Werbung

Natürlich (und) klimafreundlich

Interview mit Andreas Meier, Verkaufsleiter bei GEA Refrigeration Technologies zu den Besonderheiten beim Einsatz von Ammoniak in der Klimatechnik

Andreas Meier: Ammoniak ist klimafreundlich, denn es hat kein Ozonabbaupotenzial und verursacht keinen Treibhausgaseffekt.

Andreas Meier: Der technische Mehraufwand schlägt sich zwar in höheren Investitions­kosten nieder, beeinflusst aber in der Regel die Lebensdauer positiv.

Ammoniak-Flüssigkeitskühlsatz mit Einhausung. Das Breitenmaß ist auf Standardtüren abgestimmt. Die Einhausung kann optional mit Gassensoren ausgerüstet und eine maschinennahe Absaugung angeschlossen werden.

 

Ammoniak (R-717) gehört zu den ältesten, klimafreundlichsten und effizientesten Kältemitteln. Dennoch wird es hierzulande nur selten in der Gebäudeklimatisierung verwendet, weil (noch) viele Planer und Installateure Bedenken haben. Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit Andreas Meier, Verkaufsleiter Deutschland/Österreich/Schweiz bei GEA Refrigeration Technologies über die Vorteile des natürlichen Kältemittels, wann sich dessen Einsatz in der Klimatisierung lohnt sowie über die Gefahren und was bei der Planung und Installation beachtet werden sollte.

IKZ-FACHPLANER: Energieeffizienz, Umwelt- und Klimaschutz lauten heute die magischen Worte, mit denen die Aufmerksamkeit von Investoren gewonnen wird. Welche Vorteile bietet in diesem Bezug Ammoniak als Kältemittel?

Andreas Meier: Ammoniak, chemisch als NH3 bezeichnet und als Kältemittel unter R717 bekannt, ist klimafreundlich, denn es hat kein Ozonabbaupotenzial und verursacht keinen Treibhausgaseffekt. Zahlenmäßig erfassbar wird der Beitrag eines Kältemittels zum Treibhauseffekt durch den GWP-Wert, der für die Bezeichnung Global Warming Potential steht und für Ammoniak 0 beträgt. Damit übertrifft es hinsichtlich der Klimafreundlichkeit nicht nur die synthetischen, sondern auch das natürliche Kältemittel CO2 mit seinem GWP-Wert von 1. Bei eventuellen Verlusten – ob bei der Produktion, der Erstbefüllung oder bei Leckagen im System – erweist es sich somit als klimaneutral. Zum Vergleich: R-134a hat ein GWP von etwa 1300 und R-410A von etwa 1720.
Ammoniak ist außerdem preiswert und im Vergleich zu synthetischen Kältemitteln höchst effizient: Es hat eine hohe spezifische Verdampfungsenthalpie von 1262 kJ/kg bei 0°C, weswegen bereits eine geringe umlaufende Kältemittelmenge genügt. Auch die hohe volumetrische Kälteleistung von rund 3800 kJ/m³ bei 0°C Verdampfungstemperatur und 35°C Verflüssigungstemperatur übertrifft die typischer synthetischer Kältemittel.

IKZ-FACHPLANER: Nun gibt es nicht nur Vor- sondern auch Nachteile. Im Gegensatz zu vielen gängigen synthetischen Kältemitteln ist Ammoniak giftig und brennbar. Welche Gefahren bestehen darüber hinaus?

Andreas Meier: Tatsächlich ist Ammoniak giftig und zudem wassergefährdend. Es ist leicht in Wasser löslich und zählt daher auch zu den Zellgiften. Es kann je nach Konzentration und Aggregatzustand z.B. die Haut, Atemwege oder Schleimhäute reizen oder verätzen. Allerdings ist das Risiko gering, denn Ammoniakgas hat einen eingebauten Warneffekt: einen intensiven stechenden Geruch, der schon ab etwa einem Zehntel der Arbeitsplatzgrenzwerte, das heißt ab rund 50 ppm bzw. 35 mg/m³ wahrnehmbar ist. Die Belästigungsschwelle liegt bei 250 ppm und Vergiftungserscheinungen sind erst bei etwa 2500 ppm zu befürchten. Mit anderen Worten: Jeder normale Mensch würde austretendes Ammoniakgas frühzeitig wahrnehmen und flüchten können, bevor die Konzentration für ihn gefährlich ist. Eine krebserzeugende Wirkung hat Ammoniak nicht.
Darüber hinaus ist die Brandgefahr niedrig, denn NH3 ist schwer entflammbar. Es entzündet sich erst bei etwa 650°C und würde ohne eine Stützflamme wieder verlöschen. Ammoniak ist nur in einer relativ hohen Konzentration von 15 bis 34 Volumenprozent explosiv. Wenn man dieses Risiko mit dem beim Betanken eines Benzin­autos vergleicht, relativieren sich die Gesundheits- und Brandrisiken. Da Ammoniakgas mit 0,7 kg/m³ bei 1 bar und 20°C deutlich leichter ist als Luft, lässt es sich über eine im Raum oben angeordnete Entlüftung abführen.

IKZ-FACHPLANER: Ist der Aufwand zur Gefahrenminimierung somit nicht höher als bei synthetischen Kältemitteln?

