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Platzbedarfsermittlung für Installationsschächte

Erstes Regelwerk zur Flächenermittlung: VDI-Richtlinie 2050 Blatt 1.1 – Anforderungen und Anwendungsbeispiel

Im ersten Quartal 2016 wird der Weißdruck der VDI-Richtlinie 2050 Blatt 1.1 erwartet. Es ist die erste Richtlinie, die sich mit dem Themenfeld „Platzbedarf für Installationsschächte“ beschäftigt.

Tabelle 2: Randbedingungen zum Anwendungsbeispiel. Die hierzu erfolgten Auswahlen in den Spalten B, C und D sowie die Eintragungen in der Spalte E sind in der Tabelle 1 rot markiert und nachfolgend im Text erläutert.

Tabelle 1: Überschlägige Ermittlung des Bruttoplatzbedarfs von Installationsschächten bezogen auf die Bruttogrundfläche BGFInst.-Schacht in %/m² BGF (Kohlhaas-Tabelle, in Anlehnung an VDI 2050 Blatt 1.1). In der Tabelle ist das Anwendungsbeispiel rot markiert. Die Tabelle steht im Internet unter www.ikz.de zum Download bereit (Sucheingabe „Platzbedarfsermittlung“).

 

Für die Integration der TGA in einem Gebäude ist jeder Quadratmeter Fläche zwischen Architekten, Fachplanern und den ausführenden Unternehmen regelmäßig hart umkämpft. Während für die Bauherrn- und Architektenseite die wirtschaftliche Verwertung der nutzbaren Fläche durch Verkauf oder Vermietung im Vordergrund steht, müssen Fachplaner und Ausführende nicht selten um jeden Quadratmeter im Installationsschacht (wirtschaftlich nicht verwertbare Fläche) ringen. Die neue VDI-Richtlinie 2050 Blatt 1.1 „Anforderungen für Technikzentralen – Platzbedarf für Installationsschächte“ soll nun auf beiden Seiten für Abhilfe sorgen. Das Regelwerk wird für das erste Quartal 2016 im Weißdruck erwartet. Der Artikel bietet Lesern der IKZ exklusiv einen Einblick in die Richtlinie, um die Ermittlung der Platzbedarfe von Installationsschächten schon jetzt durchführen zu können.

Für eine wirtschaftliche und fachtechnisch korrekte Bauplanung und -ausführung ist es wichtig, schon frühzeitig den später benötigten Platzbedarf für die Leitungsinstallation der TGA und die ggf. vorhandenen sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen zu ermitteln. Dabei kommt neben den freien Querschnitten in Doppelböden und Zwischendeckenbereichen den (Installations-)Schächten eine besondere Bedeutung zu. Raum und Fläche für die Installation der TGA beeinflussen die Kosten für die Erstellung und den späteren Betrieb eines Gebäudes. Werden die freien Querschnitte in Zwischendecken, Doppelböden und Schächten zu gering bemessen, drohen bereits während der Bauphase Mehrkosten. Nachträge wegen Erschwernissen bei der Montage der technischen (Leitungs-)Anlagen sind regelmäßig die Folge daraus. Zudem sind im späteren Betrieb ggf. erhöhte Kosten für die Wartung und die Instandhaltung der Leitungsanlagen zu erwarten. Diese Situation stellt den Objektplaner bereits zu Beginn seiner Tätigkeit vor eine große Herausforderung.
Idealerweise sollen dem Architekten bereits im Zeitraum der Vorplanung überschlägige Angaben der beteiligten Fachplaner TGA zur Verfügung stehen. Dies ist aber in aller Regel nur selten der Fall. Wenn es dann doch in diesem Zeitraum überschlägige Bemessungen der Platzbedarfe gibt, werden diese mit zunehmender Schärfe der Planung oft nicht mehr nachgeführt, wie die Entstehungsgeschichte eines nachfolgenden erwähnten Gerichtsurteils zeigt.
Ein allgemein anerkanntes und angewandtes Werkzeug zur überschlägigen Bemessung der Bruttoplatzbedarfe von Installationsschächten in Gebäuden gab es bislang nicht. Dies will die VDI Richtlinie 2050 mit dem Blatt 1.1 „Anforderungen an Technikzentralen – Platzbedarf für Installationsschächte“ ändern.
Die am Bau beteiligten haben im Idealfall das gemeinsame Ziel, ein Bauwerk mangelfrei zu errichten. Die Anforderung der späteren Nutzung an die technische Gebäudeausrüstung und eine ggf. erforderliche Anpassungsfähigkeit für sich ändernde Nutzungen stehen hierbei schon nicht mehr unbedingt im Fokus aller Beteiligten.

