Schluss mit der Zeitverschwendung im Lager
Dauerhafte Ordnung entsteht nicht durch ständiges Aufräumen, sondern mittels Regeln und Strukturen. Ein visuelles Management hilft weiter
Vorher und Nachher: Natürlich sieht nicht jedes Lager eines Handwerksbetriebs so chaotisch aus wie links auf dem Bild zu sehen ist, aber Unordnung ist allgemein keine Seltenheit. Ein gut strukturiertes Lager (rechts) kennzeichnen u. a. Materialkarten, Beschriftungen und Bilder. Bilder: Christof Högemann
Geschäftsführer Christof Högemann: Sein Beratungsbetrieb aus Olpe (NRW) unterstützt Handwerksunternehmen bei der Lageroptimierung. Bild: Privat
Ordnung ist das halbe Leben, sagt ein Sprichwort. In Lagern von SHK-Handwerksbetrieben sieht die Realität manchmal anders aus. Hier muss regelmäßig ausgemistet werden – und nicht selten herrscht nach kürzester Zeit wieder ein Durcheinander. Dabei entsteht dauerhafte Ordnung gar nicht durch Aufräumen, sagt Geschäftsführer Christof Högemann. Seine Beratungsfirma aus Olpe (NRW) unterstützt Handwerksunternehmen bei der Lageroptimierung.
Wie wird das Lager fit für die Zukunft? Wie lassen sich Fehler vermeiden? Wie kann der Ablauf effizienter gestaltet werden? Fragen, auf die Christof Högemann und seine Mitarbeiter täglich Antworten geben. Sie sind überzeugt: In einem Lager müssen Abläufe und Prozesse reibungslos funktionieren – nicht nur dem Arbeitsklima zuliebe, sondern auch, um den stetig steigenden Auftragsanforderungen gerecht werden zu können. „Dazu gehört ein Lager, in dem kaum bis keine Suchzeiten anfallen und somit Zeit für das Wesentliche bleibt“, sagt Högemann.
Wie schaffen sich Handwerksbetriebe ein solches Lager? Aufräumen ist nicht das Allheilmittel, meint Högemann. Natürlich gehe es nicht ganz ohne, denn Material müsse bei der Anlieferung oder nach der Benutzung wieder am festgelegten Lagerort eingeräumt werden. Doch damit fangen die Zweifel an: Wohin soll das Material geräumt werden – und von wem? Sind die Lagerorte eindeutig festgelegt und für die Mengen ausreichend dimensioniert? Högemann: „Wenn man sich die vorhandenen Lagerorte einmal genauer ansieht, stellt man oft fest, dass dort Material lagert, das von alten Aufträgen übriggeblieben ist. Das aktuell benötigte Material steht dagegen nicht selten in Kartons und Kunststoffkisten vor den Regalen.“
Regeln definieren und einhalten
Um zu vermeiden, dass ein Lager mit Kommissionsresten überhäuft wird, muss es klare Regeln geben. „Um sie aufstellen zu können, bleibt es nicht aus, dass man sich sehr intensiv mit dem im Unternehmen benötigten Material auseinandersetzt“, sagt Högemann. Er rät, das Material in zwei Klassen einzuteilen: Standard und Kommission. Eigentlich selbstverständlich, doch der Fachmann hat die Erfahrung gemacht, dass diese Trennung selten umgesetzt wird. Sein Tipp: „Nur wenn klar definiert ist, welches Material wiederkehrend benötigt wird, kann man festlegen, wie mit Auftragsresten umzugehen ist. Hier helfen Farben. Farben schaffen Ordnung.“ Von Vorteil seien auch Bilder – visuelles Management also, um Informationen verständlich zu vermitteln. Damit alle Mitarbeiter direkt erkennen können, um welches Material es sich handelt, sollte laut Högemann bei der Beschriftung mit zwei Farben gearbeitet werden – z. B. indem Kommissionsmaterialien in grün und Standardprodukte in blau gekennzeichnet werden.
