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Solare Bauteiltemperierung Anhebung der solaren Deckungsrate mit solar-aktiver Wärmebereitstellung in Bauteilen

Der effiziente und vor allem nachhaltige Einsatz solarthermischer Anlagentechnik in einem Wärmesystem ist mitnichten allein von deren Komponenten wie Wärmequellenanlage (Kollektorfeld), Leitungsführung, Anlagenhydraulik, Speichertechnik usw. abhängig. Viel mehr ist es die Integration in die Bereitstellungstechnik zur Wohnwärmeversorgung. Sie tritt hier als alles entscheidende Instanz zu Tage und verlangt neue Betrachtungsweisen, um solarthermisch vor allem im Bestand höhere Deckungsraten zu erreichen.

Funktionsprinzip einer solaren Bauteiltemperierung.

 

Grundvoraussetzung einer nennenswerten solaren Heizungsunterstützung ist darüber hinaus ein Niedrigtemperatursystem auf der Wärmenutzungsseite, wie es besonders in älteren Bestandsgebäuden selten der Fall ist. Bei Systemtemperaturen von mehr als 50°C im Vorlauf und somit etwa 40°C im Rücklauf ist eine solare Heizungsunterstützung schwer möglich, da diese Temperaturen im Winter selten am Kollektor bereitstehen. Denn es müssten dann schon mindestens 45°C am Kollektor bereitstehen, um die Solarpumpe in Gang zu setzen und die Rücklauftemperatur anzuheben. Schließlich arbeitet der Solarregler mit einer Einschalttemperaturdifferenz von mindestens 5 K, oft mehr in Abhängigkeit der Solarleitung und anderen Auslegungskriterien.
Der Massenvolumenstrom ist ein weiteres Kriterium, das es zu berücksichtigen gilt; ist er es doch, der entscheidend darauf wirkt, wie lange die Temperatur überhaupt bereitsteht und welche Wärmemenge übertragen werden kann. In der sogenannten Übergangszeit, der gemäßigten Heizperiode, herrschen freilich niedrigere Systemtemperaturen, aber in dieser Zeit ist es auch oft wolkig und nebelig (besonders im Herbst), also wenig Sonneneinstrahlung, die auf das Kollektorfeld wirken kann. Aber der Bedarf ist auch geringer.
Unabhängig von der Heizgrenztemperatur des Gebäudes, kann man einen Punkt ausmachen, der den Übergang von einer Grundlast zur Normallast in der gemäßigten Heizperiode und Spitzenlast in der absoluten Heizperiode markiert. Die Auslegungstemperatur bezieht sich bislang immer auf die absolute Heizperiode, also auf  Wintertage mit weniger als –10°C. Je nach energetischer Qualität der thermischen Hülle, transparente Flächen und der verwendeten Bauteile und -materialien im Inneren, kann die Grundlast bis annähernd 5°C bei normalen Windbedingungen oder gar weniger reichen, um den Raum behaglich zu temperieren und ein Auskühlen des Bauwerks zu verhindern.



Grenzen und Möglichkeiten der solaren Heizungsunterstützung

Das Argument, eine solare Heizungsunterstützung wirke eben besonders an kalten Wintertagen ab –10°C, weil da auch meist die Sonne scheint, ist in der Sache schon richtig, wenn man die Lage des Gebäudes und den Neigungswinkel des Kollektorfeldes beachtet, aber in der Praxis nur durch eine durchdachte Systemintegration wirksam mit möglichst niedrigen Vorlauftemperaturen umsetzbar. Die richtigen Steuerungsparameter und Definitionen von Schaltpunkten- und Betriebsweisen sind entscheidend und stellen heute ein Anforderungsprofil, wie es in der herkömmlichen Heizungstechnik (besonders im Wohnungsbau) über Jahrzehnte nicht ansatzweise vorhanden war.
Ansatzpunkt einer solaren Heizungsunterstützung sollte also der Deckungsanteil der Grundlast zur Wohnwärmeversorgung sein, der konsequent mit einem Niedrig-, besser Niedrigsttemperatursystem, einher geht. Je geringer die benötigten Temperaturen sind, desto größer kann der solare Deckungsanteil sein.
Als weitere Kerngröße der zugeführten Wärmemenge bezüglich der daraus resultierenden Wärmeleistung ist es der Massenvolumenstrom, der möglichst niedrig sein sollte. Diese Voraussetzungen zusammengenommen ergibt eine träge Regelstrategie auf niedrigstem Temperaturniveau als Grundlage für eine umfassendere solare Heizungsunterstützung.
Betrachtet man beispielsweise ein Flächenheizungssystem, ist es fraglos eine träge Fußbodenheizung, die sich diesbezüglich besser eignet, als eine flinke Wandflächenheizung.