Unbestimmter Platzbedarf
Prinzipiell ist der Platzbedarf der Fachplaner zunächst unbestimmt groß, solange keine abschließenden Festlegungen zur technischen Ausstattung des Gebäudes und den Anlagenauslegungen vorliegen. Das Problem des unbestimmten Platzbedarfes in freien Querschnitten der Böden, Decken und Schächte wird zudem durch die, bis weit in den Baufort­schritt reichenden, „offenen Optionen“ des Bauherren verstärkt. An die Stelle einer fach- und bedarfsgerechten Planung treten dann Annahmen. Es fehlt somit häufig lange an der verbindlichen Festlegung der Randbedingungen als Planungsgrundlage durch den Bauherren selbst. Auch dann, wenn der Bauherr mit einem entsprechenden Entscheidungsmanagement, durch den Fachplaner und den Architekten selbst, sehr frühzeitig zu verbindlichen Festlegungen aufgefordert wird, löst dies nicht immer die Schwierigkeiten für den späteren Betrieb, wenn der Nutzer des Gebäudes einen anderen Bedarf hat. So können die Größenauslegungen der Installationsschächte ein Gücksspiel und die freien Querschnitte für eine fachgerechte Leitungsinstallation entweder zu gering oder viel zu groß sein.
Nach einem Urteil des OLG Braunschweig [1] und der Bestätigung durch den BGH [2] im Wege der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers, ist für die nicht bedarfsgerechte Dimensionierung von Installationsschächten zumindest grundsätzlich der Fachplaner TGA verantwortlich. Jedenfalls so lange, wie der Architekt mit typischen Kenntnissen und Fachwissen sich nicht entgegenhalten lassen muss, dass die Schachtgrößen erkennbar an dem objektiv ersichtlichen Bedarf vorbei bemessen wurden und der Architekt dies mit seiner eigenen Sachkunde hätte erkennen müssen.

VDI 2050 Blatt 1.1 – Instanz für Architekten, Fachplaner und Ausführende
Diese Kenntnisse können dem Architekten möglicherweise in Zukunft unterstellt werden, wenn die VDI-Richtlinie 2050 Blatt 1.1 für eine derartige Bewertung herangezogen wird. Denn der Architekt ist zukünftig in der Lage, mit einer überschlägigen Bruttoplatzbedarfsermittlung für die Installationsschächte, die Ergebnisse seiner Fachplanerkollegen der TGA nachzuvollziehen. Gleichermaßen stärkt die Anwendung dieser Richtlinie die Position der Fachplaner TGA und des Architekten gegenüber dem Bauherren, indem sie in einer, auch für den baufachlichen Laien, verständlichen Form den Bruttoplatzbedarf von Installationsschächten ermittelt und darstellt.

Überschlägige Bemessung des Bruttoplatzbedarfes von Installationsschächten
Mit Tabelle 1 (Kohlhaas-Tabelle, in Anlehnung an VDI 2050 Blatt 1.1) können Anwender den Bruttoplatzbedarf der Installatiosschächte für eine übliche TGA-Belegung eines Gebäudes überschlägig ermitteln.
Von dieser Bemessung nicht umfasst sind Fahrschächte von Aufzügen, Transport- und Förderanlagen, Wäsch­abwurfsysteme, Schornsteine und Abgasanlagen, Leitungsanlagen außerhalb des Gebäudes und Schächte zur direkten Brandgasabführung, wenn diese ohne Innenleitung ausgeführt werden sollen.
Die Anwendung dieser Tabelle erfordert einen verantwortungsvollen Umgang und setzt entsprechenden Sachverstand sowie Erfahrung in der Planung und/oder Ausführung der TGA voraus. Die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit sich die hier vorgestellte Tabelle durch ihre breite und vor allem verantwortungsvolle Anwendung, „mit Sinn und Verstand“, bei den am Bau beteiligten und wohl leider auch an den mit den einschlägigen Streitsachen befassten Gerichten durchsetzen wird.

Anwendungsbeispiel
Für die nachfolgend beschriebene Handhabung der Tabelle 1 werden folgende Randbedingungen (Tabelle 2) eines fiktiven Projektes zugrunde gelegt:

Anmerkungen zur Tabelle
In der Spalte A sind 8 Kriterien (Abschnitte) aufgelistet. In den Spalten B, C und D trifft der Anwender der Tabelle zunächst für die Kriterien 1 (Gebäudeklasse-MBO) bis 5 (Schachtanordnung) seine Auswahl nur einmalig.

Zum Anwendungsbeispiel

1 Gebäudeklasse-MBO: Im vorliegenden Beispiel ist das Gebäude fünfgeschossig. Die Auswahl lautet Spalte C, Zeile 1.3, „GKL 3“ (nach geltender Landesbauordnung).

2 Gebäudetyp: Entsprechend der erteilten Baugenehmigung und hierin genehmig­ten Nutzung handelt es sich um ein Bürogebäude. Die Auswahl hierfür wird in Spalte C, Zeile 2.4, „Büro und Verwaltung“ vorgenommen.

3 Gebäudegrundriss: Der Gebäudegrundriss ist entsprechend der Planung rechteckig und begünstigt einen geringen Bruttoplatzbedarf für die Installationsschächte. Die Auswahl erfolgt in Spalte B, Zeile 3.2, „rechteckig“.

4 Anzahl Schächte: Es sind, entsprechend der Planung, lediglich drei Installationsschächte pro 1000 m² BGFGeschoss angeordnet. Ausgewählt wird in Spalte B, Zeile 4.1, „geringe“ (≤ 3 St./1000 m² BGFGeschoss).

5 Schachtanordnung: Die Schachtanordnung ist zentral, in Reihe angeordnet. Die Auswahl erfolgt in Spalte C, Zeile 5.2, „zentral“. Hier wäre es ebenfalls möglich gewesen, Zeile 5.1 auszuwählen, weil die Schächte zentral auf der Gebäudeachse, „in Reihe“ angeordnet sind. Dies hätte aber für das vorliegende Beispiel keine Auswirkungen auf den Bruttoplatzbedarf der Installationsschächte ergeben.


Anmerkungen zur Tabelle
Für die Kriterien (Abschnitte) 6 bis 8 können insgesamt drei Auswahlen je Abschnitt vorgenommen werden. Wichtig ist, dass Sie nur Auswahlen vornehmen, soweit Sie diese für die überschlägige Bemessung des Bruttoplatzbedarfes von Installationsschächten maßgeblich halten. Ansons­ten treffen Sie keine Auswahl.

Zum Anwendungsbeispiel
6 Schachtausführung: Die Installationsschächte sind in Beton ausgeführt. Andere Bauarten sind nicht vorhanden. Schon deshalb ist nur eine Auswahl in Spalte B, Zeile 6.1, „Beton“ möglich.
7 Grundrisssituation: Die Installationsschächte sind zweiseitig angebaut und nutzen jeweils eine Wand zusätzlich als raumabschließende Wand des notwendigen Flures. Hieraus ergeben sich dementsprechend zwei Auswahlen, Spalte B, Zeile 7.3, „zweiseitig angebaut“ und in Spalte B, Zeile 7.7, „notwendiger Flur“.
8 TGA: Die Installationsschächte weisen im Wesentlichen Luftleitungen und übrige Ver- und Entsorgungsleitungen auf. Da nur max. drei Auswahlen getroffen werden können, werden die weniger gewichtigen Punkte LAN und Brandmeldeanlage nicht in die Bewertung aufgenommen. Die Aufnahme der Dachflächenentwässerung/Regenfallleitungen führt zu einem deutlich höheren Bruttoplatzbedarf der Installationsschächte (betrifft Auswahl „Entsorgung“. Die drei Auswahlen lauten somit: in Spalte C, Zeile 8.3, „RLT zentral“; in Spalte C, Zeile 8.5, „Versorgung“ und in Spalte D, Zeile 8.6, „Entsorgung“.

Anmerkungen zur Tabelle
Nachdem für alle Kriterien die Auswahlen vorgenommen wurden, kumulieren sich die Eintragungen in der Spalte B, C oder D.
Zeile 0: Hier ergibt sich die Einstufung für den überschlägig ermittelten Anteil am Bruttoplatzbedarf aller Schachtquerschnitte der BGF in einem Gebäudegrundriss.

