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Quick Check für Erneuerbare Wärme

Excel-basiertes Tool zur Bewertung und Vorauslegung einer regenerativen Wärmeerzeugung

Gut besucht: Das Symposium Solarthermie und Wärmepumpen in der Industriellenvereinigung in Wien am 12. Juni 2017. Bild: AEE INTEC

Parallelbetrieb von Solarthermie und Wärmepumpe, die beide den Speicher beladen, von dem aus der Prozess mit Wärme versorgt wird. Die bestehende, konventionelle Energieversorgung dient dabei als Back-up. Bild: EnPro Tool

Die Bäder der Trommelgalvanik bei Roto Frank können gut über regenerative Wärme auf 55 °C gehalten werden. Bild: AEE INTEC

 

Mit dem neuen, kostenlosen Berechnungstool EnPro können Planer den Einsatz einer Wärmepumpe, einer Solarthermieanlage sowie einer Kombination der beiden Technologien bewerten, Integrationsmöglichkeiten gegenüberstellen und Energiegestehungskosten abschätzen. Das spart Zeit und vor allem Kosten.

Der Wärmebedarf in produzierenden Unternehmen wird oft unterschätzt. Dreiviertel der in der Industrie verbrauchten Endenergie ist Wärme, ein Drittel davon im Temperaturbereich unter 150 °C. Dieser Bedarf kann gut direkt über Solarwärme gedeckt werden – vorausgesetzt es sind ausreichend, sonnige Flächen für die Kollektoren auf dem Industriegelände vorhanden. Allerdings sollte der Planer vorher klären, ob es ungenutzte Abwärme von beispielsweise Kühlungsanlagen oder Produktionsprozessen im Unternehmen gibt. Diese Quellen könnten nämlich eine Wärmepumpe auf die nötigen Prozesstemperaturen anheben und dadurch wiederverwerten. Doch es gibt nicht nur „entweder oder“. Eine Solarthermieanlage kann auch in Kombination mit einer Wärmepumpe technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein. Die Solaranlage kann parallel zur Wärmepumpe an einen Speicher angeschlossen werden. Dieses Schema ist besonders geeignet, wenn entweder die Solarthermiefläche oder die Wärmepumpenleistung jeweils alleine zu klein ist, um den Bedarf zu decken. Eine serielle Verschaltung macht dagegen Sinn, wenn die Sonnenkollektoren die notwendigen Temperaturen nicht erreichen oder der Hub der Wärmepumpe gering sein soll, was die Effizienz maßgeblich verbessert.

Komplexe und kostenintensive Planung
Die Planung und Integration einer solchen regenerativen Wärmeversorgung ist also komplex und kostenintensiv. Für Industrieunternehmen ist das oft eine Hürde. Hier setzt das Projekt EnPro an. Ein Excel-basiertes Tool soll Unternehmer, Anlagenplaner und Komponentenhersteller in mehreren Schritten praxisnah zu einer Bewertung und Vorauslegung einer regenerativen Wärmeerzeugung führen. Für die Entwicklung des frei zugänglichen Tools waren drei Projektpartner verantwortlich: AEE - Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC), AIT – Austrian Institute of Technology und das Institut für Energietechnik und Thermodynamik der TU Wien. Die Forschungsarbeiten wurden mit Mitteln des Klima- und Energiefonds finanziert.
„Das Tool ist sehr gut geeignet für einen Quick Check für Erneuerbare Wärme, den Energieberater oder Anlagenplaner den Industriebetrieben anbieten könnten. Es ist viel Praxiswissen der Projektpartner eingeflossen“, sagt Roger Hackstock. Der Geschäftsführer des Solarthermie-Industrieverbandes Austria Solar war einer der Referenten des Symposiums „Solarthermie und Wärmepumpen in der Industrie“ am 12. Juni in Wien, bei dem AEE INTEC das Tool erstmals vorstellte.

