. Bei der Installation der System-Hardware selbst gibt es keinen Unterschied, ob der Speicher Teil des virtuellen Kraftwerks oder nur im Haus für den Eigenverbrauch genutzt wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Thema Netzdienlichkeit von Solarstromspeichern entwickeln, die im Endverbrauchersektor installiert werden und warum?
Dietmar Geckeler: Ich möchte zunächst etwas zum Begriff Netzdienlichkeit sagen. Heute wird dieser Begriff meist dazu verwendet, intelligente Solarstromspeicher von weniger intelligenten Heimspeichern zu unterscheiden. Die ersten Stromspeicher hatten eine relativ einfache Regelung, die bei einer Überschusserzeugung in die Beladung des Speichers gingen und bei einer Unterdeckung in die Entladung. Diese Regelung kann dann zu einer Be- statt zu einer Entlastung der Verteilnetze führen (Anmerkung der Red.: Indem die Solaranlage bspw. aus einer Nulleinspeisung bei vollem Akku plötzlich in die Volleinspeisung geht). Intelligente und „netzdienliche“ Speicher entscheiden dagegen aus einer Prognose von Erzeugung und Verbrauch, wann und wie sie laden und entladen.
Inzwischen wird der Begriff Netzdienlichkeit auch unter Verwendung der neuen VDE-Richtlinien (VDE-AR-N 4100 und 4105) weiter gefasst und schließt beispielsweise auch Regelungen zur Blindleistungsbereitstellung mit ein. Das heißt, inzwischen wird auch normativ mehr Netzdienlichkeit von Endverbraucher-Stromspeichern gefordert. Hinzu kommen mögliche Systemdienstleistungen, vor allem der negativen und positiven Primär-Regelleistung, welche technisch ohne Weiteres von Solarstromspeichern zur Verfügung gestellt werden können. Da diese an einem geregelten Markt ausgeschrieben werden, werden auch Solarstromspeicher bei fallenden Messkosten und bestimmten Mindestgrößen sukzessive diese Dienstleistungen als Zweit- und Dritt-Erlösquelle übernehmen. Die baldige Umstellung von wöchentlichen auf kalendertägliche Ausschreibungen in 4-Stunden-Zeitscheiben stellt dann höhere Anforderungen an den Bieter- und Angebotsalgorithmus. Eröffnet aber auch Chancen, weil dann ein Solarspeicher beispielsweise jeden Tag 4 Stunden Primär-Regelleistung und 16 Stunden Eigenversorgung machen kann. Somit kann die Investition in den Speicher bestmöglich ausgenutzt werden.
Jean-Baptiste Cornefert: Jede gespeicherte Kilowattstunde Solarstrom sorgt bereits für eine Netzentlastung. Und damit ist generell jeder Stromspeicher nützlich, um die fluktuierenden Erneuerbaren Energien zwischen zu speichern und so besser nutzbar zu machen. Eine wichtigere Rolle spielen aber digital vernetzte Heimspeicher in Form von virtuellen Kraftwerken. Sie können das Stromnetz auf allen Ebenen stabilisieren und entlasten – von der Niederspannung im Verteilnetz bis zum Hochspannungsnetz mit Regelleis­tung und Redispatch.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was müssen Installateure tun, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können?
Dietmar Geckeler: In erster Linie sollten sie sich auf dem Laufenden halten, was normativ gerade in Bezug auf die Netzanschlussbedingungen gefordert wird. Das heißt, prinzipiell sind die Hersteller dafür verantwortlich, dass ihre Produkte alle Normen und Richtlinien einhalten. Allerdings obliegt es dann dem Installateur, die entsprechenden Nachweise bei Anschluss des Speichers dem Netzbetreiber vorzulegen. Bei der Produktauswahl sollte er also bereits darauf achten, dass alle Nachweise dafür seitens des Herstellers vorliegen.
Was den nächsten Schritt der Bereitstellung von Systemdienstleistungen angeht, so ist dies vor allem Sache des Herstellers. Das heißt, der Installateur ist hier mehr oder minder nur ausführende ­Instanz, hat aber im Zweifel auch den Ärger mit seinem Kunden bzw. dem Netzbetreiber, falls das Messkonzept nicht den Anforderungen genügt.
Jean-Baptiste Cornefert: Die Kenntnis der Produkte, aber auch der regulatorischen Bedingungen sind natürlich eine Voraussetzung, um die Kunden individuell beraten zu können. Die anhaltende technische Entwicklung der Speicher erfordert dafür einen ständigen Austausch. Bei Sonnen bieten wir zum Beispiel regelmäßige Schulungen und Webinare an, aber auch Partnertage und Informationen in schriftlicher Form.

Die Fragen stellte Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien

 


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