Zum Anwendungsbeispiel
In unserem Beispiel weist die Spalte D lediglich eine Auswahl und die Spalte B zwei Auswahlen auf. Vorliegend kumuliert sich die deutlich höhere Anzahl der Auswahlen mit insgesamt sieben Eintragungen in der Spalte C. Hiernach liegt der Bruttoplatzbedarf für die Installationsschächte zwischen 1 bis 2% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF, wobei die starke Kumulation in Spalte C auf einen höheren Platzbedarf bei etwa 2% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF hinweist.

Anmerkungen zur Tabelle
Spalte E: Hier kann für den Fall, dass die Kumulation kein eindeutiges Ergebnis liefert, weil die Kumulation jeweils auf dem Spaltenübergang (Spalte B zu Spalte C oder Spalte C zu Spalte D) liegt, oder um ggf. das kumulierte Ergebnis zu bestätigen, eine Gewichtung vorgenommen werden. Für die Kriterien (Abschnitte) 1 bis 5 können die vorgenommenen Auswahlen einmalig mit 1, 2 oder 3 Punkten gewichtet werden und ergeben insgesamt maximal 15 Punkte. Für die Kriterien (Abschnitte) 6 bis 8 können die vorgenommenen, höchstens drei Auswahlen pro Kriterium, jeweils mit 1, 2 oder 3 Punkten gewichtet werden und ergeben, weil jede Punktzahl nur einmal innerhalb eines Kriteriums vergeben werden darf, insgesamt maximal 18 Punkte. Hierbei gilt:

  • 1 gewichtet eine Auswahl gering,
  • 2 gewichtet eine Auswahl mittelmäßig und
  • 3 gewichtet eine Auswahl hoch.

Die Gewichtung ist unabhängig von der Zuordnung einer Auswahl auf die Spalte B, C oder D.
In der Summenzeile am unteren Tabellenrand wird das Ergebnis eingetragen. Die Maximalgewichtung jeder Auswahl (aller Kriterien/Abschnitte) ergibt insgesamt höchstens 33 Punkte. Entsprechend dem Ergebnis in der Summenzeile, wird der Bruttoplatzbedarf aller Schächte in einem Gebäudegrundriss überschlägig wie folgt ermittelt:

  • bis 11 Punkte ergibt sich ein geringer Platzbedarf bis maximal 1% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF,
  • bis 22 Punkte ergibt sich ein mittlerer Platzbedarf bis maximal 2% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF,
  • bis 33 Punkte ergibt sich ein hoher Platzbedarf über 2% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF.

Dabei darf in jedem Bereich der Spalten B, C und D interpoliert werden. So ergeben z. B. 6 Punkte einen überschlägigen Platzbedarf von 0,5%; 16 Punkte 1,5% und 26 Punkte 2,5% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF.


Zum Anwendungsbeispiel
Das zunächst über die spaltenweise Kumulation ermittelte Ergebnis soll nun mit der Gewichtung der einzelnen Auswahlen unterstützt bzw. bestätigt werden.
Entsprechend der beispielhaft vorgenommenen Gewichtung in Spalte E der Tabelle 1, wird der überschlägig ermittelte Bruttoplatzbedarf der Installationsschächte in diesem fiktiven Beispiel mit 23 Punkten bestätigt. Demnach werden zunächst also rd. 2% BGFInst.-Schacht in %/m² BGF für die Planung angehalten. Würde man nun noch exakt interpolieren, ergäbe sich in dem hier dargestellten Beispiel ein Bruttoplatzbedarf für die Installationsschächte aufgrund der geringfügig höheren Punktzahl 23 (bis 22 in Spalte C) von 2,1%.

Anmerkungen zur Tabelle
Allgemein besteht die Gefahr, dass das Wesen der überschlägigen Bemessung mit der Gewichtung konterkariert und eine mit der hier beschriebenen Methode nicht erreichbare Exaktheit vorgegaukelt wird. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich nur dann zu interpolieren, wenn sich signifikante Änderungen im Bereich > ±0,25% ergeben. Dies entspricht einer Abweichung der Punktzahl von mindestens 3 Punkten.

Literatur:
[1] OLG Braunschweig, Urteil vom 16.12.2010, Az. 8 U 123/08
[2] BGH, Beschluss vom 12.4.2012, Az. VII ZR 14/11

Autor: Dipl.-Ing. Architekt Ralf Kohlhaas, Köln, Mitglied im Richtlinienausschuss VDI 2050 Blatt 1.1 und Entwickler der Tabelle 1

Bilder: Ralf Kohlhaas

 


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