Andreas Meier: Eigentlich gibt es kaum einen Unterscheid. Wenn Sie beispielsweise einen 200-kW-Chiller in einem Maschinenraum mit 70 m² und einer Raumhöhe von 3,5 m oder einem kleineren Raum aufstellen möchten, müssten Sie z.B. wie bei Einsatz von R-134a ebenfalls Kältemitteldetektoren, Notaus-Schalter und eine Lüftung vorsehen sowie eine persönliche Schutzausrüstung bereitstellen. Ammoniak bedingt dann im Wesentlichen nur das zusätzliche Bereitstellen einer Atemschutzmaske. Da Ammoniak im Gegensatz zu anderen Kältemitteln einen stechenden Geruch hat, der einem die Tränen in die Augen treiben kann, wird das Technikpersonal das Anlegen der Schutzkleidung und der Atemschutzmaske sicher nicht vergessen.

IKZ-FACHPLANER: Warum setzen so wenige Betreiber in Deutschland auf Klimakälte mit Ammoniak-Chillern?

Andreas Meier: Das liegt einerseits daran, dass wir in Deutschland den Umgang mit Ammoniak in der Gebäudetechnik nicht so gewohnt sind. Hier sind uns z.B. die Nationen wie die Schweiz und die nordischen Länder voraus, in denen Verbote oder die Kosten für synthetische Kältemittel die Akzeptanz natürlicher Alternativen fördern. Zum anderen gibt es technische und wirtschaftliche Grenzen. Bei der Komfortklimatisierung setzt die Wirtschaftlichkeit eine Grenze, die aufgrund der unterschiedlichen jährlichen Betriebszeiten höher liegt als bei Industrieanwendungen.

IKZ-FACHPLANER: Ab welchem Kältebedarf lohnt sich dann ein Ammoniak-Chiller für die Klimaanlage?
Andreas Meier: Da eine Komfortklimatisierung meistens nur etwa die Hälfte des Jahres Klimakälte benötigt, lohnt sich der Einsatz eines Ammoniak-Flüssigkeitskühlsatzes ab ca. 100 kW Kälteleistung. Ab dieser Größenordnung werden die Investitionsmehrkosten durch den kostengünstigen Betrieb in angemessener Zeit kompensiert. NH3-Chiller sind u.a. teurer wegen der Stahl- bzw. Edelstahlkomponenten und aufgrund des Einsatzes von Industriekomponenten. Da Ammoniak Kupfer schnell korrodieren lässt, ist Kupfer in NH3-Anlagen nicht erlaubt.
Der technische Mehraufwand schlägt sich zwar in höheren Investitionskosten nieder, beeinflusst aber in der Regel die Lebensdauer positiv und minimiert den Wartungsaufwand, was meistens zu niedrigeren Life-Cycle-Costs führt.

IKZ-FACHPLANER: Herr Meier, abschließend noch einen kurz Blick in Richtung Bauplanung und -ausführung. Was sollte hierbei beachtet werden und wie kann ein sicheres Planungskonzept aussehen?

Andreas Meier: Hier bieten sich zwei Varianten an. In der Komfortklimatisierung ist es empfehlenswert, nur im Flüssigkeitskühlsatz Ammoniak zu verwenden und zum Transport der Nutzenergie durch das Gebäude einen Wasser- bzw. Wasser-Glykol-Kreislauf zu verwenden. Dann kann eine konventionelle Verrohrung im Gebäude vorgenommen werden, sodass Handwerksbetriebe das Kaltwassernetz installieren können – Ammoniak selbst verlangt den Einsatz von Stahl.
Ein in einem angeschlossenen Technikraum aufgestellter Ammoniak-Chiller stellt keine Gefahr für das Publikum, Büroangestellte oder Hotelgäste dar, da nur befugte Personen Zugang zu diesem Technikraum haben. Die Türen dieses Raums führen vorzugsweise direkt ins Freie, damit bei einer eventuellen Leckage ein Übertritt von Ammoniak in andere Bereiche des Gebäudes ausgeschlossen wird, was beispielsweise bei Keller- und Erdgeschoss-Maschinenräumen leicht einzurichten ist. Alternativ kann ein Vorraum eine Schleusenfunktion erfüllen. Steht der Chiller auf dem Dach, würden eventuelle Ammoniakleckagen nicht einmal das Technikpersonal gefährden.
Die zweite Variante, die bei der Aufstellung des Chillers im Gebäude zum Zuge kommt, ist die normgerechte Erkennung von Ammoniak durch Gassensoren sowie die Be- und Entlüftung nach EN 378 Teil 3. Sollte eine natürliche Be- und Entlüftung nicht ausreichend sein, ist eine mechanische Lüftung vorzusehen oder die Luft muss in einem Absorptionsbehälter gereinigt und dem Raum wieder zugeführt werden.
Wer darüber hinaus auf Geräte mit Einhausung setzt, kann eine „Hosenträger-plus-Gürtel“-Strategie wählen: Hier ließe sich Ammoniak direkt an der Maschine feststellen und absaugen und der Raum zusätzlich nach EN 378 Teil 3 ausrüs­ten.

Bilder: GEA Refrigeration Technologies

www.gearefrigeration.com


Bei Fragen hinsichtlich der Auslegung und Planung eines Ammoniak-Flüssigkeitskühlsatzes stehen Andreas Meier und sein Team von GEA Refrigeration Technologies zur Verfügung unter info@gearefrigeration.com. Hier können u.a. auch Broschüren zur Planung und dem Umgang mit Ammoniak-Chillern als PDF-Datei angefordert werden.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: