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Rohrnetze richtig planen

Für den hydraulischen Abgleich von weit verzweigten Anlagen empfiehlt sich der Einsatz zusätzlicher Strangregulierventile

Die Armaturenkombination, bestehend aus dem „Kombi-3-Plus“ Rot und Blau von Resideo, eignet sich für den statischen Abgleich. Dabei bezieht sich der Einstellwert immer auf den Volumenstrom bei Volllastbetrieb.

Tipp: Die in vielen Altanlagen eingebaute Kombination lässt sich meist durch die Montage eines Membranreglers auf den dynamischen Abgleich umrüsten.

Während der Heizperiode arbeitet eine Heizungsanlage zu etwa 96 % im Teillastbetrieb. Dabei verlieren Strangregulierventile ihre geplante Wirksamkeit, weil sie sich – analog z. B. dem Rohrnetz – wie hydraulische Festwiderstände verhalten und somit an Differenzdruck verlieren. Das bedeutet z. B.: Bei einer um 50 % reduzierten Wassermenge sinkt der Differenzdruck über das Strangregulierventil auf 25 % ab.

Für moderne Zweirohranlagen mit drehzahlgeregelten Pumpen empfiehlt sich der hydraulische Abgleich über automatische Differenzdruckregler. Diese sorgen für konstante, voreingestellte Drücke und in Verbindung mit voreinstellbaren Thermostatventilen auch für den verbraucherspezifischen Volumenstrom.

Wenn die vom Rohrnetzberechnungsprogramm vorgeschlagenen Werte ohne zwingenden Grund geändert werden, können Probleme wie zu hohe Fließgeschwindigkeiten und damit Strömungsgeräusche entstehen.

Automatischer Differenzdruck-Regler „Kombi-Auto“ für den dynamischen hydraulischen Abgleich in größeren, verzweigten Anlagen. Der Regler verfügt über einen stufenlosen Voreinstellbereich von 50 bis 350 mbar oder von 300 bis 600 mbar. Ein Sicherungsring schützt vor unbeabsichtigtem Verstellen.

 

Bei weit verzweigten Heizungs- oder Kältenetzen mit mehreren Strängen sowie bei größeren Pumpenförderhöhen stößt der hydraulische Abgleich alleine über Heizkörper- oder Fußventile an seine Grenzen. Empfohlen wird der Einsatz zusätzlicher Strangregulierventile, die die einzelnen Stränge untereinander abgleichen. Doch welches Regulierventil eignet sich für den jeweiligen Einsatzfall? Und wann empfiehlt sich ein statischer, wann ein dynamischer Abgleich?

Zumindest die letzte Frage lässt sich recht einfach beantworten: Ein statischer Abgleich mittels manueller Strangregulier- und Absperrventile eignet sich besonders für Anlagen mit gleichbleibenden Wassermengen, z. B. Einrohr-Heizungsanlagen oder Kühlanlagen mit Gebläsekonvektoren (Fan Coil Units). Das kommt nicht von ungefähr. Bei Standard-Armaturenkombinationen bezieht sich der Einstellwert immer auf den Volumenstrom bei Volllastbetrieb, der jedoch nur an wenigen Tagen im Jahr gefahren wird. Bei Situationen im Teillastfall kommt es aber bei den wenigen offenen Heizkörperventilen nahezu zwangsläufig zu einem hohen Differenzdruckanstieg von über 20 kPa (200 mbar) und zur „Verschiebung“ der für den Volllastfall einregulierten Wassermengen.
Bei Anlagen mit variablen Wassermengen und Differenzdrücken, z. B. Zweirohr-Heizungsanlagen mit Radiatoren, eignen sich deshalb insbesondere automatische Differenzdruck-Regler. Sie halten den eingestellten Differenzdruck in jedem Strang bzw. Anlagenteil auch bei stetig wechselnden Durchflussbedingungen stabil auf dem eingestellten Sollwert. Der Abgleich innerhalb des Stranges erfolgt wie üblich direkt am Verbraucher, beispielsweise am Thermostatventil.