Abschätzung innerhalb weniger Stunden
Die Nutzung von EnPro ist auch für Nicht-Fachleute möglich. Das war den Entwicklern des Tools wichtig. Das Excel-Programm führt zu einer groben Erstschätzung, keiner Detailsimulation. Zum Start sind nur wenige Daten erforderlich: nutzbare Dachfläche, Abwärmequellen, Standort und derzeitige Energiepreise. Dann folgt ein Entscheidungsbaum, der über drei Ebenen mit einfachen ja/nein Fragen zu einem von sechs vorausgewählten und für EnPro entwickelten Integrationsschemata führt. Basierend auf den Eingaben zur bestehenden Versorgungsstruktur und den Energieverbrauchern im Produktionsprozess ermittelt das Tool zunächst Optimierungsvorschläge. Diese dienen dazu, die Effizienz des Produktionsprozesses oder des Energieversorgungssystems zu steigern. Dann werden Wärmequellen und Wärmesenken nach Temperaturniveau und zeitlicher Übereinstimmung identifiziert. Erst im letzten Schritt vergleicht der Nutzer die verschiedenen regenerativen Wärmeversorgungsysteme. Kriterien sind hier Wirkungsgrade, Amortisationszeit und Energiegestehungskosten. Bei jedem Schritt unterstützt ein Online-Handbuch den Nutzer.
Die Projektpartner haben dieses Tool in 12 österreichischen Produktionsbetrieben aus fünf Branchen angewendet, darunter Unternehmen aus der Metallverarbeitung, der Dämmstoffherstellung und der Nahrungsmittelindustrie. Exemplarisch präsentierte Jürgen Fluch, Projektverantwortlicher bei AEE INTEC die Ergebnisse für Roto Frank bei dem Wiener Symposium Mitte Juni. Am Produktionsstandort der Firma in Kalsdorf bei Graz durchlaufen Fenster- und Türbeschläge entweder eine Gestell- oder eine Trommelgalvanik. „Die Ergebnisse zeigen neben enormen Effizienzpotenzialen beim Prozesswärmebedarf auch technisch und wirtschaftlich sinnvolle Integrationsmöglichkeiten sowohl für die monovalente als auch die kombinierte Integration von Wärmepumpe und Solarthermie“, so Fluch auf dem Symposium.
Als Wärmequelle für die Wärmepumpe empfahlen die Wissenschaftler von AEE INTEC die Nutzung der Kondensatorabwärme der bestehenden Kälteanlage. Sie verglichen zwei Integrationsmöglich­keiten: Die Wärmequelle kann monovalent die Galvanikbäder auf Temperatur halten, während die konventionelle Energieversorgung die Bäder aufheizt. Bei einem Parallel-Betrieb deckt die Solarwärme die Spitzenlast ab, während die Wärmepumpe die Grundlast deckt. Beide Varianten sind sowohl technisch als auch wirtschaftlich sinnvoll und werden in Folge in ein Gesamt-Energie-Konzept in Verbindung mit einer innovativen Trenntechnologie (Membrandestillation) integriert. „Für uns waren die Analysen zur Nutzung regenerativer Wärme in unserer Produktion sehr interessant. Wir wollen die Umsetzung in den nächsten Jahren angehen,“ sagt Christian Lazarevic, Produktionsleiter bei Roto Frank.

Kostenfreies Tool
Das EnPro-Tool kann kostenfrei auf der Webseite von AEE INTEC runtergeladen werden. Es ist ein Excel file mit Macros (xlsm) und läuft mit gängigen Office-Varianten. Neben dem Bewertungs-Tool und dem dazugehörigen Handbuch wird es auch einen Leitfaden für Interessierte an der kombinierten Nutzung von Wärmepumpe und Solarthermie geben. Dieser enthält ausgewählte Ergebnisse der Fallstudien sowie eine detaillierte Dokumentation der Integrationskonzepte. Zielgruppe dafür sind Energieberater, Industriebetriebe und Technologieanbieter und Anlagenbauer.

Autor: Christoph Brunner, Leiter des Bereiches Industrielle Prozesse und Energiesysteme bei AEE INTEC
www.aee-intec.at

 


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