Küchentheke in einem Wohnhaus mit integriertem Solarwärmetauscher im Bauteil.

Der Unterschied liegt weniger im System, sondern viel mehr in der Masse der den Wärmeübertrager umgebenden Materialien. Die Masse des Aufbaus: Hohe Estrichmassen ergeben ein träges Regelverhalten, da umfangreiche Bauteile temperiert werden müssen, bevor der eigentliche Wärmeeintrag in den Raum beginnen kann. Ein Übriges tut der Bodenbelag. Bei der Wandheizung sind es nur 10 – 15 mm Oberputz, also kommt die Wärme viel schneller in den Raum. Aus diesem Grund kann eine Wandflächenheizung ihre Vorteile gegenüber der klassischen Fußbodenheizung auch bei temporären Anforderungen in unterschiedlich erwärmten Bereichen voll ausspielen und auch Spitzenlasten sehr gut abdecken. Die thermische Behaglichkeit und höchster Wohnwärmekomfort durch angenehme Oberflächentemperaturen sind eine Eigenschaft von Flächenheizungssystemen überhaupt.
Entsprechend den dargestellten Anforderungen an eine optimierte Solarnutzung zur Wärmeübertragung an den Raum sollte der Weg der Fußbodenheizung im vermeintlichen Nachteil – Regelträgheit – konsequent weiterverfolgt und in der thermischen Bauteilaktivierung  zum Vorteil umgekehrt werden. Aufgrund der Problematik der solaren Deckungsrate in der herkömmlichen Speicher- und Bereitstellungstechnik auch niedrigste Kollektortemperaturen unterzubekommen, sollte eben auch dieser Begriff der „Speicherung und Bereitstellung“ erweitert werden und die Frage aufwerfen, was es letztendlich zu erwärmen gilt: einen Solarspeicher, oder den Wohnraum.
Sicherlich beides, möchte man sagen. In der Praxis liegt das Augenmerk aber auf das Heizungswasser im Speicher und bemühte sämtliche Anstrengungen und effizienzsteigernde Innovationen der Hersteller von Speicher, hydraulischen Komponenten, Wärmeübertragern usw. der letzten Jahre, was der Sache auch sehr dienlich war. Aber entscheidend sind nun mal die Systemtemperaturen beziehungsweise tiefsten Temperaturen im Solarspeicher. Sollten diese bei 25°C liegen, benötigt man für einen nennenswerten Ertrag fraglos mindestens 35°C am Kollektor, bezieht man diverse Wärmeübertragungsverluste mit ein.
Ist die Wärmemenge dann tatsächlich im Speicher untergebracht, unterliegt sie weiteren Wärmeverlusten durch die statische Bereitstellung im Solar-Speicher und in der Verteilung an das Wärmeübertragungssystem in den Wohnraum. Bei weniger als 30°C Kollektortemperatur ist in der Regel die Solaranlage aus, da sich eine entsprechend niedrigere Temperatur im System nicht finden lässt, auf welche die Wärmemenge aus dem Kollektorfeld übertragen werden kann. Der Temperaturbereich bis 30°C bleibt somit ungenützt, und die Anlage befindet sich im Stillstand.


Massiver Lehmkörper für eine Versuchsreihe zur Phasenverschiebung von verschiedenen Baumaterialien in Abhängigkeit solarthermischer Beladung.