Weitere Praxistipps: Wer sein Lager genauer unter die sprichwörtliche Lupe nimmt, sollte sich direkt mit farbigen Klebepunkten oder einer Spraydose ausstatten. „Kennzeichnen Sie alles, was Ihrer Meinung nach den Betrieb verlassen und entsorgt werden sollte“, sagt Högemann. Oft sei das Lager nachher mit Punkten und Markierungen übersäht. Um zu verhindern, dass Armaturen oder Heizungszubehör gelagert, aber womöglich gar nicht installiert werden, sollte alles klar definiert sein. „Jeder Lagerplatz muss eindeutig beschriftet werden.“ Auch ein Foto des eingelagerten Artikels sei wichtig, denn: „Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte.“ So könnten auch neue Mitarbeiter leichter Materialien finden oder einsortieren. Reste von fertiggestellten Aufträgen sollten dagegen so schnell wie möglich das Lager verlassen. Högemann: „Halten sich alle an ein solches System, lassen sich die übrig gebliebenen Kommissionsreste eingrenzen und verursachen keine unnötigen und teuren Suchzeiten.“
„Kanban“-Prinzip anwenden
Bei der Materialbestellung empfiehlt Högemann das „Kanban“-Prinzip. „Kanban“ kommt aus dem Japanischen und heißt übersetzt Karte, Tafel bzw. Beleg. Danach wird nur Material nachbestellt, das auch wirklich verbraucht worden ist. Högemann: „Wenn einmal ein klar strukturiertes Lager aufgebaut wurde, spielt es keine Rolle, ob es von zwei oder 20 Mitarbeitern genutzt wird. Das Prinzip bleibt immer gleich. Nur die vorgehaltenen Mengen müssen den betrieblichen Anforderungen entsprechend angepasst werden.“
Damit immer ausreichend Material zur Verfügung stehe, müsse eine Mindest- und eine Maximalmenge festgelegt werden. Die Maximalmenge bestimme die Größe des Lagerortes. „Um zu vermeiden, dass der für die Materialbestellung verantwortliche Mitarbeiter täglich alle Lagerorte auf ausgehende Vorräte kontrollieren muss, sollte diese Aufgabe auf alle Mitarbeiter im Unternehmen verteilt werden“, rät Högemann. Alle Angestellten sollten darauf achten, dass die angegebene Mindestmenge nicht unterschritten werde. Passiert das doch, kann das Bestellkärtchen in eine dafür vorgesehene Sammelbox gelegt werden. „Diese Box wird täglich von der Verwaltung geleert und in der EDV erfasst. Hier trifft analog auf digital“, sagt Högemann. Mit entsprechender Software werde aus der Bestellung ein reiner Verwaltungsakt.
Nach der Erfassung der Materialkarte im System werde die Bestellkarte am Lagerort eingesteckt. So lasse sich erkennen, dass die Erfassung schon stattgefunden hat, das Material aber noch nicht geliefert wurde. Högemann: „Diese Information ist wichtig, damit alle, die das Material ebenfalls benötigen, wissen, dass eine Lieferung erwartet und die Bestellung nicht versehentlich ein zweites Mal ausgelöst wird. Sobald das Material angeliefert und in den Lagerort eingeräumt ist, wird die Karte verschoben und der Bestellvorgang ist abgeschlossen.“
Fazit
Der Einsatz von Materialkarten, von Beschriftungen und Fotos scheint auf den ersten Blick veraltet, erweist sich aber als ein sehr effektives Werkzeug, weiß Christof Högemann. Seiner Meinung nach lassen sich so klare Strukturen schaffen, die von allen Personen im Unternehmen ohne große Mühe eingehalten werden können. Högemann rät Geschäftsführern von Handwerksbetrieben: „Machen Sie endlich Schluss mit der Zeitverschwendung im Lager – durch runde Abläufe und optimal aufeinander abgestimmte Prozesse. Verknüpfen Sie die analoge mit der digitalen Welt. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter mit guter Lagerhaltung und sinnvollem Software-Einsatz.“