Tipps zur hydraulischen Anlagenplanung
Die Anlagenhydraulik sollte immer klar strukturiert, für Dritte nachvollziehbar geplant und stabil in ihrer Funktion aufgebaut werden. Es ist deshalb auch empfehlenswert, dass sich bereits in einer frühen Phase Fachplaner und Architekt über die konkrete Lage der Steigestränge abstimmen – auch mit Blick darauf, dass die Differenzdruckregler möglichst nah bei den Verbrauchern installiert sein sollten.
Im ersten Fachplanungsschritt wird die Anlage in kleine sinnvolle Einheiten bzw. Zonen (Stränge, Anlagenteile) aufgeteilt. Jeder Strang bzw. jedes Anlagenteil wird durch den Einbau von Differenzdruckreglern in jedem Lastfall mit dem eingestellten Differenzdrucksollwert betrieben. In vielen Fällen reicht eine Einstellung von 10 bis 15 kPa (100 bis 150 mbar) aus. Zu beachten ist, dass die Summe aus dem geplanten Differenzdruck am Thermostatventil und aus dem Druckverlust der Rohrleitungen sowie zusätzlicher Einzelwiderstände des betreffenden Stranges den eingestellten Sollwert nicht überschreitet. Die minimal notwendige Förderhöhe der Heizungspumpe ergibt sich dann aus dem zusätzlichen Druckverlust der Strangarmaturen, des Wärmeerzeugers und der Verteilleitungen.
Wichtig ist auch die korrekte Dimensionierung aller Anlagenkomponenten (Ventile, Mischer). In der Praxis weit verbreitet sind überdimensionierte Stellglieder, was den nutzbaren Stellbereich des Stellglieds einschränkt und so die Anlagenregelbarkeit mindert. Nachteilig ist aber auch eine Unterdimensionierung, weil entweder der erforderliche Volumenstrom nicht erbracht wird oder der erforderliche (überhöhte) Druckverlust durch eine höhere Pumpenleistung ausgeglichen werden muss. Die Folgen: höherer Stromverbrauch und eventuell Geräuschbildung. Weitere Voraussetzung für eine korrekt funktionierende hydraulische Schaltung ist eine an der richtigen Stelle eingebaute Umwälzpumpe, die bedarfsgerecht ausgelegt und eingestellt ist.
Wichtig: Mit dem Einbau einer zentralen, drehzahlgeregelten Hocheffizienzpumpe lässt sich die hydraulische Anlagenplanung und -einregulierung nicht ersetzen. Denn die Pumpe kann lediglich Volumenströme anbieten, aber nicht bedarfsgerecht – z. B. den einzelnen Strängen – zuweisen.

Dimensionierung und Auslegung des Differenzdruckreglers
Grundsätzlich ist bei einer Neuplanung eine Auslegung der Ventile im Rahmen einer Rohrnetzberechnung mittels spezieller Softwareanwendungen zu empfehlen. Die Industrie stellt hierfür Berechnungsdaten in Form einer standardisierten Schnittstelle nach VDI Richtlinie 3805 („Produktdatenaustausch in der TGA“) zur Verfügung. Damit können auch die Armaturen auf der Basis definierter Auslegungskriterien ausgelegt werden.
Auslegungs-Tipp: Die softwareseitige Auslegung eines Heiz- oder Kühlsystems basiert i. d. R. auf den konkreten Herstellerdaten. Diese Werte werden dann als Druckverlust in die Rohrnetzberechnung übergeben. Um unnötig hohe Verbraucher-Druckverluste bzw. Pumpenleis­tungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Druckverluste in den Rohrleitungen mit 100 Pa/m und den maximalen Druckverlust über den Thermostatventilen mit 20 kPa auszulegen. Die vom Rohrnetzberechnungsprogramm vorgeschlagenen Werte sollten nicht ohne zwingenden Grund geändert werden. Sonst könnten z. B. bei überhöhten Druckverlusten zu hohe Fließgeschwindigkeiten (mit Strömungsgeräuschen) entstehen.
Bei der Berechnung selbst lassen sich zwei Varianten unterscheiden. Die klassische Berechnungsmethode setzt sich aus drei Schritten zusammen:
Die Berechnung des zur Versorgung des jeweiligen Strangs (oder Anlagenteils) erforderlichen Differenzdrucks bzw. Einstellwertes (ungünstigster Kreis):

∆p = ∆pRohr + ∆pTHV + ∆pVerschr + ∆pSonstiges

Die erforderliche Dimension des ausgewählten Differenzdruckreglertyps wird mit der Software ausgelegt. Die erforderliche Pumpenförderhöhe wird ebenfalls ermittelt. Möglich ist alternativ auch eine vereinfachte Vorgehensweise (siehe Kas­ten). Diese bietet sich besonders in bestehenden Systemen an, falls keine oder nur unzureichende Informationen und Kenntnisse über das Rohrnetz vorliegen. Die vereinfachte Vorgehensweise ist in vielen Fällen hinreichend genau. Wichtig sind dennoch eine Analyse des Verteilnetzes und die technisch sinnvolle Platzierung der automatischen Differenzdruckregler.

Fazit
Egal ob im Bestand oder im Neubau: Bei der Planung von großen und verzweigten Anlagen gibt es verschiedene Lösungsansätze. Eine optimale Anlagenfunktion und Energieeffizienz lassen sich nur durch ein passendes Konzept sowie eine fachgerechte Planung, Berechnung und Installation erreichen – in Verbindung mit einer protokollierten Einregulierung der Stränge und Heizflächen bzw. Heizkreise sowie mit einer bedarfsgerecht eingestellten Regelung. Nicht die Einzelprodukte, sondern nur deren aufeinander abgestimmes Zusammenspiel sind erfolgsentscheidend.