Solaraktive Bereitstellung von Wärme durch Bauteile im Raum

Blickt man über den Tellerrand der anlagentechnischen Systemtechnik hinaus, erscheint das massive Bauteil im Raum nicht nur als Wärmespeicher, sondern wirkt auch entsprechend seiner stofflichen Qualität in der Erhöhung der Oberflächentemperatur mit entsprechender Wärmestrahlung in den Raum, was eine niedrigere Raumlufttemperatur erlaubt. Fördert man den solaren Wärmeeintrag nicht in einen herkömmlichen Heizungswasserspeicher, sondern in ein Bauteil durch die Integration eines Wärmetauschers in den Kern des Bauteils, ermöglicht dies eine thermische Aktivierung des Bauteils ohne Wärmeverluste in der Bereitstellung, da diese direkt auf den Heizwärmebedarf wirken.
Das Forum Wohnenergie unternahm viele Versuche und wertete Messreihen, auf der Suche nach der tiefsten Temperatur im Gebäude, aus. Der Kern einer Innenraumwand beispielsweise weist eine Temperatur von weniger als 20°C auf; manchmal auch geringer bis 17°C. In der Regel lässt sich sagen, dass die Bauteil-Kerntemperatur in Abhängigkeit der Dicke etwa 3 – 5 K unterhalb der mittleren Raumtemperatur (= Mittelwert aus Raumluft- und Oberflächentemperatur), je nach Positionierung, liegen kann. Hierin liegt das Potenzial für den aktiven, solaren Wärmeeintrag in dem Raum. Auf diese Weise kann solare Wärme in den Raum gebracht werden, wenn diese nicht mehr in dem Pufferspeicher unterzubringen ist. Die Wärmeverluste tragen direkt und unmittelbar zur Abdeckung des Heizwärmebedarfs bei.


Theke im Essküchenbereich aus Massivlehm mit Wärmetauscher zur Bauteilaktivierung.

Es kommen verschiedene Ausführungs- und somit Funktionsvarianten infrage, die objektspezifisch im Detail zu erörtern sind. Die einfachste Variante aber ist diejenige, die sich auch in den meisten Fällen anbietet und auch in Bestandsgebäuden umgesetzt werden kann und im Folgenden kurz erläutert wird.
Die in den Fotos dargestellte Theke in einer Wohnküche besteht aus einem Stampflehmkörper, in dem ein Solarwärmetauscher eingebaut ist und mit der Solarhydraulik direkt verbunden ist. Die Oberflächen sind an den Seiten mit einem feinen Lehm-Oberputz und auf der Ablagefläche mit einer Holzplatte versehen. Die Regelung erfolgt ausschließlich über den Solarregler.
Außer einem Umschaltventil im Solarkreis ist keine separate regelungstechnische Einrichtung notwendig. Lediglich ein Strang-regulierventil befindet sich in diesem Solarkreis, um den Massenvolumenstrom anzupassen. Im Bauteil selbst wird ein Temperatursensor als T3 positioniert.
Die Funktion erfolgt durch diesen Temperatur-Referenzwert im Inneren des Bauteils, das es zu temperieren gilt, an vermeintlich kältester Stelle als T3. Der Temperaturwert T2 steht für den Bezugspunkt im Pufferspeicher, der freilich Ladepriorität genießt und bei entsprechenden Kollektortemperaturen in Vorrang versorgt wird. Stellt sich aber im Pufferspeicher dieselbe Temperatur ein wie im Kollektor (T1), so überprüft der Regler die Temperatur von T3. Stellt sich zwischen T1 und T3 nun eine entsprechende Temperaturdifferenz ein, schaltet das Umschaltventil von Pufferbeladung auf Bauteiltemperierung, und das Solemedium fließt durch den Wärmeübertrager im Bauteil, bis auch dieser Temperaturunterschied ausgeglichen ist.
Sinn und Zweck ist eine thermische Überladung des Kernes, um dort eine sehr hohe Temperatur bis zu 30°C und mehr zu erreichen. Aber selbst Temperaturen von 25°C sorgen für einen Wärmestrom nach Außen, sprich an die Oberfläche des Bauteils, da dieses selbst bei hohen Raumlufttemperaturen selten mehr als 20 °C aufweist. Somit werden die Oberflächen nicht nur erhöht, sondern es wird auch ein Wärmestrom in den Raum geführt. Bei niedrigeren Temperaturen findet immerhin noch eine Erhöhung der Oberflächentemperaturen statt und verhindert zudem das Auskühlen eines Gebäudes.
Diese Art der solaren Wärmenutzung geschieht unabhängig vom Betrieb der Zentralheizungsanlage, immer wenn die Sonne schein. Im Sommer ist diese Schaltung natürlich zu unterbinden, um Überhitzungen im Wohnraum zu vermeiden. Im Winter aber und in der Übergangszeit eignet sie sich auch als kongeniales Tandem mit der passiven Solarnutzung durch transparente Flächen direkt in den Wohnraum. Das Bauteil wird anlagentechnisch wie ein Speicher betrachtet, mit dem Unterschied, dass das Wärmespeichermedium nicht flüssig sondern fest ist und die Wärme nicht noch verteilt werden muss, sondern schon da hingebracht ist, wo sie hin soll: in den Wohnraum.
Umso wichtiger sind das thermodynamische Verhalten der Baumaterialien und Stoffe sowie ihre spezifischen Eigenschaften. Eine hohe Wärmeleitfähigkeit ist ebenso wichtig wie eine hohe Wärmespeicherkapazität. Kurz um: das Gegenteil der Anforderungen für einen Außenwandaufbau. Ein weiterer Punkt ist die Phasenverschiebung des Bauteils und natürlich die Materialstärke insgesamt. Bei einer Übertemperierung des Bauteilkerns, benötigt die Wärme eine gewisse Zeit sich zur kühleren Oberfläche des Bauteils zu bewegen.
Das bedeutet, dass der solare Wärmeeintrag in das Bauteil zwar beispielsweise in den Mittagsstunden erfolgt, durch die Verzögerung des Wärmestroms (Phasenverschiebung) aber diese Wärme erst in den Abend oder Nachtstunden über die Oberflächen an den Raum gelangt. Also durchaus zu einer Zeit, wo die Zentralheizung abgeschaltet wird, oder in einen Absenkbetrieb geht, oder vielleicht noch gar nicht gebraucht wird, weil die solare Bauteiltemperierung die Grundlast in der gemäßigten Heizperiode gar abdeckt. Je nach Heizwärmebedarf ist bis in die Vormittagsstunden des nächsten Tages der Kern des Bauteils soweit abgekühlt, dass entweder wieder eine Beladung oder zumindest eine konstante Temperaturhaltung im Kern erfolgt.
Wichtig ist natürlich auch die Positionierung des solaren Baukörpers im Raum. Besonders im Zusammenspiel mit einer passiven Solarnutzung sollte die solare Bauteiltemperierung zwar einerseits zentral, andererseits aber in einen Bereich, der wenig durch Sonneneinstrahlung temperiert werden kann, positioniert werden. Auch ist die wirksame Masse mit der wirksamen Wärmeübertragungsfläche abzustimmen und so zu gestalten, dass eine entsprechend der Platzierung erwünschte Wärmestrahlung realisiert werden kann.


Unterputzlage einer solaren Bauteiltemperierung innerhalb einer ausgemauerten Heizkörpernische unter einem erneuerten Fenster.

Anlagentechnik und Raumgestaltung

Besonders in Bestandsgebäuden, wo es oft noch Stellen gibt, die von der passiven Solarnutzung nicht erfasst werden, aber auch  schon massive Bauteile vorhanden sind, die leicht zu einer solaren Bauteiltemperierung ausgebildet werden können, sollte die aktive Solarnutzung ansetzen, um eine weitreichende Anhebung der solaren Deckungsrate in der solaren Heizungsunterstützung anzustreben. Bei dieser Gelegenheit bietet sich neben dem Einbau einer solarthermischen Anlagentechnik zusätzlich ein raumgestalterischer Aspekt, der den Wohnraum in vielfältiger Weise aufwerten kann.

Autor: IKZ-ENERGY-Autor Frank Hartmann ist Geschäftsführer des Forums Wohnenergie in 97509 Zeilitzheim, Tel. 09381 716831, Fax 09381 716330, hartmann@forum-wohnenergie.de, www.forum-wohnenergie.de

Bilder: Hartmann

 


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