Autor: Jürgen Lutz, Leiter Seminar- und Schulungswesen Heiztechnik bei Resideo, dem Hersteller von Honeywell Home Produkten.

Bilder: Resideo/Honeywell Home

www.homecomfort.resideo.com/de


Basiswissen zu hydraulischen Schaltungen
Tipp der Redaktion: Basiswissen zu hydraulischen Schaltungen und deren Anwendung vermittelt der Beitrag „Für jede Anlage die richtige Lösung finden“. Erschienen in Ausgabe 5/2019 und auf ikz.de.
Der Fachbeitrag gibt Auskunft zu Fragen wie:
Welche hydraulischen Schaltungen stehen grundsätzlich zur Wahl?
Was sollte bei der jeweiligen Schaltung beachtet werden?
Für welchen Einsatz eignen sich die jeweiligen Schaltungen und mit welchen Regelarmaturen werden sie umgesetzt?
Tipp: Link und QR-Code führen direkt zum IKZ-Artikel.



https://bit.ly/2WKbfmE


Vereinfachte Vorgehensweise (z. B. im Bestand)
Die Heizungsanlage wird zunächst in kleine, druckunabhängige Einheiten (Stränge, Anlagenteile) aufgeteilt. Jede Einheit wird durch den Einbau von Differenzdruckreglern in jedem Teillastfall mit einem definierten oder errechneten Differenzdrucksollwert betrieben. In vielen Fällen reicht eine Grundeinstellung von z. B. 10 kPa (100 mbar) am Differenzdruckregler aus. Falls erforderlich, lässt sich dieser Wert erhöhen (z. B. beim Einsatz von Wärmemengenzählern) oder verringern (z. B. bei verringertem Volumenstrom aufgrund einer großen Temperaturspreizung).
Der Sollwert muss am Membranregler eingestellt werden. Dieser ergibt sich als Summe aus geplantem Differenzdruck am Thermostatventil und dem Druckverlust der Rohrleitungen des betroffenen Stranges (inkl. zusätzlicher Widerstände). Zu beachten dabei: Die dem Membranregler zugeordnete Aufgabe wird nur erreicht, wenn die ihm zugeordneten Thermostatventile auch auf die erforderlichen Leistungen voreingestellt werden.
Die minimal notwendige Förderhöhe der Heizungsumwälzpumpe ergibt sich aus dem zusätzlichen Druckverlust der Strangarmaturen, des Wärmeerzeugers und der Verteilleitung (inkl. sonstiger Einbauten).
Die vereinfachte Vorgehensweise ist in vielen Fällen hinreichend genau. Allein durch den in der Regel anzutreffenden Teillastbetrieb ergeben sich Drucküberschüsse aus dem zurückgehenden Druckverlust der Rohrleitungen.
Zusatz-Tipps für die Auslegung: Die Druckverluste von Strangleitungen mit senkrechter Rohrführung sind relativ gering. Bei horizontaler Verteilung mit sehr großen nachgeschalteten Leitungslängen kann eine höhere Einstellung des Differenzdruckreglers erforderlich sein (z. B. auf 15 kPa bzw. 150 mbar). Hier ist eine Auslegung der Thermostatventile auf unterschiedliche Differenzdrücke denkbar: Nahe am Differenzdruckregler liegende Verbraucher ca. 15 kPa (150 mbar), in der Mitte ca. 10 kPa (100 mbar) und entfernt liegende Verbraucher desselben Stranges ca. 5 kPa (50 mbar). Dies entspricht einer einfachen Leitungslängendifferenz zwischen dem ersten und letzten Verbraucher von ca. 50 m. Bei geringerer horizontaler Ausdehnung verkleinert sich der erste Wert, bzw. vergrößert sich der letzte Wert, z. B. 125, 100, 75 mbar, entsprechend einer einfachen Leitungslängendifferenz von 25 m (bei R = 1 mbar/m, inkl. Einzelwiderstände).


Was ist die Ventilautorität?
Die Ventilautorität (aV) ist der einzige Kennwert, mit dem eine korrekte Stellglieddimensionierung verifiziert werden kann. Die Ventilautorität bezeichnet das Verhältnis von Druckabfall im Stellglied (∆pV) und dem Druckverlust im mengenvariablen Anlagenteil (∆pg) plus dem Druckverlust des Stellglieds:
aV = ∆pV /(∆pV+∆pg)
Die Ventilautorität hat keine physikalische Einheit und liegt idealerweise bei 0,5 oder im Bereich von 0,3 bis 0,7.

 


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